SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 14.10.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
DAUERREGEN:
Vor allem in den Staulagen des Schwarzwaldes sowie im Allgäu bis
Samstagnachmittag Dauerregen mit Mengen zwischen 30 und 50 l/qm in 18 bis 24
Stunden.

WIND-/STURMBÖEN:
In der Nacht zum Samstag in den Hochlagen des Schwarzwaldes, später auch auf den
Alpengipfeln vermehrt Sturmböen (Bft 9), auf exponierten Gipfeln teils schwere
Sturmböen (Bft 10) aus Südwest bis West, bis Samstagmittag nachlassend.
Ab Samstagmittag bis einschließlich Montag auf exponierten Gipfeln der
nördlichen und zentralen Mittelgebirge zumindest zeitweise Sturmböen Bft 8/9. Am
Sonntag auf Nordseeinseln Wind mit stürmischen Böen auflebend.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten atlantischen
Troges. Ein über Osteuropa liegender Höhenrücken lässt die Strömung über
Mitteleuropa divergieren, was ein erstes, weitgehend okkludiertes Frontensystem
ausbremst. Das über Osteuropa liegende, mit dem Rücken korrespondierende
Bodenhoch dämpft die Wetterwirksamkeit des ersten Systems nach Osten hin.
Hierdurch kommen im Norden und in der Mitte Deutschlands nur wenige Millimeter
Niederschlag zusammen.
Ein weiteres Frontensystem, in Form einer zunächst noch offenen Welle, greift ab
dem späten Abend auf den Südwesten Deutschlands über, wobei die skaligen
Niederschläge in der Nacht zum Samstag den gesamten Süden erfassen. Neben
kräftiger Warmluftadvektion wirkt die Orografie auf die Niederschläge
verstärkend, so dass vor allem im Schwarzwald, aber mit etwas geringerer
Wahrscheinlichkeit auch im Allgäu die Warnschwellen für Dauerregen überschritten
werden. In den Staulagen des Schwarzwaldes können innerhalb von 24 Stunden (bis
in den Samstagnachmittag hinein) um 50 mm fallen. Weiter nach Norden hin sind
mit dieser Entwicklung großflächig 5 bis über 15, in den Staulagen der anderen
Mittelgebirge zum Teil um 20 mm zu erwarten.
Im Bereich des Warmsektors der Welle frischt der Wind auf. In höheren Berglagen
(zunächst Schwarzwald-, später Alpengipfel) muss mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet
werden; auf exponierten Gipfeln können schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen
werden. Aber auch in Lagen ab 600 m Höhe können bereits Windböen Bft 7
auftreten.
Da mit einer auf südwestliche Richtungen drehenden Strömung sehr milde Luft
herangeführt wird, liegen die Temperaturminima nahezu deutschlandweit im
zweistelligen Bereich.

Samstag … vertieft sich der über dem mittleren Nordatlantik liegende Trog, was
die südwestliche Strömung über Mitteleuropa noch etwas aufsteilen lässt. Eine
weitere Welle, die in diese Strömung eingelagert ist, greift dann von den
Mittelgebirgen westlich des Rheins beginnend auf den Südwesten und Westen und
von dort aus rasch auf den zentralen Mittelgebirgsraum über. Gegenüber der Welle
vom Vortag fehlt Warmluftadvektion, so dass im Wesentlichen die Orografie
niederschlagsverstärkend wirkt. Demzufolge kommen mit Passage dieser Welle nur
noch wenige, in Staulagen um 10 mm Niederschlag zusammen. Wenn man von der
Stausituation im Schwarzwald absieht, ist ansonsten der Niederschlag nicht mehr
warnrelevant.
Im Bereich des Warmsektors der Welle und auch leicht nördlich davon frischt der
Wind auf. In höheren Berglagen sind bei nach wie vor stabiler Schichtung Wind-
und stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln der nördlichen und zentralen
Mittelgebirge einzelne Sturmböen Bft 9 zu erwarten.
Der sich nördlich an diese Welle anschließende Bodentrog lässt im äußersten
Norden den Wind etwas auffrischen. Für warnrelevante Böen (bis Bft 7) reicht es
jedoch nur an der Nordfriesischen Küste. Zur dänischen Grenze hin können
einzelne kurze Gewitter nicht ganz ausgeschlossen werden.
Ein paar Wolkenlücken zeichnen sich nur in Vorpommern und bedingt durch die
südwestliche Strömung zusätzlich am Alpenrand ab. Ansonsten hält sich
mehrschichtige und meist geschlossene Bewölkung. Dennoch wird es mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 15 und 20 Grad mild bis sehr mild.

In der Nacht zum Sonntag läuft in der südwestlichen Strömung ein weiterer
Kurzwellentrog auf relativ weit nördlicher Zugbahn nach Nordosten ab. Hierdurch
sind die Niederschläge in Nordseenähe weiterhin konvektiv geprägt, für Gewitter
sollte es jedoch selbst im äußersten Norden von Schleswig-Holstein nicht mehr
reichen. Allerdings frischt an der gesamten Nordseeküste der Wind mit Böen Bft 7
auf, an der Nordfriesischen Küste können dann auch stürmische Böen auftreten.
Weiter im Binnenland bleibt die erneute Gradientzunahme aus, so dass Wind- und
stürmische Böen auf exponierte Gipfel beschränkt bleiben.
Eine weitere Welle wird dann von den Mittelgebirgen westlich des Rheins
nordostwärts gesteuert. Auch in diesem Falle bleibt Warmluftadvektion aus, so
dass nur einige bis etwas über 5, in Staulagen um 10 mm Niederschlag
zusammenkommen.
Im Süden und Südosten fächert der Gradient etwas auf. Sollte es in diesen
Gebieten aufklaren, dürfte sich relativ rasch teils dichter Nebel bilden.

Sonntag … läuft aus dem über dem mittleren Nordatlantik liegenden Trog ein
Anteil heraus und überquert das Seegebiet nördlich der Azoren. Kräftige
Warmluftadvektion an der Vorderseite dieses Anteils greift auf die Britischen
Inseln über und erfasst im Tagesverlauf auch Nordfrankreich und die
Benelux-Staaten. Hierdurch setzt über Ostfrankreich und dem westlichen
Mitteleuropa Geopotentialgewinn ein, so dass die südwestliche Strömung
antizyklonal deformiert wird. Zuvor, d.h. in der ersten Tageshälfte, wird ein
weiterer flacher Trog über den äußersten Norden Deutschlands hinweg nordostwärts
gesteuert. Trogvorderseitige Hebung induziert an der Nordseeküste noch einzelne
Schauer, Gewitter sind eher unwahrscheinlich. Zudem frischt an der Nordseeküste
und im nördlichen Schleswig-Holstein der Wind mit Böen Bft 7 (über der offenen
See und zur dänische Grenze hin Bft 8) aus West-Südwest auf.
Von dieser Antizyklonalität in der mittleren Troposphäre profitiert auch das
über Osteuropa liegende Bodenhoch, das einen Keil nach Südeuropa und zu den
Alpen aufweist. Letzterer kräftigt sich und weitet sich vom südöstlichen
Mitteleuropa nach Deutschland aus. Dies dämpft die Wetterwirksamkeit der etwa
über der Mitte Deutschlands schleifenden Front, so dass von dieser in der
zweiten Tageshälfte meist nur noch mehrschichtige Wolkenfelder und allenfalls im
Bergland geringe Niederschläge übrigbleiben.
Im Norden stellen sich dann vermehrt Auflockerungen ein, im Süden (wenn sich
Nebel und Hochnebel aufgelöst haben, wofür die Chancen aufgrund des noch
vorhandenen Gradienten gut sind) und dort vor allem in Alpennähe sind längere
sonnige Abschnitte möglich. Gegenüber den Vortagen erfolgt im Süden, Osten und
in der Mitte ein Temperaturanstieg auf 20 bis 24, bei leicht föhnigem Einfluss
an den Alpen auf Werte um 25 Grad. Im Norden, Westen und in der nördlichen Mitte
werden 16 bis 20 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag wölbt sich der Rücken in Richtung Nordsee zusehends auf.
Der aus dem Trog über dem mittleren Nordatlantik herausgelaufene kurzwellige
Anteil nähert sich Irland und induziert westlich von Irland eine schwache
Zyklogenese. Das sich dort entwickelnde Tief lässt die über der Mitte
Deutschlands schleifende Front als Warmfront rückläufig werden.
Warmluftadvektion über dem Norden Deutschlands aktiviert diese Front, wodurch in
Nordseenähe geringe Niederschläge aufkommen. Zudem legt nach einem
vorübergehenden Abflauen der Wind an der Nordfriesischen Küste mit Böen Bft 7
wieder zu. Auch in exponierten Berglagen der nördlichen, westlichen und
zentralen Mittelgebirge können dann wieder Wind- und stürmische Böen aufkommen.
Abgesehen vom Nordwesten und Norden Deutschlands weicht der Gradient dann wieder
auf. Vor allem im Süden und Südosten Deutschlands kann sich dann gebietsweise
teils dichter Nebel bilden.

Montag … überquert der o.g. kurzwellige Anteil des atlantischen
Langwellentroges die Britischen Inseln und erreicht die Nordsee. Vorderseitige
Hebung, die zudem durch Warmluftadvektion gestützt wird, lässt im Nordwesten
Niederschläge aufkommen. Diese sind an eine Welle, die im Warmsektor eines Tiefs
über Schottland eingelagert ist, gekoppelt. Die thermisch nur schwach
ausgeprägte Kaltfront dieser Welle wird durch Warmluftadvektion und positive
Vorticityadvektion faktisch aktiviert.
Das über Nordschottland liegende Tief wird aber durch diesen Kurzwellentrog
überlaufen und schwächt sich folglich ab.
Bedingt durch den auf die Nordsee übergreifenden Trog wird die Schichtung im
Tagesverlauf im Nordwesten und Westen Deutschlands labil. Und zwar hochreichend

  • wie im Sommer. CAPE (KK) erreicht mehr als 1000 J/kg, der Gehalt an
    niederschlagbarem Wasser 30 bis 40 mm; zudem steigt die Scherung auf Werte, die
    für organisiertere Strukturen hochreichender Konvektion typisch sind. Folglich
    können sich an der Kaltfront teils heftige Gewitter entwickeln. Aufgrund des
    Oberwindes, der im 850 hPa-Niveau 40 kt und in 700 hPa bis 55 kt erreicht, sind
    in Verbindung mit Gewittern Sturmböen vorstellbar; auch schwere Sturmböen und
    aufgrund der hochreichenden Scherung auch Hagel können nicht ausgeschlossen
    werden. Entscheidend für diese Entwicklung ist, ob vorher Einstrahlung erfolgt
    und wie stark ausgeprägt die Hebung an der Vorderseite des in die Nordsee
    hereinschwenkenden Troges ausgeprägt ist. Aufgrund der fortgeschrittenen
    Jahreszeit müssen alle Zutaten für die Auslösung hochreichender Konvektion
    „passen“.
    In den anderen Landesteilen, d.h. im Osten und Süden sowie zumeist auch in den
    mittleren Teilen Deutschlands, hält sich noch der Einfluss des von Kasachstan
    über Südosteuropa bis in den Alpenraum reichenden Bodenhochs. Sobald sich Nebel
    und Hochnebel auflösen (wofür die Chancen, abgesehen von wenigen orografisch
    benachteiligten Gebieten, günstig sind) erfolgt nahezu ungehinderte
    Einstrahlung. Dies lässt die Temperatur auf für die Jahreszeit ungewöhnliche
    Werte zwischen 20 und 25 Grad steigen. Lediglich im Küstenbereich und bei erst
    sehr später oder verzögerter Auflösung von Nebel oder Hochnebel wird es mit 14
    bis 19 Grad nicht so warm.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann