SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.10.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute Nacht im Süden einzelne Gewitter, vor allem im Bergland Nebel. Ab
Freitagnachmittag im Süden kräftiger Regen mit potentieller Dauerregengefahr vor
allem im Schwarzwald. Aber noch große Unsicherheit.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … liegt Mitteleuropa und das angrenzende Westeuropa im Bereich einer
stark divergenten westlichen Höhenströmung. Mit dieser schwenkt heute Abend ein
Höhentrog über Deutschland hinweg ostwärts. Bodennah lässt sich auf den
Wetterkarten ein Azorenhoch identifizieren, das sich bis zur Iberischen
Halbinsel erstreckt sowie ein weiteres Hochs über Osteuropa. Vom Atlantik ziehen
mit der dort kräftigen Westströmung Tiefdruckgebiete mit ihren oft schon
okkludierten Fronten heran, diese zeigen aber über dem europäischen Kontinent
starke Auflösungstendenzen, so dass die Wetterlage stark einer winterlichen
winkelförmigen Westlage mit Frontenfriedhof über unserem Land ähnelt. So
gestaltet sich auch das Wetter hierzulande, das von einer sehr milden und
feuchten atlantischen Luftmasse geprägt ist. Diese gelangt zeitweise unter
Hochdruckeinfluss, so dass es wie in der vergangenen Nacht teils viel Nebel und
Hochnebel in den Nachtstunden gibt, der sich tagsüber unter einer meist um 800
hPa liegenden Inversion zu einem Stratus oder Stratocumulus mit teils tiefen
Untergrenzen entwickelt hat, wobei die bodennahen Sichten dann heute Nachmittag
doch deutlich besser waren, als wir das sonst vom Winter kennen. Auf der anderen
Seite hat von der Nordsee her eine unter Auflösungstendenz leidende Okklusion
übergegriffen, die sich mit einem recht zerfledderten und schwachen Regengebiet
bemerkbar macht. Dieses liegt derzeit aber noch recht günstig im Trogbereich, so
dass es noch ein bisschen PVA mitbekommt.

In den weiteren Abend- und Nachtstunden soll der Höhentrog rasch ostwärts
durchschwenken, wobei er die Okklusion allmählich überläuft, was für diese nicht
gerade überlebensförderlich ist. Demzufolge kommen die schwachen Regenfälle in
der Nordhälfte und der Mitte zwar noch etwas nach Osten voran, werden aber immer
schwächer und lassen dann ganz nach. Viele Wolken ziehen aber trotzdem durch,
zumal eine milde und sehr feuchte Atlantikluftmasse zufließt. Diese ist nach
Süden hin, wo die Feuchte noch etwas höher ist und die Luftmasse leicht instabil
(die zufließende Luftmasse ist bodennah so warm, dass die Inversion
verschwindet) durchaus mit etwas Labilitätsenergie ausgestattet, so dass sich
dort auf der Trogvorderseite eine Schauerlinie entwickeln soll, die in der Nacht
in den Regionen südlich des Mains ostwärts zieht und dort mitunter mäßige
Regenfälle bringen könnte. Auch ist stellenweise Blitz und Donner möglich und
mit etwaigen Gewittern kann es in der feuchten Luftmasse (niederschlagbares
Wasser 15 bis 20 l/qm) örtlich auch Starkregen um 15 l/qm geben. Mit
vorübergehend etwas zunehmendem Höhenwind kann auch mal eine steife Bö
heruntergemischt werden.

Auf der Rückseite der Okklusion können sich in der feuchten Luftmasse durchaus
recht schlechte Sichten einstellen, vor allem muss man im Bergland mit
aufliegenden Wolken rechnen, mitunter kann aber in der Nordwesthälfte auch mal
im Flachland die Sicht auf warnwürdiges Niveau absinken. Die Temperatur geht
meist auf etwa 11 bis 7°C zurück.

Am Freitag … nähert sich von Westen die etwas stärkere Höhenströmung an, diese
bleibt aber über Deutschland weiterhin stark diffluent. Mit dieser westlichen
Strömung wird ein Bodentrog in den Nordwesten Deutschlands gesteuert, an den ein
weiteres teilokkludiertes Frontensystem geknüpft ist. Dabei setzt vor allem im
Südwesten Deutschlands starke Warmluftadvektion ein. Somit greifen dort im
Tagesverlauf weitere und anhaltende Regenfälle über, die bis zum Abend bis zur
Mitte vorankommen. Richtung Nordosten und Osten bleibt es trocken. Dort herrscht
zunächst noch viel Restbewölkung, die tagsüber etwas auflockern kann, bevor der
Wolkenschirm des nächsten Systems aufzieht. Mit dem aufziehenden Bodentrog nimmt
der Gradient vor allem im Südwesten etwas zu, zudem greift auch in 850 hPa eine
immer stärker werdende Strömung auf die Südwesthälfte über. Der meist mäßige
Wind kommt überwiegend aus südlichen Richtungen und erreicht in den Höhenlagen
des Schwarzwaldes im Tagesverlauf mit Stärke 8 bis 9 (dort aus Südwest)
warnwürdiges Niveau. In den übrigen Regionen bleiben uns wohl tagsüber
Windwarnungen noch erspart.

Das Temperaturniveau geht trotz WLA nur sehr langsam nach oben, was an der
vielen Bewölkung liegt. Meist dürften es 16 bis 19°C werden, ganz im Norden
bleibt es etwas kühler.

In der Nacht zum Samstag zieht der Bodentrog über den Norden Deutschlands
hinweg. Mit diesem zieht die Okklusion inklusive leichter Regenfälle über den
Norden und Nordosten Deutschlands. Im Süden gerät die Kaltfront ins Schleifen
und später ins Wellen, so dass es dort zu länger anhaltendenden und mäßigen,
teils sogar starken Regenfällen kommt. Dies betrifft schwerpunktmäßig die Region
zwischen Main und Alpen, wobei die genaue Ausdehnung des Bereichs noch etwas
unsicher ist. Nach allen Modellen deuten sich bis in den Samstagvormittag hinein
gebietsweise etwa 10 bis 20 l/qm Regen an, wobei die deutschen Modelle vor allem
südlich der Donau den meisten Regen bringen, GFS, UK10 und IFS bringen den
Schwerpunkt etwas weiter nördlich. Nach den DWD-Modellen müsste auch in den
Weststaulagen des Allgäus mit Mengen bis 50 l/qm gerechnet werden, im
Schwarzwald sogar in Spitzen bis über 100 l/qm. Bei Cosmo-LEPS und ICON-EPS
deuten sich im Schwarzwald derzeit hohe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 40
l/qm (in etwa 18 bis 24 Stunden) an, auch geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr
als 60 l/qm. Beim IFS-EPS sind die Signale dagegen sehr schwach. Deswegen wird
noch etwas abgewartet, bevor eventuell eine Dauerregenwarnung ausgegeben wird.

Abgesehen von ein paar Schauern über der Nordsee wird es in der Nordwesthälfte
im Nachtverlauf zunehmend niederschlagsfrei, allerdings bleibt es wohl bei recht
vielen Wolken. Während der Druckgradient im Norden und in der Mitte recht gering
bleibt, verschärft sich dieser ganz im Süden, so dass dort auch in den
Nachtstunden mit mäßigem und böigem Südwestwind gerechnet werden muss. Vor allem
aber geraten die höheren Berge zunehmend in ein Starkwindfeld, wobei auch dessen
genaue Lage noch recht unsicher ist, wobei konsequenterweise auch hier die
deutschen Modelle die südlichste Lage annehmen. Derzeit zeigt das MOSMIX für den
Feldberg Böen bis in den schweren Sturmbereich an, in den Alpen bis in den
Sturmbereich. Nach der deutschen Modellkette könnte es noch etwas mehr werden.

Mit Tiefstwerten zwischen 13 und 9°C verläuft die Nacht sehr mild.

Am Samstag … entwickelt sich auf dem Atlantik zunehmend ein Langwellentrog,
was zur Folge hat, dass die Höhenströmung allmählich Richtung Westsüdwest dreht.
In den Norden und die Mitte gelangt kräftig erwärmte Meeresluft subpolaren
Ursprungs (im Grunde milde Meeresluft), in den Süden südlich der Kaltfront der
Welle anfangs noch Meeresluft subtropischen Ursprungs. Dabei zieht der kaum zu
findende Wellenscheitel knapp nördlich der Main-Linie ostwärts und die
Regenfälle werden schwächer. Das liegt unter anderem daran, dass die frontalen
Strukturen nur schwach ausgeprägt sind. Die Luftmasse weiter nördlich ist nicht
sonderlich instabil, weshalb sich die Schauerneigung bei wechselnder Bewölkung
sehr in Grenzen hält. Lediglich über der Deutschen Bucht wird durch einen nach
Nordosten schwenkenden Kurzwellentrog etwas höhenkältere Luft eingesteuert, was
dort Schauer, über der freien Nordsee vereinzelt auch Gewitter zur Folge haben
dürfte. Dazu frischt der Südwestwind über der freien Nordsee auf mit steifen
Böen. Auch im höheren Bergland über der Mitte und dem Süden sind steife,
exponiert auch stürmische Böen möglich, im Hochschwarzwald und auf Alpengipfeln
vielleicht auch noch eine Sturmbö, wobei sich dort tagsüber der Wind wieder
abschwächt. Nach Abzug der Welle dürfte der Wind am Nachmittag generell
schwächer werden.

Mit der Südwestströmung wird es noch etwas milder mit Werten zwischen 16 Grad an
der Nordsee und 20 Grad örtlich im Süden oder im Lee des Harzes.

In der Nacht zum Sonntag bleibt die recht glatte Südwestströmung bestehen und
die ehemalige Kaltfront gerät erneut ins Schleifen bzw. nimmt leichten
Warmfrontcharakter an. So kommt es in einem von Rheinland-Pfalz und dem
südlichen NRW bis nach Sachsen und Brandenburg zu Regen. In den übrigen Gebieten
bleibt es überwiegend trocken. Es kühlt auf 12 bis 7°C ab. Auf den Bergen muss
weiterhin mit Sturmböen gerechnet werden.

Am Sonntag … wölbt sich, nachdem zunächst ein flacher Trog in der
Südwestströmung über die Nordsee gezogen ist, das Geopotential von Südosten her
Richtung Großbritannien auf. Damit dreht der Höhenwind zwar bei uns etwas
Richtung West, über Südwesteuropa aber Richtung Südwest. Bodennah verstärkt sich
von Südosten her Hochdruckeinfluss, so dass die bodennahen Winde sich deutlich
abschwächen und auf Süd drehen. Lediglich der äußerste Norden und Nordwesten
verbleibt in einem stärkeren Gradienten, so dass dort der Wind mäßig bis frisch
aus Südwest weht und es vor allem von der Nordsee bis nach Schleswig-Holstein zu
steifen Böen kommt, in Nordfriesland sind stürmische Böen möglich. Die Front
über der Mitte Deutschlands ändert ihre Lage kaum, erst am Nachmittag kommt sie
im Westen etwas nach Norden voran. Sie bringt aber ohnehin kaum noch etwas
Regen. Nördlich der Front soll es ziemlich bewölkt bleiben. Mit dem südlichen
Wind gelangt jedoch etwas trockenere und sehr milde Luft in den Süden
Deutschlands, so dass an den Alpen die 850-hPa-Temperatur auf 14°C ansteigt.

Dort wird es auch minimal föhnig, ansonsten nimmt aber der Höhenwind eher ab und
generell sind auch auf exponierten Bergen im Tagesverlauf maximal noch
stürmische Böen zu erwarten.

In der trockeneren Luftmasse im Süden kommt die Sonne heraus und in
Zusammenarbeit mit der sehr milden Luftmasse treibt sie die Temperatur auf in
höchstem Maße sonntagsausflugstaugliche 21 bis örtlich 25°C. Auch in der
Nordhälfte sollten es wieder flächendeckend milde 16 bis 20°C werden, freilich
dort mit nur wenig Sonne. Die bis zu 23°C, die MOSMIX derzeit für Sachsen
anbietet, schein angesichts der Lage im Frontbereich etwas zu optimistisch.

Modellvergleich und -einschätzung

Derzeit gibt es noch größere Unterschiede zwischen den Modellen bezüglich der
Zugbahn der Welle in der Nacht zum Samstag und dementsprechend auch bezüglich
der Lage der Regengebiete und der Frage nach Dauerregenwarnungen. Dies wurde
oben im Text schon erörtert. Auch im weiteren Verlauf bleibt noch etwas
Unsicherheit, wo die Regengebiete liegen bleiben, was dann aber nicht mehr
warnrelevant ist. Abhängig von der Zugbahn der Welle sind auch die Windfelder
und damit auch welche Berge die stärksten Böen abbekommen und wie stark diese
ausfallen.

Noch besteht kein Handlungsbedarf bezüglich Warnungen. Schau mer mal, wie’s
morgen früh aussieht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann