S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.10.2022 um 10.30 UTC

Kurzer Spätsommer, ab Dienstag mit Kaltfrontpassage vor allem im Norden und
Osten deutlich kühler. Zur Wochenmitte Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 20.10.2022

Am Sonntag, dem Beginn des heutigen Mittelfristzeitraums, nimmt der
„Oktobersommer“ noch einmal so richtig Fahrt auf. Das liegt an einem weit nach
Süden ausgreifenden Langwellentrog, der sich vom Seegebiet zwischen Island und
Schottland bis zu den Azoren erstreckt. Deutschland liegt somit in einer
strammen südwestlichen Höhenströmung. In dieser ist ein wellender Frontenzug
eingelagert, der tagsüber quer über die Landesmitte hinweg verläuft. Er trennt
sehr milde Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum mit T850 > 10 Grad von etwas
kühlerer Meeresluft über der Nordsee mit T850 um 5 Grad. Von den Alpen erstreckt
sich auf der Vorderseite eines schwachen Rückens ein Hochkeil zu den Britischen
Inseln, weshalb die Wetteraktivität der Front an diesem Tag arg limitiert ist.
SO hält sich in einem Streifen von der Eifel bis in die Uckermark zwar teils
kompakte Bewölkung, Regen fällt aber kaum daraus. Wie flach der Wellenscheitel
ist, erkennt man auch daran, dass über der Nordsee und speziell in Nordfriesland
im Tagesverlauf einzelne stürmische Böen (Bft 8) aus Südwest auftreten. Gleiches
gilt für exponierte Gipfellagen. Die Höchstwerte liegen zwischen 16 Grad an der
Nordsee, sonst verbreitet um 20 Grad und bis 26 Grad im leicht föhnigen
Alpenvorland.

Am Montag erreicht die für die Jahreszeit ungewöhnlich milde Witterung ihren
vorläufigen Höhepunkt, wenn durch ein sich verstärkendes Zentraltief nördlich
der Azoren die Strömung über Mitteleuropa weiter aufsteilt. Die Achse des
Rückens schwenkt zwar ostwärts nach Polen und Mittelschweden durch, nachfolgend
ist die Höhenströmung aber noch immer leicht antizyklonal gekrümmt. Auch am
Boden bleibt hoher Luftdruck ausgehend vom Balkan und dem Alpenraum
wetterbestimmend. In dem breit angelegten Warmsektor steigen die 850 hPa
Temperaturen nun auch in Norddeutschland vorübergehend auf oder etwas über 10
Grad an, föhnbedingt kratzen Bayern und Sachsen sogar an der 15 Grad Marke.
Während die schleifende Front vor allem in Küstennähe und im Nordwesten örtlich
etwas Regen bringt, gibt es sonst bei nur dünnen Schleierwolken (mit
Saharastaubanteil?) und Ac len viel Sonnenschein. So überrascht es auch nicht,
dass verbreitet 20 bis 25 Grad, lokal auch etwas darüber erreicht werden. Nur
direkt an der See bleibt es etwas kühler. Wer kann, sollte also sein HomeOffice
nach draußen verlegen oder bei Überstundenvorrat einen verfrühten Feierabend
anstreben.
Ob wie bei ICON die Niederschläge im Nordwesten derart gewittrig durchsetzt
sind, darf getrost bezweifelt werden. Die Luftmasse hat dank des subtropischen
Ursprungs natürlich Potential und ist sehr feucht und zudem in einem
hochreichend gescherten Umfeld. Vom Boden dürfte aber kaum was ausgelöst werden
und aus der Höhe kommt keinerlei Unterstützung. Einzelne (abgehobene)
schauerartige Verstärkung innerhalb der zum Abend von Nordwesten übergreifenden
Kaltfront kann man sich aber gut vorstellen.

Am Dienstag schnürt sich der Trog nördlich der Azoren ab und das östliche
Residuum schwenkt über Skandinavien hinweg ostwärts. Der Rücken kann sich
aufgrund massiver WLA über den Britischen Inseln nach Norden kräftigen und
ausweiten und stützt damit den Aufbau eines umfangreichen Hochs mit über 1020
hPa über der Nordsee. So ist die Wetterwirksamkeit der Front komplett abhängig
von einzelnen kurzwelligen Troganteilen, die flach am Südrand des Haupttroges
über Skandinavien über Deutschland ablaufen. Mit der zunehmend auf Nord
drehenden Strömung kommt die Kaltfront bis zum Abend in etwa bis zur
Mittelgebirgsschwelle voran. Während über den mittleren Landesteilen mit teils
länger anhaltenden Regenfällen im Frontbereich gerechnet werden muss
(wahrscheinlich nicht warnwürdig), lockert es von den Küsten wieder auf und auch
südlich der Donau bleibt es noch freundlich und dazu mild.

Am Mittwoch und Donnerstag bricht der Trog über dem Baltikum angelangt nach
Süden Richtung Balkan und Schwarzes Meer aus, da dort bereits ein schwacher
Cut-Off aus den Vortagen lagerte und recht kräftige KLA südwärts vorankommt.
Dadurch entwickelt sich höchstwahrscheinlich eine omega-ähnliche
Höhenkonfiguration. Mitteleuropa verbleibt auf der Vorderseite des Höhenrückens.
Das Bodenhoch tendiert mit Zentrum nach Südschweden, womit eine östliche
Grundströmung bei uns in Gang kommt. Die wirkliche Kaltluft geht wohl östlich an
uns vorbei, dennoch gelangt vor allem in die Nordosthälfte des Landes deutlich
kühlere du zunehmend alternde Meereskaltluft. Ob der Luftmassenwechsel auch im
Südwesten stattfindet, muss angesichts der jüngsten Läufe bezweifelt werden.
Voraussichtlich bleibt es dort sogar recht mild mit Höchstwerten nahe 20 Grad,
während es östlich der Elbe mit nur noch um oder wenig über 10 Grad deutlich
kühler wird. Dort droht in den Nächten auch zunehmend wieder Frost in Bodennähe.
Nennenswerte Niederschläge sind nicht mehr zu erwarten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS muss als ziemlich gut bewertet werden. Der breit
geöffnete Warmsektor über Deutschland am Montag, der den Höhepunkt der
vorübergehend nochmal spätsommerlichen Wärme markiert, wird übereinstimmend
simuliert – ebenso wie der Kaltfrontdurchgang am Dienstag.
Unsicher ist noch, wie weit diese nach Süden und Südwesten vorstößt, bevor sie
rückläufig wird. Die Tendenz geht in den jüngsten Läufen dahin, dass das
nachfolgende Hoch mit seinem Schwerpunkt nicht über der Nordsee, sondern über
der südlichen Ostsee liegt. Demnach würde die Südwesthälfte des Landes in einer
vergleichsweise milden Luftmasse verbleiben, wobei die LMG beim Übergang in die
erweiterte Mittelfrist Freitag nächster Woche im Südwesten erneut aktiviert
werden könnte mit aufkommenden Regenfällen.

Auch wenn für den Norden und Osten eine deutliche Abkühlung zu erwarten ist, so
ist die Luftmasse doch deutlich entschärft worden (statt arktische Polarluft mit
T850 von -3 Grad „nur“ noch erwärmte Meereskaltluft mit T850 zwischen 2 und 5
Grad) so steigt durch die bodennahe östliche Strömung dennoch zumindest das
Potential für nächtlichen Bodenfrost wieder an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Es herrscht eigentlich erstaunliche Einigkeit über das bevorstehende
mittelfristige Szenario in der Modellwelt. Während UK10, GEM und ICON an der
westlichen Hochvariante ab Mittwoch festhalten vom gestrigen IFS 00z Lauf
festhalten, schließt sich GFS dem aktuellen IFS Lauf von heute an. Zünglein and
er Waage ist der südwärtige Trogvorstoß von Skandinavien, der mit Residuen über
Jütland durchaus auch verzögert vonstatten gehen könnte.

Die Auswirkungen wären aber überschaubar. Im (unwahrscheinlichen) Extremfall
käme die Abkühlung auch bis zum Oberrhein und der Mosel voran, an der Ostsee
bleibe der Wind noch länger auf West bis Nordwest mit teils stürmischen Böen und
im Nordosten und Osten könnte es noch den ein oder anderen Schauer geben.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen der 850 Temperatur zeigen einheitlich den kurzen Peak am Montag
der die spätsommerliche Wärme markiert. Bei 15, vielleicht sogar 16 Grad im
Südosten liegt aber auch das Maximum. Ab Mittwoch geht die Streuung total
auseinander, was der Unsicherheit der vorankommenden Kaltluft nach Südwesten
geschuldet ist. Die Niederschläge ebben aber übereinstimmend im Laufe des
Dienstags ab. Der Median bleibt in der Südwesthälfte über 10 Grad, was die These
erhärtet, dass es die Kaltluft zumindest mal in der Höhe nicht dorthin schafft
(und bodennah bei überschaubarem Gradienten auch nicht sonderlich stärker). Eine
allmählich Erwärmung (Rückschwappen aus Südwesten) mit Übergang zur erweiterten
Mittelfrist im Norden und Osten ist wahrscheinlich – verbunden teils auch mit
schwachen Regenfällen.

Bei den Clustern hat die aktuelle IFS Variante mit 60:40 gegenüber der
westlichen Hochvariante vom gestrigen Lauf und den aktuellen Läufen von GEM, UK
und ICON nur knapp die Nase vorne. Insofern ist auch ein erneutes zurückrudern
des deterministischen IFS Laufes gut vorstellbar. Wie oben beschrieben bleiben
aber selbst in diesem Falle die konkreten Auswirkungen auf das Wettergeschehen
in einem überschaubaren Rahmen.

Bei den Clustern für die erweiterte Mittelfrist ist zwischen Blockingregimen und
Westdurchbrüchen nahezu alles vertreten. In der Summe überwiegend jedoch milde
und antizyklonale Lösungen für weite Landesteile.

FAZIT:
Anfangs kräftige Warmluftzufuhr aus Südwesten mit fast schon spätsommerlichen
Temperaturen, Höhepunkt am Montag. Nachfolgend von Norden Kaltfrontdurchgang mit
Abkühlung und Regen. Zur Wochenmitte unter Hochdruckeinfluss generell
Wetterberuhigung und meist trocken. Im Süden und Westen voraussichtlich auch
danach noch immer recht mild mit Temperaturen nahe 20 Grad am Nachmittag. Nur im
Norden und Osten vorübergehend kühler, in den Nächten Potential wieder für Frost
in Bodennähe.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bis auf einzelne Sturmböen an der See und auf exponierten Gipfeln kündigen sich
im Mittelfristzeitraum keine signifikanten oder gar gefährlichen
Wettererscheinungen an. Auch im EFI ist nix zu sehen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen