S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.10.2022 um 10.30 UTC

Zunächst Hochdruckrandlage. Ab Freitag wechselhaft und windig, ab Wochenbeginn
zumindest im Süden und Osten wieder ruhiges Herbstwetter.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 16.10.2022

Am Mittwoch liegt Deutschland unter einem flachen Höhenrücken, der faktisch als
Teil der über Mitteleuropa auffächernden Frontalzone zu sehen ist. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich mit seinem Schwerpunkt von
Deutschland nach Polen, wobei geringe Luftdruckgegensätze dominieren. Somit wird
sich im Süden und in Teilen der Mitte in der Nacht zum Donnerstag gebietsweise
dichter Nebel bilden, der sich am Donnerstag nur zögernd auflöst. Tagsüber
dominiert noch der Einfluss des über Osteuropa liegenden Bodenhochs. Durch einen
zu den Westalpen ablaufenden Kurzwellentrog nimmt dann im Süden die
Schauerneigung zu; aufgrund der Jahreszeit sind Gewitter eher unwahrscheinlich,
aber nicht ganz auszuschließen und dann eher auf die Gebirgslagen beschränkt.
Gleichzeitig erfolgt über dem Nordatlantik eine Zonalisierung, die sich rasch
bis nach Mitteleuropa durchsetzt. Ein in die zunehmende westliche Strömung
eingelagertes Frontensystem erfasst in der Nacht zum Freitag bereits den Westen
Deutschlands und am Freitag dann auch die übrigen Landesteile. Dabei frischt der
Wind im Norden und in der Mitte Deutschlands auf; an der Nordsee und in höheren
Berglagen kommen Böen bis Sturmstärke auf. Auch weiter landeinwärts bis ins
nordwestliche und nördliche Binnenland hinein sowie im Bergland generell sind
stürmische Böen zu erwarten. In der Nacht zum Samstag deutet sich ein Schleifen
des Frontensystems unmittelbar nördlich der Alpen an, was dort weitere
Regenfälle zur Folge hat, die jedoch nicht warnrelevant sind.
Am Samstag stellt sich Rückseitenwetter mit größeren Auflockerungen und
einzelnen Schauern in Küstennähe sowie ganz im Süden ein. Im Norden und in der
Mitte erfolgt ein leichter Temperaturrückgang. Zudem bleibt es im Nordwesten und
ganz im Norden windig mit Sturmböen an der Nordsee sowie auf den Gipfeln der
nördlichen Mittelgebirge.
Ein vom südlichen Grönland in den westlichen Nordstlantik gerichteter Vorstoß
hochreichender Polarluft bringt einen Trog zustande, der vom Seegebiet
südwestlich von Island zu den Azoren gerichtet ist und mit seinem Südteil
südostwärts schwenkt. Dies lässt am Sonntag die Strömung über Mitteleuropa auf
West-Südwest drehen. Als Ergebnis setzt sich im Süden in Verbindung mit einer
allmählich nordwärts ausgreifenden Warmfront mildere Luft durch, die im Laufe
des Montags, d.h. dann bereits im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum, auch die nördlichen Teile Deutschlands erfasst. An der
Vorderseite eines sich nach Irland verlagernden Sturmtiefs erfolgt nordwärts
ausgreifend Warmluftadvektion, woraus sich Geopotentialgewinn ergibt. Hierdurch
kommt ein nach Skandinavien gerichteter Höhenrücken zustande. An der Vorderseite
eines vom Nordmeer bis in den Azorenraum gerichteten Langwellentroges hält sich
über Mitteleuropa eine südwestliche Strömung. Im Süden und Osten sowie teils
auch in der Mitte dominiert antizyklonaler Einfluss, wodurch sich weitgehend
ruhiges Herbstwetter einstellt. Der Nordwesten und der Norden wird dagegen von
schwachen, nach Nordosten ablaufenden Frontensystemen gestreift, so dass sich
dort ein leicht wechselhafter Wettercharakter mit gelegentlichen Niederschlägen
einstellt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis etwa in die Nacht zum Freitag ist der aktuelle Modelllauf gegenüber den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Am Freitag wird vom
aktuellsten Lauf ein rascheres Übergreifen des Frontensytems simuliert. Demnach
stößt die kühlere Luft am Samstag auch weiter nach Süden vor. Die sich ab
Sonntag allmählich wieder nordwärts durchsetzende mildere Luft hatte der
gestrige 00 UTC-lauf im Programm, wogegen der 12 UTC-Lauf diese Entwicklung
ausbremste.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeigen alle Modellläufe die
nordwärts ausgreifende erneute Milderung. Die von der aktuellsten Modellrechnung
gezeigte Sturmzyklogenese über Irland war bei den weiter zurückliegenden
Simulationen nicht zu finden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Freitag zeigen die vorliegenden Modelle eine weitgehend
ähnliche Entwicklung und stützen die oben getroffenen Aussagen. Unterschiede
ergeben sich lediglich hinsichtlich der Ostverlagerung des dann auf Deutschland
übergreifenden Frontensystems. EZMW zeigt die rascheste, GFS die langsamste
Verlagerung der Front, wobei die Unterschiede im Bereich der Prognosegenauigkeit
liegen.
Am Samstag haben neben EZMW auch UK10 und das kanadische Modell leichtes
Rückseitenwetter (im Norden und ganz im Süden mit Schauern, dazwischen größere
Auflockerungen) im Programm. ICON lässt dann bereits wieder die Strömung steil
auf Südwest drehen. Nach GFS läuft über die Mitte Deutschlands eine Welle mit
zeitweisen Niederschlägen ab.
Größere Unterschiede ergeben sich für Sonntag. ICON lässt dann einen breiten
Trog auf Deutschland übergreifen. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes und
auch GFS folgen dem EZMW, GFS zeigt aber eine etwas steilere südwestliche
Strömung und die Entwicklung eines Sturmtiefs über dem Skagerrak. Nach allen
Modellen ist es im Norden und Westen windig mit Sturmböen an der Nordsee und im
Bergland.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergibt sich nach allen
Modellen eine südwestliche Strömung, wobei das Bodenhoch nach GFS über den
Baltischen Staaten und nach den anderen Modellen über Süd- bzw. Südosteuropa
etabliert. Während nach GFS sich eine kräftige östliche bis südöstliche
bodennahe Windkomponente abzeichnet, stellt sich nach den anderen Modellen (was
wahrscheinlicher ist) eine schwachgradientige Lage ein. Vorrangig im Süden
dürfte sich dann Nebel bilden, der sich tagsüber nur sehr zögernd und zum Teil
auch nicht mehr auflöst. Abgesehen davon wird es relativ mild.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt eher die oben beschriebene Variante (mit dem sich zu
Wochenbeginn über Südosteuropa entwickelnden Hoch) als das hauseigene
deterministische Modell. Anhand der Rauchfahnen ist zu sehen, dass die Version
des deterministischen Modells (mit dem Bodenhoch über dem Baltikum) eine
Außenseiterrolle einnimmt. Was jedoch untypisch ist für eine erneut einsetzende
Hochdruckrandlage sind die über den gesamten Vorhersagezeitraum hinweg
ausgeprägten Niederschlagssignale. Die oben beschriebene Entwicklung wird somit
bei Weitem nicht von allen EPS-Membern gestützt. Insgesamt lassen sich aber
keine Signale für eine ausgewachsene Sturmlage oder in Bezug auf einen möglichen
Kälteeinbruch finden.
Das EPS des EZMW folgt bei Betrachtung des EPS-Mittels der oben beschriebenen
Entwicklung, wobei sich ein relativ geringer Spread ergibt. Das wird durch zwei
Drittel der EPS-Member gestützt. Das letzte Drittel zeigt eine etwas südlicher
liegende Frontalzone, die demzufolge über den Nordwesten und Norden Deutschlands
hinweg ost-nordostwärts gerichtet ist. Relativ sicher ist somit der leicht
wechselhafte Wettercharakter im Nordwesten und Norden und das ruhige
Herbstwetter im Süden und Südosten Deutschlands. Unsicher ist, inwieweit
Fronten(reste) mit Niederschlägen auf die mittleren Teile Deutschlands
übergreifen. Im Gegensatz zum EPS des GFS sind im Süden und vor allem im
Südosten Deutschlands ab Wochenbeginn nur noch von Einzellösungen
Niederschlagssignale zu finden. Deutschlandweit zeichnet sich ein
Temperaturanstieg ab, der jedoch im Süden und Südosten nur bei rascher Auflösung
von Nebel oder Hochnebel wirksam werden kann. Das Clustering gemäß
Großwetterlagen zeigt im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wieder
eine zunehmende Anzahl von Membern, die auf antizyklonale Lagen setzen.
Allerdings sind die EPS-Läufe mit zyklonalen südwest-orientierten Lagen (wozu
auch der Trog über Westeuropa und das Tief über den Britischen Inseln zu zählen
sind) noch leicht in der Überzahl.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Mittwoch ist meist ruhiges Herbstwetter ohne markante Wettergefahren zu
erwarten. Am Donnerstag können sich über dem südwestdeutschen Bergland und in
Alpennähe mit geringer Wahrscheinlichkeit einzelne Gewitter entwickeln;
Starkregen ist nicht ganz auszuschließen. Aufgrund der fortgeschrittenen
Jahreszeit und der nicht sonderlich ausgeprägten Dynamik ist das Potential für
derartige Entwicklungen limitiert.
Vor allem am Freitag fällt zeitweise Regen, wahrscheinlich aber ohne
warnrelevante Mengen zu erreichen. Am Freitag und am Samstag treten mit hoher
Wahrscheinlichkeit an der Nordsee, teils an der Ostseeküste sowie auf höheren
Berggipfeln der nördlichen und westlichen Mittelgebirge Sturmböen auf.
Stürmische Böen sind auch im nordwestlichen und nördlichen Binnenland sowie
generell im Bergland nicht auszuschließen. Am Sonntag sind Böen bis Sturmstärke
auf exponierte Küstenlagen sowie höhere Berggipfel vor allem der nördlichen
Mittelgebirge beschränkt.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann