S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 06.10.2022 um 10.30 UTC

Ruhiges Herbstwetter. Erst ab Freitag kommender Woche voraussichtlich wieder
turbulenter.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 13.10.2022

Am Sonntag liegen wir zwischen einem abziehenden Trog über dem Baltikum und
einem umfangreichen Zentraltief bei Island im Bereich eines Höhenrückens und
damit unter Hochdruckeinfluss. Der Schwerpunkt des Hochs befindet sich am Boden
mit knapp 1030 hPa über dem Böhmischen Becken, woraus bodennahe eine südöstliche
Strömung resultiert. Die wetterbestimmende Luftmasse ist eine stark gealterte
Meeresluft polaren Ursprungs mit T850 um 5 Grad, wobei der äußerste Südwesten
zumindest in der Höhe zunehmend in den Einflussbereich milderer Luft aus dem
westlichen Mittelmeerraum gelangt (T850 > 10 Grad). SO wird der Tag seinem Namen
alle Ehre machen, allenfalls in Küstennähe und im Nordosten gibt es flache
Quellungen. Die Höchstwerte liegen zwischen 14 und knapp 20 Grad.

Am Montag verlagert sich das steuernde Tief zur Norwegischen See und der flache
Randtrog an dessen Südflanke erreicht die Nordsee. Diesem vorgelagert ist eine
schwache Kaltfront, die sich im Tagesverlauf von der Deutschen Bucht zur
Landesmitte verlagert. Diese fließt ziemlich antizyklonal ein und löst sich zum
Dienstag auch schon wieder auf. Postfrontal schiebt bereists ein neuer
Atlantikhochkeil mit über 1020 hPa von Westen nach. Das führt im Verbund auch zu
einer leichten Windauffrischung an der See mit einzelnen Windböen. Richtung
Nordfriesische Inseln, Fehmarn und Rügen können vereinzelt auch stürmische Böen
nicht ganz ausgeschlossen werden.
Sonst gibt es zwar vorübergehend ein paar dichtere Wolkenfelder, aber allenfalls
im Nordwesten wenige Spritzer Regen. Präfrontal ist die Luftmasse im Süden (die
sich nebenbei bemerkt nun landesweit mit der südwestlichen Höhenströmung auf um
die 10 Grad in 850 hPa erwärmen kann) leicht instabil geschichtet, weshalb vor
allem über den Bergen einzelne Schauer möglich sind. Die Höchstwerte erreichen
milde 15 bis 21 Grad.

Am Dienstag ist das kurze leicht zyklonale Intermezzo bereits wieder Geschichte
und die Hochdrücke weitet sich von Azoren über England nun vollends bis nach
Mitteleuropa aus. Dem Deutschlandwetter steht wohl eine Zweiteilung bevor:
Nördlich der Hochachse mit einer westlichen Strömung bodennah Zufuhr von etwas
feuchterer Luft mit zäher SC/CU Bewölkung, die sich an der Inversion in rund 850
hPa ausbreitet. Südlich der Achse über der Südhälfte des Landes abseits von
nächtlichen Nebelfeldern viel Sonnenschein und allenfalls über den Alpen
geringes Schauerrisiko. Die Temperaturen ändern sich kaum. Im Norden wird es
gefühlt wegen Bewölkung und Wind eine Spur kühler. Zudem fließt dort postfrontal
vorübergehend ein Schwall polarer Meeresluft mit T850 um 0 Grad ein.

Am Mittwoch und Donnerstag setzt sich das hochdrucklastige ruhige Herbstwetter
fort. Die Grenzschichtproblematik bleibt dabei imminent, so dass es mancherorts
auch ganztägig trüb bleiben kann, immerhin erreichen wir bereits die zweite
Oktoberdekade.

Zum Freitag, dem Übergang in die erweiterte Mittelfrist, ist eine Umstellung der
Großwetterlage mit Übergreifen eines veritablen Sturmtiefs bei den Britischen
Inseln wahrscheinlich.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle IFS Lauf liegt in guter Übereinstimmung zu seinen Vorläufen.
Unsicherheiten bestehen lediglich darin, inwieweit die Strömung Mitte nächster
Woche nach Norden aufsteilt. Zwischen 15 und 20 Grad Höchstwerte im Norden ist
quasi noch alles möglich, in der Mitte und im Süden sind diese Temperaturen
quasi gesichert. Eventuell erfolgt am Donnerstag im Nordwesten schon ein erster
zyklonaler Streifschuss. Die Umstellung zum kommenden Freitag wird
laufübergreifend simuliert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS betont die Wetteraktivität der Kaltfront am Montag etwas stärker, steht
damit aber ziemlich alleine da. Auch die Umstellung zu zyklonalerem Wetter mit
einem ersten Randtrog am Donnerstag erfolgt bei GFS und GEM schneller. ICON hat
diesen zwar auch im Programm, lässt aber die Brücke am Boden im Gegensatz zu GFS
noch bestehen, weshalb sich die Wetteraktivität noch in Grenzen hält.

Noch völlig unklar ist, was das Sturmtief zum übernächsten Wochenende macht. Von
Szenarien wie stationär oder Verlagerung nach Mitteleuropa oder als Cut-Off eher
nach Süden wird alles angeboten. Das eröffnet zumindest für die Südosthälfte
Deutschlands auch de Option für eine rasche Wetterbesserung in der Folge.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Ensemblemember veranschaulichen ganz gut die Abkühlung bei
fehlender/geringer Niederschlagsaktivität, die mit der schlappen
Kaltfrontpassage einhergeht. Etwas überraschend ist, dass selbst für den
mittleren Streifen (Trier, Erfurt, Berlin) die T850er auf Werte um 0 Grad im HL,
CL und Gros der Member zum Mittwoch zurückgehen. Insofern muss man befürchten,
dass mancherorts das Thermometer wirklich nur bei 11 oder 12 Grad stehen bleibt,
sollte die Wolkendecke kompakt genug sein. Auch wenn die Reise der Temperatur
mit Übergang in die erweiterte Mittefrist noch vollkommen unsicher ist, sprechen
Geopotentialfall und zunehmende Niederschlagssignale immerhin eine eindeutige
Sprache.

Das einzige Cluster im Zeitraum +120-168h (Di-Do) schau klar nach der
Großwetterlage Hb bzw. Wa aus. In der Folge verdeutlichen 2 Cluster die
Unsicherheiten bezüglich der Sturmtiefentwicklung. Eine leichte Mehrheit findet
sich dabei für das Eingraben des Tiefs bei Schottland. Sturmböen wären dabei
wohl lediglich auf die westlichen Mittelgebirge und die Nordsee beschränkt.
Zudem würde es in der südwestlichen Strömung auch noch länger vergleichsweise
mild bleiben. Mal schauen, was die nächsten Tage und Läufe bringen.

FAZIT: Zunächst vielfach ruhiges, wenn auch nicht überall sonniges Herbstwetter.
Dabei tagsüber bei Auflockerungen meist zwischen 15 und 20 Grad, in den Nächten
kaum noch Bodenfrostgefahr. Zum Freitag, eventuell schon in Ansätzen zum
Donnerstag nächster Woche, Umstellung zu windigerem und zeitweise regnerischem
Wetter.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

An exponierten Küstenabschnitten sind am Montag einzelne stürmische Böen (Bft 8)
aus West nicht gänzlich ausgeschlossen.

Sonst treten im gesamten Mittelfristzeitraum keine signifikanten
Wettererscheinungen auf. Erst in der erweiterten Mittelfrist könnte sich ein
größeres Sturmfeld anbahnen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen