SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.10.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Hochrandlage mit etwas Wind im Nordwesten und etwas mehr Wind an der Nordsee
sowie im höheren Bergland. In der Nacht zum Donnerstag Passage einer schwachen
Kaltfront.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland mitten unter einem Höhenrücken, der sich
von Südwesteuropa bis weit in den Norden Skandinaviens erstreckt. Im Laufe der
kommenden Nacht schwenkt der Rücken langsam ost-südostwärts, was uns zunehmend
unter eine zunächst noch stark antizyklonal konturierte west-südwestliche
Höhenströmung bringt. Auch der Schwerpunkt der korrespondierenden Hochdruckzone
(TIMEO) – heute Vormittag mit knapp über 1025 hPa noch über Bayern gelegen –
wandert nach Südosten in Richtung Balkan. Trotzdem bleibt die Nacht in weiten
Teilen des Landes noch unter Hochdruckeinfluss, weil TIMEO gute Kontakte zum
Azorenhoch pflegt, so dass etwaige Störungen – noch muss man sagen – keine
Chance haben, uns in der Nacht zu piesacken. Dabei braut sich über
Nordwesteuropa einiges zusammen. Da wäre auf der einen Seite das hochreichende,
sich kaum verlagernde Sturmtief YAEL dicht bei Island, das heute 18 UTC einen
bemerkenswerten Kerndruck von etwas unter 960 hPa aufweist. Ausgestattet ist
YAEL mit einem okkludierenden Frontensystem, an dessen Kaltfront eine instabile
Welle namens ZYDRUNE abläuft. Die anfangs noch flache Welle überquert in der
Nacht Irland und Schottland, wobei sie wegen nicht optimaler Exposition zum Jet
(weder linker Aus-, noch rechter Eingang) nur zögerlich beginnt zu entwickeln.
Erst wenn sie etwas besser unter die Vorderseite eines vom Ostatlantik ostwärts
schwenkenden Randtrogs gelangt, macht sie einen Entwicklungsschub. Bis
Mittwochmittag ist aus der Welle ein kleines aber feines Rand-Sturmtief
geworden, das um 12 UTC mit rund 985 hPa Kerndruck (ICON von 12 UTC liegt etwas
höher) ca. 200 km westlich der norwegischen Provinz Vestland liegt.

Doch zurück noch mal nach Deutschland, wo die Nacht verbreitet gering bewölkt
oder klar beginnt. Etwas zahlreicher sind die Wolken anfangs noch im Nordosten,
wo aber auch abgebaut wird. Insbesondere in der Südhälfte bildet sich wieder
teils dichter Nebel. Im Nordwesten und Norden hingegen ziehen vermehrt
WLA-bedingte hohe, teils auch mittelhohe Wolken auf, aus denen in Nordfriesland
sowie an der Grenze zu Dänemark gar ein paar Tropfen fallen können. Im Zuge
einer kontinuierlichen Gradientverschärfung insbesondere im Norden und Westen
lebt der südliche Wind mal mehr, mal weniger auf. Am spürbarsten ist die
Windauffrischung über der Nordsee, wo Böen 7 Bft vor allem die Küste SHs
erreichen und Helgoland vielleicht schon die erste 8 Bft misst. In einigen
exponierten Hochlagen wie z.B. dem Brocken und dem Fichtelberg wird es stürmisch
mit Spitzen 8-9 Bft, Brocken evtl. 10 Bft. Dagegen kommt der Wind im Binnenland
aufgrund der Entkopplung der Grundschicht (Inversion bei rund 900 hPa), nur
langsam in Fahrt, so dass Warnungen zunächst noch nicht fällig sind.
Während es von der Eifel bis hoch an die Küsten mit 15 bis 10°C wind- und
wolkenbedingt ziemlich mild bleibt, kühlt es im Südosten vielfach unter 5°C ab.
Leichten Frost in Bodennähe gibt es in ungünstigen Lagen gratis dazu.

Mittwoch … schwenkt der o.e. Randtrog über UK/Irland hinweg in Richtung
Nordsee, während der Höhenrücken den Abstand zwischen ihm und uns weiter
vergrößert. Konsequenz ist eine auf glatt Südwest rückdrehende, zunehmend
indifferent konturierte Höhenströmung, in der die mitteltroposphärische WLA nach
Osten herausläuft. Damit bleiben tagsüber keine synoptisch-skaligen
Hebungsantriebe über, so dass der Tag weitgehend störungsfrei über die Bühne
geht. Abhilfe könnte die bereits angesprochene Kaltfront bringen, die durch die
Randtiefbildung allerdings zunächst noch zurückgehalten wird und erst in den
Abendstunden in den Niederlanden sowie über der Deutschen Bucht anlandet. Zwar
werden die Wolken im Tagesverlauf im Nordwesten peu a peu dichter, bis zum Abend
bleibt es aber noch weitgehend trocken. Im großen Rest des Landes scheint –
nachdem sich die Nebelfelder im Süden z.T. etwas störrisch aufgelöst und sich
die WLA-bedingten hohen und mittelhohen Wolken verabschiedet haben – für längere
Zeit die Sonne.

Auf der Warnkarte gibt es morgen auch etwas zu bewundern, was dem präfrontal
auffrischenden, von Süd auf Südwest drehenden Wind geschuldet ist. Ursache ist
der zwischen dem scheidenden Hoch TIMEO und dem kleinen, sich noch etwas
vertiefenden Randtief ZYDRUNE zunehmende Gradient, der im Nordwesten am
schärfsten ausgeprägt ist. Dort ist dann auch für einige Stunden vermehrt mit
Böen der Stärke 7 Bft zu rechnen. An der Nordsee stehen insbesondere an der
nordfriesischen Küste Böen 8 Bft, auf Helgoland vielleicht sogar eine 9er-Böe
auf dem Zettel. Zugig wird es freilich auch in den Hochlagen der nördlichen,
östlichen und zentralen Mittelgebirge sowie auf dem schwarzwälder Feldberg mit
Spitzenböen 8-9 Bft, auf dem Blocksberg 10 Bft.

War es heute schon ziemlich mild im Land, wird morgen noch eine Schippe
draufgelegt. Inzwischen hat sich die untere Troposphäre durch das permanente
Absinken mächtig erwärmt, was durch 850-hPa-Temperaturen zwischen 12 und 16°C
eindrucksvoll dokumentiert wird. Nun ist zwar hinlänglich bekannt, dass mit
Fortschreiten der Jahreszeit die „850iger“ immer weniger Einfluss auf die
Temperatur in 2 Meter Höhe, es sei denn, der Wind hilft mit. Und genau das wird
morgen passieren, wenn der auffrischende Wind den Quirl anwirft und für
Durchmischung sorgt. Heraus kommen für einen 5. Oktober stattliche 18 bis 24°C,
im südlichen Alpenvorland und in Südbaden mit Glück und Spucke vereinzelt 25°C
(=> Sommertag). Etwas weniger gibt es an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Randtrog über die Nordsee und
Norddeutschland ostwärts hinweg, wobei er an Amplitude einbüßt. Derweil entfernt
sich das kleine Randtief ZYDRUNE in Richtung Lofoten, was die Kaltfront aber
nicht davon abhält, auf Deutschland überzugreifen, wo sie in den Frühstunden
etwa eine Linie Nordbaden-Berliner Raum erreicht. Die Zusammenarbeit zwischen
Front und Höhentrog ist lausig und wird durch weit nach Osten vorauseilende KLA
noch erschwert. Von daher verwundert es nicht, dass an der Front nur ein
schmales und wenig intensives Regenband generiert wird, das zu allem Überfluss
noch durchbrochen ist und mit jedem Kilometer weiter südöstlich mehr und mehr
zerfleddert. Rückseitig gelangt ein Schwall subpolarer Meeresluft in den Norden
und Westen (Rückgang T850 auf 5 bis 2°C am Morgen), in der die Wolkendecke
wieder auflockert. Höhenkaltluft ist kaum am Start, weshalb sich keine
nennenswerte postfrontale Schaueraktivität einstellt. Einzig über und an der See
reicht es für einzelne diabatisch angefachte Schauer. Dafür bilden sich im
gering bewölkten bis klaren Süden (gemeint sind vor allem die Regionen südlich
der Donau) wieder einige Nebelfelder.

In den Schlagzeilen bleibt der Wind, wenn auch nicht auf Seite 1. Im Binnenland,
wo bereits am Nachmittag und Abend schon eine tendenzielle Abnahme zu
verzeichnen ist, reicht es nur bei Frontpassage noch für einzelne Böen 7 Bft,
insbesondere im Norden. An den Küsten, wo der Wind auf Südwest bis West dreht,
stehen allgemein Böen 7-8 Bft, an der Nordsee 9 Bft auf der Karte. Stürmisch
bleibt es ebenfalls in den Hochlagen (Blocksberg evtl. bis 11 Bft), auch wenn
der Wind nach Frontpassage etwas abnimmt.

Mit 14 bis 8°C bleibt es relativ mild, einzig im äußersten Süden kühlt es
punktuell auf Werte um 5°C ab.

Donnerstag … zieht der Randtrog rasch nach Osten ab. Dahinter stellt sich
vorübergehend eine relativ glatte westliche Höhenströmung ein, aus der heraus
keine nennenswerten Hebungsantriebe generiert werden. Stattdessen kommt es zu
leichtem Absinken und Druckanstieg, der in eine schmale, zonal exponierte
Hochdruckzone (um 1030 hPa) mündet. Deren Achse verläuft am Nachmittag zwischen
Main und Donau, also unmittelbar hinter der Kaltfront, die mittlerweile die
Donauregion erreicht hat. Der steigende Luftdruck bekommt der Kaltfront
überhaupt nicht, so dass sie tatsächlich ums Überleben kämpfen muss, diesen
Kampf spätestens in der Nacht zum Freitag sehr wahrscheinlich aber verlieren
wird. Immerhin reicht es tagsüber noch für dichte Wolken, während Regen so gut
wie keiner mehr fällt.

In der postfrontal einfließenden subpolaren Meeresluft (T850 2 bis 6°C) scheint
von den Küsten bis hinunter in den Frontbereich ebenso häufig die Sonne wie
präfrontal im Alpenvorland bzw. an den Alpen. Nur direkt an der See kann es
mitunter auch mal etwas wolkiger sein, die Schauerneigung bleibt aber gering.
Zwar geht die Temperatur gegenüber Mittwoch etwas zurück, mit 16 bis 22°C (am
wärmsten das Alpenvorland) kann aber von einem milden Oktobertag gesprochen
werden.

Thema Wind, der zwischen dem o.e. Hoch und zahlreichen Tiefs über Nordeuropa an
den Küsten aus Südwest bis West kommend über die meiste Power verfügt. Vor allem
an der Nordsee werden vermehrt Böen 8 Bft, anfangs exponiert 9 Bft registriert,
während an der Ostsee die „8er“ seltener sind. Mit jedem Kilometer landeinwärts
nimmt der Wind ab, einzig im küstennahen Binnenland brauchtŽs wahrscheinlich
noch eine „kleine“ Warnung. Auch in den Mittelgebirgen nimmt der Wind/Sturm
deutlich ab.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs etwas nach
Osten. Gleichzeitig erreicht ein breiter Bodentrog UK/Irland, in den eine
schwache, für uns noch nicht relevante Kaltfront eingelagert ist. Auf alle Fälle
fächert der Gradient im Norden etwas auf, so dass der auf Südwest rückdrehende
Wind allenfalls an der Nordsee noch in Böen Stärke 7 Bft erreicht.
Ansonsten passiert nicht viel im Lande. Im Süden wird weiter an der Auflösung
der Front gearbeitet, es halten sich aber noch Restwolken. Im übrigen Land
präsentiert sich der Himmel häufig gering bewölkt oder klar, im Süden und in der
Mitte bildet sich Nebel. Die Luft kühlt auf 8 bis 1°C ab, lokalen Bodenfrost
inklusive. Milder bleibt es im äußersten Norden und teils auch dort im Süden, wo
sich die Wolken nur langsam auflösen.

Freitag … arbeiten sich der Bodentrog nebst korrespondierendem Höhentrog bis
zur Nordsee voran, ohne dass die Kaltfront den Vorhersageraum erreicht. Sie wird
durch das trogvorderseitige Rückdrehen der Strömung eher aufgehalten. Trotzdem
reicht es, um im äußersten Nordwesten ein paar Wolken zu platzieren, aus denen
aber allenfalls über der freien Nordsee sowie auf Helgoland und Sylt ein paar
Tropfen fallen. Ansonsten scheint im Norden und in weiten Teilen der Mitte die
Sonne. Nach Süden hin gibt sich die Szenerie gemischter. Neben einigen zähen
frontalen Restwolken gesellt sich gebietsweise zäher Nebel oder Hochnebel. Vor
allem in höheren Lagen inkl. des Alpenvorlands scheint aber auch die Sonne.
Temperaturmäßig gehtŽs hoch auf 16 bis 22°C, im Süden z.T. etwas darunter. Dazu
weht an der Nordsee ein frischer Südwestwind mit Böen 7-8 Bft.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle sind sich weitgehend einig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann