SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.10.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Nix los uff de Gass – Hoch TIMEO mit ruhigem Frühherbstwetter. Erst am Mittwoch
im Nordwesten wieder mehr Luftbewegung, aber zunächst noch trocken.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … hat sich pünktlich zum Einheitstag über Deutschland das Hoch TIMEO
festgesetzt, das in seinem Innern etwas mehr als 1025 hPa auf die Waage bringt.
In der „Hinterhand“, sprich, etwas nach Westen versetzt, wird der gute TIMEO von
einem veritablen Höhenrücken gestützt, auf dessen Vorderseite Absinken wirksam
ist. Die daraus resultierende Inversion ist vor allem nach Westen hin schon sehr
gut ausgeprägt und hat dort bereits FL 50 (850 hPa) erreicht bzw.
unterschritten. Aus der darunter befindlichen, labil geschichteten Grundschicht
haben sich tagsüber zahlreiche Quellungen gebildet, die z.T. an der Sperrschicht
breitgelaufen sind. Nach Osten und Nordosten hin, wo die Inversion noch etwas
höher lag respektive liegt, haben sich sogar ein paar unergiebige Schauer
gebildet, begleitet von einem böigen, im höheren Erzgebirge gar stürmischen
Nordwestwind.

In der Nacht zum Dienstag kommen Rücken und Bodenhoch etwas nach Osten voran, am
frühen Morgen soll TIMEO (lat. „ich fürchte“, 1. Person Singular Präsens
Indikativ; okay, etwas Angeberei, aber für irgendwas muss das Latinum ja gut
sein;) mit knapp über 1025 hPa und nach Skandinavien reichendem Keil über Bayern
liegen. Der Gradient fächert auf, so dass der Wind nicht zuletzt auch wegen des
Tagesgangs keine Rolle mehr spielt. Erwähnenswert ist aber die markante
Winddrehung im Norden und Nordwesten von W-NW auf S-SW. Schauermäßig geht auch
nicht mehr viel, am ehesten fällt im Stau des Erzgebirges mitunter noch etwas
Regen. Im Norden und Nordwesten bringt den Rücken überlaufende WLA hohe, später
vielleicht sogar ein paar mittelhohe Wolken an den Start, aus denen sogar ein
paar Tropfen fallen. Ob die allerdings den Boden erreichen, ist mehr als
fraglich.
Ansonsten wird weiter am Schrumpfungsprozess der Grundschicht gearbeitet, die
Inversion rückt immer weiter nach unten. Dadurch geht T850 insbesondere im
Südwesten deutlich nach oben auf rund 10°C. Die Quellungen vom Tage lösen sich
mehr und mehr auf, was bei klarem Himmel, keinem Wind und solider Abkühlung die
Bildung von Nebel zur Folge hat. Betroffen dürften davon vornehmlich der Süden
und Teile der Mitte sein, wo die Nacht zudem am kältesten wird. Für Luftfrost
wird es zwar nicht oder nur ganz vereinzelt reichen, für leichten Bodenfrost
(Süden) schon.

Dienstag … wandert der Rücken piano über den Vorhersageraum hinweg ostwärts,
ohne ihn vollständig zu überqueren. Gleichzeitig verlässt uns das Zentrum des
Bodenhochs in Richtung Osten, was aber nur bedingt was ausmacht. Zum einen
pflegt TIMEO weiterhin gute Kontakte zum Azorenhoch west-südwestlich der
Iberischen Halbinsel, zum andern ist da auch noch der gen Norden gerichtete
Keil, welcher nur langsam ostwärts schwenkt. Kurzum, das gesamte Setup ist noch
so weit auf antizyklonal gestellt, dass sich weite Teile des Landes –
schwerpunktmäßig der Süden und Westen sowie die Mitte – auf einen sonnigen oder
nur locker bewölkten 4. Oktober freuen können. Okay, mancherorts dauert es ein
wenig, bis sich der nächtliche Nebel aufgelöst hat, bis Mittag sollte das aber
eigentlich überall geschehen sein.

Nach Osten und Nordosten hin, wo die Grundschicht noch etwas mächtiger ist als
weiter westlich (Inversion 850 hPa vs. 950 hPa), bilden sich mehr Quellungen,
die ähnlich wie heute vorübergehend auch noch mal breitlaufen können. Dabei
bleibt es aber weitgehend trocken. Etwas eingeschränkt ist die Sonnenscheindauer
auch im äußersten Nordwesten, wo Cirren respektive AS/AC im Tagesverlauf etwas
kompakter ausfallen können. Sie sind übrigens die Vorboten einer Kaltfront, die
aber erst am Mittwochabend bei uns auf die Anzeigetafel kommt. Trotzdem lohnt es
sich bereits an dieser Stelle, schon mal ein, zwei oder auch mehr Sätze über die
Lage in NW-Europa zu verlieren. So hat sich dicht bei Island inzwischen eine
würdige Nachfolgerin des vormaligen Sturmtiefs WALBURGA etabliert. Die Rede ist
von YAEL, die zur Mittagszeit einen Kerndruck zwischen 965 und 960 hPa aufweist.
Das zugehörige Frontensystem mit der o.e. Kaltfront beeinflusst morgen vor allem
UK/Irland und Norwegen sowie das dazwischenliegende Wasser. Am Südrand von YAEL
läuft an der Kaltfront eine Frontalwelle ab (ZYDRUNE), die sich bis Mittwoch
aufgrund ihrer entwicklungsgünstigen Position (linker Ausgangsbereich eines sehr
gut ausgeprägten Jet-Streaks) zu einem kleinen aber feinen Rand-Sturmtief
entwickelt. Dazu gleich mehr…

Kurz noch mal zurück nach Deutschland, wo die weiter steigende
850-hPa-Temperatur (um 18 UTC verbreitet 10 bis 14°C, lediglich im Osten sowie
im äußersten Norden/Nordwesten etwas darunter) auch im 2m-Niveau Spuren
hinterlässt. Klar, ein lineares Durchreichen wie im Sommer funktioniert in
dieser Jahreszeit nicht mehr, es reicht aber verbreitet für Maxima zwischen 14
und 19°C. Dort, wo die Sonne lange genug scheint und leichte
Überströmungseffekte in der südlichen Grundströmung greifen (z.B. im Lee von
Eifel, Haarstrang oder Harz), sind durchaus auch 20 oder 21°C drin.

In der Nacht zum Mittwoch setzt sich die Progression des Höhenrückens soweit
fort, dass der gesamte Vorhersageraum bis zum Morgen auf die Rückseite unter
eine zunächst noch antizyklonal konturierte West-Südwestströmung gelangt. Mit
der gleichzeitigen Verlagerung des Bodenhochs Richtung Balkan sowie der o.e.
Entwicklung des kleinen Randtiefs (00 UTC etwas unter 1000 hPa über Irland)
verstärkt sich der Druckgradient im Norden und Westen, was wiederum einen mal
mehr, mal weniger auflebenden südlichen Wind zur Folge hat. Wegen der
Entkopplung der Grundschicht von der Höhe fällt das Auffrischen im tiefen
Binnenland eher verhalten aus. Dafür stehen auf der Nordsee sowie in höheren
Lagen die ersten 7er-Böen auf der Karte. Auf Helgoland sowie in einigen
exponierten Hochlagen reicht es vielleicht auch schon für eine erste stürmische
Böe 8 Bft, auf dem Brocken – man kenntŽs – sogar 9 Bft.

Im Norden und in der Mitte bleibt WLA wirksam, die für Nachschub im hohen,
partiell auch im mittelhohen Wolkenniveau sorgt. Zwar bleibt die Front noch
außen vor, trotzdem sind im unmittelbaren Umfeld der Deutschen Bucht ein paar
zaghafte Tropfen nicht ausgeschlossen. Dagegen bildet sich in der Südhälfte
erneut Nebel, insbesondere, aber nicht ausschließlich in Gewässernähe.

Während es vom Nordrand der Eifel bis hoch an die Küsten mit 10 bis 15°C
ziemlich mild bleibt, kühlt es im Südosten häufig auf unter 5°C ab. Leichter
Frost in Bodennähe steht in Teilen Ober- und Niederbayerns, am Alpenrand sowie
in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen auf der Karte.

Mittwoch … dreht die Höhenströmung bei uns etwas zurück, wobei sie zunehmend
einen indifferenten, nach Nordwesten hin sogar leicht zyklonalen
Krümmungscharakter annimmt. Grund ist der Vorstoß eines Randtrogs vom nahen
Ostatlantik bis nach UK/Irland und zur Nacht hin weiter in Richtung Nordsee und
Jütland. Auf seiner Vorderseite wird das kleine Tief ZYDRUNE unter
Intensivierung auf wahrscheinlich unter 975 hPa vor die südnorwegische Westküste
gesteuert, wo es am Abend unweit von Svinöy fyr anlandet. Bevor die zugehörige
Kaltfront am späten Nachmittag/frühen Abend auf den Nordwesten unseres Landes
übergreift, verbringen wir den Tag, wenn man so will, in einem breit angelegten
Warmsektor, der seinen Namen mehr als verdient hat. Nicht nur auf 850 hPa setzt
sich die landesweite Erwärmung auf 10 bis 15°C fort. Auch in den unteren
Luftschichten, wo ein Schwall subtropisch angehauchter Meeresluft den Weg zu uns
findet, geht es mit Hilfe des auffrischenden Windes (Stichwort Durchmischung)
und der vor allem in der Südosthälfte weiterhin einstrahlenden Sonne (nach
Nebelauflösung versteht sich) spürbar nach oben mit der Temperatur. Am frühen
Nachmittag reicht die Spanne der Höchstwerte von 18 bis 24°C (am wärmsten im
Süden und Südwesten), einzig im höheren Bergland (welch Überraschung) sowie an
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind wird es nicht so warm.

Im Nordwesten nimmt die Bewölkung immer weiter zu und gegen Abend beginnt es
zwischen Ostfriesland und deutsch-dänischer Grenze leicht zu regnen. Bereits
zuvor frischt der Süd-Südwestwind im Norden und Westen sowie im zentralen
Bergland spürbar auf mit Böen 7 Bft in tiefen Lagen sowie 8-9 Bft im höheren
Mittelgebirge und an der Nordsee. Ob der Blocksberg die von MOS in Aussicht
gestellten orkanartigen Böen 11 Bft bekommt, sei mal dahingestellt. Für schwere
Sturmböen 10 Bft dürfte es aber dicke reichen, vielleicht auch auf dem
Fichtelberg. Zum Abend hin lässt der Wind im Tiefland bereits wieder nach.

In der Nacht zum Donnerstag marschiert die Kaltfront, angetrieben von einer
zunehmenden und gleichzeitig rechtdrehenden Höhenströmung zügig über Deutschland
hinweg ost-südostwärts. Am Morgen erreicht sie etwa eine Linie
Nordschwarzwald-Erzgebirge. Verbunden mit der Front ist ein schmales und
durchbrochenes Regenband, aus dem nicht viel rauskommt. So wird die 5-l/m² kaum
erreicht, häufig fällt nicht mal ein einziger lausiger Millimeter in die Töpfe.
Rückseitig kommen an der Küste zwar noch ein paar Schauer nach, die aber auch
nicht gerade aus höchster konvektiver Zucht entstammen (zu wenig Höhenkaltluft,
zu wenig Labilität). Ganz im Süden, wo die Front noch nicht anlandet und es auch
noch für längere Zeit klar ist, bildet sich örtlich Nebel.
Mit Durchgang der Front muckt der nur kurzzeitig von Südwest auf West drehende
Wind etwas auf, allzu viele Böen der Stärke 7 Bft dürften in den tiefen Lagen
des Binnenlandes aber nicht auftreten. Dafür bleibt es an der Nordsee sowie im
höheren Bergland stürmisch mit Böen 8 bis 9 Bft, exponiert 10 Bft. Die
Ostseeküste gibt sich moderater mit 1-2 Windstärken darunter. Mit Tiefstwerten
von 13 bis 8°C gehört die Nacht eher zu den milderen für Oktober. Einzig im
äußersten Süden kühlt es stellenweise etwas stärker ab.

Donnerstag … stellt sich bei uns das GWL-Muster Wa (West antizyklonal, gerne
aber inoffiziell auch nördliche Westlage genannt) ein. Unter der inzwischen
glatten, im Norden lebhaften westlichen Höhenströmung steigt der Luftdruck im
Süden von Westen her auf rund 1030 hPa an, was sich in Form einer zonal
exponierten schmalen „Hochdruckwurst“ widerspiegelt. Für die Existenz der
Kaltfront ist die „Wurst“ Gift oder etwas professioneller ausgedrückt, sie wird
sich im divergent-frontolytischen Umfeld auflösen. Trotzdem reicht es im
Donauumfeld noch längere Zeit für starke Bewölkung und anfangs auch ein paar
Tropfen Regen.

Ansonsten stellen sich in der einfließenden subpolaren Meeresluft (T850 in der
Nordhälfte 4 bis 7°C, im Süden etwas darüber) locker bewölkte Verhältnisse ein,
bei denen die Sonne ausreichend Gelegenheit erhält, sich nachhaltig in Szene zu
setzen. Etwas wolkiger wird es zeitweise an den Küsten, wo bei einem frischen,
in Böen steifen bis stürmischen Südwestwind ein, zwei Schauer nicht
ausgeschlossen sind. Mit 17 bis 22°C bleibt es ziemlich mild.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle zeigen eine fast schon beängstigende Übereinstimmung der Basisfelder
mit einem Korrelationsfaktor nahe 1.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann