S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.10.2022 um 10.30 UTC

Zunehmend windiges und unbeständiges Wetter, an der Nordsee Sturmböen, im Süden
örtlich starke Gewitter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 10.10.2022

Am Donnerstag zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums steht tiefes Geopotential
von Neufundland bis nach Skandinavien hohem Geopotential über dem Atlantik und
Südeuropa gegenüber. Resultierend kann sich vom Atlantik über die Britischen
Inseln hinweg bis nach Deutschland und Dänemark eine zonale Grundströmung
ausbilden, die meist nur wenig amplifizierte kurzwellige Anteile enthält. Nach
Süden zu ist die Strömung allerdings aufgefächert und weist über Deutschland
leicht konvergente Verhältnisse auf. Dies beruht auf einen Kurzwellentrog, der
das Land am Vormittag überquert und rasch nach Polen und über die Ostsee
abzieht. Bodennah korreliert der Kurzwellentrog mit einer Kaltfront, die etwa
bis zur Donau südwärts vorankommt, bevor sie quasiparallel zur Strömung schleift
und von Westen unter Hochdruckeinfluss gerät. Dieser wiederum korreliert mit dem
hohen Geopotential über dem Atlantik und schiebt sich ostwärts Richtung
Mitteleuropa. Entsprechend sind im Umfeld der Front konvektiv geprägte
Niederschläge zu verzeichnen, die zunehmend an Intensität einbüßen. Weitere
Schauer werden zudem im Küstenumfeld gezeigt, wo diabatische Prozesse aufgrund
des warmen Wassers mit schwacher PVA kurzwelliger Anteile interagieren.

Am Freitag bekommt die zonale Strömung etwas Meridionalität, indem der Trog über
dem Atlantik an Amplitude zulegt. Dies liegt auch darin begründet, dass über der
Iberischen Halbinsel und westlich davon zwei schwache Höhentief herumwabern und
somit tieferes Geopotential induzieren. Gleichermaßen kann sich von Italien bis
zur Ostsee ein schwacher Rücken bilden, der wiederum am Boden ein Hoch über dem
östlichen Mitteleuropa stützt. Deutschland gelangt dabei auf der einen Seite auf
die Vorderseite des Troges über Frankreich und die Britischen Inseln und auf der
anderen Seite bodennah auf die Westflanke des Hochs. Entsprechend kann mit einer
südlichen bis südwestlichen Strömung wieder etwas mildere Luft ins Land
eindringen und sich nordwärts schieben. Lagen die Temperaturen in 850 hPa am
Donnerstag noch bei 2 bis 12 Grad, sind es am Freitag schon wieder 5 bis 16
Grad. Niederschläge sind dabei aber nur im Nordseeumfeld durch PVA sowie die
gewisse Labilität durch das warme Wasser zu verzeichnen. Eine gewisse
Unsicherheit gibt es noch dabei, ob der nahende Trog die Reste der Kaltfront
nochmals aktiviert und somit geringe, schauerartige Niederschläge auslöst.

Am Samstag und in der Nacht soll der Trog nach den neusten Berechnungen des IFS
mit seiner Achse über Deutschland hinwegschwenken. Rückseitig kann sich
schließlich ein Rücken aufbäumen, dessen Achse vom Ostatlantik bis nach Island
reicht. Dieser korreliert am Boden mit einem Hoch, dessen Schwerpunkt sich
allmählich nach Deutschland schiebt. Vorher verlagert sich aber noch ein teils
okkludiertes Frontensystem über die Nordhälfte Deutschlands ostwärts. Zudem wird
auch die alte Luftmassengrenze über Süddeutschland nun endgültig nochmals von
der PVA aktiviert. Resultierend sind zunächst vom Oberrhein bis zur Oberpfalz
schauerartige, teils Gewittrige Niederschläge zu erwarten, die sich nachfolgend
an die Alpen legen. Gleichzeitig kommt von der Nordsee und Benelux Regen auf,
der sich über die Nordhälfte ausbreitet und schließlich zügig ostwärts abzieht.
Hinter dem teils okkludierten Frontenzug gelangt auch wieder kühlere Luft ins
Land, sodass die Temperaturen in 850 hPa auf Werte zwischen 0 und 7 Grad
absinken.

Am Sonntag zieht der Kurzwellentrog unter Verkürzung der Wellenlänge über Polen
hinweg Richtung Baltikum und Weißrussland. Gleichzeitig wandert der Rücken mit
seiner Achse nach Deutschland, sodass der Schwerpunkt des korrelierenden
Bodenhochs nun über Polen zu verzeichnen ist. Über den Britischen Inseln und dem
Ostatlantik bringt sich aber schon ein neuer Kurzwellentrog in Stellung, der
bodennah mit einem markanten Tief bei Irland in Verbindung steht, dessen
Frontenzüge allmählich das europäisch Festland erreichen. Da Deutschland erneut
auf die Westflanke des Hochs gerät, wird die eingeflossenen kühlere Luft von
milderer Luft wieder nach Norden gedrängt, sodass die Temperaturen in 850 hPa
zwischen 1 Grad auf Rügen und bis 12 Grad an den Alpen liegen. Letzte, weiter
abklingende geringe Niederschläge werden dabei nur noch an den Alpen gezeigt.
Eine gewisse Niederschlagsneigung kann aber auch im Küstenumfeld nicht von der
Hand gewiesen werden.

Der Montag steht dann schon wieder im Zeichen des von Westen nachstoßenden
Kurzwellentroges, der den Rücken nach Osten schiebt. Gleichzeitig muss auch das
Bodenhoch weichen und seine Zelte nun über Osteuropa aufschlagen. Somit stellt
sich hierzulande hochreichend eine südwestliche Grundströmung ein, mit der die
mildere Luft nochmals Richtung Schwung nach Norden bekommt. Mittags werden
demnach vom IFS in 850 hPa Werte zwischen 7 und 15 Grad gezeigt. Auf der
Trogvorderseite soll sich am Boden über West- und Teilen Mitteleuropa eine
Tiefdruckrinne ausbilden, die sich langsam ostwärts verlagert. Entsprechend
ziehen von Westen PVA gestützt und teilweise von frontogenetischen Prozessen
verstärkt Niederschläge auf, die nachts etwa die gesamte Nordwesthälfte
überdecken. Im Südosten sind durch diabatische Prozesse induziert und von PVA
gestärkt aber ebenfalls konvektive Umlagerungen mit Schauern und einzelnen
Gewitter möglich.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis Samstag werden die großslakligen Geopotential- und Luftdruckverteilungen
vergleichbar abgebildet. Im Detail gibt es allenfalls bei der Wellenlänge es
Troges sowie dessen Verlagerung gewisse Abweichungen, indem der Trog nun
schneller gerechnet wird. Ansonsten kann von einer relativ guten Vorhersagegüte
ausgegangen werden. Ab Samstag nehmen die Unterschiede signifikant zu. Vor allem
bezüglich des gestrigen 00-UTC-Laufes werden die Geopotential- und
Luftdruckmuster in der Deterministik abweichend dargestellt. Entgegen der
gestrigen Berechnungen zeigt der aktuelle Lauf nun eine Doppelttrogstruktur
geringerer Wellenlänge und auch geringerer Amplitude. Dadurch ist auch die
Phasengeschwindigkeit höher. Zwischen den beiden Kurzwellentrögen baut sich ein
Rücken auf, dessen Achse von Frankreich über die Britischen Inseln hinweg
nordwärts reicht. Bodennah korreliert der Rücken mit einem Hoch über
Deutschland, während dieses gestern noch westlich der Britischen Inseln gesehen
wurde. Aufgrund der geringen Wellenlänge und somit Verlagerungstendenzen weist
das Hoch aber keine Kontinuität auf und zieht seinerseits ostwärts, sodass
Deutschland schon zu Beginn der kommenden Woche auf die Vorderseite eines neuen
Troges gelangt. Der gestrige 00-UTC-Lauf simulierte dagegen ausgehend von einem
Hoch bei den Britischen Inseln hohen Luftdruck in weiten Teilen des
Deutschlands. Aufgrund der zunehmenden Inkonsistenz ab Samstag nimmt die
Vorhersagegüte stark ab.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die großskaligen Geopotential- und Luftdruckverteilungen werden auch von
anderen Globalmodellen zum IFS vergleichbar abgebildet. Sowohl GFS als auch ICON
zeigen ebenfalls eine Doppeltrogstruktur. Allerdings werden die
Verlagerungsgeschwindigkeit sowie korrelierend die Lage der Bodentiefs als auch
die Amplifizierung der Tröge abweichend wiedergegeben. GFS ist dabei am
schnellsten und das IFS am langsamsten unterwegs. Während GFS und IFS eine
vergleichbare Amplifizierung aufweisen, kommt das ICON bzw. dessen Strömung
insgesamt flacher daher. Gleichzeitig produziert das ICON zum Wochenstart
westlich der Britischen Inseln einen richtigen Tiefdruckbrummer, während IFS und
GFS etwas weiter östlich gelegen schwächere Tiefs ausweisen. Was die
Niederschläge betrifft, so würden diese zum Wochenstart beim GFS als erstes
Deutschland überqueren, gefolgt vom ICON. Auch bei der Intensität fallen die
Berechnungen des GFS und ICON im Vergleich zum IFS stärker aus.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen bei einem recht
geringen Spread bis einschließlich Freitag eine hohe Vorhersagegüte. Am Samstag
beginnt sich der ENS-Raum zu spreizen, wenngleich am Samstag die Mehrzahl der
ENS-Member noch eng beisammen liegen. Ab Sonntag und Montag wird bei den
Temperaturen in 850 hPa schließlich ein Spread von rund 13 Grad und beim
Geopotential in 500 hPa von bis zu 35 hPa ausgewiesen. Ein größerer Bereich
sowie auch Haupt- und Kontrolllauf tummeln sich zwar und bilden einen
Schwerpunkt aus, die Unsicherheiten sind jedoch derart hoch, dass eine seriöse
Vorhersage nicht mehr möglich ist. Sicher scheint nur, dass ab Montag
unbeständiges Wetter Einzug hält.

Bei der Clusteranalyse werden sogar schon im Zeitraum von +72 bis +96h
zahlreiche Lösungen angeboten. Insgesamt werden sechs Cluster gezeigt, die
jedoch alle in das Schema einer positiven NAO zugeordnet sind. Die Abweichungen
beruhen dabei auf der Doppeltrogstruktur, die bei der Amplitude, Wellenlänge und
Phasengeschwindigkeit unterschiedlich ausfallen. Demnach gibt es noch zahleiche
Variationen, die jedoch signifikante Auswirkungen auf den weiteren
Witterungsabschnitt haben können. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich dabei in
Cluster 2.
Im Zeitraum von +120 bis +168h sind es noch fünf Cluster, welche die
Unsicherheiten im ENS-Raum ausreichend erklären. Bei allen Lösungen bleibt dabei
das Schema einer pos. NAO Trumpf. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich im
ersten Cluster, das sich zunächst nur wenig von der zweiten Lösung
unterscheidet. Ansonsten ist festzustellen, dass die Unterschiede der Amplitude,
Wellenlänger und Verlagerungsgeschwindigkeit auch in diesem Zeitraum für die
Vielzahl der Lösungen verantwortlich sind. Bei den Clustern lassen sich durchaus
auch die Vorgaben des ICON und GFS wiederfinden. Insgesamt zeigt die
Variabilität der Trogstrukturen sowie die gleichverteilten Lösungen, dass eine
genaue Vorhersage nicht möglich ist.
In der erweiterten Mittelfrist im Zeitraum von +192 bis +240h werden erneut fünf
Cluster benötigt, die Unsicherheiten zu beschreiben. Dabei kommen nun aber auch
andere Schemata ins Spiel. Die Abweichungen aus den Vortagen beginnen sich zu
potenzieren und erhöhen somit die Variabilität. Eine Vorhersage ist nicht mehr
möglich.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI auf Basis des IFS zeigt am Donnerstag im Küstenumfeld bezüglich des
Modellklimas überdurchschnittliche Windverhältnisse. Dies wird schließlich auch
von der Deterministig gestützt, die steife bis stürmische Böen, lokal Sturmböen
anbieten. Die Probabilistik zeigt in Nordfriesland sowie auf den Inseln bis 90%
für Bft 8. Im angrenzenden Binnenland sind es meist 5 bis 25% für stürmische
Böen.

Am Freitag werden vom ICON-EPS sowie etwas abgeschwächt auch vom COSMO-LEPS nur
direkt an der Nordsee noch 5 bis 35% für markante Böen (Bft 8) gezeigt.
Zudem gibt es tagsüber sowie auch in der Nacht vom Südwesten bis nach Sachsen
und Ostbayern ein geringes Gewitterrisiko. Dabei ist bei PPW von 20 bis 28 mm
lokal Starkregen zwischen 15 und 25 l/qm in kurzer Zeit möglich.

Am Samstag können direkt an der Nordsee gestützt von Wahrscheinlichkeiten bis
35% erneut einzelne stürmische Böen (Bft 8) auftreten. Zudem gibt es Hinweise
für Sturmböen (Bft 9) auf dem Brocken.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, anfangs auch det IFS und ICON sowie MosMix für TT

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel