S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.10.2022 um 10.30 UTC

Meist ruhiges und teils sehr mildes Herbstwetter, vor allem im Süden mit
Hochdruckeinfluss. Im Norden am Mittwoch und Donnerstag vorübergehend stürmisch.
Am Sonntag Temperaturrückgang.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 09.10.2022

Am Mittwoch, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, zeigt IFS in einer
mäandrierenden und progressiven westlichen Höhenströmung einen Höhenrücken aus
Deutschland ostwärts abziehen. Ihm folgt vom Atlantik ein Langwellentrog mit
recht scharfer Spitze, die am Abend die Britischen Inseln erreicht. Auf der
Vorderseite dieses Troges entsteht aus einem zunächst flachen Wellentief ein
eigenständiges und kräftiges Sturmtief, das am Abend im Seegebiet vor dem
Südwesten Norwegens ankommt. Dessen Frontensystem, das tagsüber im äußersten
Nordwesten entlangschleift (Borkum, Sylt), wird am Abend als Kaltfront zunehmend
beschleunigt und zieht in der Nacht recht flott südostwärts bis etwa zum Main.
Eine zonale Hochdruckzone erstreckt sich von nördlich der Azoren bis nach
Rumänien und zum Schwarzen Meer. Von ihr profitiert auch Deutschland, denn
abgesehen von dichteren Wolken im Nordwesten in Kaltfrontnähe (und wenigen
Tropfen dort) scheint im restlichen Land nach Nebelauflösung verbreitet die
Sonne. Bei 850-hPa-Temperaturen um 14°C und auffrischendem Südwestwind (die sich
intensivierende Welle sorgt für Gradientzunahme) werden recht verbreitet
Höchstwerte über 20°C erwartet. Im Nordwesten reicht es auch tagsüber schon für
erste Windböen. In der Nacht mit Frontdurchgang kann es bis ins Binnenland
hinein auch mal stürmische Böen geben. Nach Süden hin wird es weniger windig.
Zudem bringt die Front auf ihrem Weg in den Süden nur wenig Regen.

Am Donnerstag stellt sich nach Durchschwenken des Troges nach Nordosten eine
zunehmend nur noch leicht zyklonal konturierte westliche Höhenströmung über dem
südlichen Skandinavien und dem nördlichen Mitteleuropa ein, während nach Süden
hin hohes Potential dominiert. Bodennah verlagert sich die Achse der
Bodenhochzone noch etwas nach Norden (fast 50°N), während nördlich davon im
Übergangsbereichs zu Tiefs weit im Norden (unsere ehemalige Welle kommt in
Nordnorwegen an) sich eine recht glatte Westströmung einstellt, also insgesamt
eine GWL „West antizyklonal“. Unter Hochdruckeinfluss löst sich am Donnerstag
die Kaltfront, die ohnehin nur ein schmales Wolkenband besitzt, zwischen Main
und Donau auf. Regen fällt kaum. Wie bei der Wetterlage üblich, ziehen auch in
den Norden mit westlicher Strömung mehr Wolken und dort weht auch frischer (in
Böen starker bis stürmischer) Westwind. Ansonsten scheint die Sonne. Bei in 850
hPa aber nur zwischen 2°C im Norden Schleswig-Holsteins und 12°C an den Alpen
wird nicht mehr so mild als am Vortag. In der Nacht werden einige Frontreste
über den Norden gesteuert und bringen ein paar Tropfen, ansonsten bleibt es
meist klar bzw. bildet sich der obligatorische Nebel.

Am Freitag ändert sich die Wetterlage kaum im Vergleich zum Vortag, die
Strömungsrichtung dreht aber leicht von West Richtung Westsüdwest und das
Temperaturniveau nimmt wieder leicht zu.

Am Samstag sorgt der sich über dem Atlantik verstärkende Teil der Hochdruckzone
für Kaltluftzufuhr und allmähliche Austrogung im Bereich der Britischen Inseln.
Damit dreht die Höhenströmung weiter Richtung Südwest und von dort wird
weiterhin milde, aber zunehmend feuchte Meeresluft zu uns gesteuert.
Gleichzeitig nähert sich von der Nordsee her eine Kaltfront. Somit wird es von
Norden und im Süden zunehmend unbeständig, wobei die Luftmasse im Süden labil
ist, so dass auch Gewitter mit von der Partie sein können. Ansonsten ist es aber
teilweise nach Nebelauflösung wieder recht sonnig.

Am Sonntag weitet sich der Trog nur noch wenig nach Süden aus, schwenkt aber
nach Osten. Das atlantische Hoch wird immer stärker und mit der zunehmend
nordwestlichen Strömung kommt die Kaltfront bis zum Abend nach Süddeutschland
voran. Sie bringt leichte Regenfälle, während sich südlich davon eine weitere
Front formiert, die in labiler Luftmasse Schauer und Gewitter bringt. Diese
Fronten laufen aber zunehmend zusammen. Am Nachmittag lockert es von Nordwesten
her auf. Mit der zunehmenden Kaltluftzufuhr (2 bis 0°C in 850 hPa über der
gesamten Nordhälfte) besteht in der teils klaren Nacht zum Montag in der
Nordhälfte Frostgefahr. Im Süden wird dagegen die Front durch PVA an der
Trogspitze aktiviert und es kommt zu stärkeren Regenfällen.

In der erweiterten Mittelfrist soll der Langwellentrog zunächst durch einen
weiteren hereinlaufenden Trog regeneriert werden, später soll es zu einer
Abtropfung über Mitteleuropa kommen, so dass sich eine nasskalte Trog-/Tieflage
einstellen würde.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit seinen beiden Vorgängerläufen ist bis zum
Samstag als sehr gut zu bezeichnen. Dann tauchen aber doch größere Unterschiede
auf. Während die beiden gestrigen Läufe den ersten Trogvorstoß kaum nach Süden
vorankommen ließen, so dass er uns noch wenig tangierte, erreicht uns beim
heutigen Lauf der Trog schon am Sonntag. Der zweite Trogvorstoß zum Wochenbeginn
wurde dann bei den gestrigen Läufen zunächst weiter westlich gezeigt, während er
beim heutigen Lauf direkt zu uns gelangt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis zum Samstag zeigt sich zwischen den aktuell vorliegenden deterministischen
Globalmodellen eine hohe Übereinstimmung. Erst am Sonntag zeigen sich GFS, GEM
und ICON noch etwas aggressiver mit dem Trogvorstoß als IFS, sprich: Die
Kaltfront zieht schneller durch und es kühlt stärker ab. Nach GFS und GEM soll
dann der Trog rasch nach Osten abziehen und sich Hochdruckeinfluss durchsetzen,
so dass der zweite Trog über Nordeuropa nach Osten gesteuert würde. Hier laufen
also die Szenarien also gewaltig auseinander.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Ensembles des IFS verteilen sich Mittelfristzeitraum (Fr, 00 UTC bis So, 00
UTC) auf vier Cluster. Diese zeigen grob die gleichen Entwicklungen. C1 und C2
(zusammen 31 Mitglieder, Kontrolllauf, Hauptlauf) sind in Mitteleuropa kaum zu
unterscheiden und spiegeln im Wesentlichen das oben beschriebene Szenario wider.
C3 (12 Mitglieder) ist am Sonntag etwas zonaler aufgestellt, mit anderen Worten,
der Trog greift nicht so weit zu uns aus. Auch bei C4 (8 Mitglieder) erwischt
uns der Trog weniger, weil wir unter generell etwas höherem Potential liegen und
der Trog nicht so weit nach Mitteleuropa hineingreift. Sehen wir gleich in die
erweiterte Mittelfrist (Mo, 00 UTC bis Mi, 00 UTC), in der es fünf Cluster gibt:
Bis zum Mittwoch gibt es folgende Entwicklungen: C1 (17 Mitglieder, hier sind
auch Hauptlauf und Kontrolllauf zugeordnet) zeigt einen über Mitteleuropa weit
südwärts ausgreifenden Trog. C2 (10 Mitglieder) zeigt ein abgetropftes Höhentief
über Oberitalien. C5 (7 Mitglieder) lässt den Trog weniger weit nach Süden
ausgreifen, so dass sich bei uns wohl kaum kalte Luft durchsetzen würde. Diese
drei Szenarien gehen in eine ähnliche Richtung. C3 und C4 (zusammen 17
Mitglieder) beschreiben die andere Richtung: Ein Rücken über Mitteleuropa und
ein Hoch auf der Bodenwetterkarte. Das ähnelt den Prognosen der externen
Modelle, das Bodenhoch wird aber schwächer simuliert.

Die Rauchfahnen für Hamburg (repräsentativ für den Norden) zeigen eine Spitze am
Mittwoch mit 13 bis 14°C in 850 hPa bei nur geringer Streuung, dann ein Plateau
zwischen 2 und 5°C von Donnerstag bis Samstag mit ebenso anfangs noch geringer
Streuung. Ab Sonntag liegt dann der Schwerpunkt des Ensembles in einem Bereich
zwischen 0 und 3°C, wo auch der Hauptlauf liegt. Es gibt aber reichlich
Ausreißer nach oben. Das Potential soll bis Sonntag zurückgegen, dann geht die
Tendenz bei zunehmender Streuung aber wieder nach oben, wobei der Hauptlauf am
unteren Rand der Verteilung ist. Dies spräche für Hochdrucklagen oder Abtropfen
weit nach Süden. Ab Samstag gibt es deutliche Niederschlagssignale, vorher nur
schwache.

In Augsburg (repräsentativ für den Süden) fällt die Temperatur zunächst von 15°C
auf ein Plateau zwischen 9 und 12°C ab, dann nimmt aber die Streuung weiter zu
und zum Wochenende deutet sich zwar eine Abwärtstendenz an, aber die Streuung
wird sehr groß. Das Potential soll bis Sonntag fallen und dann stagnieren, wobei
gegen Ende der Hauptlauf aus den Ensembles läuft (nach unten).
Niederschlagssignale finden sich nach heute erst wieder ab Samstag, dann darf
wieder mit nennenswertem Regen gerechnet werden.

Die GFS-Rauchfahnen ähneln im Süden sehr stark jenen des IFS, nur mit dem
Unterschied, dass der Hauptlauf bei Potential und Temperatur eher am oberen Rand
der Verteilung liegt. Im Norden fällt vor allem auf, dass nach einem Rückgang
von Temperatur und Potential am Sonntag eine schnelle Erwärmung bzw. ein
Geopotentialanstieg erfolgen soll. Dies spricht dafür, dass bei den Amerikanern
mehr Ensemblemitglieder der Variante „Schneller Kaltlufteinbruch-Hoch“ folgen,
allerdings zeigt sich auch im Norden, dass der Hauptlauf gegen Ende am oberen
Rand der genannten Kurvenscharen liegt. Auch soll der Regen nächstes Wochenende
im Norden eher dürftig ausfallen.

Insofern: Es bleibt spannend, was am und nach Sonntag passiert!

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Im Mittelfristzeitraum ist nur der Wind interessant: Cosmo-LEPS zeigt ab
Mittwochnachmittag erhöhte Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen im
Nordwesten. In der Nacht zum Donnerstag sind im Norden erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen simuliert, auch für Sturmböen. Über der
See gibt es recht hohe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen, auch für schwere
Sturmböen gibt es Signale. Am Donnerstag tagsüber sind unmittelbar an den Küsten
noch erhöhte Signale für Sturmböen zu finden, im Binnenland Schleswig-Holsteins
für stürmische Böen.

An den Folgetagen gibt es beim IFS-EPS über der See und an den Küsten noch
leichte Signale für stürmische Böen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann