SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.09.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Stattliche Troglage mit zahlreichen Schauern und kurzen Gewittern, im Süden
schleifende Luftmassengrenze mit Dauerregen, ab ca. 1800 m Schneefall. Ab
Donnerstag zögernde Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … nistet sich ein langgestreckter Trog, der dipolartig von den
Shetlands bis zum Böhmischen Becken reicht, richtig über Deutschland ein. An
dessen Südflanke stößt der Jet in 300 hPa von der Mosel bis zum Bayerischen Wald
vor, was wiederum im äußersten Süden einen kleinen Warmlufteinschub begünstigt.
Während sonst verbreitet eine stattliche Meereskaltluft mit Temperaturen um oder
nur wenig über dem Gefrierpunkt in 850 hPa wetterwirksam ist, die zudem labil
geschichtet ist, gelangt in den äußersten Süden eine mildere Meeresluft
subtropischen Ursprungs. Diese wurde in einem weiten Bogen um das stattliche
nach Norden verschobene Azorenhoch herumgesteuert und hat immerhin noch Theta
Werte in 850 um 35 Grad (sonst über Deutschland rund 23 Grad) und PPW’s bis 25
mm im Schlepptau.

Dementsprechend setzt aktuell mit Übergreifen einer flachen Welle von Frankreich
ostwärts ausgreifend bereits Warmluftadvektion ein, die zu schauerartig
verstärkten und teils länger anhaltenden Regenfällen führt. Dabei fallen binnen
12h vom Oberrheingraben bis zum Alpenvorland rund 10, in Staulagen von
Schwarzwald und Allgäu 20-30 Liter auf den Quadratmeter. Entsprechende
Dauerregenwarnungen wurden bereits ausgegeben. Signale für mehr als 25 l/m² gibt
es im COSMO-D2 EPS vor allem im Oberallgäu.

Aber auch an den Küsten sorgt die anhaltende Schaueraktivität über dem noch
vergleichsweisen warmen Wasser von teilweise noch 15 oder 16 Grad für erhöhte
Niederschlagssummen. Im zentralen Trogbereich nimmt nämlich die
Zuggeschwindigkeit der Zellen weiter ab, so dass diese durch lokale
Küstenkonvergenzen verstärkt, teilweise stationär werden. Von Cuxhaven bis Emden
sowie vom Darß bis nach Fehmarn liefern sowohl die deterministischen Läufe als
auch die Probabilistik ebenfalls ernstzunehmende Signale 10 bis 20 l/m², lokal
um 30 l/m² über mehrere Stunden hinweg.

Ansonsten nehmen die Schauer in der Fläche mit Ende des Tagesgangs zwar etwas
ab, dennoch bleibt die Tätigkeit insgesamt aufrecht. Gewitter treten kaum noch
auf, sind aber bei Wolkenoberkantentemperaturen um -20 Grad nicht
ausgeschlossen. Gebietsweise gibt es größere Auflockerungen. Die Tiefstwerte
liegen zwischen 10 und 5 Grad, im höheren Bergland sowie bei längeren
Auflockerungen bei 5 bis 2 Grad.

Die nachlassende Böigkeit des Tagesgangs überkompensiert den Gradienten, der
insgesamt etwas abnimmt, mit der Welle über dem Süden aber noch am längsten
aufrechterhalten wird. Das äußert sich letztlich aber nur noch am Höhenwind mit
Sturmböen > 1000-1500 m. Apropos Höhenstufe: Die Schneefallgrenze steigt durch
den Warmlufteinschub mit T850 bis 5 Grad vorübergehend etwas an, je nach
Intensität von rund 1700 bis auf 2000 m.

Mittwoch … orientiert sich das Höhentief ellipsenförmig in West-Ost Richtung
über Norddeutschland. Bodennah ist noch immer ein etwas kräftigeres Zentrum mit
995 hPa über der Doggerbank vorhanden und ein schwächeres breiter angelegtes
Zentrum über Ostdeutschland und der südlichen Ostsee.

Innerhalb des Troges wird etwas ML CAPE bereitgestellt und die Schichtung ist
mit -28 Grad in 500 hPa auch noch hochreichend labil. Folglich hält das
wechselhafte Wetter mit zahlreichen Schauern und vereinzelt auch kurzen
Gewitter, teils mit Graupel über dem Norden und der Mitte des Landes an.
Sonstige Begleiterscheinungen sind neben Böen Bft 6/7 eher nicht zu erwarten,
wobei festgehalten werden muss, dass die Zellen gerade in Ostfriesland nahezu
ortsfest sind (weiter lokal Starkregenpotential). Potential für Böen Bft 8
besteht allenfalls noch entlang des Mains, wo noch ein ausreichend guter
Überlapp zwischen Labilität und Jet besteht.

Entlang und südlich der Donau schleift weiter die Welle als Luftmassengrenze
entlang mit länger anhaltenden, teils schauerartig durchsetzten Regenfällen.
Dort, sowie bei kräftigen Schauern und Gewittern fallen binnen 12h um 10 l/m²,
vom Südschwarzwald bis zum Lech 10 bis 20 l/m², in Staulagen auch etwas mehr.
COSMO-D2 EPS sieht gar bis zu 80% im Oberallgäu für mehr als 25 l/m², was selbst
durch die sonst so niederschlagsfreudigen AROME und UK10 höchstens angekratzt
wird. Im Großen und Ganzen scheint die Dauerregenwarnung erstmal bezüglich der
Mengen ausreichend gut aufgestellt zu sein.

Die Schneefallgrenze bleibt um oder nur knapp unter 2000 Metern. Ein bisschen
Leitplankeneffekt ist noch da. Die Böen gehen über Bft 6 im Alpenvorland aber
nur noch in den Höhenlagen hinaus und sind auch dort zum Nachmittag auf dem
absteigenden Ast.

Dabei bleibt es weiterhin vergleichsweise kühl mit maximal 10 bis 14, bei
längeren Aufheiterungen bis 16 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag rotieren die Tiefkerne über der Doggerbank und bei
Bornholm weiter munter um ihre gedachte Achse über der Deutschen Bucht vor sich
hin. Dabei verschiebt sich der östliche Kern etwas nach Norden, der westliche
nach Süden. Die Welle erreicht als Kaltfront die Alpen und durch die südwärts
beginnende Austrogung über dem westlichen Mittelmeerraum fällt südlich des
Alpenbogens permanent der Druck.

Hierzulande lässt diese Konfiguration den Druck etwas ansteigen, zwischen Donau
und Aller kann sich sogar eine flache Hochdruckbrücke mit bis zu 1005 hPa
etablieren. Das sorgt neben Auflockerungen weiterhin für äußerst windschwache
Verhältnisse. Diese Kombination sorgt mit Annäherung an den Oktober in der
feuchten Grundschicht mit hoher Wahrscheinlichkeit für rasche ausgedehnte Nebel-
und Hochnebelfelder. WarnMOS schlägt diesbezüglich vor allem von
Schleswig-Holstein bis ins Emsland sowie von Mittelhessen bis nach Unterfranken
mit W-keiten >40% für Sichtweiten unter 150 m zu.

An der See und südlich der Donau fallen örtlich noch einige Tropfen bei frischen
8 bis 2 Grad. Bei längerem Aufklaren besteht lokal die Gefahr von leichtem Frost
in Bodennähe.

Donnerstag … kippt der Höhentrog als Ganzes aufgrund der bereits beschriebenen
Prozesse wieder zunehmend in die Meridionale. Er erstreckt sich zur Mittagszeit
mit mehreren eingelagerten Teilzentren vom Finnischen Meerbusen über
Norddeutschland bis nach Nordfrankreich.

Darunter leidet zunehmend etwa die Labilität. Die Lapse-Rates erreichen kaum
noch Werte unter -0.7K/100m. Zudem ist die Luftmasse durch den leichten
Druckanstieg und das entsprechende Absinken auch etwa abgetrocknet. Aufgrund der
nur wenig dynamischen Lage sucht man Temperaturgegensätze und Hebungsantriebe
aus der Höhe ohnehin vergeblich. In der Konsequenz wird es nach teils zäher
Auflösung von Nebel und Hochnebel schon noch die Umwandlung in Quellbewölkung
geben. Schauer sind aber längst nicht mehr so kräftig und häufig wie noch an den
Vortagen. Auch Gewitter werden immer unwahrscheinlicher, erreichen doch die
Cloud Tops kaum noch unter -10 Grad. Zu verhehlen sind allerdings nicht die
hervorragenden Scherungsbedingungen von Ostsachsen bis zu den Alpen, die gerade
über dem Erzgebirge, dem Bayerischen Wald, Franken oder der Schwäbischen Alb
doch für die ein oder andere langlebigere Schauerzelle sorgen können.

Bei etwa zunehmenden Sonnenscheinanteilen geht es mit den Höchstwerten zwischen
12 und 17 Grad marginal aufwärts.

In der Nacht zum Freitag bleibt das Höhentief wetterbestimmend, zeigt aber zum
Morgen erste Abtropftendenzen Richtung Löwengolf.

Schauer oder schauerartige Regenfälle halten sich vor allem noch an der See und
den Alpen. Unsicher ist noch, inwiefern trogvorderseitige WLA von der Adria über
die Alpen nordwärts ausgreift. Im Extremfall greifen kräftigere, aber wohl nicht
warnwürdige Regenfälle bis zum Main aus (UK10).

Sonst klart es gebietsweise auf und erneut rücken Grenzschichtphänomene in den
Vordergrund. Die Tiefstwerte liegen erneut im niedrigen einstelligen Bereich. In
ungünstigen Lagen kann es für geringen Luftfrost reichen.

Freitag … greift im Vorfeld eines sich entwickelnden schweren Sturmtiefs bei
Irland kräftige WLA auf die Britischen Inseln und die Nordsee über, die die
Trogreste über Deutschland allmählich zuschüttet. Der südliche, immer schmaler
werdende Anteil tropft über dem Löwengolf respektive dem Ligurischen Meer ab und
sorgt für neuerliches Ungemach im Bereich der Adria und den angrenzenden
Gebieten.

Je nach Stärke des Residuums über uns reicht es im Tagesverlauf erneut noch für
den ein oder anderen Schauer. Die große Nummer wird das aber bei weitem nicht
mehr. Ansonsten scheint unter schwachem Zwischenhocheinfluss auch längere Zeit
die Sonne, zumal die bodenahe Strömung sich auf südliche Richtungen einschießt
und zum Abend an der Nordsee auch spürbar zulegt (Helgoland erste Bft 7).

Größere Unsicherheiten bestehen weiterhin im Südosten des Landes, wo Ausläufer
des Adriatiefs für mehrschichtige Bewölkung und zeitweiligen Regen sorgen
könnten. Größenordnungen über 10 l/m² binnen 12 h sind dabei aber aus heutiger
Sicht unwahrscheinlich.

Auch wenn sich die niedertroposphärische Erwärmung schwertut, so sorgt zumindest
die Abtrocknung/Alterung der Luftmasse im Zusammenspiel mit erhöhten
Sonnenanteilen für einen leichten Anstieg auf 13 bis 18 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

In den Basisfeldern bestehen kaum Kontroversen. Eine Schilderung und Bewertung
der Unsicherheiten bezüglich des Abtropfens sowie der Niederschläge wurde im
Text bereits vorgenommen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen