S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Dienstag den 27.09.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.09.2022 um 10.30 UTC
Es wird windig und zeitweise nass, aber nicht kalt – Herbst light.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 04.10.2022
Die Mittelfrist startet am Freitag mit vergleichsweise ruhigem Wetter.
Deutschland liegt bei flacher Druckverteilung über Mitteleuropa unter einer
Tiefdruckrinne, die sich vom Baltikum bis nach Frankreich erstreckt, aber
allmählich auffüllt. Eine Frontalzone wird nach Süden abgedrängt und die
anfänglichen Regenfälle südlich der Donau lassen nach. Im übrigen Bundesgebiet
stellt sich teils sonniges Wetter mit geringer Schauerneigung ein. Bei 2 bis 4
Grad in 850 hPa ist die Temperatur am Boden eher kühl, bei längerem Sonnenschein
sind aber vor allem über der Mitte Deutschlands an die 18 Grad möglich.
In der Nacht zum Samstag geraten wir auf die Vorderseite eines Troges, der von
einem Tief bei Island ausgeht. Eingelagert ist ein (teilokkludiertes)
Frontensystem, das sich am Samstag langsam ostwärts über Deutschland
hinwegbewegt. Entsprechend wird der Tag eher trüb und nass, wobei je nach Lage
des Troges länger anhaltender Regen, im Stau der westlichen und südwestlichen
Berge mitunter auch Dauerregen droht. Mit auffrischendem Druckgradienten legt
der Wind zu, anfangs aus Süd, später Südwest bis West. Vor allem an den Küsten
und im Bergland sind stürmische Böen, auf den Gipfeln Sturmböen zu erwarten, im
Flachland reicht es bevorzugt in prädestinierten Lagen für steife Böen.
In der Nacht zum Sonntag tropft aus dem Trog ein Tief über Südskandinavien ab,
welches sich am Sonntag über der Ostsee einnistet. Deutschland wird von einem
weiteren Trog erfasst, der für unbeständiges Wetter sorgt. Zwischen dem Tief und
einem Hochdruckgebiet über der Biskaya ist der Druckgradient erhöht. Damit
bleibt uns eine kräftige westliche Strömung erhalten, die im Bergland zu
Sturmböen führt. Im Süden kann vorübergehend etwas mildere Luft einfließen (+6
Grad in 850 hPa), was am Oberrhein für Höchstwerte bis zu 20 Grad sorgen kann.
Im restlichen Bundesgebiet ist es mit 15 bis 18 Grad aber auch nicht gerade
kalt.
Am Montag baut sich der Druckgradient langsam ab, denn das Hoch rückt näher,
während sich das Tief Richtung Russland verzieht. Von Südwesten her wölbt sich
ein Keil auf und das Wetter beruhigt sich allmählich.
Am Dienstag herrscht über Mitteleuropa hoher Luftdruck am Boden. In der Höhe
liegt weiterhin ein Keil über Westeuropa. Im Tagesverlauf zieht eine Warmfront
von Westen her nach Deutschland, die auf dem Weg ostwärts an Wetteraktivität
einbüßt. Sie erreicht in der Nacht zum Mittwoch die östlichen Landesteile,
bringt aber kaum noch Regen. Im äußersten Westen und Südwesten strömen in 850 um
+10 Grad ein, im Osten liegen noch 3 bis 5 Grad.
Am Mittwoch schiebt sich die Keilachse ostwärts und liegt gegen Mittag
voraussichtlich auf einer Linie Spanien – Ostsee. Die Hochdruckbrücke am Boden
verlagert sich weiter ostwärts. Zeitgleich streckt ein Tief über dem
Nordatlantik seine Fühler Richtung Deutschland aus, die zugehörigen Fronten
erreichen uns voraussichtlich Mittwochabend/in der Nacht zum Donnerstag. Ein
sich neu bildendes Hoch auf dem Atlantik soll den Durchzug der Front nach Süden
abbremsen und für ein wellendes System am Donnerstag/Freitag sorgen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Zu Beginn der Mittelfrist ist die Konsistenz des IFS zu den Vorläufen gut. Auch
die Übereinstimmung mit anderen Modellen ist hoch: flache Druckverteilung am
Boden bei gleichzeitigem Erstrecken einer Tiefdruckrinne vom Baltikum bis nach
Frankreich in der Höhe. An Tag 2 der Mittelfrist (Samstag) sehen alle Modelle
den Durchgang eines Frontensystems, allerdings unterliegen Lage und Ausdehnung
schon Schwankungen. Ab Tag 3 gehen die Modelle und Versionen gründlich
auseinander. Grund dafür ist die unterschiedliche Gewichtung eines Tiefs bei
Island, dessen Trog bis weit nach Mitteleuropa reicht oder eben nicht. Infolge
dessen wird die Austrogung eines Tiefs über Südskandinavien verschieden
berechnet, was Einfluss auf die Luftdruckzunahme aus Südwesten in der neuen
Woche hat. Sicher scheint nur eines: Eine ruhige Hochdrucklage gibt es nicht.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Über die gesamte Mittelfrist liefert GFS die am stärksten amplifizierten Tröge.
ICON hat die Tröge am schwächsten drin. IFS bildet ein Mittelmaß. Insgesamt sind
sich ICON und IFS ähnlicher, GFS weicht mehr von beiden ab. Das abtropfende Tief
über der Ostsee ist bei ICON etwas tiefer, der Druckgradient daher höher. Der
Keil in der neuen Woche wird von ICON flacher gerechnet, er wölbt sich daher
weniger weit nach Norden, was das Übergreifen atlantischer Tiefs möglicher
macht.
Ab Dienstag driften GFS und IFS auseinander. GFS lässt weitere Randtröge
ausgehend vom Tief über Osteuropa nach Deutschland übergreifen, IFS setzt auf
den Keil. In der erweiterten Mittelfrist liefert GFS ein umfangreiches Tief über
Weißrussland und der Ukraine und eine Hochdruckbrücke von Skandinavien bis an
die Alpen. IFS hat das Tief deutlich weiter über Russland, entsprechend liegt
die Hochdruckbrücke östlicher und macht Platz für die Ausläufer eines Tiefs über
dem Nordatlantik.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Obwohl der erste Zeitschritt (+72-96h) bei der Clusteranalyse nur 2 Lösungen
liefert, sind die Unterschiede für Deutschland bemerkenswert. In Cluster 1 sind
die Tröge am Freitag und Samstag deutlich schärfer. Haupt- und Kontrolllauf
befinden sich in Cluster 2 mit weniger scharfem Trog. Beide Lösungen schwenken
von NAO negativ zu NAO positiv.
Zeitschritt 2 (+120-168h) liefert 5 Cluster und untermauert damit die
Unsicherheit der Mittelfrist. Dabei dominiert am Sonntag NAO positiv und am
Montag der atlantische Rücken. Am Dienstag gibt es zwei Lösungen für
atlantischen Rücken, zwei Lösungen für Blocking und eine Lösung für NAO negativ.
Die Unterschiede für Deutschland sind zum Teil groß. Vor allem die Lage und
Ausdehnung des Troges am Montag und Dienstag scheint noch offen.
Der Cluster für die erweiterte Mittelfrist liefert zwar wieder nur noch zwei
Lösungen, alle mit blockierender Lage, aber für Deutschland ergeben sich
zwischen Keil und Trog unterschiedliche Lösungen. Dabei liegen Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1 mit dem Vorteil für den Keil über Deutschland.
Die Rauchfahnen geben auch nur die grobe Richtung vor: steigendes Geopotenzial
und fürs Wochenende auch steigende Niederschlagswahrscheinlichkeit und steigende
Temperatur in 850 hPa, Details unklar. Nach dem Wochenende geht sowohl die
Temperatur als auch der Niederschlag deutlich zurück.
Der Spread in der Temperatur liegt am Samstag zwischen 0 und +10 Grad, das
Geopotenzial zwischen 540 und 580 gpdm. Die Niederschlagsensembles schlagen vor
allem über der Mitte und dem Süden am Samstag und Sonntag stark aus. Dauerregen
erscheint also zumindest regional wahrscheinlich.
Interessant ist, dass sowohl Haupt- als auch Kontrolllauf am Wochenende am
oberen Ende der Ensembles zu finden sind, also besonders warm und nass, während
sie zu Beginn der neuen Woche eher am unteren Ende des Mainstreams liegen. Wie
in den Clustern und beim Vergleich mit den anderen Modellen gesehen, ist die
Entwicklung ab Dienstag vollkommen offen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der EFI liefert für Samstag und Sonntag eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für
außergewöhnliche Böen im Westen und Süden des Landes. Angesichts der Vorhersage
von Bft 7 im Flachland, Bft 8 an den Küsten, Bft 9 im Bergland sowie bis zu Bft
10 auf den Gipfeln erscheint das ein wenig übertrieben. Für den Niederschlag
hingegen sind kaum Signale vorhanden, lediglich im Westen und Nordwesten des
Landes gibt es eine moderate Wahrscheinlichkeit für ein außergewöhnliches
Regenereignis am Samstag. Hier liefern Deterministik, MOS und Ensembles höhere
Signale für Dauerregen im Westen und Süden des Landes am Wochenende.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn