S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.09.2022 um 10.30 UTC

Unbeständig mit Regenfällen, aber auch mal Zwischenhocheinfluss. Am Wochenende
windig. Nur langsamer Temperaturanstieg.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 03.10.2022

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums ist eines sicher. Der Monat
September steht kurz vor dem Ende und macht ab Samstag dem nachfolgenden Oktober
Platz. Ob der Monatswechsel auch mit einem Wetterwechsel verbunden ist, wird im
Folgenden behandelt.

Die Ausgangslage am Donnerstag für Mitteleuropa respektive Deutschland ist auf
alle Fälle in zyklonaler Hand. Dabei machen ein von der Iberischen Halbinsel bis
nach Fennoskandien reichender Höhentrog und eine nicht minder umfangreiche, mit
mehreren kleinen Minima gespickte Tiefdruckzone zwischen westlichem Mittelmeer
und Baltikum gemeinsame Sache. Hinzu kommt eine bereits zuvor schon
eingeflossene maritime (Sub)Polarluft mit Temperaturen um +2°C auf 850 hPa.
Unter dem Strich resultiert daraus wechselnde, vielfach starke Bewölkung mit
Schauern bzw. schauerartigen Regenfällen, aber auch trockenen Phasen.
Hinsichtlich der genauen räumlichen Verteilung der Niederschläge ist das letzte
Wort noch nicht gesprochen.

Zum Freitag hin tropft der Höhentrog über Frankreich ab, was bei uns aber nur zu
kurzzeitigem Druck- und Potenzialanstieg führt. Zwischen Island und Schottland
bringt sich nämlich schon ein veritables Sturmtief in Stellung, das zur
Mittagszeit mit etwas unter 970 hPa prominent aufgestellt ist. Das zugehörige
teilokkludierte Frontensystem soll allerdings erst in der Nacht zum Samstag mit
einem Regengebiet auf den äußersten Westen übergreifen (die Vorläufe waren da
etwas offensiver), so dass sich der September mit dem Titel „leichter
Zwischenhocheinfluss“ verabschiedet – na immerhin. Etwas Regen fällt vor allem
noch an den Alpen und im angrenzenden Vorland sowie in Küstennähe (einzelne
Schauer). Ansonsten lockert die Wolkendecke hier und da auch mal auf.

Am Wochenende ist es dann mit der „Herrlichkeit“ schon wieder vorbei, wenn
nämlich das o.e. Frontensystem sowie ein überlagerter Randtrog in der Höhe am
Samstag durchgehen. Wobei das eigentlich nur die halbe Wahrheit ist, bleibt doch
die Kaltfront im Süden liegen respektive kommt dort ins Schleifen, was länger
andauernde, gebietsweise ergiebige Regenfälle zur Folge hat. Ansonsten stehen
nach Durchgang des frontalen Regens in der frisch einfließenden subpolaren
Meeresluft (T850 1 bis 5°C) rasch wechselnde Bewölkung sowie einzelne Schauer
auf der Karte. Das Tief zwischen Schottland und Island kommt im Gegensatz zum
Frontensystem nicht weiter nach Osten voran und beginnt sich auch aufzufüllen.
Allerdings sorgt es für Nachwuchs, indem sich an der Okklusion ein kleines
Teiltief bildet, das von der Nord- zur Ostsee und weiter in Richtung
Baltikum/Belarus zieht. Auf seiner Südflanke baut sich ein moderater
Druckgradient auf, der den westlichen Wind am Wochenende mäßig bis frisch
aufleben lässt.

Am Montag (eigentlich auch schon am Sonntag) steigt der Luftdruck über
Südwesteuropa und über dem nahen Atlantik bzw. Westeuropa wölbt sich ein
progressiver Rücken auf, der im Laufe des Tages Deutschland erreicht.
Gleichzeitig schlägt zwischen Irland und Schottland ein neues Tief auf, das mehr
oder weniger den Platz des Vorgängertiefs einnimmt. Bei uns sorgt das neue Tief
dadurch für Schlagzeilen, indem es die bis dato über dem Süden schleifende
Kaltfront als Warmfront in sein Zirkulationssystem aufnimmt und diese im Laufe
des Tages langsam und über den Rücken hinweg nordostwärts führt. Dahinter strömt
kurzzeitig wärmere Luft ein, bevor bereits am Dienstag die Kaltfront von
Nordwesten her übergreift. Ob die dann tatsächlich das Potenzial hat, über der
Mitte oder dem Süden zu einer quasistationären Luftmassengrenze zu mutieren, wie
von IFS simuliert, muss abgeartet werden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Betrachtet man die Konsistenz der mittelfristigen Vorhersage rein vom
Gesichtspunkt des bevorstehenden Witterungscharakters, kann dem IFS-Modell vom
ECMF eine gute Leistung attestiert werden. „Unbeständig mit wiederholten
Regenfällen und am Wochenende zunehmend windig“ lautet die Kernaussage, an der
auch nach Sichtung des allerneusten Laufs von heute 00 UTC nicht zu rütteln ist.

Im Detail unterscheiden sich die einzelnen Verläufe dann schon etwas stärker,
wobei allerdings die letzten beiden Modellläufe (gestern 12 und heute 00 UTC)
von einigen Unschärfen abgesehen gemeinsame Sache machen. Unterschiede zur
gestrigen 00-UTC-Version liegen vor allem im Tiefdruckeinfluss am Wochenende. So
wurde gestern noch von einem veritablen Sturmtief mit anfangs unter 980 hPa
Kerndruck ausgegangen, das von der Nordsee zum Baltikum ziehen sollte. Das
jüngste Szenario sieht das Tief schwächer und auch etwas weiter nördlich
ansetzend. Die Folgen wären: etwas weniger Wind am Samstag/Sonntag sowie eine
schleifende Kaltfront im Süden mit andauerndem und teils ergiebigem Regen
(gestern wurde mehr auf konvektiven, gleichwohl nicht unergiebigen Niederschlag
gesetzt). Die Temperaturunterschiede, die sich aufgrund der verschiedenen
Simulationen ergeben, sind zunächst nicht substanziell. Erst zu Beginn der neuen
Woche (die übrigens mit einem Feiertag beginnt), sehen die jüngsten Rechnungen
für kurze Zeit deutlich wärmer aus (Südwest- statt Nordwestwind).

FAZIT: Rein aus der Konsistenzbetrachtung des IFS-Modells heraus ist der
mittelfristige Wettercharakter weitgehend in Stein gemeißelt. Bei den Details
hakt es allerdings noch…

Vergleich mit anderen globalen Modellen

…, was auch für den Vergleich der verschiedenen Globalmodelle gilt. Klar, von
ICON über IFS, GFS und GEM bis zum UK-Modell sind nur Alphatiere am Werk, die
alle ihre individuelle Rechnung in den Ring werfen. Das geht schon damit los,
dass am Donnerstag die lokalen Druckminima in der o.e. großräumigen
Tiefdruckzone jeweils unterschiedliche Positionen und Intensitäten aufweisen (=>
unterschiedliche Niederschlagssimulationen). Auch das nächste, das
Wochenendwetter gestaltende Tief wird keinesfalls einheitlich gesehen. Die
knackigste Lösung bietet übrigens GFS von 00 UTC an, das einen Schnellläufer mit
kurzzeitig unter 985 hPa Kerndruck über Jütland ostwärts ziehen lässt (=>
Sturmlage). Auch die schleifende Kaltfront über dem Süden wird in der Form nicht
von allen Modellen so gesehen, was aber durch konvektive Niederschläge zumindest
teilweise ausgeglichen wird. Man könnte noch viel mehr Unterschiede aufzählen
und das ganze Spielchen ad infinitum treiben, was am Ende aber nichts bringt,
weil die Welt mit den nächsten Läufen bereits wieder anders aussieht
(wahrscheinlich jedenfalls).
Von daher auf Basis des Modellvergleichs ein ähnliches FAZIT wie weiter oben:
Wettercharakter passt einigermaßen, die Einzelheiten noch lange nicht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Hoffnung gibt es immer, aber es wäre töricht zu glauben, dass uns die Statistik
den entscheidenden Durchbruch zur Beantwortung der noch offenen Detailfragen
liefert. Bereits der flüchtige Blick auf die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener
deutscher Städte lässt die Kurven ab dem Wochenende divergieren. Zwar ist der
Spread nicht überbordend groß – da hat es in der Vergangenheit schon ganz andere
Muster gegeben -, das „Gezacker“ der Einzellösungen reicht aber, um die schon
mehrfach geäußerten Unschärfen aufrecht zu halten. Trends hingegen lassen sich
durchaus extrahieren, so z.B. ein leichter Temperaturanstieg von Wochenmitte bis
nächsten Montag. Gleiches gilt für das Potenzial, wobei am Samstag in allen
Charts eine kleine Delle erkennbar ist (Trogpassage). Auffallend ist auch die
hohe Signaldichte für Niederschlag am Wochenende. In welche Richtung es dann im
Laufe der nächsten Woche geht (erweiterte Mittelfrist), ist nicht wirklich
belastbar vorherzusagen, auch wenn mehrheitlich wieder ein seichter Temperatur-
und Potenzialrückgang zu sehen ist.

Bei der Clusterung zeigt bereits das erste Bild (T+72…96h) vier Cluster, die
aber alle dem Regime „NAO negativ“ zugeordnet sind und in unserem Raum
weitgehend kongruent sind. Weiter geht es von Samstag bis Montag (T+120…168h)
ebenfalls mit vier Clustern (15 Fälle, 15, 11 + HL/KL, 10), die sich schon
deutlicher unterscheiden. So setzt z.B. CL1 durchweg auf eine sehr windige
Westlage, die eher der GFS-Lösung bzw. der gestrigen 00-UTC-Version von IFS
entspricht. CL4 favorisiert eine antizyklonale Westlage, CL2 geht in eine
antizyklonale Nordwestlage über. Lange Rede, kurzer Sinn, das weiter oben
bereits zweifach zitierte FAZIT lässt sich auch in diesem Kapitel anbringen.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der Zeitraum ab Dienstag
(T+192…240h) nur noch drei Cluster offeriert. CL1 (19) rechnet zunehmenden
Hochdruckeinfluss, CL2 (18+HL) eine antizyklonale (nördliche) Westlage und CL3
(14+KL) eine zyklonale, nach Süden hin antizyklonale Nordwestlage.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Zu Beginn der Mittelfrist deutet nicht viel auf signifikantes Wetter hin. Ein
kurzes Gewitter im Norden im Trogbereich vielleicht, das dürfte es dann aber
auch schon gewesen sein. Am Wochenende nimmt die Wahrscheinlichkeit für mehr
Wind und Dauerregen im Süden zwar zu, ob es sich aber tatsächlich in den
markanten Warnbereich zuspitzt, kann heute noch nicht abschließend beantwortet
werden. Die EPS-Prognosen liefern nur geringe Signale, aber rein aus
synoptischen Überlegungen heraus sowie auf Basis von deterministischen und
probabilistischen Einzellösungen sind Szenarien bis hin zu einer Sturmlage nicht
vollständig zu negieren.

Basis für Mittelfristvorhersage
Mischung aus MOS-Mix, Modellmix und EPS-Prognosen.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann