SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.09.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht in der Mitte lokal Starkregen.
Am Sonntag vor allem im Süden und Südosten einzelne Gewitter mit Starkregen.
In der kommenden Woche unbeständige, kühle Trogwetterlage, dabei an der Nordsee
und im oberen Bergland zeitweise stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … vollzieht sich über Ostkanada die außertropische Umwandlung des
ungewöhnlich starken Hurrikans FIONA. Energieumwandlungsprozesse sorgten nochmal
für eine Vertiefung des Systems auf einen minimalen Kerndruck von gut 930 hPa.
Solch ein niedriger Wert wurde in Neuschottland, wo FIONA rund 200 km östlich
von Halifax an Land ging, wohl noch nie registriert. Diese Entwicklung hat auch
mittelbaren Einfluss auf unser Wetter. Denn FIONAS „E.T.“ (engl., extratropical
transition) führt zu einer instantanen Amplifizierung der Rossby-Wellen stromab,
auch „Downstream Development“ genannt. Während sich über dem Nordatlantik ein
mächtiger Rücken aufwölbt, vollzieht sich ein von Grönland und dem Nordmeer in
Richtung Mitteleuropa gerichteter Trogvorstoß. Damit steht uns ein sehr
unbeständiger, niederschlagsreicher und vor allem tagsüber reichlich
unterkühlter Witterungsabschnitt bevor.

Derzeit liegt Deutschland bereits auf der Vorderseite eines stark positiv
geneigten und mit mehreren Drehzentren ausgestatteten Langwellentroges. In
seinem Südwestteil weiter er sich bis nach Nordwestspanien aus, von wo aus seine
Achse über Frankreich und Benelux nordostwärts bis nach Südnorwegen verläuft. Im
Laufe der kommenden Nacht arbeitet sich der Trog zögerlich bis nach Nordwest-
und Westdeutschland vor. Der Trog stützt eine diffuse, rinnenartige
Tiefdruckzone über dem westlichen-zentralen Mittelmeer und Mitteleuropa. Der
Rinne schließt sich im Nordwesten eine Okklusion mit zunehmendem
Kaltfrontcharakter an, die den äußersten Nordwesten Deutschlands bereits
erreicht hat und ebenfalls nur sehr zögerlich südostwärts vorankommt. Der
Okklusion folgt schließlich ein Hochkeil über den Britischen Inseln und der
Nordsee. Dieser wird gestützt von einem Rücken, der sich zwischen dem Trog über
dem Kontinent und der o. e., mit FIONA in Verbindung stehenden Austrogung über
dem Nordwestatlantik aufwölbt.

In der mit der Tiefdruckrinne einfließenden, ziemlich feuchten, erwärmten
Supolarluft ‚xPs‘ (T850 zwischen 3 und 8 Grad) werden durch schwache, meist
PVA-bedingte Hebungsprozesse gebietsweise Regenfälle generiert. Da die Luft
mitunter leicht labil geschichtet ist, fällt der Regen schauerartig verstärkt
aus. Vor allem im Süden und Südwesten zeigt sich in den Aufstiegskurven eine
schmale, aber hochreichende Labilitätsfläche ab (ML-CAPE zwischen 100 und 400
J/kg), sodass auch einzelne, kurze Gewitter mit von der Partie sind. Bei eher
schwacher hochreichender Scherung handelt es sich meist um pulsierende
Einzelzellen, die bei PPWs von 20 bis 25 mm und nicht allzu schneller
Verlagerung aber lokalen Starkregen bringen können.

In der Nacht zum Sonntag fließt in den äußersten Westen und Nordwesten
postfrontal eine etwas kühlere, weniger feuchte maritime Polarluft ein. Zudem
macht sich im Bodenfeld der Einfluss des Hochkeils bemerkbar. Damit stabilisiert
es und die Niederschläge klingen ab, teils klart es sogar auf.
In den übrigen Regionen ist gebietsweise mit weiteren Niederschlägen zu rechnen,
bevorzugt über der Mitte im Wirkungsbereich einer der Drehzentren des Troges
sowie unmittelbar präfrontal zwischen Eifel und Schleswig-Holstein. Stärkere
Schauer oder Gewitter werden im Vergleich zum Tag aber unwahrscheinlicher und
damit auch die Starkregengefahr. Bei ICON-D2 zeichnet sich rund um das
Rhein-Main-Gebiet ein Schwerpunkt ab, dort werden kleinräumig Regenmengen
zwischen 20 und 35 mm/6 h simuliert, das ICON-D2-EPS liefert
Wahrscheinlichkeiten von 20 bis 35% für mehrstündigen Starkregen.
Die Tiefstwerte liegen bei 11 bis 7 Grad. Bei größeren Auflockerungen geht es
auf bis zu 5 Grad runter, allerdings kann sich bei geringen „Spreads“ dann auch
rasch dichter Nebel bilden.

Sonntag … arbeitet sich der Trog unter Konturverlust weiter nach Südosten vor,
sodass so dass sich dessen Achse am Abend diagonal über Deutschland hinweg vom
Nordosten in den Südwesten erstreckt. Der nachfolgende Trog, der aus der
Downstream Development hervorging, weitet sich östlich an Island vorbei nach
Süden in Richtung Schottland aus. Der Rücken dazwischen flacht deutlich ab und
erreicht die südliche Nordsee. Im Bodenfeld weitet sich der Hochkeil in der
Nordwesthälfte Deutschlands aus und drückt die Kaltfront nach Südosten. Sie
liegt mittags etwa auf einer Linie von der Pfalz nach Westmecklenburg.
Südöstlich davon bleibt die Rinne mit feuchter, instabil geschichteter Luft
wetterbestimmend, zudem ist trogvorderseitig noch schwache, PVA-bedingte Hebung
wirksam. Dies führt im Tagesverlauf zu wiederauflebender Schauertätigkeit.
Einzelne Gewitter sind vor allem im Süden und Südosten sowie über den östlichen
Mittelgebirgen wahrscheinlich, aber auch unmittelbar präfrontal im Osten und
Nordosten nicht ausgeschlossen. Den Zellen stehen etwas ML-CAPE (100 bis 200
J/kg), aber kaum Scherung zu Verfügung. Es handelt sich also um Einzelzellen,
die bei PPWs zwischen 20 und 25 mm ganz vereinzelt Starkregen bringen können.
Die höchsten Wahrscheinlichkeiten dafür simuliert das ICON-D2-EPS am Alpenrand
und über dem östlichen Bergland.
Rückseitig der Kaltfront setzt sich die Stabilisierung mit Einfließen der
kühleren, trockeneren Polarluft und dem einsetzenden Absinken im Westen und
Nordwesten fort. Zwar kommt unterhalb der Absinkinversion bei rund 700 hPa
flache Konvektion in Gang, Schauer sind aber selten und ohne Warnrelevanz. Am
meisten Sonne gibt es zwischen Niederrhein und Nordsee sowie Richtung Lausitz,
wo sich die Schauer noch Zeit lassen.
Die Höchstwerte liegen zwischen 13 Grad im Alpenvorland und 19 Grad in der
Lausitz.

In der Nacht zum Montag zeichnet sich bei dem über Deutschland liegenden Trog
ein Austropfprozess in Richtung Iberischer Halbinsel ab. Der Resttrog verlagert
sich unter Abflachung in den Südosten und Osten. Trogvorderseitig werden die
schauerartigen Niederschläge zwischen Alpenrand, östlichen Mittelgebirgen und
Vorpommern noch einige Zeit am Leben gehalten, Gewitter sollten dann aber kaum
mehr auftreten. Warnwürdige Mengen hat nur noch GFS auf der Agenda. Demnach
stünden dem Alpenrand 12-stündige Mengen von 30 bis 60 mm bevor, die
probabilistischen Verfahren tragen dieses Szenario aber kaum mit.
Ansonsten bleibt es unter dem schwachen Zwischenhocheinfluss zunächst trocken,
gebietsweise ist die Bewölkung aufgelockert, dann bildet sich wieder Nebel.
Von Nordwesten her driften im Verlauf aber bereits wieder hohe und mittelhohe
Wolken herein, bedingt durch WLA auf der Vorderseite des nächsten, bis zur
südwestlichen Nordsee vorstoßenden Troges.
Mit der Annäherung des okkludierten Frontensystems des mit dem Trog
korrespondierenden Sturmtiefs über dem Nordmeer beginnt es im Nordwesten
ausgangs der Nacht zu regnen. Zudem frischt der Wind auf und erreicht an der
Nordsee in Böen Bft 7 bis 8, über der offenen See und an der Nordfriesischen
Küste können Böen bis Sturmstärke Bft 9 nicht ausgeschlossen werden.
Die Luft kühlt ab auf 11 bis 7 Grad, bei längerem Aufklaren bis auf 4 Grad.

Montag … weitet sich der Trog über der Nordsee weiter nach Süden aus und stößt
über Frankreich in den bisherigen Trog vor. Die Trogachse positioniert sich dann
von der Nordsee über Mittelfrankreich und die Pyrenäen dann südwestwärts
abbiegend, so dass das Cut-Off-Tief über der Iberischen Halbinsel wieder
eingefangen wird. Als Ergebnis wird der an Kontur verlierende, flache Rücken
über dem Südosten und Osten nach Polen und Tschechien verdrängt und durch eine
südwestliche, leicht zyklonal konturierte Strömung ersetzt. Diese lässt das
okkludierte Frontensystem nur sehr zögernd weiter nach Osten vorankommen.
Entsprechend bereiten sich die Regenfälle, die in den südweststaulagen der
Mittelgebirge auch mal etwas kräftiger ausfallen können, bis zur einer Linie von
der Saar bis zur Lübecker Bucht aus. Abends geht der Regen ganz im Nordwesten
mit Annäherung der Trogachse und Labilisierung in höhenkalter Luft in Schauer
über, auch einzelne Gewitter mit stürmischen Böen sind nicht auszuschließen.
Vorderseitig der Front frischt auch der Wind weiter auf, so dass auch im
nordwestlichen Binnenland und im westlichen Bergland Windböen Bft 7 auftreten
können. An der Nordsee sind bis gegen Mittag stürmische Böen Bft 8, exponiert
und über der offenen See Sturmböen Bft 9 zu erwarten. Auch in einigen hierfür
anfälligen Berglagen (Brocken, Feldberg/Schwarzwald) muss Sturmböen gerechnet
werden.
In der Südosthälfte sorgt der abziehende Rücken noch für leichten
Hochdruckeinfluss, sodass es trocken bleibt und zwischen einigen Wolkenfeldern
auch die Sonne ihre Chancen bekommt. Lediglich an den Alpen besteht in Resten
der feuchteren, labilen Luft noch ein gewisses Schauerrisiko.
Mit Unterstützung der Sonne steigen die Temperaturen in der Südosthälfte auf 15
bis 19 Grad, unter den Regenwolken im Nordwesten nur auf 10 bis 15 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog in die Westhälfte Deutschlands.
Damit greift auch die höhenkälteste Luft mit T500 unter -25 Grad über, sodass
die rückseitig der Okklusion einfließende polare Meeresluft weiter labilisiert.
Im Zusammenspiel mit weiteren Hebungsantrieben kommt es somit trotz sich
auflösender Okklusion verbreitet zu schauerartigen Regenfällen, die sich im
Verlaufe auch den Osten und Südosten erreichen. Kurze Gewitter gibt es natürlich
am ehesten unter der höhenkältesten Luft im Westen. Mit dem Übergreifen des
Troges und dem Vordringen der Kaltluft gehen die Niederschläge in den Alpen
oberhalb von etwa 1500 m wieder in Schnee
über.
Vor allem im Bergland sind anfangs noch Windböen Bft 7, exponiert je nach
Höhenlage auch (schwere) Sturmböen Bft 8-10 möglich, später lässt der Wind dann
aber nach.
In gut durchmischter Luft hält sich die Abkühlung in Grenzen, die
Tiefsttemperaturen liegen meist zwischen 10 und 5 Grad.

Dienstag … liegt die Achse des elliptisch geformten Troges mit Zentrum über
der Nordsee diagonal von Nordwest nach Südost über Deutschland. Im Bodenfeld
steigt der Luftdruck im Süden von Westen zwar schon wieder deutlich an, sodass
sich ein Hochkeil hereinschiebt, Wetterwirksamkeit entfaltet dieser aber kaum.
Vielmehr stellt sich typisches, wechselhaftes Troglagen-Schauerwetter ein mit
kurzen Graupelgewittern. Die Sonne zeigt sich nur sehr selten. Die einfließende
maritime Polarluft kühlt noch etwas ab (T850 zwischen 3 und 0 Grad), womit die
Schneefallgrenze in den Alpen noch etwas auf rund 1200 m absinken kann. In
hochgelegenen Staulagen sind immerhin 10 bis 20 cm Neuschnee möglich.
Bei höchsten Temperaturen zwischen 8 Grad in den Mittelgebirgen und rund 15 Grad
in der Lausitz ist es sehr kühl.
In der Südhälfte komplettiert ein mit der Druckanstiegswelle stark böig
auffrischender Westwind den sehr „usseligen“ Wettercharakter. In Kammlagen kommt
es zu Sturmböen Bft 8-9.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Strukturen werden sehr ähnlich simuliert.
Die einzelnen Gewitter und etwaigen Starkregenereignisse werden im Nowcast
bewarnt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser