S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.09.2022 um 10.30 UTC

Verbreitet kurze Gewitter. In Hochlagen mitunter böig auffrischender Wind. In
den höchsten Lagen etwas Schnee, im Schwarzwald und an den Alpen am Dienstag und
Mittwoch geringe Dauerregengefahr.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 01.10.2022

Am Dienstag liegt Deutschland im Bereich eines Langwellentroges in 500 hPa,
dessen Achse allmählich von Westen hereinschwenkt. Das im Trog eingebettete
abgeschlossene Höhentief zieht dabei von der nördlichen zur südlichen Nordsee.
Mit dem Übergreifen der Trogachse auf Deutschland wird
kältere Luft herangeführt. Liegen die 850er Temperaturen zu Tagesbeginn noch –
von West nach Ost – zwischen etwa 2°C und 6°C, so sind es ausgangs der Nacht zum
Mittwoch nur noch -1°C bis 5°C, wobei die kältesten Temperaturen im Westen und
Südwesten erwartet werden. Im Bodendruckfeld sind die Gegensätze insgesamt
gering. Während vom Nordwestatlantik kommend ein Wellentief Nordfrankreich
ansteuert, wird auf dessen Vorderseite eine anfänglich von Nord-Nordwest nach
Süd-Südost über Deutschland verlaufende breite Tiefdruckrinne durch Druckanstieg
von Westen mehr und mehr aufgefüllt. Dadurch zieht der Druckgradient etwas an,
für warnwürdige Böen wird es aber allenfalls in den Hochlagen des Südwestens und
der Alpen reichen. Allerdings kann die troginduzierte Hebung, die auch auf einem
veritablen vertikalen Temperaturgradienten beruht (nachmittags im Südwesten T500
um minus 26°C, T850 um 1°C), für das eine oder andere kurze Gewitter (Typ
Kaltluft) sorgen, dazu kann es in den Hochlagen des Schwarzwaldes etwas Schnee
geben. Da die insgesamt nordwestliche Strömung an den Alpen und am Schwarzwald
für Staueffekte sorgt, ist dort lokal Dauerregen (mehr als 25 l/qm in 12 Stunden
oder mehr als 30 l/qm in 24 Stunden inkl. der Nacht zum Mittwoch) nicht
ausgeschlossen. Dabei sollen die Höchstwerte, auch durch die zumeist recht
dichte Wolkendecke, nicht über 9 bis 16°C hinauskommen, nachts kühlt es ab auf 9
bis 2°C mit Frostgefahr in den Hochlagen.

Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag wandert das Höhentief von der
südlichen Nordsee über den Ostausgang des Ärmelkanals und Benelux nach
Norddeutschland. Aufgrund seiner elliptischen Form weist zu Tagesbeginn ein vom
Höhentief ausgehender kurzwelliger Troganteil nach Südosten und einer nach
Nordwesten. Ersterer sorgt über Norddeutschland für Druckfall, so dass sich in
der Nacht zum Donnerstag von der Nordsee zur Ostsee orientiert eine schmale
Tiefdruckzone etabliert, der über dem Süden eine schwache Hochdruckbrücke
gegenübersteht. Innerhalb der Tiefdruckrinne bzw. während ihrer Entwicklung
sollen laut IFS im Nordosten sehr hohe Regenmengen zusammenkommen (Dauerregen,
teils mehr als 40 l/qm in 24 Stunden), wobei dies bisher eine Einzellösung
darstellt. Dagegen steigt über Westeuropa der Druck und das Wellentief wird
aufgefüllt, was weiterhin geringe Luftdruckgegensätze (und Windböen allenfalls
in Hochlagen) bedeutet. Die Temperaturen in 850 hPa liegen zumeist um null Grad,
und da sich an den Temperaturen in 500 hPa nur wenig ändert, bleibt der große
vertikale Temperaturgradient erhalten. Das bedeutet weitere, schauerartig
verstärkte und vereinzelt gewittrige Regenfälle, in den höchsten Mittelgebirgen
und in den Alpen ist auch wieder Schnee mit von der Partie. Die Tageshöchstwerte
sollen, ebenso wie die tiefsten Werte in der Nacht, nach jetzigem Stand eine
Nuance niedriger liegen als am Vortag.

Am Donnerstag zieht das Höhentief allmählich zur westlichen Ostsee und weiter
nach Südschweden. Von Westen wird ein neuer Langwellentrog herangeführt, der mit
seiner Achse in der Nacht zum Freitag auf Deutschland übergreift. Da im Bereich
des Höhentiefs und des übergreifenden Langwellentroges insbesondere über
Norddeutschland der Druck fällt, bläht sich das von der Nord- zur Ostsee
reichende Tief weiter auf. Es schwächt damit auch die Hochdruckbrücke über dem
Süden Deutschlands. Dennoch kann sich in der Nacht zum Freitag zwischen den
beiden Protagonisten ein etwas schärferer Gradient einstellen, so dass dann der
Wind vom Niederrhein bis zur Ostsee etwas zulegt. Damit wird dann auch endgültig
die Kaltluft ausgeräumt und zum Freitagmorgen sollen sich die 85ß0er
Temperaturen etwa in einer Spanne von 1°C bis 4°C bewegen. Dabei kommt es
weiterhin zu gelegentlichen Schauern, da aber mit dem Höhentief auch die
höhenkälteste Luft nach Südschweden abzieht, ist die Gewitterneigung deutlich
reduziert. Die Höchstwerte werden überwiegend zwischen 12°C und 18°C liegen, die
Frühtemperaturen am Freitag zwischen 13°C und 9°C.

Am Freitag soll sich rückseitig des Langwellentroges das Wetter kurzzeitig
beruhigen, bevor in der Nacht zum Samstag ein kräftiges Tief vom Nordatlantik
über Schottland hinweg zur nördlichen Nordsee zieht, das mit einem flachen, aber
von kräftigen Geopotentialgegensätzen geprägten neuen 500-hPa-Trog gekoppelt
ist. Durch das Tief mit einem Kerndruck von 975 hPa wird der Gradient von
Nordwesten her deutlich angeschärft, was Sturm an der Nordsee und Windböen im
Binnenland, exponiert auch dort Sturmböen bedeutet. Das zugehörige Frontensystem
greift mit teils kräftigen Regenfällen in der Nacht auf den Nordwesten und die
Mitte über, am Samstag erreicht es dann den Süden und Osten. Zwar okkludiert das
Frontensystem während seiner Passage zunehmend, so dass über dem Norden
Deutschlands der Warmsektor nicht mehr zum Tragen kommt, allerdings wird es
dort, vor allem aber im Süden im 850-hPa-Niveau deutlich wärmer, am Samstagabend
liegen die entsprechenden Werte über dem Norden um 5°C, über dem Süden werden
sogar zweistellige Werte erwartet.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum ab Sonntag soll sich das Wetter durch einen
Höhenrücken beruhigen. Insbesondere über dem Süden etabliert sich
Hochdruckeinfluss, allenfalls der Norden wird dann noch von Tiefausläufern mit
etwas Regen gestreift. Dabei setzt auch ein Warmluftschub ein, der
deutschlandweit die Temperaturen in 850 hPa auf Werte um 10°C steigen lässt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Mittelfristzeitraum weisen der aktuelle IFS-Lauf und seine Vorgänger schon ab
dem Mittwoch recht große Unterschiede auf. Die gilt einerseits für die Position
des zu Beginn des Mittelfristzeitraums wetterbestimmenden Höhentiefs. Das
Auseinanderlaufen der Modellkäufe zeigt sich u.a. in der Positionierung der
wetterbestimmenden Höhentiefs, das der aktuelle Lauf in der Nacht zum Donnerstag
über Norddeutschland, der Vorlauf über Dänemark und der gestrige 00-UTC-Lauf
über der zentralen Nordsee verdrahten. Ähnlich verhält es sich mit der
Druckkonfiguration am Boden. Einem von West nach Ost von der Nordsee zur Ostsee
orientierten schmalen Tief im neuesten Lauf steht im gestrigen 12-UTC-Lauf ein
ebenfalls schmales, sich allerdings von der zentralen Nordsee nach Ostwestfalen
erstreckendes Tief gegenüber. Der gestrige 00-UTC-Lauf wiederum simuliert eine
großräumige, amöbenhafte Tiefdruckzone mit einem Kern über der Nordsee (wie der
12-UTC-Lauf), einem anderen aber über Sachsen. Diese Unterschiede schlagen
natürlich auch auf die die Positionierung der Feuchtefelder durch, was sich dann
letztendlich auch in den Niederschlagsfeldern widerspiegelt. Die Modellläufe
finden auch im weiteren Verlauf nicht mehr zusammen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Schon am Dienstag zeigen sich zwischen den verschiedenen Globalmodellen
deutliche Unterschiede. Im 500-hPa-Geopotentialfeld simuliert ICON einen
Langwellentrog, dessen 544er Isohypse vom Nordmeer bis zum Erzgebirge ausgreift.
Dagegen haben IFS, UKMO und GFS abgeschlossene 536er Isohypsen über der Nordsee.
Während sich bei GFS das Höhentief über dem Bodentief befindet, prognostiziert
IFS eine Tiefdruckrinne von der nördlichen Nordsee bis nach Rumänien. Dies ist
auch bei ICON das südöstliche Ende der Rinne, sie beginnt bei ICON dagegen über
Schottland.

Am Mittwoch und Donnerstag verlagern sich die Höhentiefs von IFS und GFS in
einem Bogen über Norddeutschland hinweg nach Südschweden. Der Weg des
IFS-Höhentiefs ist allerding weiter und führt über Benelux, während das
GFS-Höhentief direkt nach Norddeutschland hereinzieht und sich damit einen
Vorsprung erarbeitet – der sich hier aber natürlich als Modellunterschied und
damit als negativer Aspekt niederschlägt. Dagegen will ICON noch immer nichts
von abgeschlossenen Höhentiefs wissen und setzt auf einen Langwellentrog, der
vom Nordmeer zur Iberischen Halbinsel weist. Die deutlichen Unterschiede zeigen
sich auch im Bodendruckfeld weiterhin, wobei GFS, UKMO und IFS näher
zusammenliegen und ICON eine Außeneiterlösung anbietet.

Interessant: Zum Ende der Woche und am Wochenende laufen die Modelle wieder
zusammen. Insbesondere ICON und IFS lassen dann ein kräftiges Tief mit
zugehörigem Langwellentrog vom Nordatlantik über Schottland zur nördlichen
Nordsee ziehen, was im 500er Geopotentialfeld als auch im Bodendruckfeld eine
deutliche Gradientverschärfung bedeutet. In diese Kerbe schlägt auch UKMO, im
Gegensatz zu GFS, des zwar auch ein kräftiges Tief im Programm hat, welches
allerdings deutlich weiter nördlich im Bereich Island nach Osten ziehen soll.

Letztendlich zeigen die verschiedenen Modelle im Mittelfristzeitraum eine
überdurchschnittliche große Abweichung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das WZMW-Ensemble bildet im Zeitraum +72 bis +96 h 3 Cluster, die alle durchweg
in der Kategorie „Negative NAO“ liegen. Der Haupt- und Kontrolllauf liegen beide
im mit 19 Mitgliedern mittleren Cluster (andere Cluster 20 bzw. 12 Mitglieder),
alle Cluster zeigen durchweg einen Langwellentrog über Mitteleuropa mit
korrespondierend Tiefem Luftdruck.

Im Zeitraum +120 bis +168 Stunden bleibt es bei drei Clustern, der Haupt- und
Kontrolllauf liegen auch weiterhin in Cluster zwei, der jetzt aber nur 15
Mitglieder hat (andere Cluster 22 bzw. 14). Erneut befinden sich der erste und
der zweite Cluster durchweg in der Kategorie „Negative NAO“, der dritte Cluster
wechselt in die Kategorie „positive NAO“. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass
sich beim dritten Cluster die Trogaktivität leicht retrograd wieder über den
Atlantik verlagert.

Im Zeitfenster +192 bis +240 streuen die Muster der 5 Cluster seht stark, alle
Wetterlagenkategorien sind vertreten, was auch eine Aussage darüber ist, wie
herausfordernd die Prognose sich gestaltet.

Die Rauchfahnen des IFS zeigen ein Absinken der 850er Temperatur bis zum
Mittwoch auf etwa null Grad (Haupt- und Kontrolllauf; Spanne etwa +4 bis -4
Grad). Danach ist ab Donnerstag wieder ein Temperaturanstieg zu verzeichnen.
Ähnlich ist das Muster beim 500-hPa-Geopotential. Einen Rückgang bis zum
Dienstag und dann einem etwa gleichbleibenden Niveau bis Donnerstag steht dann
ein Anstieg gegenüber. Die Streuung nimmt bei beiden Kurven jeweils mit
erreichen des Minimums (Geopotential am Dienstag, T850 am Mittwoch) zu, was die
Prognoseunsicherheit unterstreicht.

Die Rauchfahnen des GFS zeigen recht ähnliche Muster wie die des IFS.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI zeigt für Dienstag mit Ausnahme des Nordostens Temperaturen, die
signifikant unter dem Modellklima liegen. Dazu deuten im Südwesten und an den
Alpen die Niederschlagssignale auf signifikante Regenmengen hin.

Am Mittwoch deutet der EFI deutschlandweit auf klimatologisch (zum Modellklima)
niedrige Temperaturen hin.

COSMO-LEPS deutet am Dienstag und am Mittwoch im Südwesten und an den Alpen, am
Mittwoch zusätzlich noch in den östlichen Mittelgebirgen Dauerregen an. Die
entsprechenden Wahrscheinlichkeiten liegen bei 10-20% für mehr als 25 l/qm in 12
Stunden und bis etwa 40% für mehr als 30 l/qm in 24 Stunden /letzteres im
Schwarzwald und im Allgäu).

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas