S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.09.2022 um 10.30 UTC

Wechselhaft, Altweibersommer fällt aus. Ab Wochenbeginn wahrscheinlich erneuter
leichter Temperaturrückgang. Dann in den Nächten jedoch milder.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 28.09.2022

Am Samstag liegt Deutschland unmittelbar unter der Vorderseite eines Troges, der
von Nordmeer über Südnorwegen und die Nordsee in die Biskaya gerichtet ist.
Dieser Trog bezieht das über Südosteuropa liegende Höhentief in seine
Zirkulation ein, so dass sich zwischen dem Trog und dem Höhentief eine leicht
antizyklonale, aber auf Südwest drehende Strömung ergibt. Dies bringt dem Westen
und Südwesten feuchtere, aber auch mildere Luft, was in diesen Gebieten
schauerartige (und vielleicht gewittrige) Niederschläge aufkommen lässt.
Gleichzeitig trifft ein ausgewachsener Hurrican (FIONA) auf Neufundland und
wandelt sich rasch in ein extratropisches Tief um. Durch diesen Prozess wird
eine „Downstream Development“ initiiert, in welche die Energie des Hurricans
einfließt. Die Folge ist ein Sturmtief im Raum Jan Mayen, das mit einem sich von
Grönland nach Südosten ausweitenden Trog interagiert. Der hieraus resultierende
Trog schwenkt am Sonntag über Island hinweg ostwärts und weitet sich nach
Schottland aus. Dieser Trog entzieht dem nach von Westeuropa nach Deutschland
schwenkenden Trog Energie. Diese reicht dennoch für weitere schauerartige und
vereinzelt auch gewittrige Niederschläge in weiten Teilen Deutschlands. Dabei
hält sich zunächst noch relativ milde Luft.
Am Montag weitet sich der aus dem Sturmtief resultierende Trog von Schottland
über die Pyrenäen nach Süden aus und bezieht den über der Iberischen Halbinsel
liegenden Resttrog in seine Zirkulation ein. Die Folge ist eine erneute
südwestliche Strömung über dem Vorhersagegebiet; wahrscheinlich stellt sich an
den Alpen leichter Föhn ein. Mit dem Übergreifen des Troges auf Ostfrankreich
und Benelux am Dienstag bricht der Föhn zusammen, von Westen und Südwesten
setzen in Verbindung mit einer Kaltfront vermehrt Niederschläge ein. Diese
erfassen in der Nacht zum Mittwoch den gesamten Süden Deutschlands. Ein
trogvorderseitig nach Norden ablaufender Kurzwellentrog induziert über Polen
eine Zyklogenese. Das auf Vb-artiger Zugbahn sich nach Norden verlagernde Tief
sorgt für länger andauernde und über dem Bergland teils ergiebige Regenfälle. Ob
diese auch den Osten Deutschlands erfassen, ist noch unsicher und muss weiterhin
gemonitort werden.
Am Mittwoch ergibt sich eine Troglage mit dem hierfür typischen Wettercharakter
mit häufigen Schauern und kurzen Gewittern. Bis dahin erfolgt ein leichter
Temperaturrückgang, so dass dann, wie aktuell, Höchstwerte von 15 Grad wohl
nicht mehr überschritten werden.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum hält sich zunächst der Trog
über Mitteleuropa. Über dem Atlantik kommt eine kräftige Frontalzone zustande,
die sich an der Südflanke eines Tiefdruckkomplexes, der sich im Raum Island und
der nördlichen Nordsee etabliert, nach Mitteleuropa ausweitet. Die Folge wäre
bei zunehmendem Wind (mit Sturmböen an der Nordsee und im höheren Bergland) ein
weiterhin wechselhafter Wettercharakter, aber ein leichter Temperaturanstieg.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle Modelllauf ist nur bis einschließlich Montag gegenüber den
gestrigen Modellrechnungen einigermaßen konsistent. Danach zeichnet sich ein
rascheres Übergreifen des Troges in Richtung Mitteleuropa ab. Dies hatte sich
bereits beim gestrigen 12 UTC-Lauf angedeutet. Die weiter oben beschriebene
Vb-artige Entwicklung ab der Nacht zum Mittwoch hatten auch die beiden gestrigen
Modellläufe im Programm, wobei mit den aktuelleren Simulationen die Zugbahn
dieses Tiefs weiter nach Osten verschoben wurde.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum war beim gestrigen 00 UTC-Lauf
über dem mittleren Nordatlantik ein kräftiger Rücken nebst korrespondierendem
Bodenhoch zu finden. Nach den aktuelleren Läufen setzt sich in diesen Gebieten
die Frontalzone durch. Das Bodenhoch liegt demnach ca. 2000 km weiter südlich.
Und zwar dort, wo es hingehört, d.h. über dem Azorenraum.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Montag stützen die verfügbaren Modelle weitgehend die oben
beschriebene Entwicklung. Lediglich bei GFS und UK10 ist am Montag die
südwestliche Strömung etwas zyklonaler geprägt. Am Dienstag ändert sich dieses
Bild. GFS und UK10 lassen diesen Trog unter Intensivierung nach Deutschland
schwenken, wogegen ICON die EZMW-Version stützt, d.h. diesen Trog über
Frankreich belässt. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes positioniert sich
dazwischen, lässt diesen Trog, genauso wie GFS, bis Mittwoch austropfen, so dass
sich ein Zentraltief über der Nordsee ergibt.
Die oben beschriebene Vb-artige Situation haben auch die externen Modelle zu
bieten, am ausgeprägtesten das kanadische Modell, das kräftige (und durchaus
markant zu bewarnende) Niederschläge auch auf den Nordosten Deutschlands
übergreifen lässt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum steht EZMW mit seiner
Zonalisierung allein auf weiter Flur. Nach GFS würde erneut eine südwestliche
Strömung zustande kommen, möglicherweise mit einer frontogenetischen Lage über
Deutschland. Gegenüber EZMW wäre das Bodenhoch, das durch einen Rücken gestützt
wird, um ca. 2000 km nach Nordosten verschoben. Hier bestehen Ähnlichkeiten zur
EZMW-Version vom Vortag, 00 UTC. Das kanadische Modell lässt einen sich
annähernden Trog in Richtung Iberischer Halbinsel austropfen. Stromab wölbt sich
demnach über Mitteleuropa ein Rücken auf. Demnach hätte zumindest im Osten und
Süden Deutschlands der Altweibersommer noch eine Chance. Die weitere Entwicklung
ist sehr unsicher. Außer einem frühen Wintereinbruch ergeben sich viele
Szenarien, deren Wahrscheinlichkeit aufgrund der regen Hurricanaktivität über
dem Nordatlantik nur schwer abzuschätzen ist.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt etwa bis Mitte kommender Woche die Version des
hauseigenen deterministischen Laufes. Danach tendiert das EPS mehr in Richtung
EZMW-Version, wenngleich die Frontalzone beim EPS des GFS leicht mäandriert. Die
„Rauchfahnen“ ergeben nur einen geringen Spread. Bemerkenswert sind die
ausgeprägteren Niederschlagssignale im Osten (was als vorsichtiges Signal für
eine Vb-artige Entwicklung, wie oben beschrieben, zu werten ist) und der
Vergleich zum langjährigen Mittel, was bzgl. des Zeitraumes 1981 bis 2010 im 850
hPa-Niveau durchweg unternormale Temperaturen ergibt. Zwar nimmt ab der zweiten
Wochenhälfte der kommenden Woche der antizyklonale Einfluss wieder zu, was aber
aufgrund der durchweg vorhandenen Niederschlagssignale als sehr unsicher
anzusehen ist.
Das EPS des EZMW zeigt auch ein Durchgreifen der Frontalzone bis nach
Mitteleuropa, zögert aber diesen Prozess etwas hinaus. Zuvor, d.h. in der
zweiten Wochenhälfte der kommenden Woche, stellt sich nach dem EPS-Mittel eine
aufsteilende südwestliche Strömung ein, die durch einen von den Britischen
Inseln bis zur Iberischen Halbinsel reichenden Trog bedingt ist. Ein leichter
Temperaturanstieg wäre demnach wahrscheinlicher als beim deterministischen Lauf,
auch wenn die 20 Grad-Marke bei den Tageshöchsttemperaturen selbst im Süden
nicht nachhaltig überschritten werden dürfte. Die Einzellösungen des EPS lassen
sich in zwei nahezu gleich besetzten Clustern einordnen, wobei eines davon der
Variante der amerikanischen Modelle näherkommt.
Die Gefahr einer Dauerregenlage ab der Nacht zum Dienstag mit vielleicht sogar
unwetterartigen Regenmengen im Osten Deutschlands ist nach dem EPS des EZMW
nicht gebannt. Wenngleich nur Einzellösungen (weniger als 5, aber diese immerhin
mit Niederschlagssummen bis 50 mm innerhalb von 12 Stunden) bieten, muss die
Lage weiter verfolgt werden. Zudem bietet der EFI hierfür Signale. Ab dem
Wochenende, vor allem der Nacht zum Sonntag, lassen sich deutschlandweit
vermehrt Niederschlagssignale finden, wobei größere Niederschlagssummen im Sinne
von Warnrelevanz auf den Osten und die alpennahen Gebiete beschränkt bleiben.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum zu ca. 75 Prozent zyklonale West- oder Südwestlagen, was die
Version eines leichten Temperaturanstieges, aber bei insgesamt wechselhaftem
Wetter, stützen würde.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag besteh im Südwesten und an den Alpen, am Sonntag im Südosten eine
geringe Wahrscheinlichkeit für Gewitter mit Starkregen. Ob die herzu
erforderliche Einstrahlung in Gang kommt, ist fraglich.
In der Nacht zum Montag und auch am Montag fällt vom östlichen Alpenrand bis in
den Bayerischen Wald ausgreifend zeitweise Regen, dauerregenartige
Niederschlagsmengen können nicht ausgeschlossen werden. Ähnliches gilt von
Montag bis Mittwoch für die östlichen Landesteile, wo vor allem über dem
Bergland die Gefahr von Dauerregen besteht. Aufgrund der synoptischen Lage
lassen sich unwetterartige Regenmengen nicht ausschließen.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW) + MOS, MOS nur zu Beginn des Vorhersagezeitraumes

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann