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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.09.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Frühherbstliches Hochdruckwetter mit Nachtfrostgefahr. Erst zum Wochenende
wieder zyklonaler.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland inmitten einer ausladenden Hochdruckzone,
die sich vom Atlantik kommend über Mitteleuropa bis hoch nach Fennoskandien
erstreckt. Hinzu kommt ein Ableger zum Balkan, so dass man fast die Frage
stellen muss, ob es denn auch irgendwo Tiefdruckgebiete gibt. Die Antwort lautet
„natürlich gibt es irgendwo Tiefdruckgebiete“, nur haben diese derzeit so gut
wie keinen Einfluss auf das hiesige Wettergeschehen. Dazu später noch etwas
mehr, nun erstmal zurück zur Hochdruckzone. Diese hat ihr Zentrum (STEFAN) mit
etwas über 1025 hPa aktuell genau über Deutschland. Leichter Druckfall
signalisiert eine Abschwächung des Hochs, was aber nur oberflächlich der Fall
ist, wie wir noch sehen werden. In der Höhe läuft (oder sagen wir aufgrund des
Zeitlupentempos eher kriecht) der Hase nämlich andersherum, sprich, das
Potenzial fängt langsam an zu steigen. Während sich der östlich von uns
positionierte LW-Trog mit integriertem Drehzentrum ganz langsam zurückzieht,
rückt uns der vom nahen Atlantik bis nach Finnland gerichtete Höhenrücken von
Nordwesten her immer dichter auf die Pelle. Allerdings wird der äußerste Osten
in der kommenden Nacht noch von einem flachen, südwärts ablaufenden KW-Trog
gestreift, weshalb sich im Osten die Quellungen vom Tag nicht komplett auflösen
und im Dreieck Lausitz-Zittauer Gebirge-Erzgebirge sogar ein schlapper Schauer
nicht ausgeschlossen werden kann.

Ansonsten lösen sich die Wolken tagesgangbedingt weitgehend auf, was im Verbund
mit allgemein windschwachen bis -stillen Bedingungen die optimale Rezeptur für
eine kalte Nacht bedeutet. Die Luftmasse – wir reden über eine gealterte,
teilabgetrocknete Meeresluft polaren Ursprungs – passt auch, so dass wir uns
über Dinge wie Frost in Bodennähe und sogar Luftfrost unterhalten müssen. Frost
in Bodennähe kann quasi landesweit auftreten (in Mittelgebirgen lokal durchaus
nahe -5°C) außer vielleicht am Anleger von Harle- und Bensersiel (symbolisch für
Gewässernähe). Leichter Luftfrost ist vornehmlich im höheren Alpenvorland
(Warnung), stellenweise aber auch in den Mittelgebirgen sowie in
trocken-sandigen Gebieten Norddeutschlands zu erwarten. Nebel darf in einer
klassisch antizyklonalen Frühherbstnacht natürlich auch nicht fehlen, wobei vom
eher flachen Bodennebel bis hin zur „dicken Suppe“ (Senken, Becken, Flusstäler)
alles dabei sein kann.

Donnerstag … nimmt der Einfluss des o.e. LW-Troges weiter ab, was dem
nachfolgenden Rücken die Möglichkeit eröffnet, zusehends den Fuß in die Tür bei
uns zu bekommen. Am Abend erreicht die Hauptachse auf 300 hPa die Grenze zu BeNe
sowie die Deutsche Bucht. Die auf Nord-Nordost kippende Höhenströmung nimmt im
Gegensatz zu heute eine indifferente bis leicht antizyklonale Kontur an. Das
daraus resultierende Absinken macht sich weniger in Druckanstieg bemerkbar – das
Zentrum der Hochdruckzone verlagert sich mit etwas unter 1025 hPa über
Ostdeutschland hinweg zum östlichen Mitteleuropa -, dafür festigt sich die
Absinkinversion bei rund 800 hPa oder sogar etwas darunter bzw. wird diese im
Osten erst geschaffen (zwischen 700 und 800 hPa). Auf 850 hPa ist zumindest im
Südwesten ein zarter Temperaturanstieg erkennbar, wo es auf rund 5°C raufgeht
(im Osten und Nordosten weiterhin um 2°C).

Wettertechnisch ist die Geschichte relativ zügig erzählt. Nach Auflösung des
Nebels und Hochnebels, was in der dritten Septemberdekade noch im Laufe des
Vormittags erledigt sein sollte, scheint verbreitet die Sonne. Unterhalb der
Inversion bilden sich meist lockere Kumulanten, die am ehesten in der Osthälfte
zeit- und gebietsweise mal etwas dichter ausfallen können. Für leichte Schauer
dürfte es aber nur noch vereinzelt reichen. Im Nordwesten tauchen zudem einige
hohe Wolkenfelder auf, die die Sonneneinstrahlung etwas dämpfen können. Es
handelt sich um die weit vorauseilenden Vorboten einer teilokkludierten
Kaltfront über der nördlichen Nordsee respektive der Norwegischen See. Die Front
gehört zu einem Tief! (womit die Frage aus dem ersten Abschnitt beantwortet
wäre), das im Laufe des Donnerstags von Jan Mayen in Richtung Grönlandsee
respektive Framstraße zieht.

Trotz partieller niedertroposphärischer Erwärmung kommen die 2m-Temperaturen
nicht wirklich aus dem Quark, aber Hitze hatten wir ja auch schon mehr als genug
in diesem Jahr. 15 bis 19°C stehen auf der Karte, lediglich im Oberrheingraben
könnte es lokal für die eine oder andere „20“ reichen.

In der Nacht zum Freitag „kippt“ der Rücken noch etwas gen Südosten, so dass er
quasi den gesamten Vorhersageraum überdeckt. Derweil zieht sich der Schwerpunkt
des Bodenhochs noch etwas nach Osten zurück, was von der o.e. Kaltfront über der
Nordsee aber nicht genutzt wird. Die setzt weiter auf Gemütlichkeit und kommt
nur wenige Seemeilen südostwärts voran. Etwas dynamischer geben sich die
vorauseilenden hohen und Mittelhohen Wolken, die von Nordwesten her weiter Boden
in Richtung Landesmitte gutmachen. Wie weit sie bis zum Morgen tatsächlich
vorankommen, steht noch nicht abschließend fest.

Fakt ist, dass es allgemein trocken bleibt und sich die Quellungen vom Tag
komplett auflösen. In der Mitte und im Süden bildet sich gebietsweise Nebel.
Auch Frost in Bodennähe sowie lokal leichter Luftfrost sind außer im durch die
Bewölkung milderen Nordwesten wieder ein Thema.

Freitag … verlagert sich der Rücken langsam ost-südostwärts, wodurch zumindest
der Westen und Nordwesten ganz allmählich auf die Vorderseite eines
nachfolgenden LW-Troges gelangen. Dieser erstreckt sich am Freitagmittag von der
Biskaya bis hoch zur Grönlandsee, wo er mit einer rinnenartigen, positiv
geneigten Tiefdruckzone korrespondiert. Die darin eingelagerte o.e. Kaltfront
wird über der Nordsee von einer flachen Welle überlaufen (was auf See schon mal
passieren kann), wodurch sie in ihrer Progression weitre aufgehalten wird.
Trotzdem wird die vorlaufende Bewölkung im Nordwesten immer dichter,
nennenswerte Regenfälle stehen bis zum Abend aber noch nicht an. Einzig zwischen
Deutscher Bucht und Niederrhein könnte es für ein paar Tropfen reichen, was aber
auch noch nicht sicher ist.

Im großen Rest des Landes breiten sich die hohen und mittelhohen Wolken peu a
peu südostwärts aus. Da diese aber mehr oder weniger transparent sind (je weiter
nach Westen und Nordwesten, desto kompakter), scheint nach Auflösung der
Nebelfelder noch für längere Zeit die Sonne, am meisten im Südosten. Da ändern
auch einige flache Quellwolken nichts, die sich unterhalb der weiter absinkenden
Inversion bilden. Mit niedertroposphärisch auf Südwest drehendem Wind steigt die
Temperatur weiter an auf bis zu 10°C im äußersten Süden. Lediglich im äußersten
Osten und Nordosten verharrt T850 bei rund 3°C. Unter dem Strich macht das auf 2
m Höhe Maxima zwischen 16 und 20°C, im südlichen Oberrheingraben zwischen
Offenburg und Basel bis zu 22°C.

In der Nacht zum Samstag gilt es, an zwei Stellen etwas genauer hinzuschauen. Im
Nordwesten kommt die Front etwas näher, was dort die Regenwahrscheinlichkeit
erhöht. Viel Regen soll aber nicht fallen, der Hauptniederschlag fällt sehr
wahrscheinlich noch weiter westlich.
Baustelle #2 liegt im äußersten Südwesten, wo erstens etwas feuchtere und
labilere Luft eingesteuert wird und zweitens ein kleiner Randtrog von Frankreich
hereinschwenkt. Mit schauerartiger Verstärkung sind punktuell durchaus um 10
l/m² innert kurzer Zeit drin, auch wenn die genaue räumliche Verteilung noch
nicht feststeht.

In den übrigen Landesteilen bleibt es trocken, aber mehr oder weniger bewölkt
(hohes und mittelhohe Bewölkung), was in Zusammenarbeit mit der inzwischen etwas
milderen Luft die Frostgefahr sowohl in der Lauft als auch am Boden auf nahe
null sinken lässt. Einzig im östlichen Bergland reicht es vereinzelt noch mal
für leichten Frost in Bodennähe. Darüber hinaus nimmt auch die Nebelneigung
gegenüber den Vornächten ab.

Samstag … deutet sich im Bereich des Ärmelkanals ein Abtropfen des inzwischen
stark positiv geneigten Höhentrogs an. Vorderseitig wölbt sich ein flacher
Rücken über dem Vorhersageraum auf, der aber nicht verhindern kann, dass wir
bodennah zusehends in den Bereich einer recht breiten, meridional exponierten
Tiefdruckrinne gelangen. Damit steht eins schon mal fest: Der Samstag wird
deutlich wolkenreicher als die Vortage, auch wenn hier und da Chancen für
Auflockerungen oder kleine Sonnenfenster gegeben sind. Temperaturmäßig tut sich
nur wenig, lediglich ein kleiner Rückgang aufgrund fehlender Einstrahlung ist zu
verzeichnen. Was noch nicht so ganz geklärt ist hingegen die
Niederschlagsverteilung und -intensität. Da beginnen die Modelle zu divergieren.
Am ehesten scheint im Nordwesten was zu gehen, auch wenn die Kaltfront selbst
wahrscheinlich außen vor bleibt. Auch im Südwesten und Süden dürfte es zeitweise
regnen, lokal vielleicht sogar gewittrig. Wie gesagt, das letzte Wort ist hier
noch nicht gesprochen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die größten Modellunterschiede liegen in den Niederschlagsprognosen zum Ende des
Kurzfristzeitraums (siehe oben). Sonst ist eigentlich alles im Lot.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann