SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.09.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Fortdauer der kühlen und unbeständigen Witterung. Nur zögerlich von Westen her
Druckanstieg.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland nach wie vor unter dem westlichen Teil
eines monumentalen Langwellentrogs über dem östlichen Mittel- respektive dem
nahen Osteuropa. Kurzwellige, von Skandinavien in seine Rückseite hineinlaufende
Randtröge bzw. kleine Höhentiefs speisen den Haupttrog immer wieder aufs Neue,
was seiner Lebensdauer mehr als förderlich ist. So wird er auch in den nächsten
Tagen die Höhenwetterkarten schmücken und dabei nur wenig nach Osten
vorankommen. Im Bodendruckfeld tut sich dagegen etwas, hier kommt es zu einem
Spielerwechsel weg von der ausgelaugten, sich zusehends auffüllenden QUEENIE
über Finnland hin zur frischen REILI (int. Ana). Dieses Tief kommt aus der
Ukraine, von wo aus es unter Intensivierung nordwärts zieht. Heute Abend kommt
REILI über dem Osten Weißrusslands bereits auf einen Kerndruck von etwas unter
990 hPa, bevor es im Laufe des morgigen Montags mit etwas unter 985 hPa in
Karelien aufschlägt.

Weit weniger beweglich geht es westlich von uns zu, also auf der antizyklonalen
Seite des großräumigen Setups. Sowohl der bis nach Grönland reichende Rücken
über dem nahen Atlantik als auch das sich vom Nordpolarmeer bis hinunter zur
Biskaya erstreckende Bodenhoch STEFAN scheinen große Anhänger des vor allem im
öffentlichen Dienst beliebten Spiels Beamtenmikado zu sein – „Wer sich zuerst
bewegt, hat verloren“. Das Zentrum des Hochs befindet mit etwas über 1025 hPa im
Bereich der Keltischen See, wo es auch morgen noch liegt. Zwischen dem tiefen
Luftdruck im Osten/Nordosten und dem hohen Druckniveau im Westen wird weiterhin
hochreichend kalte Meeresluft aus polaren Breiten nach Mitteleuropa gesteuert,
die den Wetterverlauf sehr abwechslungsreich und stark herbstlich gefärbt
gestaltet. Heute Abend liegt T850 landesweit bei 2/3°C plus, während auf 500 hPa
das Minimum mit rund -28°C über Ostdeutschland zu finden ist.

Die „kalte Blase“ korrespondiert mit einem der o.e. kleinen Höhentiefs über
Nordostdeutschland, welches kurz vorm Grenzübertritt nach Polen steht. Es
steuert auf seiner Südwestflanke einen kleinen Bodentrog über den Osten und die
östliche Mitte ostwärts, der wiederum ein kleines Windmaximum mit sich führt.
Gerade zwischen Harz und Thüringer Wald bzw. Erzgebirge wird der westliche Wind
vorübergehend noch mal etwas aufleben, warnwürdige Böen dürften sich aber auf
höhere Lagen beschränken (7-8 Bft). Darüber hinaus bleibt die auch die
Konvektion in der östlichen Mitte noch etwas länger am Leben (meist
Schauer/schauerartiger Regen, weniger Gewitter), während sie sonst mehr und mehr
dem Tagesgang zum Opfer fällt. Eine Ausnahme bilden die offene See sowie die
küstennahen Gebiete, wo weiterhin mit diabatisch getriggerter Konvektion zu
rechnen ist. Dafür lässt der Wind spürbar nach, so dass am Ende der Nacht nur
noch auf den westlichen der Ostfriesischen Inseln ein paar steife Böen 7 Bft
übrigbleiben.

Kurz noch einen Abstecher in den Süden, wo die Nacht eine mehr als solide
Portion skaligen Regens abliefert. Genau handelt sich um den Regenstreifen, der
tagsüber von Westdeutschland bis hinüber nach Franken aktiv war und regional
ordentlich geliefert hat. In den nächsten Stunden verlagert sich der Regen
langsam aber sicher gen Süden in Richtung Alpen. Hauptauslöser ist übrigens ein
breites PVA-Maximum auf der SW-Flanke des Höhentiefs, gepaart mit etwas WLA.
Aufsummiert über 12 Stunden kann vor allem in Bayern, gebietsweise auch in
Teilen BaWüs mit 5 bis 10 l/m², an den Alpen sowie im Bayerischen Wald auch mehr
gerechnet werden. Eine weitere Dauerregenwarnung am westlichen Alpenrand ist
aber nicht nötig, nach Osten hin läuft die Warnung bis Montagfrüh. Die
Schneefallgrenze liegt bei rund 1500 m.

Mit Ausnahme des unmittelbaren Küstenstreifens sinkt die Temperatur verbreitet
in den einstelligen Bereich, bei längeren Auflockerungen im zentralen
Mittelgebirgsraum gar auf etwas unter 5°C.

Montag … tut sich noch nicht allzu viel an der Großwetterlage, was angesichts
der großräumigen Konstellation auch nicht zu erwarten ist. Nach Abzug des
Höhentiefs dreht die Strömung nach rechts auf fast glatt Nord. Dabei wird von
Skandinavien her ein weiterer Sekundärtrog in den Nordosten gesteuert, der aber
ziemlich flach daherkommt und bei Weitem nicht mehr so gut organisiert ist wie
seine beiden Vorgänger vom Wochenende. Trotzdem, die nach wie vor einströmende
polare Luftmasse ist auch morgen in weiten Landesteilen noch ausreichend labil
geschichtet, auch wenn die Konvektionsgröße der Labilitätsfläche meist nur
„skinny“ aufweist. Das Minimum der Höhenkaltluft befindet sich im Norden und
Osten mit rund -26°C auf 500 hPa (T850 landesweit um +3°C).

Mit Ausnahme des Westens und Südwestens, wo es trotz magerer Progression des
Rückens beginnt zu stabilisieren bzw. sich langsam eine Absinkinversion etwa
zwischen 600 und 700 hPa abzeichnet, entwickeln sich vielerorts Schauer und
einzelne Graupelgewitter, bei denen aber häufig die Warnkarte gelb ausreichen
sollte. Sowohl beim Gradienten als auch beim Höhenwind ist eine Abnahme
erkennbar, so dass Böen 8 Bft die Ausnahme sein sollten. Die Starkregengefahr
wird ebenfalls geringer eingeschätzt als am Wochenende, auch wenn die
Zuggeschwindigkeit der Zellen nachlässt. Großflächige Windwarnungen sind
ebenfalls nicht mehr nötig. Zwar erstreckt sich von Nordwesten her ein Korridor
mit erhöhten Windgeschwindigkeiten über die Mitte hinweg bis in den Osten und
Südosten Bayerns, Böen 7 Bft dürften aber nur vereinzelt insbesondere in freien
oder in höheren Lagen auftreten.

Und wie sieht es mit Sonne und Wärme aus? – Nun, die Chancen auf größere
Auflockerungen oder gar längeren Sonnenschein stehen im Südwesten (insbesondere
in Südbaden) mit am besten. Dort wird es mit bis zu 18°C auch am wärmsten. Ein
zweites Sonnenfenster wird hoch oben im Norden, vornehmlich in SH, im Hamburger
Raum und auch noch in Mecklenburg erwartet, wo mit leichter Rechtdrehung des
Windes der Skandifön durchbrechen kann. Dabei soll die Temperatur bis auf 17°C
steigen, was ambitioniert, aber nicht unmöglich ist. Ob es sonst in der Nord-
und Westhälfte schon so verbreitet für 16/17°C reicht, wie von MOS-Mix
angeboten, ist angesichts der kühlen Luftmasse und des hohen Wolkenanteils
fraglich. Am kühlsten bleibt es jedenfalls im Südosten sowie in der östlichen
Mitte mit unter 15°C in den Mittelgebirgen teils unter 10°C.

In der Nacht zum Dienstag glättet sich die nordwestliche bis nördliche
Höhenströmung, weist aber noch ein leicht zyklonalen Touch auf. Nennenswerte
Hebungsantriebe lassen sich aber nicht ablesen, und da noch der Tagesgang
dazukommt, ist von einer nachlassenden Niederschlags- und Gewitterneigung
auszugehen. Allerdings, gerade im Osten und Südosten kann das bis weit nach
Mitternacht dauern, wobei am Erzgebirge auch noch Staueffekte dazukommen. Dort
können durchaus um 10, lokal auch um 15 l/m² innert 12 Stunden zusammenkommen.

Ansonsten gilt es noch zu konstatieren, dass sich der über die Alpen hinweg bis
zum Balkan gerichtete Hochkeil (er ist der FU Berlin/BWK sogar ein STEFAN II
wert) noch etwas kräftigt. Da aber der Luftdruck im Nordosten aber noch stärker
ansteigt, fächert der Gradient immer weiter auf und das Thema Wind verschwindet
ganz von der Anzeigetafel. Dafür könnte sich in den Gebieten mit der größten
Wolkenarmut (Südwesten, äußerster Norden) das eine oder andere Nebelfeld bilden.
Mit Frost, auch in Bodennähe, ist wohl noch nicht zu rechnen.

Dienstag … verbleiben wir unter einer immer noch leicht zyklonal gekrümmten
nordwestlichen bis nördlichen Höhenströmung, wohingegen die Ausweitung des
Bodenhochkeils STEFAN der Zwote Fortschritte erkennen lässt. Die
wetterbestimmende Luftmasse ist aber weiterhin nordisch gefärbt mit schmalen 1
bis 4°C auf 850 hPa. Dagegen lässt sich auf 500 hPa ein deutlicher Trend zur
Erwärmung und somit auch zur Stabilisierung der Schichtung ablesen. Die
höhenkälteste Luft mit immerhin noch unter -25°C wird immer weiter in den Osten
abgedrängt, während in der Westhälfte bereits die -20°C-Marke überschritten
wird.

Kurzum, Schauer sowie weniger und schwächer werdende Gewitter ziehen sich mehr
und mehr in den Osten und Südosten zurück, was aber nicht bedeutet, dass nicht
weiter westlich auch noch mal der eine oder andere schlappe Schauer auftritt.
Vor allem im Westen und Südwesten wird es für die Konvektion aber immer
schwieriger, sich vertikal ausreichend zu entfalten, weil die Inversion nicht
nur stärker wird, sondern auch immer weiter absinkt.

Den meisten Sonnenschein gibt es nach wie vor im äußersten Norden und Nordosten,
wo der Skandiföhn das Wolkenfenster noch etwas größer aufmacht als am Vortag.
Und auch im äußersten Südwesten, schwerpunktmäßig in Südbaden, lässt sich der
„Lorenz“ nicht lumpen, während er im äußersten Südosten wohl überhaupt keine
Lücke in der zähen Wolkendecke findet. Mit 11 bis 17°C bleibt das thermische
Niveau recht überschaubar.

In der Nacht zum Mittwoch breitet sich der Bodenkeil immer weiter aus mit einem
Ableger zum Balkan und nach Skandinavien. Derweil bleibt die nördliche
Höhenströmung erhalten, wird aber schwächer. Unter dem Strich ziehen sich
Schauer respektive schauerartiger Regen immer weiter in den Südosten, vor allem
an den östlichen Alpenrand zurück. Ansonsten bleibt es meist trocken und die
Wolkendecke lockert immer weiter auf. Hier und da bildet sich Nebel. Ansonsten
wird es frisch, sehr frisch mit Temperaturen im unteren einstelligen Bereich und
stellenweise leichtem Frost in Bodennähe (z.B. in Teilen Norddeutschlands).

Mittwoch … nimmt der Hochdruckeinfluss weiter zu, auch wenn der atlantische
Rücken noch immer keinen wirklichen Zugriff auf den Vorhersageraum bekommt. Zwar
„kippt“ er in seinem Nordteil immer weiter in Richtung Skandinavien ab, bei uns
dauert die nördliche Höhenströmung aber an. Wettermäßig müssen wir uns auf
wechselnde Bewölkung mit mehr oder weniger großen und langen Auflockerungen
einstellen. Im Norden und Nordosten bekommt die Sonne die größten
Auftrittschancen. Dafür sind im äußersten Osten sowie am östlichen Alpenrand
noch einzelne leichte Schauer drin. 12 bis 18°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren sehr ähnlich, warnrelevante Unterschiede sind nicht
erkennbar.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann