S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.09.2022 um 10.30 UTC

Erst windig, kühl und nass, dann etwas milder und freundlicher.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 22.09.2022

Die Mittelfrist beginnt insgesamt recht herbstlich grau und trüb, in den Alpen
grüßt kurz und zaghaft der Winter und zum Ende wird die herbstliche Stimmung
zunehmend vergoldet.

MUIFA, NANMADOL und MERBOK sind die Namen tropischer Stürme, die momentan einen
Einfluss auf die Zirkulation der Nordhemisphäre ausüben – direkt und indirekt.
MUIFA interagiert momentan destruktiv mit einem Rossby-Wellenzug bzw. wird durch
eine (teils selbst induzierte) blockierende Antizyklone über dem Osten Russlands
und dem Ochotskischen Meer an der polwärtigen Verlagerung gehindert, sodass er
sich über dem Gelben Meer abschwächt. Diese per „PV Zerstörung“ durch den
Outflow gestützte Antizyklone sorgt per „downstream development“ für einen
progressiven Trog, der sich über die Beringsee rasch südostwärts verlagert und
MERBOK konstruktiv in einen weiteren Rossby-Wellenzug vor den Aleuten aufnimmt.
Die dadurch forcierte negative PNA (im Median des GEFS mittlerweile recht gut
bei etwas über -1 verankert) bringt auch stromab über den USA einiges
durcheinander mit der Entwicklung eines umfangreichen Höhenkeils, was die
Strömung über dem Nordatlantik wieder etwas stärker ins Schwingen bringt. Doch
hier könnte u.U. der Tropensturm FIONA noch ein Wörtchen mitreden, wobei dessen
Entwicklung noch als sehr unsicher einzustufen ist. Bleibt noch NANMADOL übrig,
der für Japan sehr interessant werden könnte, wobei jedoch momentan noch unklar
ist, wie genau er mit der Frontalzone interagiert.

Summa summarum wird also vom Nordpazifik her durch das Einbinden mehrerer
tropischer Stürme eine erhöhte Unsicherheit stromab induziert, die zudem noch
über dem Nordatlantik weiter zunehmen könnte. Daher wird in dieser Mittelfrist
keine größere Gewichtung auf die erweiterte Mittelfrist gelegt.

Bis dahin dominiert ein leicht progressiver Wellenzug den
nordatlantisch-europäischen Sektor, was uns im Verlauf der Mittelfrist in den
Einfluss eines wetterberuhigenden Keils bringt.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Sonntag, den 18.09., ist davon jedoch noch nichts
zu spüren. Peripher im Südwestquadranten einer umfangreichen Rossby-Welle über
Skandinavien gelegen wird eine recht markante Kurzwelle über Dänemark nach Polen
geführt. Dank beständiger synoptisch-skaliger Hebung deuten die Modelle recht
unisono einen Streifen vom Emsland über den Harz bis zum Erzgebirge an, wo es
wiederholt und teils kräftig regnet (24-std. Mengen von 10 bis 25 l/qm, in
Staulagen teils auch über 30 l/qm), während die Mengen nach Norden und Süden
rasch abnehmen. In Richtung Schwarzwald bleibt es wohl überwiegend trocken. Ein
weiterer Niederschlagsschwerpunkt scheint das Küstenumfeld der Ostsee zu sein,
wo -28 Grad in 500 hPa über der noch immer teils um mehr als 1 Kelvin zu warmen
Ostsee kräftige Schauer und Gewitter induzieren, die regional 15 bis 30 l/qm
Niederschlag in 24h bringen (inklusive dem Potenzial von einzelnen Tornados über
Wasser).
In der Nacht zum Montag erreicht auch etwas Feuchte die Alpen, wo es oberhalb
von rund 1300 m leicht schneien kann (im Median 1 bis 3 cm Neuschnee).

Am Montag dominiert in der Höhe zyklonaler Einfluss, wobei sich unter der
höhenkältesten Luftmasse im Nordosten teils kräftige Schauer und Gewitter
entwickeln, die nach Südwesten zu dank etwas höheren Bodendrucks nur in stark
abgeschwächter Form auftreten. Die Sonne zeigt sich zwischen den Schauern
wenigstens zeitweise und in Richtung Ostsee kann ein einzelnes kurzes Gewitter
weiterhin nicht ausgeschlossen werden.

Der Dienstag ist eine Kopie vom Montag, wobei die Schaueraktivität bzw. auch die
Intensität der Niederschläge dank einer milderen Luftmasse in der Höhe und
steigendem Bodendruck im Südwesten weiter in die Knie geht. Dennoch wird auch
dieser Tag besonders entlang und nördlich der zentralen Mittelgebirge einen
wechselhaften Gesamteindruck hinterlassen.

Ab Mittwoch setzt sich dann immer mehr der von Westen nahende Keil durch und
sorgt für eine durchgreifende Wetterberuhigung. Dabei entwickeln sich am
Mittwoch noch letzte Schauer (bevorzugt im Bergland), bevor der Donnerstag
trocken und sehr freundlich über die Bühne zu gehen scheint. Die
Schneefallgrenze steigt von Süden sukzessive auf über 2000 m.

In den Nächten muss gebietsweise mit Nebel gerechnet werden und das bei
Tiefstwerten von 9 bis 4 Grad, im oberen Bergland des Bayerischen Waldes sowie
der Alpen kann es bei längerem Aufklaren auch mal in Richtung Gefrierpunkt gehen
und nur im Umfeld der warmen See bleibt es mit unteren zweistelligen Werten
vergleichsweise mild.

Die Höchstwerte pendeln bis zur Wochenmitte je nach Niederschlag- und
Sonnenscheindauer zwischen 11 und 16 Grad und klettern in der Folge wieder
zaghaft in Richtung 19 oder 20 Grad (im Südwesten).

Der Westwind weht am Sonntag noch stark böig, im Bergland stürmisch oder mit
einzelnen Sturmböen (Bft 8 bis 9) und exponiert auf dem Brocken werden schwere
Sturmböen (Bft 10) erwartet. Auch über der Deutschen Bucht droht Sturm mit Bft 9
Böen aus Nordwest.
Zum Montag schwächt sich der Wind aus West bis Nordwest überall um rund 1 Bft
ab, sodass er wohl nur noch im exponierten Bergland sowie im Küstenumfeld
warnwürdig auftritt, bevor der Wind in der Folge unter weiterer Abschwächung
keine warntechnische Rolle mehr spielt.

In der erweiterten Mittelfrist hält der Zustrom milder Luftmassen (bis 21 Grad
im Südwesten) vorerst weiter an, allerdings wird es im Umfeld eines von Westen
nahenden Troges erneut wechselhafter werden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

IFS hat die Entwicklung in den jüngsten Läufen insgesamt gut im Griff. Dabei
überwiegt in Deutschland zunächst im Umfeld eines umfangreichen Langwellentroges
über Nordosteuropa ein zyklonaler Einfluss mit einer wechselhaften und kühlen
Witterung, bevor zur Wochenmitte mit einem von Westen nahenden Keil eine
durchgreifende Wetterberuhigung zu erwarten ist. Erst mit der Annäherung des
Keils ergeben sich geringe Diskrepanzen, da die Keilachse von Lauf zu Lauf etwas
zügiger nach Deutschland geführt wird.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Innerhalb der internationalen Modelle ergeben sich bereits zum Beginn der
Mittelfrist erhebliche Unterschiede bei der Trogpassage am Sonntag. GFS sieht
diese früher und liegt zum 12Z Termin bereits über Nordostdeutschland, während
IFS und ICON noch eine Position über Dänemark favorisieren. GFS zeigt den Trog
zudem als ein vorübergehend abgeschlossenes Höhentief, während die anderen
Modelle eher eine offene Welle bevorzugen.
In der Folge wird von allen Modellen bis zum Dienstag die Fortdauer der zyklonal
geprägten nördliche Anströmung gezeigt, wobei die Numerik ein bisschen mit Blick
auf eingebettete Kurzwellen streut. ICON sieht z.B. am Dienstag 06Z einen scharf
gekrümmten Kurzwellentrog über dem Nordosten, wovon IFS und GFS jedoch nichts
wissen wollen. Dasselbe Spiel zum Mittwoch 00Z Termin.

Auch die Keilaufwölbung wird in der Folge noch recht inhomogen gezeigt, wobei
GFS zum Donnerstag die Keilachse westlicher belässt (Ärmelkanal), während IFS
und ICON Deutschland voll erfassen.

Summa summarum wird zwar der grobe Ablauf recht gut erfasst (erst zyklonal, dann
antizyklonal geprägt), Feinheiten wie z.B. Kurzwellenpassagen sind jedoch auch
weiterhin mit größeren Unsicherheiten behaftet.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse dieser Mittelfrist beginnt mit 3 Clustern (Regime
Atlantikrücken) und einem breiten Trog über Mittel- und dem östlichen Europa.
Für Deutschland ergeben sich keine nennenswerten Diskrepanzen.
In der Folge nimmt die Anzahl der Cluster auf 4 zu, wobei der Kontrolllauf und
der det. Lauf jeweils im 3. Cluster zu finden sind. Das anfangs dominante Regime
„Atlantikrücken“ wechselt in der Folge mehr zu „NAO-“ oder „Blockierung“, wobei
der Langwellentrog nur zögernd nach Osten zieht. Diese Verlagerung wird überall
gezeigt, die Unterschiede ergeben sich beim Blick auf die Geometrie des Troges,
sodass es mit Blick auf Kurzwellenpassagen sicherlich noch die eine oder andere
Überraschung geben kann (besonders für den Norden und Osten Deutschlands). Ab
der Wochenmitte dominiert dann aber zunehmend der Keil, wobei die Unsicherheiten
immer weiter zunehmen (6 Cluster).

Die Meteogramme ausgewählter Städte in Deutschland zeigen einheitlich den kühlen
und zunächst noch wechselhaften Abschnitt, bevor es ab der Wochenmitte trockener
und etwas milder wird. Die Rauchfahnen sind die gesamte Mittelfrist über
vergleichsweise eng gebündelt (500 hPa Geopotenzial und 850 hPa Temperatur),
wobei der Kontrolllauf und der HRES beide recht gut eingebettet in der
Modellschar liegen.

GEFS sieht die Entwicklung während der Mittelfrist sehr ähnlich, wenngleich es
variable Niederschlagsspitzen gibt (im Vergleich zum IFS-ENS), dank der bereits
beschriebenen Unsicherheiten der zu erwartenden Kurzwellenpassagen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI hebt bis zur Wochenmitte durchweg die recht kühle Witterung hervor, wird
jedoch beim Thema „WINDBÖEN“ am Sonntag mit Werten um 0.8 über der Mitte und dem
Süden deutlicher (keine Sturmlage, aber dennoch im Tiefland häufige Bft 7 Böen
mit markanten Böen Bft 8 bis 10 im (exponierten) Bergland). Diese Signale
schwächen sich in der Folge bis zum Dienstag sukzessive ab.
Die kräftigen „REGENfälle“ am Sonntag über der nördlichen Mitte werden im EFI
mit leicht erhöhten Wahrscheinlichkeiten gewürdigt.

Zusammengefasst scheint der Sonntag der warntechnisch spannendste Tag zu werden
(wenngleich nur in die Kategorie „typischer Herbsttag“ fallend), bevor es in der
Folge deutlich ruhiger wird.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy