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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.09.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Ab Dienstagnachmittag von Westen und in der Mitte aufkommender Dauerregen, teils
durch Schauer und Gewitter verstärkt. Am Mittwoch in der Mitte, am Donnerstag
noch im Süden teils ergiebige Regenfälle, teils konvektiv verstärkt.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland im Einflussbereich eines Höhenkeils, dessen Achse
uns heute bis zum Abend überquert. Allerdings wird der Keil durch WLA über
Westeuropa regeneriert. Dazwischen sorgt das hochreichende Tief „QUEENIE“ für
eine Eindellung an der Nordflanke des Keils. Das Tief befindet sich morgen früh
über Südskandinavien. Damit zusammen hängt auch ein Frontensystem, dass am Abend
den Nordwesten erreicht. Es ist mit Regen, Schauern und über der Nordsee
vielleicht auch einem kurzen Gewitter verbunden. Das Niederschlagsgebiet
erreicht bis morgen früh den gesamten Norden und erreicht über Süden auch den
Mittelgebirgsrand. Die von den Modellen avisierten Mengen liegen meist bei 2 bis
5 l/qm, an der Nordseeküste teilweise auch bis 10 l/qm in 12h.
Signifikant ist weiterhin im Nordseeumfeld die Zunahme der
Windgeschwindigkeiten. Direkt an der Küste gibt es steife Schauerböen (Bft 7),
auf den Inseln vielleicht auch mal eine stürmische Böe (Bft 8).

In weiten Teilen der Mitte und des Südens bleibt es dagegen ruhig und warnfrei,
u.U. bildet sich in den Flusstälern des Südens Nebel, der zum Teil auch
warnwürdig ist.

Dienstag … zieht der Trog mit dem Bodentief „QUEENIE“ über den Norden hinweg
ostwärts. Sein Frontensystem kommt weiter südwärts bis in die Mitte voran, seine
Wetteraktivität schwächt sich aber geben Süden aufgrund des ebenfalls progressiv
nachrückenden Keils über Südeuropa und Süddeutschland deutlich ab.
Von der Konstellation her hat es die Lage aber in sich. Großräumig hat sich
nämliche ein Viererdruckfeld gebildet mit hohem Druck über Südosteuropa (wenn
auch schwächelnd) und westlich von Irland. Dem Tief „QUEENIE“ steht westlich
Iberischen Halbinsel die „EX-DANIELLE“ gegenüber. Dabei schaufeln das nördliche
Pärchen polare Meeresluft nach Norddeutschland, das südliche Pärchen Warmluft
nach Süddeutschland. Somit entsteht an der an und für sich schwächelnden Front
über der Mitte Deutschland ein kräftiger Temperaturgradient. Am Tagesende stehen
im 850hPa Niveau 16 Grad im Süden nur 6 Grad im äußersten Norden gegenüber.
Dadurch entwickelt sich im Frontbereich in der zweiten Tageshälfte von
Rheinland-Pfalz und NRW im Westen ein Niederschlagsgebiet, dass sich immer
weiter ostwärts ausdehnt. Die Modelle sind mittlerweile bzgl. der Lage des
Niederschlagsbandes weitgehend einig. Lediglich Arome und GFS simulieren die
Niederschläge weiter im Westen.

Vor allem im Süden scheint noch längere Zeit die Sonne und die Tageshöchstwerte
klettern im Südwesten bis auf 28 Grad. An der See sind weiterhin steife Böen
möglich.

In der Nacht zu Mittwoch wandert „QUEENIE“ in Richtung Finnland weiter,
ansonsten ändert sich aber am Viererdruckfeld nicht viel. Die Frotogenese
verstärkt sich in der Nacht und es muss von der Westgrenze bis etwa nach Franken
und Thüringen mit Dauerregen gerechnet werden, der zeitweise auch konvektiv
durch Schauer und einzelne Gewitter verstärkt wird. Die Schwerpunkte des
Niederschlags sind noch nicht genau festzulegen, hierbei gehen die Modelle noch
etwas auseinander. Der Schwellwert für markanten Dauerregen wird aber
voraussichtlich vor allem im Bereich der rheinischen Schiefergebirge sowie im
Schwarzwald gerissen. Auch unwetterartige Mengen werden von einzelnen Modellen
bis Mittwochmorgen signalisiert. Das Auftreten von Gewittern erscheint
plausibel, da von Westen her potentiell instabil geschichtete Luft mit MU-CAPE
Werten von 200 bis 350 J/kg und recht hohen PPW Werten um 40 mm herangeführt
wird.

Zumeist trocken bleibt es dagegen im Norden des Landes. Auf den nordfriesischen
Inseln kann es zeitweise noch steife Böen aus Nordwest geben.

Mittwoch … liegen wir weiterhin am Südrand des hochreichenden Tiefs mit Kern
etwa bei Stockholm in einer im Norden und in der Mitte leicht zyklonalen
Strömung. Das Höhentief von Ex-Danielle befindet sich vor Portugal und bekommt
Anschluss an den Höhentrog über der Nordsee. Die anfangs knapp nördlich der
Main-Linie schleifende Kaltfront/Luftmassengrenze kommt in der 2. Tageshälfte
langsam nach Süden voran, nachdem eine flache Wellenstörung durchgezogen ist.
Nach Norddeutschland strömt von Westen und Nordwesten her über der Nordsee
erwärmte Luft polaren Ursprungs. Südlich der Front gelangt von Südwesten und
Westen noch sehr warme und feuchte Luft zu uns.

So regnet es etwa in einem Streifen von Rheinland-Pfalz und dem südlichen NRW
bis zu den östlichen Mittelgebirgen teils konvektiv durchsetzt weiter. Dabei
fallen über Tag meist Mengen zwischen 8 und 15 l/qm, lokal auch 20 bis 30 l/qm.
Zusammen mit dem Regen aus der Nacht ergeben sich dann vor allem in den
West-Staulagen Dauerregenmengen zwischen 30 und 40 l/qm. Dabei fallen auch
Modellunterschiede auf bei der Nordausdehnung des Regens: IFS lässt den Regen
bis zum Münsterland vorankommen und GFS liegt etwa zwischen der ICON-Version
(Nordrand etwa auf einer Linie Eifel-Oberlausitz) und der IFS Variante. In
weiten Teilen Baden-Württembergs und in Zentral- sowie Südbayern sind die
Regenfälle eher konvektiv und zwischendurch kann vor allem nach Süden hin auch
die Sonne rauskommen. So kann sich bis zum Nachmittag ordentlich Cape-ML
aufbauen zwischen 400 und knapp 1000 J/Kg bei PPWs zwischen 30 und 39 mm. Zudem
ist die Scherung im Süden insgesamt gut ausgeprägt (um 15 m/s bis 1 km und
zwischen 0 und 6 km örtlich über 20 m/s). Dies lässt die Bildung einzelner
Superzellen zu mit entsprechenden Begleiterscheinungen bis hin zu Unwettern.

Von Süd- und Mittelbaden bis nach Südbayern wird es nochmals sommerlich warm und
schwül mit Werten zwischen 25 und 28 Grad. In der Mitte und im südlichen
Norddeutschland gibt es meist Höchstwerte zwischen 20 und 24 Grad und ganz im
Norden bleibt es meist bei 18 oder 19 Grad.
Der West- bis Nordwestwind weht an der See frisch mit steifen, exponiert mit
stürmischen Böen. Sonst weht der Wind abseits der Gewitter meist nur schwach bis
mäßig aus Südwest bis West.

In der Nacht zum Donnerstag zieht wahrscheinlich nochmal eine flache
Frontalwelle an der Luftmassengrenze ostwärts. Nach deren Durchzug kommt die
Front aber in der 2. Nachthälfte merklich nach Süden und Südosten voran. So
kommt es in der Südhälfte zu weiteren, schauerartigen Regenfällen und einzelnen
kräftigen Gewittern. Vor allem von Rheinland-Pfalz bis nach Nordbayern kommen in
der Summe 24stg. bis 30stg. örtlich Dauerregenmengen zusammen zwischen 30 und 50
l/qm (vor allem ICON und UK 10), auch wenn es einige Regenpausen geben wird.
Nach Süden hin steht der teils mehrstündige Starkregen im Focus.
Im Norden ändert sich nicht viel: Bei wechselnder Bewölkung gibt es vor allem an
der See weitere Schauer und steife, exponiert stürmische Böen.

Donnerstag … liegt das hochreichende Tief „QUEENIE“ weiterhin über der
nördlichen Ostsee und Finnland. Sein Frontensystem überquert nach der
durchgezogenen Frontalwelle im Tagesverlauf als Kaltfront den Süden Deutschlands
und erreicht gegen Abend die Alpen. Rückseitig wird recht kühle Meeresluft zu
uns geführt. Die T850 sinkt überall bis auf den direkten Alpenrand auf Werte von
Teil deutlich unter 10 Grad (3 Grad in Schleswig-Holstein). Mit der Front ist
ein Niederschlagsgebiet zu erwarten. Vor allem in Frontnähe und präfrontal auch
konvektiv verstärkt mit Schauern und Gewittern. Dabei kann es Signale für
lokalen Starkregen gibt, wobei die Grenzen für markanten Starkregen in Staulagen
überschritten werden können. Auch unwetterartige Entwicklungen sind im Rahmen
von Gewittern bei PPW Werten von über 30 mm und CAPE-ML Werten von teils über
500 J/kg nicht auszuschließen. In den Regionen in der Mitte, die an den Vortagen
Dauerregen hatten, lässt der Regen schon am Vormittag nach. Weiterhin können die
Schauer und Gewitter im Süden mit steifen bis stürmischen Böen verbunden sein
(Bft 7 bis 8).

Auch im Norden bleibt es abgesehen von kurzen Schauern meist trocken. An den
Küsten bleibt der Wind ein Thema. Hier kann es exponiert zu steifen Windböen aus
Nordwest kommen.

Die Temperaturen erreicht in der Nordhälfte kaum mehr 20 Grad. Nach Süden zu
sind 20 bis 23 Grad drin.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Tief über der nördlichen Ostsee
südwärts und daher nimmt der Druckgradient zu. In der Folge gibt es vor allem an
der Ostsee weiterhin steife bis stürmische Böen aus Nordwest bis West. Mit
Herannahen eines Randtroges von der Nordsee her verstärkt sich auch die
Schauertätigkeit im Bereich der Nordsee. Die Front liegt noch über den Alpen,
sodass es hier auch noch weitere Regenfälle geben kann, die teilweise auch
kräftig ausfallen können.

Modellvergleich und -einschätzung

Es gibt bei den Modellen noch große Unterschiede hinsichtlich der Intensität und
der Verteilung der Niederschläge. Vor allem UK10 prognostiziert am Mittwoch
deutlich höhere Mengen als die anderen Modelle. Daher müssen auch hinsichtlich
der Warnstrategie weitere Läufe abgewartet werden. Die Ensembles sehen im
Bereich der Mittelgebirge eine recht hohe Wahrscheinlichkeit für ein markantes
Dauerregenereignis im 24h und 48h Zeitraum von Dienstagnachmittag bis
Donnerstagmittag. Weiterhin werden recht hohe Wahrscheinlichkeiten für
unwetterartige Mengen im Stau des Schwarzwalds signalisiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich