S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.09.2022 um 10.30 UTC

Mal was anderes: Zyklonale Nordwest- bis Nordlage.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 19.09.2022

Am Donnerstag liegen wir unter einer zyklonalen westlichen Strömung an der
Südflanke eines Langwellentroges über Skandinavien. Die Kaltfront des steuernden
Tiefs über der nördlichen Ostsee überquert Süddeutschland und nachfolgend weitet
sich durch kräftige Kaltluftadvektion bei der Zufuhr feucht kalter Meeresluft
polaren Ursprungs der Trog südwärts aus. Anfangs fällt im Süden teils
Starkregen, mit Trog labilisiert von Norden die Schichtung und es kommen Schauer
auf. Präfrontal im Süden und in der Folge von Norden frischt der Wind zeitweise
kräftig auf.
Am Freitag steht einem blockierenden Hochdruckgebiet zwischen Irland und Island
ein hochreichendes Tief über Finnland gegenüber. Dazwischen gelangt von
Nordwesten her kühle und instabil geschichtete Meeresluft nach Mitteleuropa. Der
Trog weitet sich dabei weiter südwärts aus und ein markanter Randtrog greift auf
Norddeutschland über. Es kommt dabei zu wiederholten Schauern und kurzen
Gewittern, vor allem über dem Norden und Nordosten ist es windig mit stürmischen
Böen an den Küsten. Die Temperatur liegt tagsüber unter 20°C, nachts meist unter
10°C.
Am Samstag schwenkt die Haupttrogachse über uns Mitteleuropa nach Osten und wir
kommen unter eine nordwestliche Höhenströmung. Unterdessen verlagert sich das
Hochdruckgebiet südwärts nach Irland. Höchstens ganz im Südwesten wirkt es sich
mit einer leichten Wetterberuhigung aus, ansonsten geht das kühle Schauerwetter
mit kurzen Gewittern weiter. Dazu frischt der Wind gebietsweise stärker auf, an
der See und im höheren Bergland mit stürmischen Böen aus Nordwest, eventuelle
auch einzelnen Sturmböen. Bei wiederholten Schauern und in Staulagen sind
kräftige Regenfälle möglich.
Am Sonntag wird der Trog durch einen markanten Randtrog, der über
Südskandinavien südwärts schwenkt, regeneriert. Das zugehörige Bodentief über
der Ostsee lässt den Wind aus West bis Nordwest stärker auffrischen und es kommt
dabei zu weiteren schauerartigen Regenfällen, kurzen Gewittern und steifen Böen,
vor allem an den Küsten auch zu stürmischen Böen oder Sturmböen. Starkregen ist
vor allem in Schauerstraßen und Staulagen nicht ausgeschlossen.
Am Montag kann sich das Hochdruckgebiet bei Irland zwar kräftigen, gestützt
durch weitere kurzwellige Troganteile hält der Langwellentrog über Mittel- und
Osteuropa aber dagegen und zieht sich kaum zurück. Entsprechend dauert die
zyklonale Nord- bis Nordwestlage mit wiederholten Regenfällen und niedrigen
Temperaturen weiter an.
In der erweiterten Mittelfrist soll sich dann aber doch zögernd das
Hochdruckgebiet nach Mitteleuropa ausbreiten, verbunden mit einer
Wetterberuhigung.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS zu den Vorläufen ist derzeit gut. Unterschiede
beschränken sich auf Details, die Entwicklung im synoptischen Scale wird sehr
ähnlich simuliert, was bedeutet, dass die zyklonale Nord- bis Nordwestlage
unstrittig ist.
Erst zum Ende gibt leichte Abweichungen, die mit dem nächsten Wochenwechsel
angedachte Wetterberuhigung wird im neuen Lauf (leicht) nach hinten verschoben.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Echte Alternativen haben auch die anderen Globalmodelle nicht zu bieten. Auch
aus dieser Sicht ist der kühle und unbeständige Wetterabschnitt sehr
wahrscheinlich. Unterschiede treten bei den kürzeren Wellen zutage, wie zum
Beispiel von Samstag auf Sonntag, wenn mit einem markanten Randtrog auch ein
Bodentief über die Ostsee, bzw. eventuell NE Deutschland ziehen soll. Das würde
dann stärker auffrischenden West- bis Nordwestwind zur Folge haben und
verbreiteter, teils auch wieder skalige Regenfälle. Dies wird aber noch
unterschiedlich, im Falle von ICON nur ansatzweise simuliert. Zum Ende sieht
ICON die Wetterberuhigung etwas rascher von Westen her übergreifen, als z.B. GFS
oder die Europäer.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die mittelfristige Entwicklung wird auch seitens der Ensemblerechnungen nicht in
Frage gestellt. In den Rauchfahnen ist für die 850 hPa Temperatur ein eng
gebündelter Verlauf über die gesamte Mittelfrist auf niedrigem Niveau (0 bis
+5°C) zu erkennen. Das Geopotential durchläuft ein Minimum von Freitag bis zum
Beginn der nächsten Woche, bei ebenfalls (relativ) geringem Spread. Dazu
gesellen sich wiederholt Niederschlagssignale.

Die 4 Cluster im ersten Zeitschritt für Donnerstag und Freitag zeigen nur
leichte Abweichungen bei uns in Phase und Amplitude des Langwellentroges über
Nord- und Mitteleuropa. Bis +168h gibt es dann nur ein Cluster, das bis zum Ende
niedriges Geopotential über Mitteleuropa prophezeit.

In der erweiterten Mittelfrist werden 5 Cluster gebildet, die zwar überwiegend
antizyklonal über uns simulieren, die Abweichungen z.B. in der Geometrie und
Lage des Rückens und der Bodenhochdruckzone sind aber teilweise erheblich.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Anfangs sind an der Luftmassengrenze über dem Süden Starkregenfälle und
eingelagerte starke Gewitter möglich. Signale darauf liefern EFI CAPE SHEAR,
bzw. die Niederschlagsprobabilistik über dem Süden. Dazu gibt es dort ein
signifikantes Windsignal.
Danach hat EFI Hinweise auf überdurchschnittlich viel Wind in der Nordosthälfte
(Küsten zeitweise stürmisch) zu bieten und landesweit unterdurchschnittliche
Temperaturen. In Schauerstraßen und Staulagen kann es intensiver regnen, was
auch Starkregen nicht ausschließt. Hinweise sind in der Modellwelt aber nur
spärlich. Auch an den Küsten kann es bedingt durch das „warme“ Meerwasser zu
kräftigeren Schauern mit Starkregenpotential kommen, was auch ansatzweise in den
Modellen rauskommt. Die kurzen Gewitter zeichnen eher durch stürmische Böen aus,
als durch sonderlich viel Regen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MosMix, IFS nebst EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner