S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.09.2022 um 10.30 UTC

In der Wochenmitte zunächst vor allem im Süden noch sehr warm, dort und in der
Mitte gewittrig mit Starkregen. Zum nächsten Wochenende deutlicher
Temperaturrückgang.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 16.09.2022

Am Montag, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, erstreckt sich ein Höhenrücken
vom westlichen Mittelmeer nach Frankreich und stützt einen Hochdruckkeil über
Mitteleuropa, der zu einem Hoch über Russland gehört. Westlich der Biskaya dreht
das aus dem Hurrikan Danielle hervorgegangene Höhentief seine Kreise, ein
weiteres Höhentief ist über der Ukraine zu finden, was im Prinzip eine Omegalage
ergibt. Dem Höhenrücken gegenüber steht ein Höhentief, welches über die Inseln
nördlich Schottlands ostwärts schwenkt. Auf dessen Vorderseite zieht ein
Bodentief durchs Nordmeer, dessen okkludierte Front tagsüber schon den
Nordwesten mit Wolken traktiert, in der Nacht zieht dann ganz im Norden auch
Regen auf. Ansonsten dominiert der Einfluss des Hochs: Bei leichten östlichen
Winden und 850-hPa-Temperaturen zwischen 7°C an der Oder und 12°C am Kaiserstuhl
steigt die Temperatur auf spätsommerliches Niveau.

Am Dienstag schwenkt das letztgenannte Höhentief über Dänemark nach Osten und
erreicht in der Nacht zum Mittwoch schon das Baltikum. Das Bodentief zieht nach
Skandinavien. Zusammen mit Ex-Danielle im Südwesten, dem Russlandhoch (der Keil
nach Mitteleuropa verschwindet) und einem Hoch über dem Nordostatlantik ergibt
sich ein Viererdruckfeld, so dass die nach Deutschland eindringende Kaltfront,
die bis zum Abend die nördliche Mitte erreicht, sich frontogenetisch verstärkt.
Am Abend werden über dem Norden Deutschlands 10°C in 850 hPa erwartet, über dem
Süden 18°C. Allerdings sind die Hebungsantriebe trotzdem schwach, so dass im
Norden nur leichter Regen durchzieht, während es im Süden zwar wolkig ist, aber
warm. In der Nacht verstärkt sich der Keil wieder und von Westen wird die WLA
stärker, so dass sich über der Mitte der Regen verstärkt, mitunter gibt es auch
einzelne Gewitter.

Am Mittwoch flacht der Rücken schon wieder ab und wandert ostwärts, so dass sich
bei uns die westliche Höhenströmung verstärkt. Insgesamt richtet sich das
gesamte Geopotentialfeld zonaler aus. Die Tiefdruckzone Ex-Danielles weitet sich
bis zu uns aus und die regenbringende Front liegt weiter über der Mitte
Deutschlands. Zunehmend zeigt sich auch der tropische Ursprung Danielles mit
mächtig CAPE an der Front, so dass die Regenfälle mit Tagesverlauf auch stark
konvektiv werden.

Am Donnerstag wird zunehmend das nordostatlantische Hoch etwas stärker und die
Höhenströmung dreht nordwestlich unseres Landes auf Nordwest. Dies ist dem
Aufbau eines Rückens über dem nahen Atlantik geschuldet, der auf der Vorderseite
des nächsten Ex-Hurrikans Earl liegt. Da die bodennahen Winde auf Nordwest
drehen, kommt die Luftmassengrenze als Kaltfront mit weiteren konvektiven
Regenfällen in den Süden voran. Ganz im Norden geht in 850 hPa die Temperatur
auf 2°C zurück, im Süden auf 12°C.
In der Nacht und am Freitag findet am Rande des Hochs, das sich jetzt zwischen
Island und Schottland einnistet, massive Kaltluftzufuhr in den Raum Nordmeer und
Skandinavien statt. Damit sind massiver Geopotentialabbau und eine Ausweitung
eines Troges von Skandinavien nach Mitteleuropa verbunden. Die Kaltfront bleibt
an den Alpen hängen, eine weitere Kaltluftstaffel mit Regenfällen erreicht am
Nachmittag den Norden und bis zum Samstagmorgen die südliche Mitte.

Im weiteren Verlauf weitet sich der Trog stark nach Süden aus und schwenkt dann
ostwärts. Das Bodenhoch verlagert sich nach England. Meereskaltluft sorgt für
ein schauriges Wochenende, wobei in 850 hPa die 0°C-Isotherme bis zu den Alpen
vorankommt, wo zusammen mit Nordweststau ein erster Wintereinbruch bis in die
mittleren Berglagen zu erwarten ist. Vielleicht gibt es Sonntagfrüh sogar schon
die ersten nassen Flocken und Balderschwang und Oberjoch (oder beim Kollegen in
der benachbarten Talschaft), zudem droht in der Nacht zum Montag in ungünstigen
Lagen der erste Frost.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit seinen beiden Vorgängerläufen,
insbesondere mit dem gestrigen 00-UTC-Lauf, ist nicht gut. Der Trog, der schon
zu Beginn der Mittelfrist nördlich unseres Landes durchschwenken soll, wurde von
Lauf zu Lauf intensiver gerechnet, so das statt des kräftigen Rückens, der nach
dem gestrigen 00-UTC-Lauf am Donnerstag nach Osten ziehen sollte, bei den
jüngeren Läufen zunehmend sich die nordwestliche Strömung durchsetzt, mit der
die Kaltfront nach Süden vorankommt. Im weiteren Verlauf zeigen zwar alle Läufe
den Einfluss eines Troges, allerdings ist erst seit dem gestrigen 12-UTC-Lauf
das Hoch im Nordostatlantik so dominant (beim gestrigen 00-UTC-Lauf war es viel
weiter westlich und schwächer) und damit die Zufuhr kühlerer Luftmassen so
stark.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die vorliegenden Modelle zeigen durchwegs ähnliche Entwicklungen, allerdings ist
die genaue Lage von stärkeren Regenfällen noch unsicher. In der erweiterten
Mittelfrist zeigt GFS den Kaltlufteinbruch von Norden her nicht ganz so weit
nach Süden ausgreifend.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das IFS-EPS verteilt sich im Mittelfristzeitraum von Mittwoch, 00 UTC bis
Freitag, 00 UTC auf vier Cluster. Dabei zeigen C1 (18 Mitglieder incl.
Kontrolllauf) und C3 (14 Mitglieder plus Hauptlauf) sehr ähnliche Entwicklungen,
die im Wesentlichen den Hauptlauf widerspiegeln. C2 (14 Mitglieder) zeigt
bereits zum Freitag das Hoch über dem Atlantik etwas weiter nordwärts
ausgreifend und im Gegenzug den Trog stärker zu uns ausweitend (stärkere
Nordwestströmung). C4 (magere 5 Mitglieder) ist dagegen noch auf der stärker
antizyklonalen und warmen Schiene, also ähnlich zu gestern. In der erweiterten
Mittelfrist (Samstag bis Montag) gibt es nur zwei Cluster. C2 (mit 24
Mitgliedern, Haupt- und Kontrolllauf) spiegelt den starken Trogvorstoß und die
markante Abkühlung wider. Bei C1 (27 Mitglieder) zeigt sich ebenso der Vorstoß
des Troges, aber nicht ganz so intensiv, also eher wie bei GFS. Insgesamt ist
das Signal aber überdeutlich, dass uns zum nächsten Wochenende eine markante
Abkühlung bevorsteht.

Die Rauchfahnen des IFS zeigen für den Norden (Beispiel Hamburg) in der Mitte
der Woche bei der Temperatur einige Unsicherheiten, wobei der Schwerpunkt des
Ensembles in 850 hPa von 10 auf 5°C fällt. Es gibt aber auch einzelne Ausreißer
bis 20°C. Nachfolgend ist die Kurvenschar der Temperatur etwas enger gebündelt,
wobei sich die Mehrheit der 0°C-Marke nähert. Auch beim Potential gibt es –
wenngleich mit großen Unsicherheiten – eine sehr starke Rückgangstendenz auf 540
gpdam beim Ensembleschwerpunkt. Es gibt immer wieder Niederschlagssignale, wenn
auch keine besonders starken.
Im Süden (Beispiel Augsburg) zeigt das gesamte Ensemble einen markanten
Temperaturanstieg auf etwa 17°C beim Ensemblemittel, dann geht es abwärts auf
etwa 1 bis 4°C am Sonntag. Die 0°C im Hauptlauf liegen am unteren Rand des
Ensembles. Auch beim Geopotential ist der Rückgang deutlich, wenn auch nicht so
stark wie in Hamburg. Die wiederholten Niederschlagssignale sind stärker als im
Norden.

Beim GFS zeigen die Rauchfahnen für Hamburg ebenso die Temperaturausreißer nach
oben in der Mitte der Woche, der Rückgang des Geopotentials und der Temperatur
fällt aber beim gesamten Ensemble etwas schwächer aus als bei IFS. Auch im Süden
zeigt GFS keinen so starken Rückgang der Temperatur und des Potentials.
Insbesondere in der Wochenmitte sind starke Niederschlagssignale zu finden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Starkregen:
Ab Mittwoch zeigen sich beim IFS-EPS zunächst in der Mitte und im Süden sehr
schwache Signale für mehr als 25 l/qm Regen innert 12 Stunden, im weiteren
Verlauf auch an der See.
Da die erwarteten Regenfälle gewittrig bzw. konvektiv durchsetzt sein dürften,
erscheinen regionale Starkregenfälle (vor allem mehrstündig) sehr wahrscheinlich
und auch unwetterartige Entwicklungen sind nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS;
Der IFS-Hauptlauf stellt am nächsten Wochenende eine extreme Lösung dar, die
durch das IFS-Ensemble nicht in der Mehrheit, durch das GFS-Ensemble gar nicht
gestützt wird. Insofern sollte der Kaltluftvorstoß etwas moderater ausfallen als
vom deterministischen IFS prognostiziert.

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann