SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.09.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute Abend im Süden, ab Dienstag fast deutschlandweit teils kräftige Schauer
und Gewitter. Sommerlich warm. Küsten böiger Ostwind.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … liegt Norddeutschland im Bereich des Sattelpunkts und daher in sehr
gradientarmer Umgebung stromab einer umfangreichen negativen
Geopotenzialanomalie, deren Zentrum weiterhin westlich von Irland analysiert
wird. Peripher dieser „Schallplatte“ werden mehrere Wellen kleiner Amplitude
über Südwest- und West- nach Mitteleuropa geführt. Dort gelangen sie jedoch in
den bereits genannten Bereich mit schwachen Geopotentialgradienten bzw. unter
den Einfluss einer sich vom Alpenraum Richtung Nordsee aufwölbenden Keilachse.

Eine dieser Wellen hat nun am Nachmittag den Südwesten Deutschlands erfasst,
wobei in deren Umfeld besonders dank der Krümmungskomponente ausreichend Hebung
für zahlreiche Schauer und Gewitter erzeugt wurde. Zudem reicht
niedertroposphärisch eine flache Bodentiefdruckrinne nach Süddeutschland.
Bezüglich der Parameter stehen unkontaminiert (von Konvektion) bis zu 800 J/kg
MUCAPE und 10 m/s hochreichende Scherung zur Verfügung, sodass die teils
linienhafte Anordnung der Gewitter für markante, regional auch für
unwetterartige Gewitter ausreichte (besonders im Scheitel der Kurzwelle, wo die
Relativbewegung des Niederschlags gegen die Zugbahn der Welle für eine effektiv
langsamere Verlagerung sorgte).

Ähnliches wird nun bis zum Abend auch im Alpenvorland erwartet dank guter
Einstrahlung und 2m Taupunkten im unteren zweistelligen Bereich. Die Reste der
synoptischen Hebung, die Orografie und ostwärts laufende outflow boundaries
sollten für einen ostwärts ziehenden Cluster/MCS gut sein, der dank etwas
kräftigerer hochreichender Scherung (um 15 m/s 0-6 km) zeitweise auch besseren
Organisationsgrad aufweisen dürfte. Sprich, markante Gewitter und regional
unwetterartige Gewitter sollten am späten Nachmittag, Abend und eventuell auch
noch zum Beginn der ersten Nachthälfte das Alpenvorland bis zum Berchtesgadener
Land mit Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit, lokal auch um 30 l/qm in kurzer
Zeit (UNWETTER), Sturmböen bis 85 km/h und Hagel beeinflussen.

Auch von der Eifel bis zum Neckar entwickeln sich bis zum Abend teils kräftige
Schauer und Gewitter, die bei ähnlichen CAPE-Werten und hochreichender Scherung
um 10 m/s pulsieren bzw. kurzzeitig verclustern. Starkregen und lokal Hagel sind
zu erwarten, punktuell bis in den Unwetterbereich. Diese Konvektion ebbt jedoch
im Verlauf des Abends dank bodennaher Stabilisierung bzw. Erwärmung der
mittleren Troposphäre um 1-2 Kelvin rasch ab.

Im Norden bleibt es bis zum Abend sonnig oder leicht bewölkt und auch die agile
flache Konvektion im Nordosten unterhalb einer kräftigen Inversion in rund 800
hPa wird sich zum Abend allmählich abschwächen.

Die abendlichen Werte liegen im Nordwesten bei rund 25 Grad und sonst zwischen
16 und 23 Grad (bei Niederschlag auch etwas darunter).

Die Anordnung der flachen Konvektion im Nordosten verrät bereits die dominante
südöstliche Windkomponente, wobei der Wind zwischen Fehmarn und Flensburg
zeitweise auch warnwürdig (Bft 7) auffrischt. Sonst weht abseits stürmischer
Konvektionsböen nur ein schwacher Wind aus südöstlicher, im Südwesten aus
südwestlicher Richtung. Übrigens wird der Ostwind im Umfeld der Küsten am
Südrand einer quasi-stationären Antizyklone über Südnorwegen die gesamte
Kurzfrist über ein Thema bleiben.

In der Nacht zum Sonntag etabliert sich über Mitteleuropa ein flacher Höhenkeil,
dessen Achse jedoch noch knapp westlich von Deutschland liegt. Dessen
antizyklonale Krümmung gleicht meist die vorherrschend leichte WLA aus bzw.
überkompensiert diese, sodass zumeist leichtes Absinken dominiert. Bedeutet,
dass letzte Schauer und Gewitter unter Abschwächung zügig nach Osten abziehen
(letzte Schauer können sich jedoch im Umfeld des Erzgebirges bis weit in die
zweite Nachthälfte halten) und die dichte Wolkendecke zeitweise aufreißt. Die
Numerik hat noch große Probleme bezüglich der nächtlichen Wolkenverteilung
südlich der zentralen Mittelgebirge mit einem recht trüben ICON und einem nahezu
klaren GFS (wobei momentan tendenziell eher die wolkenärmere Lösung favorisiert
wird). Bei besserer Ausstrahlung muss auf jeden Fall regional mit dichtem
Bodennebel gerechnet werden.

Ansonsten wird die Bodenrinne unter Auffüllung in die nördliche Mitte gedrückt
und mit ihr eine nicht zu übersehende Luftmassengrenze mit 850 hPa Werten um 11
Grad in NRW und 6 Grad bei Lübeck. Die Wetteraktivität hält sich dank der Lage
nahe des Sattelpunktes in Grenzen, jedoch können den Nordwesten (wo die
vergleichsweise stärkste synoptisch-skalige Hebung gezeigt wird) zeitweise
dichte Wolkenfelder und einzelne Schauer beschäftigen. Sonst bleibt es jedoch
trocken und regional klart es auch im Norden zeitweise für längere Zeit auf.

Die Tiefstwerte liegen im Küstenumfeld um 15 Grad und sonst zwischen 14 und 9
Grad. Der im Norden frische bis starke Ost- bis Südostwind frischt im
Küstenumfeld zeitweise stark böig auf, schwächt sich jedoch insgesamt im Verlauf
der Nacht etwas ab und kommt sonst schwach aus unterschiedlichen Richtungen.

Sonntag … wandert die Keilachse etwas ostwärts und liegt zum Abend über dem
Westen Deutschlands. Im Norden sorgt etwas Hebung für den Durchzug von teils
ausgedehnten Wolkenfeldern, während es südlich der zentralen Mittelgebirge ein
freundlicher oder sonniger Tag wird. Im Umfeld der sich abschwächenden
Luftmassengrenze (vom Emsland bis zum Erzgebirge reichend) können sich am
Nachmittag einzelne Schauer entwickeln, für ein Gewitter sollte es dank der
höhenmilden Luftmasse nicht mehr reichen. Sonst bleibt es trocken und das bei
Höchstwerten von 25 bis 29 Grad, im Nordosten (dank der vorherrschenden
östlichen/kontinentalen Anströmung) von 20 bis 24 Grad. Der Ostwind frischt im
Küstenumfeld zeitweise böig, wenngleich wohl nicht warnwürdig auf und weht sonst
schwach bis mäßig, im Osten frisch aus Ost bis Südost.

In der Nacht zum Montag wandert die Keilachse ostwärts und liegt ausgangs der
Nacht mittig über Deutschland. Somit verläuft die Nacht insgesamt ruhig, im
Süden meist klar, im Norden zeitweise auch mit dichten Wolkenfeldern und im
Nordwesten können weiterhin einzelne Schauer nicht ausgeschlossen werden. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 16 und 13 Grad im Westen (Bergland um 10 Grad) und
11 bis 8 Grad im gesamten Osten. Der böige Südostwind weht besonders über der
Deutschen Bucht und zwischen Fehmarn und Flensburg mit Spitzen bis 60 km/h,
sonst treten im Binnenland nur schwache Ostwinde auf.

Montag … bleibt der Keil mit seiner Achse über Deutschland liegen, schwächt
sich jedoch etwas ab, sodass der Gesamteindruck nicht der sonnigste sein sollte.
Im Westen und Norden ziehen teils ausgedehnte Wolkenfelder vorüber, wenngleich
etwas kräftigere Subsidenz zum Nachmittag auch hier größere Wolkenlücken in die
Wolkendecke reißt. Im Umfeld des Berglands brodelt es im Tagesverlauf verstärkt,
was Vorhersagesoundings mit recht steilen lapse rates zwischen 800 und 550 hPa
hervorheben (100-300 J/kg MUCAPE). Da bodennah mit Aufheizung kein ernst zu
nehmender Deckel zu erkennen ist, könnte nur die etwas hinderliche Lage unter
der Keilachse mit der angesprochenen Subsidenz als Grund für das zurückhaltende
Hantieren der orografischen Konvektion innerhalb der Modellwelt erklärt werden.
Einzelne Schauer und ein kurzes Gewitter werden vor allem im Umfeld der
zentralen Mittelgebirge und abends auch in Richtung Eifel erwartet, sonst bleibt
es trocken. Südlich der zentralen Mittelgebirge wird besonders der Nachmittag
ein recht sonniger werden.

Sommerliche bis hochsommerliche Temperaturwerte sind überall mit 25 bis 31 Grad
zu erwarten, wobei die höchsten Werte im gesamten Westen anzutreffen sind
(thermischer Rücken mit 850 hPa Werten bis 16 oder 17 Grad). Nur im äußersten
Nordosten bleibt es mit 20 bis 24 Grad kühler, was weiterhin an der östlichen
Windkomponente liegt (Küstenumfeld zeitweise böig auffrischend). Sonst wird nur
ein schwacher bis mäßiger Ostwind das Wärmeempfinden etwas lindern.

In der Nacht zum Dienstag bleibt der schwache Höhenkeil ortsfest, allerdings
geht das Geopotenzial in den untersten 2-3 km AGL etwas zurück und bodennah
etabliert sich eine ausgeprägte Bodentiefdruckrinne, die von England über
Benelux bis nach Süddeutschland reicht. Die Folge ist, dass nächtliche
Konvektion von Frankreich auf den Westen und Süden Deutschlands übergreift,
wobei mit hochreichender Scherung um 15 m/s auch kräftigere Gewitter nicht
ausgeschlossen werden können, die jedoch „abgehoben“ mehr durch Starkregen und
Hagel warntechnisch auffallen sollten. Im Osten bleibt es bei wechselnder
Bewölkung trocken und der Südostwind weht über der Deutschen Bucht weiterhin
frisch bis (exponiert) stürmisch und sonst schwach bis mäßig. Die Tiefstwerte
liegen im Westen zwischen 18 und 14 Grad und im Osten zwischen 14 und 9 Grad.

Dienstag … schiebt sich die Bodenrinne noch etwas weiter nach Deutschland rein
und mit ihr recht feuchte Luftmassen (bis 12 g/kg Mischungsverhältnis in der
Grenzschicht). Gekoppelt mit saisonalen Werten in der mittleren Troposphäre sind
im Süden und Westen MUCAPE Werte von 1000 bis 2000 J/kg mit hochreichender
Scherung von 10 bis 15 m/s zu erwarten. Starkregen und Hagel bis in den
Unwetterbereich werden regional ein Thema sein und auch lokal stürmische
Konvektionsböen begleiten die kräftigen Schauer und Gewitter, die abgesehen vom
äußersten Nordosten deutschlandweit auftreten können. Regionale Schwerpunkte der
Konvektion können dank der breiten Rinne und noch nicht abzuschätzendem Einfluss
der nächtlichen Konvektion noch keine getroffen werden. Manche Regionen werden
dank der vormittäglichen Depression wohl wieder um das ersehnte Nass
herumkommen, während momentan z.B. Niedersachsen bis Sachsen und der äußerste
Süden innerhalb der Numerik im Fokus stehen. Es wird auf jeden Fall ein
schwül-warmer Tag mit Höchstwerten von 25 bis 29 Grad, im Nordosten von 21 bis
24 Grad. Der Ostwind weht über der Deutschen Bucht weiterhin böig und im
Binnenland abseits der Konvektion meist schwach bis mäßig.

Modellvergleich und -einschätzung

Während der Kurzfrist ergeben sich innerhalb der Numerik keine nennenswerten
Unterschiede.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy