S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.09.2022 um 10.30 UTC

Übergang von sommerlicher Witterung zu zyklonalen Verhältnissen mit gebietsweise
Schauern und Gewittern bei gleichzeitigem Temperaturrückgang.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 10.09.2022

Schaut man in die neueste Prognose des EZMW-Modells für die ab Dienstag
beginnende Mittelfrist, so findet man auch am heutigen Samstag das gestrige
Muster in weiten Teilen wieder. Grob gesagt lässt sich ein Ablauf SEa – TB – TrW

  • (NWz) skizzieren, was die Hoffnung auf zeitweilige Niederschläge der zum Teil
    durch Trockenheit arg strapazierten Natur in Deutschland (und vielen weiteren
    Regionen in Europa) nährt. Damit verbunden dürften auch die Temperaturen von
    einem anfangs sommerlichen auf ein für die Jahreszeit übliches Niveau gestutzt
    werden.

Im Detail zeigt sich die Großwetterlage SEa am kommenden Dienstag durch ein
hochreichendes Tief mit Schwerpunkt noch westlich der Britischen Inseln. Dem
gegenüber steht ein Rücken, der sich über Deutschland hinweg bis ins Nordmeer
aufwölbt und ein Hoch dort und bis zur Ostsee reichend stützt. Deutschland liegt
auf der Vorderseite des Tiefkomplexes in schwacher südwestlicher Strömung, mit
der warme und feuchte Mittelmeerluft mit T850 hPa zwischen 10 und 14 Grad
herangekarrt wird. Das geschieht bodennah auch mittels einer schwachen
Warmfront, die zum Tief westlich der Britischen Inseln gehört. In der feuchten
Luft sind konvektive Umlagerungen zu erwarten. Postfrontal hingegen fließt im
Nordosten mit nordwestlicher Strömung noch etwas trockenere und kühlere Luft mit
T850 hPa zwischen 7 und 10 Grad ein.

Am Mittwoch erreicht das hochreichende Tief langsam, aber sicher die Britischen
Inseln, was auch den Rücken leicht progressiv nach Osten drückt (Übergang SEa zu
TB). Damit verbleibt Deutschland zunächst im Warmsektor des Tiefs in
südwestlicher Strömung, sodass sich die warme Luft mit T850 zwischen 10 und 15
Grad allmählich auch bis in den Nordosten durchsetzt. In der feuchten Luft ist
weiterhin mit Konvektion zu rechnen.

Am Donnerstag ist mit Erreichen der Britischen Inseln durch das Höhentief die
Umstellung zu TB vollzogen. Bodennah wird das Frontensystem des Tiefs von Westen
her nach Deutschland geführt, wobei sich über Deutschland und Polen ein Randtief
bildet. Zunächst kommt es aber bei T850 weiterhin zwischen 10 Grad im Westen und
12 Grad im Osten noch nicht zu einem signifikanten Luftmassenwechsel. Somit
bleibt die Luftmasse auch feucht und konvektionswillig.

Ein Luftmassenwechsel wird dann aber am Freitag eingeleitet, wenn der Übergang
zu TrW erfolgt, das hochreichende Tief folglich die Nordsee ansteuert und das
Randtief in die östliche Ostsee weiterzieht. Dessen Frontensystem überquert
Deutschland, postfrontal strömt aus Westen kühlere Meeresluft mit T850 hPa
zwischen 7 und 10 Grad ein.

Am Samstag verbindet sich das Höhentief über der Nordsee mit einem neuen Trog
über dem Nordmeer. Der neue Trog zieht ostwärts und liegt dann mittags über
Skandinavien und Dänemark. Das zugehörige Bodentief verlagert sich ebenfalls
nach Dänemark und ist weiterhin verbunden mit dem Randtief, das nun das Baltikum
erreicht. Deutschland befindet sich an der Südflanke davon unter zyklonalem
Einfluss und unter Zufuhr feuchter Meeresluft aus Norden bis Nordwesten mit T850
von 7 bis 10 Grad.

In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag ziehen Randtrog und Tief progessiv
nach Osten weiter, womit die Großwetterlage NWz eintritt. Das Wetter wird daher
weiterhin zyklonal geprägt und mit der nordwestlichen bis nördlichen Strömung
gelangt noch kühlere Meeresluft mit T850 hPa von 3 bis 5 Grad in den Norden und
die Mitte des Landes. EZMW deutet aber auch an, das mit weiterer progressiver
Verlagerung der Gebilde zum Ende des Vorhersagezeitraums bereits wieder eine
warme Südwestvorderseite eintreten könnte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

In groben Zügen gleichen sich der heutige 0 UTC-Lauf des EZMW und seinen beiden
gestrigen Vorläufe. Im Detail gibt es jedoch Unterschiede, etwa eine
Randtiefbildung über dem Ärmelkanal am Mittwoch, die die beiden gestrigen Läufe
brachten, nun aber nicht mehr zu sehen ist. Das Randtief am Donnerstag war dafür
zuvor schwächer ausgeprägt. Dadurch konnte auch das Höhentief/Randtrog am
Freitag rascher nach Osten gelangen, nun wird es etwas aufgehalten. In der
erweiterten Mittelfrist verlieren sich die Gemeinsamkeiten weiter. Angeboten
werden NWz mit einem weiteren Höhentief über Süd-Norwegen (gestriger 00
UTC-Lauf, eher kühl), Rücken mit baldiger Trogvorderseite (gestriger 12
UTC-Lauf, baldige Erwärmung) und klassisch NWz (heutiger 00 UTC-Lauf, eher
kühl).

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS und ICON verfolgen eine ähnliche Strategie wie das EZMW mit dem Übergang von
SEa zu TrW. Im Detail gibt es durchaus Unterschiede, sodass die
Niederschlagsverteilungen in Raum und Zeit zum Teil etwas anders ausfallen. Dass
es jedoch zu Niederschlägen kommt und die Temperaturen zurückgehen, darüber
herrscht Einigkeit. In der erweiterten Mittelfrist differieren die Modelle
stärker, zyklonal sind aber alle aufgestellt.
GEM und NAVGEM sind dem EZMW ähnlich und können keine grundsätzlich neuen
Lösungen aufzeigen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Das Ensemble des EZMW bestätigt durch die Rauchfahnen den deterministischen
Lauf. Das äußert sich in engen Kurven beim 500 hPa-Geopotenzial und bei T850 hPa
mit jeweils gut definierten Medianen und darin eingebetteten Haupt- und
Kontrollläufen für verschiedene Städte in Deutschland. Erst an den letzten
beiden Tagen des zehntägigen Vorhersagehorizontes gehen die Spreads deutlicher
auseinander. Ab Dienstag gibt es jeden Tag deutschlandweit Niederschlagspeaks,
was den zyklonalen Charakter unterstreicht und bezüglich eingangs getroffener
Aussage zu den Niederschlägen Anlass zur Hoffnung für die Natur gibt.

CLUSTER:
Im ersten Zeitschritt (Montag bis Dienstag) gibt es drei sich bei uns kaum zu
unterscheidende Cluster. Im Prinzip gilt das auch für den zweiten Zeitraum
(Mittwoch bis Freitag), die Details unterscheiden sich dann aber schon ein wenig
mehr. Im dritten Zeitraum (Samstag bis Montag) braucht das Ensemble ebenfalls
drei Cluster, um die Modellunterschiede zu beschreiben. Dabei fallen vor allem
Timingunterschiede des neuen Trogs auf, sodass der nachfolgende schmale Rücken
und eine mögliche weitere Trogvorderseite zeitlich ebenfalls unterschiedlich bei
uns aufschlagen.

FAZIT:
Am eingeschlagenen Weg von SEa zu TrW (NWz) gibt es kaum Zweifel, sodass nicht
nur Niederschläge durch Schauer und Gewitter zu erwarten sind, sondern auch die
Temperaturen langsam etwas abkühlen. Genauere Details insbesondere bei den
Niederschlägen müssen aber noch festgezurrt werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER:
Von Dienstag bis Freitag liefert EFI deutliche Signale mit Werten bis 1 beim
CAPE, auch beim CAPE-SHEAR gibt es Hinweise. MU-CAPE wird am Dienstag und
Mittwoch im Süden bis 1500 J/Kg gerechnet, am Donnerstag und Freitag allgemein
bis 1000 J/kg. Die Scherung ist meist eher gering, nur am Freitag im Süden
erhöht. Die PPW’s liegen zwischen 20 und 40 mm. Damit ist vordergründig lokal
Starkregen bis in den Unwetterbereich zu erwarten, Hagel und Sturmböen bleiben
untergeordnet.

NIEDERSCHLÄGE:
Von Mittwoch bis Freitag finden sich beim EFI sehr schwache Hinweise für
überdurchschnittlich viel Regen insbesondere im Norden des Landes. In COSMO-LEPS
gibt es am Mittwoch (Ende des Vorhersagehorizontes des Modells) strichweise
erhöhte Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/qm in 24 Stunden, das EZMW-EPS
zieht dabei allerdings vorerst noch nicht mit. Möglicherweise werden diese
Regenmengen aber schon die Schauer und Gewitter mit Starkregen erreicht, sodass
sich derzeit noch nicht eine Dauerregenlage abzeichnet.

WIND:
EFI gibt am Freitag im Süden und Westen Deutschlands schwache Signale bis 0.6
für überdurchschnittlich viel Wind. In den Ensembles bleiben die
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen (Bft 8) jedoch gering.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZWM, EZWM-Ens, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler