#SXEU31 #DWAV S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Freitag, den 02.09.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.09.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
In der Südwesthälfte ab Freitagabend bis Samstag schwül-warm und gewittrig
(Starkregengefahr!), sonst ruhiges, mäßig warmes Hochdruckwetter.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
Aktuell … gestaltet sich das Wetter in Deutschland einmal mehr sehr
ereignisarm. Zu verdanken haben wir das einem umfangreichen Hochdruckgebiet über
dem Nordmeer, Nordwesteuropa und Skandinavien sowie einem Hochkeil, der von
Südskandinavien bis in östliche Mitteleuropa reicht. Gestützt wird die
Hochdruckzone von einem Rücken über dem Nordmeer und einem weiteren Rücken, der
von Frankreich her zu den Alpen und nach Süddeutschland schwenkt. Miteinander
verbunden werden die Rücken durch eine schmale Potenzialbrücke, die über die
Nordsee und knapp westlich an Svinoy vorbei nach Norden verläuft. Die Brücke
bleibt, eingeklemmt zwischen zwei Höhentiefs mit Zentren über dem
Nordostatlantik und Nordwestrussland, quasi stationär, womit die Großwetterlage
de facto blockiert ist. Da das Höhentief über dem Nordostatlantik allmählich
südostwärts schwenkt, dabei einen kleinen Randtrog über dem Ärmelkanal einfängt
und ihn langsam nach Osten verfrachtet, fällt der Luftdruck über Westeuropa
etwas stärker, sodass sich eine mit mehreren Drehzentren ausgestattete,
meridional orientierte Tiefdruckzone ausbildet, die sich vom westlichen
Mittelmeer über Frankreich bis ins Seegebiet zwischen Island und Schottland
erstreckt. In der über Deutschland damit von Nordost auf Ost drehenden Strömung
wird meist trockene Festlandsluft herangeführt, die die Reste der feuchten Luft
auch aus dem Südwesten verdrängt. Die 850-hPa-Temperatur liegt zwischen 4 Grad
in Vorpommern und 11 Grad am südlichen Oberrhein.
Die Quellbewölkung fällt rasch in sich zusammen, sodass die Nacht verbreitet
gering bewölkt oder klar und trocken verläuft. Ein paar flache Nebelfelder
könnten sich vor allem im Süden ausbilden. Die Luft kühlt kräftig ab auf 14 bis
7 Grad, in den östlichen Mittelgebirgen lokal bis auf 5 Grad.
Freitag … zieht das Höhentief über dem Nordatlantik ins Seegebiet knapp
nordwestlich von Irland, der Randtrog wird nach Ostfrankreich gesteuert. Damit
wird der vorgelagerte, sich durch WLA etwas intensivierende Rücken langsam in
die Osthälfte Deutschlands gedrückt, sodass der Westen und Südwesten im
Tagesverlauf bereits auf die leicht diffluente Vorderseite des Troges gelangt.
Dem von Südwesten einsetzenden Luftdruckfall steht der sich kaum abschwächende
Hochkeil über Skandinavien und dem östlichen Mitteleuropa entgegen.
Die Strömung über Deutschland dreht folglich auf Ostsüdost und nimmt vor allem
im Nordwesten etwas an Fahrt auf. Am Abend könnten über der Nordsee und auf den
Inseln einzelne steife Böen Bft 7 auftreten. Die herangeführte Luftmasse ist
weiterhin trocken und mäßig warm (T850 zwischen 5 und 12 Grad).
In dieser trockenen Luft bilden sich allenfalls harmlose, flache Quellwolken
unterhalb der markanten Absinkinversion zwischen 800 und 750 hPa, im Westen und
Südwesten zeigen sich, bedingt durch die einsetzende WLA, mitunter auch hohe und
mittelhohe Wolkenfelder.
Einzig ganz im Südwesten, wo mit Annäherung der Tiefdruckrinne allmählich wieder
feuchtere und potenziell instabil geschichtete Luft einsickert, nimmt am Abend
das Schauer- und Gewitterpotenzial bereits wieder zu. Wahrscheinlich mangelt es
noch an synoptisch-skaliger Hebung, sodass sich etwaige Gewitter auf das
Bergland (den Schwarzwald) beschränken. Bei schwacher Scherung, ML-CAPE zwischen
200 und 500 J/kg und PPW’s um 25 mm steht der Starkregen im Fokus, kleiner Hagel
und stürmische Böen können aber nicht ausgeschlossen werden.
Die Höchsttemperaturen zwischen 19 Grad an der vorpommerschen Ostseeküste und 27
oder 28 Grad entlang des Rheins.
In der Nacht zum Samstag nähert sich die Achse des Randtroges und greift in den
Morgenstunden auf den Südwesten über, vorderseitig setzt PVA und damit zumindest
etwas synoptisch-skalige Hebung ein. Im Bereich der dem Trog vorgelagerten Rinne
nimmt die Schauer- und Gewittertätigkeit dadurch über dem Süden und Südwesten
zu. Es herrscht relative Modelleinigkeit, dass sich die Niederschläge in etwa
bis zu einer Linie Eifel-Oberschwaben ausweiten. Es handelt sich um Multizellen
oder schlichtweg von der Grenzschicht abgekoppelte „Gewitterreste“, denen nach
wie vor nur wenig Scherung (zunehmende LLS wird durch den „elevated“-Charakter
kaum genutzt) und mäßige Labilität (wenige Hundert J/kg MU-CAPE) zur Verfügung
stehen. Bei PPW’s von z. T. 30 mm und nur mäßiger Verlagerungsgeschwindigkeit
ist lokaler Starkregen allerdings wahrscheinlich, Unwetter nicht gänzlich
ausgeschlossen.
In den Regionen weiter nördlich und östlich ist es ruhig, oft klar und trocken.
Warnwürdige Böen Bft 7 beschränken sich weiterhin auf die Nordsee. Die
Nebelneigung ist gering.
Die Tiefstwerte liegen zwischen 15 Grad unter den Wolken im Südwesten und 5 Grad
im Lausitzer Bergland.
Samstag … verlagert sich der Randtrog zur Mitte Deutschlands, verliert aber
stark an Kontur. Dahinter wölbt sich vorderseitig des sich westlich von Irland
einnistenden Höhentiefs erneut ein Rücken auf, der mit seiner Achse nach Benelux
und zur Nordsee schwenkt. Die Rinne nebst der feucht warmen, instabilen
Luftmasse kommt nur sehr zögerlich nach Nordosten voran und erreicht gerade so
die mittleren Landeteile. Der Übergangsbereich zur trockeneren Festlandsluft
befindet sich abends in etwa auf einer Linie Niederrhein-Vogtland.
Durch den Konturverlust des Troges versiegt die synoptisch-skalige Hebung,
sodass die Gewitterreste aus der Nacht zunächst zur Mitte ziehen und sich dort
rasch auflösen. Die Luftmasse, die mit der Rinne bzw. rückseitig einfließt, ist
aber natürlich weiterhin labil geschichtet, wobei die sich im Tagesverlauf mit
etwas mit etwas Einstrahlung aufbauende ML-CAPE von 300 bis 800 J/kg kaum
gedeckelt ist. Es wird folglich spätvormittags und mittags über dem Süden und
Südwesten zügig anfangen zu „brodeln“, insbesondere vom Bergland ausgehend bzw.
entlang einer oder mehrerer Konvergenzen innerhalb der Rinne. Bei schwacher
Scherung ist wieder mit Multizellen zu rechnen, die bei PPW’s zwischen 25 und 30
mm vor allem Starkregen bringen, weniger Sturmböen oder Hagel. Eine
überregionale Unwetterlage steht zwar sicherlich nicht an, kleinräumig wird
aufgrund von heftigem Starkregen aber die „rote Karte“ gezogen werden müssen.
In der trockenen Kontinentalluft im Norden und Osten scheint neben harmloser,
flacher Quellbewölkung längere Zeit die Sonne und es bleibt trocken.
Die Einstrahlung kompensiert das Temperaturgefälle bei den 850-hPa Temperaturen
(von 13 Grad im Südwesten auf 5 Grad im Nordosten), sodass recht einheitlich
Höchstwerte zwischen 20 und 25 Grad erreicht werden.
Der Druckgradient bleibt im Norden und Nordwesten erhalten, sodass über der
Nordsee, eventuell auch an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste einzelne
steife Böen Bft 7 möglich sind.
In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Rücken nach Westdeutschland und zur
Deutschen Bucht. Damit setzt sich Absinken durch, sodass Schauer und Gewitter
recht zügig abklingen sollten. In der feuchten Luftmasse dehnen sich über der
Südwesthälfte Stratocumulusfelder aus, streckenweise bildet sich dichter Nebel.
In der Nordosthälfte klart es auf und es bleibt trocken.
Dort verhindert der mäßige Ostwind eine starke Auskühlung, unter den Wolken in
der Südwesthälfte bleibt es ohnehin mild: meist 16 bis 10 Grad.
Sonntag … kann sich der Rücken durch WLA auf der Vorderseite des quasi
stationären Höhentiefs westlich von Irland weiter kräftigen und befindet sich
mit seiner Achse tagsüber längs über der Mitte Deutschlands. Das Absinken
unterdrückt hochreichende Konvektion selbst in der feucht warmen Luftmasse in
der Südwesthälfte. Die Absinkinversion liegt zwischen 500 und 600 hPa (knapp -10
Grad), sodass allenfalls ein paar wenige, schwache Schauer zu erwarten sind, vor
allem über dem Bergland. In den meisten Regionen scheint die Sonne längere Zeit
und es bleibt trocken, etwas stärker ist die Quellbewölkung eventuell entlang
der Luftmassengrenze, die weiterhin diagonal über Deutschland zu finden ist.
In der Südwesthälfte erwärmt sich die Luft, vor allem bedingt durch das Absinken
(T850 zwischen 11 und 15 Grad), sodass wieder sehr warme 25 bis 30 Grad erreicht
werden. Im Norden und Nordosten ist es bei einem mäßigen Ostwind etwas kühler
bei 20 bis 25 Grad. Warnwürdig könnte der Wind an der See sein, wo exponiert
erneut Böen Bft 7 auftreten.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren sehr ähnlich.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser