S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.08.2022 um 10.30 UTC

Im Norden am Rande eines Hochs ruhiges und meist trockenes, aber vorübergehend
nur mäßig warmes Spätsommerwetter. Im Süden deutlich wärmer und dort zeitweise
Gewitter und gewittrige Regenfälle.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 04.09.2022

Am Mittwoch, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, befindet sich nach IFS ein
kräftiger Höhenrücken über dem Nordmeer. Dieser wird flankiert von einem Trog im
grönländischen Raum und einem weiteren, der sich von der Barentssee ausgehend
über das Baltikum bis nach Mitteleuropa erstreckt und sich hier etwas nach
Westen biegt und über ein relativ schwach ausgeprägtes Geopotentialminimum
hinweg Anschluss zu einem kleinen Höhentief südwestlich von Irland hat. An der
Südflanke dieses Troges läuft ein kleiner, aber durchaus PVA produzierender
Randtrog in der ersten Tageshälfte über Süddeutschland hinweg südostwärts.
Bodennah dominiert ein kräftiges Hoch über dem Nordmeer das Geschehen, das einen
Ausläufer weit nach Westen bis ins Seegebiet nördlich der Azoren besitzt. Nach
Süd- und Südosteuropa hin nimmt dagegen der Druck stetig ab. In Deutschland ist
ein erwähnenswerter Luftmassenunterschied auszumachen. Ganz im Norden werden in
850 hPa nur 4°C gemessen, im Südwesten sind es 12°C. Im Süden ist die Luftmasse
feucht, auch im Norden in der Grenzschicht durch die warme See angefeuchtet, in
der Mitte dagegen trocken. Das gibt das Wettergeschehen vor. Im Süden sorgt der
Trog schon aus der Nacht heraus für kräftige Regenfälle, die dort vielerorts den
August noch in den Bereich des klimatologischen Mittels hieven (wo das nicht
heute schon passiert). Andernorts ist uns das nicht vergönnt. Ein paar Schauer
kann es noch um die Ostsee geben, sonst überwiegt der Sonnenschein und die
Trockenheit setzt sich fort.

Am Donnerstag ändert sich an der Gesamtsituation nicht viel. Der westliche Trog
stößt stark nach Süden vor, ist aber noch weit weg. Der östliche Trog verlagert
sich ostwärts, die flache Geopotentialrinne liegt aber noch über uns, wobei das
oben erwähnte Höhentief in der Biskaya ostwärts zieht. In dem leicht zyklonalen
Umfeld bei uns reicht es zwar für Quellwolken, nicht aber für Schauer,
allenfalls in den Alpen kann es ein Gewitter geben.

Am Freitag wird es spannender: Aus dem westlichen Trog tropft ein Höhentief ab,
das westlich Irlands südwärts zieht und das Biskaya-Höhentief in seine
Zirkulation aufnimmt. Es kommt zu reichlich Druckfall über Westeuropa,
gleichzeitig hält das Hoch dagegen und weitet sich etwas nach Skandinavien aus,
so dass der Wind bei uns zunimmt und von zuvor Nordost auf stramm Ost dreht.
Zudem kommt es bei uns zu kompensierendem Absinken, so dass die Luftmasse etwas
trockener wird und sich die Quellwolken nur noch auf den Nordosten fixieren.
Allerdings wird im Südwesten etwas CAPE generiert und die Überreste des
Höhentiefs produzieren in der Nacht zum Samstag etwas PVA und damit Hebung im
Westen, so dass frontal organisierte schauerartige und teils gewittrige
Regenfälle in der Nacht auf den Westen übergreifen.

Am Samstag zieht das Höhentief im Westen schon wieder westwärts ab, auch das
kräftige Bodentief verlagert sich westwärts, was bei uns für sich abschwächenden
Ostwind sorgt. Zudem steigt bei uns das Geopotential zwischen dem Höhentief und
dem Trog im Osten, allerdings liegt hier im Detail doch noch ein Teufel
begraben, oder vielleicht eher ein Engel, denn ein kleines Höhentief, das sich
etwas besser in 300 hPa finden lässt (und dessen Ursprung wahrscheinlich das
alte Biskaya-Höhentief ist) sorgt für reichlich Wetteraktivität im Bereich der
Schauerfront, die sich mit durchaus nicht ganz unergiebigen Regenfällen in der
Mitte und im Süden ausweitet, während im Norden die Sonne scheint. In der Nacht
sollen dann aber die Regenfälle abziehen.

Am Sonntag steigt dann das Geopotential von Süden deutlich und ein von Süden
vorstoßender Höhenrücken mit Achse knapp westlich unseres Landes vereinigt sich
mit dem alten Nordmeerhöhenhoch. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt zur
Ostsee. Bei uns bedeutet dies Absinken und sonniges Wetter, im Süden mit etwas
mehr Quellwolken, wo die Luftmasse noch etwas feuchter ist.

Zu Beginn der neuen Woche bestimmt der Höhenrücken weiterhin das
Wettergeschehen, während das Bodenhoch nach Südosten zieht. Allerdings verstärkt
sich der Druck über dem Nordmeer wieder. Dazwischen zieht ein Trog über
Skandinavien hinweg, der auch mal den Nordosten Deutschlands beeinflussen kann.
Das Temperaturniveau, das über den ganzen Zeitraum hinweg recht konstant war,
steigt etwas an auf überall späthochsommerliches Niveau.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle Lauf des IFS ist in guter Konsistenz zu seinen beiden
Vorgängerläufen. Der größte Unterschied ist die Behandlung der am Samstag
erwarteten fronthaften Schauer, die beim gestrigen 00-UTC-Lauf sehr ähnlich wie
beim heutigen simuliert wurde. Der gestrige 12-UTC-Lauf zeigte dagegen ein
deutlich früheres Aufziehen schon ab Freitagnachmittag und ein weiteres
Vorankommen am Samstag bis in den Nordosten Deutschlands.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die vorliegenden Globalmodelle zeigen bis zum Freitag sehr ähnliche
Entwicklungen. Danach gibt es aus der deutschen Sicht in erster Linie
Unsicherheiten beim Vorankommen der Schauerfront am Samstag, wobei IFS am
zögerndsten ist. GFS lässt die Regenfälle weiter nach Nordosten vorankommen.
Noch etwas forscher sind ICON, UK10 und GEM, die das Höhentief weiter östlich
simulieren und im Bereich der Britischen Inseln teils mehrere kleine, aber
starke Tiefs sich entwickeln lassen. Durch diese ganze Entwicklung kommt die
Front deutlich weiter nach Nordosten voran, zudem kommen von Westen weitere
nach, die neue Regenfälle bringen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das IFS-Ensemble verteilt sich im Zeitraum von Freitag, 00 UTC bis Sonntag, 00
UTC auf vier Cluster. Davon zeigen C1 bis C3 im Prinzip sehr ähnliche Szenarien:
C1 (19 Mitglieder) zeigt das Höhentief am Wochenende etwas westlicher, also wie
ICON). C2 (18 Mitglieder, Hauptlauf, Kontrolllauf) spiegelt das oben
beschriebene wider. C3 (12 Mitglieder) ähnelt C2, zeigt aber ein noch stärkeres
Höhentief. C4 (nur 2 Mitglieder) hat ein vollkommen anderes Szenario zu bieten.
Nach diesem soll das Höhentief im Westen nicht abtropfen, sondern gen Nordmeer
ziehen und dort das hohe Geopotential abbauen. Es bliebe dann nur ein Keil über
Osteuropa und ein Bodenhoch im Südosten. In der erweiterten Mittelfrist zeigen
wieder alle sechs Cluster hohes Potential im Raum Nordmeer-Island. Bei C1 bis C4
(zusammen 42 Mitglieder, Haupt- und Kontrolllauf) ist auch bei uns
Hochdruckeinfluss wetterwirksam, allenfalls der Westen gelangt stärker auf die
Vorderseite des westlichen Höhentiefs, das dann immer noch vorhanden ist. C5 und
C6 (nur 9 Mitglieder) zeigen dagegen stärker ausgeprägte zonal orientierte
Geopotentialminima in unserem Raum und deutlich mehr Tiefdruckeinfluss. Auch
wenn dieses Szenario nicht so wahrscheinlich ist: Kräftige Westwinde vom
feuchtwarmen Atlantik her und ordentlich Hebung, das könnte den „Regen für alle“
bringen.

Die Rauchfahnen für den Norden (Beispiel Hamburg) zeigen bei der
850-hPa-Temperatur eine eng gebündelte Schar, die bis zum Donnerstag leicht
abfällt und dann deutlicher, wenn auch nicht mehr so eng gebündelt wieder
ansteigt, so dass zum Beginn der neuen Woche wieder um 10°C in 850 hPa
wahrscheinlich sind. Auch das Geopotential ist eng gebündelt und sehr konstant
bis zum Freitag. Danach gibt es eine leichte Anstiegstendenz bei hoher
Sicherheit, wobei der Hauptlauf am oberen Rand liegt. Es gibt im Wesentlichen
zwei Ensemblemitglieder, die einen regelrechten Absturz im Programm haben.
Niederschlagssignale tauchen überhaupt erst ab Samstag auf, werden dann aber
stärker.
Im Süden (Beispiel Augsburg) ist die Schar der Temperaturkurven ebenfalls eng
gebündelt, das Minimum wird am Donnerstag erreicht. Danach geht es wieder leicht
aufwärts, wobei die Streuung sehr deutlich zunimmt. Auch beim Potential geht es
nach einem Minimum am Donnerstag wieder aufwärts, mit hoher Sicherheit. Es gibt
aber auch die Ausreißer nach unten. Das Niederschlagssignal am Mittwoch ist sehr
überzeugend. 10 bis 20 mm sind wahrscheinlich. Danach gibt es ab Freitag immer
wieder Niederschlagssignale.

Die Rauchfahnen des GFS zeigen bei beiden Städten vor allem gegen Ende eine
etwas stärkere Tendenz zu mehr Niederschlag und weniger Wärme und Geopotential.
Zudem fällt der Regen in Augsburg am Mittwoch nicht so üppig aus wie beim IFS.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI:
Der EFI zeigt im Süden kleinräumig Signale für Regen am Mittwoch und Signale für
Wind im Südwesten am Donnerstag. Letzteres passt zumindest nicht zum
deterministischen Lauf und lässt sich auch nicht in den Wahrscheinlichkeiten für
signifikante Böen wiederfinden. Es ist wohl als sehr sicheres Signal für
überdurchschnittlichen Wind zu interpretieren.

Regen:
Die Ensembles zeigen am Mittwoch schwache Signale für Regensummen über 25 l/qm
in 12 Stunden im Süden Deutschlands, Cosmo-LEPS zeigt etwas erhöhte
Wahrscheinlichkeiten an den Alpen. In Anbetracht der Summen aus den
deterministischen Läufen erscheinen die Ensembles recht zurückhaltend. Am
Freitag (weiter reicht es nicht) bringt Cosmo-LEPS schon wieder schwache Signale
für mehr als 25 l/qm im südwestlichen Bergland.

Gewitter:
Am Mittwoch sind die schauerartigen Regenfälle im Süden mit etwas Labilität
verbunden, so dass auch Gewitter auftreten können, allerdings liegt der
Schwerpunkt auf dem Starkregen.
Am Donnerstag kann es in den Alpen bei nicht allzu hohem CAPE vereinzelt
Gewitter geben.
Am Freitag soll sich im Südwesten höheres CAPE aufbauen und auch am Samstag und
Sonntag soll im Bereich der Front jeweils recht viel Labilität im Spiel sein, so
dass es dort kräftige Gewitterentwicklungen auch mit Böen und Hagel geben kann.
Starkregen ist sowieso immer mit von der Partie. Unwetterartige Entwicklungen
können bei etwas Scherung (durch den Ostwind starke bodennahe Richtungsscherung)
durchaus in Betracht gezogen werden.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, IFS deterministisch, IFS-EPS

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann