SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.08.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Abend und in der Nacht in der osthälfte noch einzelne starke Gewitter. Sonst
warnfrei. Am Freitag und Samstag im Osten und Südosten teils schwere Gewitter
mit unwetterartigem Starkregen und Hagelansammlungen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … Deutschland befindet sich unter einem Höhenrücken, der sich vom
westlichen Mittelmeer bis nach Lappland erstreckt. Dieser Rücken stützt ein
Bodenhoch über Fennoskandien. An seiner Westflanke liegt ein Höhentiefkomplex
über England und Frankreich, an seiner Ostflanke ein Höhentiefkomplex über
Südost- und Osteuropa. Mit einer Bodennahen östlichen Windkomponente wird sehr
warme und feuchte Luft in den Osten und Südosten Deutschlands geführt. Diese hat
ein Flüssigwassergehalt von rund 40 mm. An der Westflanke des Bodenhochs hat
sich über Ostfrankreich und den Benelux-Staaten eine Tiefdruckrinne gebildet.
Durch den fehlenden Hebungsantrieb werden in der Westhälfte Deutschlands
zunächst keine konvektiven Umlagerungen erwartet und nur im Osten des Landes
sind einzelne starke Gewitter, von der Orographie ausgelöst, allenfalls gering
wahrscheinlich. In der Nacht zum Freitag fallen die Gewitter im Osten
wahrscheinlich alsbald in sich zusammen. Die zuvor genannte Tiefdruckrinne
greift zwar unter beginnender Auffüllung auf den Westen über, ist aber zunächst
noch ausgefüllt mit trockner Luft. Allerdings wird von Osten her zusehends
feuchtere Luft angesaugt, was im gesamten Norden und zum Teil auch in der Mitte
Deutschlands den Flüssigwassergehalt auf 30 bis über 35 mm steigen lässt.
Allerdings ist in dieser Rinne zunächst kein Hebungsantrieb zu erwarten.
Verbreitet klart es auf, stellenweise können sich wieder Nebelfelder bilden. Am
wahrscheinlichsten ist dies im Osten und Südosten, wo die Luft am feuchtesten
ist.

Freitag … nähert sich von Westen her der o.g. Trog, was die Tiefdruckrinne
nach Osten drückt. Als flache Struktur, die keine eindeutige Konvergenz
aufweist, erreicht diese Rinne bis zum Abend den Nordosten und Osten
Deutschlands und verlagert sich somit in die feuchteste Luft, die einen Gehalt
an niederschlagbarem Wasser von teils über 40 mm aufweist. Nahezu
deutschlandweit erreicht CAPE 1000 bis 1500, im Osten bis über 2000 J/kg, wobei
nur noch wenig Deckelung vorhanden ist. Vor allem im Norden und Westen steuert
der Trog etwas Hebung bei, im Osten und Südosten erfolgt der Hebungsimpuls durch
die flache Tiefdruckrinne und die Orografie. Somit können sich im Tagesverlauf
zunächst über der Mitte und dort bevorzugt über den zentralen Mittelgebirgen
erste Gewitter entwickeln. Relativ rasch setzt dann auch die Gewittertätigkeit
im Norden und Osten Deutschlands ein. Dabei besteht aufgrund der langsamen
Verlagerung der Konvektionszellen Unwettergefahr durch heftigen Starkregen; auch
extreme Regenmengen über 40 mm innerhalb kurzer Zeit und stürmische Böen sind
nicht auszuschließen. Zudem sind aufgrund des hohen CAPE größere
Hagelansammlungen vorstellbar. Aufgrund der faktisch nicht vorhandenen Scherung
fehlt der Organisationsgrad der Konvektionszellen, so dass es sich hierbei
weitgehend um Einzel- oder Multizellen handeln dürfte, die ab dem Abend
zusehends sich zu einzelnen Clustern zusammenballen. Größerer Hagel ist daher
eher unwahrscheinlich. Dennoch ist für Teile Nordostdeutschlands sowie für den
Norden Bayerns die Ausgabe einer Unwetter-Vorabinformation sinnvoll.
Der Nordwesten und der äußerste Westen gelangt bereits auf die Rückseite der
flachen Tiefdruckrinne, wodurch die bodennahe Strömung auf Nordwest dreht. Daher
sind in diesen Gebieten allenfalls markant zu bewarnende Gewitter zu erwarten,
im Tagesverlauf setzt bereits Stabilisierung und Entspannung ein. Wie so oft in
diesem Sommer werden weite Teile dieser Gebiete wie auch Teile
Südwestdeutschlands niederschlagstechnisch leer ausgehen.
Bei zunehmender Schwüle sind Tageshöchsttemperaturen zwischen 27 und 32 Grad zu
erwarten. An der See, im äußersten Südosten sowie im westlichen Bergland wird es
mit Maxima um 25 Grad nicht so warm.
In der Nacht zum Samstag verschiebt sich das Zirkulationsmuster ein wenig nach
Osten. Aus dem mit seiner Hauptachse über Westeuropa liegenden Haupttrog läuft
ein Kurzwelliger Anteil heraus und wird über Deutschland hinweg
nord-nordostwärts gesteuert. Die resultierende Hebung hält die Konvektion im
Osten und Süden Deutschlands am Leben. Dabei dürfte es sich im Wesentlichen um
mehrstündigen Starkregen handeln, der zumindest in der ersten Nachthälfte noch
von Gewittern durchsetzt ist. Bis Samstagfrüh sollte sich der Schwerpunkt der
Konvektion eher in den Nordosten Deutschlands verlagern, wobei die
Wahrscheinlichkeit für Unwetter oder auch extreme Niederschlagssummen erst
ausgangs der Nacht zusehends geringer wird. Einzig UK10 zeigt noch Signale für
50 bis über 100 mm innerhalb von 6 Stunden, die sich bis in die mittleren
Regionen Deutschlands erstecken.
Bis Samstagfrüh erreicht die Kaltfront, die dem über Westeuropa liegenden Trog
vorgelagert ist, die Linie Wismar-Kassel-Trier. Folglich setzt im gesamten
Nordwesten und Westen wie auch in Teilen der Mitte Stabilisierung und somit
Entspannung ein. Niederschläge kommen dort dann nicht mehr zustande.
Samstag … verlagert sich der Trog mit seinem Nordteil nach Skandinavien.
Dessen Südteil hängt zurück und erreicht zum Abend hin erst die Nordsee, so dass
über dem Vorhersagegebiet eine südwestliche Strömung (und damit auch eine
Großwetterlage Trog Westeuropa) bestehen bleibt. Demzufolge kommt die Kaltfront,
hinter welcher eine gemäßigte Luftmasse einfließt, nur wenig weiter ostwärts bis
etwa in die mittleren Gebiete voran. Über dem Osten und Süden hält sich noch die
oben beschriebene Luftmasse, die einen Gehalt an niederschlagbarem Wasser
zwischen 30 und 35, im Nordosten bis 40 mm aufweist. CAPE wird zwar durch
Entrainmentprozesse etwas verringert (die Tiefdruckrinne liegt dann ja längst
über Polen und mit einer bodennahen nord-nordwestlichen Windkomponente gelangt
auch in den Osten und Süden allmählich trockenere und stabilere Luft), aber 500
bis 1000, im Nordosten bis 1500 J/kg sind für Gewitter bis hin zum Unwetter
(erneut durch heftigen Starkregen) mehr als hinreichend. Allenfalls wird die
Wahrscheinlichkeit von extremen Niederschlagsereignissen gegenüber dem Vortag
etwas geringer. Mit der zunehmenden steilen nordwestlichen Windkomponente
frischt der Wind an der Nordsee auf, so dass warnrelevante Böen auftreten
können.
Im Nordwesten, Westen und zusehends auch in der Mitte macht sich der Einfluss
eines Bodenhochs bemerkbar, das sich von Schottland in die Nordsee ausweitet.
Trockene Luft und Absinken unterbinden in diesen Gebieten die
Niederschlagstätigkeit. Dort (und auch im Südwesten) setzen sich vermehrt
Auflockerungen durch. Die Tageshöchsttemperaturen zeigen ein relativ
ausgeglichenes Bild und bewegen sich zwischen 22 und 27 und an der Nordsee um 20
Grad.

In der Nacht zum Sonntag greift der Trog von der Nordsee kommend auf den Norden
Deutschlands über. Vorderseitig steilt die südwestliche Strömung vor allem über
den östlichen Landesteilen noch etwas auf, was in Verbindung mit
trogvorderseitiger Hebung die Konvektion in diesen Gebieten nicht so recht zur
Ruhe kommen lässt. Vielmehr sind von Vorpommern bis in die Lausitz und bis in
den östlichen Erzgebirgsraum hinein weitere und zumeist mehrstündige
Starkregenfälle bis in den Unwetterbereich hinein zu erwarten, die zumindest in
der ersten Nachthälfte noch von Gewittern begleitet sein können. Mit der zögernd
vorrückenden Kaltfront, die zudem knapp südlich der Mittelgebirge ins Schleifen
gerät, wird die oben beschriebene sehr feuchte Luft nur allmählich nach Osten
abgedrängt. Einzelne Gewitter können bis weit in die Nacht hinein daher auch im
Süden Deutschlands nicht ausgeschlossen werden.
In den anderen Gebieten setzt sich im Bereich des sich in den Nordwesten
Deutschlands ausweitenden Bodenhochkeils trockene und stabil geschichtete Luft
durch. Zwar müsste in Verbindung mit dem auf den Norden Deutschlands
übergreifenden Trog an der Nordsee und auch an der Mecklenburgischen Ostseeküste
eine rege Schauertätigkeit einsetzen (die See weist ja noch Wassertemperaturen
von etwas über 20 Grad auf), aber Absinken im Bereich des Bodenhochkeils, das
zudem durch Kaltluftadvektion verstärkt wird, unterbindet die Schauertätigkeit.
Bedingt durch den sich nach Deutschland ausweitenden Keil erfolgt im Norden
Deutschlands eine Gradientzunahme, wodurch neben der Nordseeküste auch an
einigen Abschnitten der Ostseeküste Böen bis Bft 7 aufkommen könnten.
Sonntag … Am kommenden Sonntag liegen weite Teile Europas unter einem breit
aufgespannten Langwellentrog, der aber aufgrund seiner schwachen
Geopotentialunterschiede nur regional durch zusätzliche Impulse ausreichend
Hebung für Niederschläge generiert. Den gewissen Antrieb liefern beispielsweise
kleinräumige Höhentiefs, die sich vom Nordostatlantik westlich von Irland bis
nach Nordwestrussland mit schmalen, markanten Rücken abwechseln. Demnach wirbeln
die Drehzentren am Sonntag etwa westlich von Cornwall, über Nordwestdeutschland
und über Weißrussland. Das Höhentief westlich der Britischen Inseln ist am Boden
nahezu überhaupt nicht zu finden und allenfalls durch eine dünne Rinne
gekennzeichnet. Anders das Höhentief über Deutschland, welches am Boden mit
einem kräftigeren Tief über der südwestlichen Ostsee korreliert. Dagegen ist das
Höhentief samt Bodenkonfiguration über Weißrussland und Nordwestrussland ehr
harmloser Natur. Von besonderer Bedeutung für das Wetter in Deutschland ist aber
der schmale Rücken zwischen den erstgenannten Höhentiefs, der am Boden eine
Hochdruckzone von den Britischen Inseln und der Nordsee bis zum Nordmeer
aufspannt. Somit sorgt das Bodenhoch im Nordwesten und Südwesten Deutschlands
für ruhiges Wetter mit einem freundlichen und weitgehend trockenen
Sonne-Wolken-Mix. Die Temperaturen erreichen Höchstwerte zwischen 20 Grad an der
Nordseeküste und 27 Grad am Oberrhein. An der Ostseeküste werden abschnittsweise
steife Böen der Stärke (7 Bft) erreicht. Ansonsten weht der Wind nur schwach bis
mäßig aus Nordwest bis Nord.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich kaum finden. Lediglich in der Nacht
zum Sonntag wird der auf Deutschland übergreifende Trog von einigen externen
Modellen etwas kräftiger simuliert.
Hinsichtlich der Niederschlagstätigkeit zeigt UK10 zwei- bis viermal höhere
Werte bei den Niederschlagsmaxima als die anderen globalen Modelle.
Wahrscheinlich wird bzgl. der Extremwerte ein Mittelweg zu besseren Ergebnissen
führen, als eine Versteifung auf die extremen Werte.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Stefan Külzer