SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.08.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Überwiegend ruhiges Hochdruckwetter ohne signifikante Wetterereignisse;
allenfalls im Norden, im Mittelgebirgsraum und vor allem im Osten etwas Regen
bzw. einzelne Schauer, kurze Gewitter nicht vollständig ausgeschlossen. Sonst
Andauer der Trockenheit, dazu zunehmend heiß.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland – wie schon so häufig in diesem Sommer –
im Einflussbereich einer flachen Hochdruckbrücke (Luftdruck meist nur wenig über
1015 hPa, da gab es in diesem Jahr schon wesentlich robuster aufgestellte
Exemplare), die ein Hochdruckgebiet über den Azoren mit dem umfangreichen Hoch
über Russland verbindet.
Im Wesentlichen bleibt uns diese Hochdruckbrücke den ganzen Kurzfristzeitraum,
also zumindest bis einschließlich Donnerstag, erhalten und sorgt für einen
zumindest warntechnisch relativ ruhigen Witterungsabschnitt, gleichzeitig ändert
sich leider aber auch nur wenig an der in vielen Regionen nach wie vor extremen
Trockenheit.

So ganz störungsfrei kommen wir aber vor allem bis zum morgigen Dienstag nicht
über die Runden, denn richtet man einen Blick auf die 500 bzw. 300
hPa-Geopotenzialverteilung über dem Nordatlantik und Europa, so ergibt sich doch
ein etwas diffizileres Bild. Zwar fällt auch dort ein umfangreicher
blockierender Höhenrücken über Osteuropa ins Auge, der sich vom nahen Osten und
dem östlichen Mittelmeerraum bis in den Westen bzw. Nordwesten Russlands
erstreckt und das Bodenhoch dort stützt, und auch ein mit dem Azorenhochkeil
korrespondierender Höhenkeil über Südwesteuropa ist auszumachen, der sich im
Laufe der kommenden Nacht über Frankreich noch ein wenig verstärkt und nach
Nordwesten ausweitet. Zwischen diesen beiden Gebilden reicht jedoch ein flacher
Höhentrog bzw. eher eine Potenzialrinne über die Nordsee und dem
Vorhersagegebiet südsüdostwärts und mündet in ein Höhentief mit Drehzentrum in
etwa über der kroatischen Küste, das im Laufe der Nacht nur wenig
Verlagerungstendenz Richtung mittlerer Adria zeigt.
Die Achse des flachen Troges verläuft aktuell in etwa vom Norden der Niederlande
über Westdeutschland südsüdostwärts bis ins Allgäu und in dessen Einflussbereich
ist die Luftmasse auch bis in die mittlere Troposphäre durchaus labil
geschichtet. Gleichwohl ist sie ziemlich trocken und zeichnet sich durch einen
recht hohen Spread aus. Dennoch reicht es am ehesten über den west- und
südwestdeutschen sowie zentralen Mittelgebirgen, aber auch trogvorderseitig in
Norddeutschland (am ehesten Ostholstein, nordöstliches Niedersachsen und
Mecklenburg-Vorpommern) für einzelne „Überentwicklungen“ in Form kurzer
„Regengüsse“, wobei zumindest in den Abendstunden Blitz und Donner nicht ganz
ausgeschlossen sind, aber wohl die Ausnahme darstellen. Auch sonst ist es
unmittelbar vorderseitig der Trogachse über West- und Nordwestdeutschland eher
bewölkt und im Weser-Ems-Gebiet reicht es vielleicht sogar für ein paar
Regentropfen. Im Laufe der Nacht kommt der Trog nur zögernd nach Osten voran
(morgens erstreckt er sich von Schleswig-Holstein bis nach Ostbayern) und
verliert weiter an Kontur. Mit dem Tagesgang fallen im Laufe der ersten
Nachthälfte eventuelle Schauer dann aber rasch in sich zusammen und es bleibt
dort trocken.
Im äußersten Südosten und Osten des Vorhersagegebietes macht sich dagegen das
oben angesprochene Höhentief bemerkbar. An dessen Nordflanke macht sich WLA
bemerkbar, zugleich hat sich eine Gegenstromlage eingestellt (in der Höhe
südliche bis südöstliche, am Boden eher nördliche Winde), so dass von Osten her
Aufgleitregenfälle auf die Lausitz und auf Teile von Niederbayern bzw. der
Oberpfalz übergegriffen haben. Diese fallen in der Regel wenig ergiebig aus,
können regional eng begrenzt aber mal konvektiv durchsetzt sein (Blitz und
Donner ebenfalls nicht komplett ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich).
Signale dafür hat ICON-D2 lediglich für die Oberlausitz bzw. das Zittauer
Bergland auf der Agenda, wo der ein oder andere Lauf sogar auch mal mehr als 20
l/qm in 6 Stunden simuliert hat. Auch ICON-NEST simuliert dort bis Dienstag, 06
UTC gebietsweise mehr als 15 l/qm. Während die Niederschläge in Niederbayern im
Laufe der Nacht eher nachlassen, weiten sie sich nach Lesart einiger Modelle
über Ostsachsen und Ostbrandenburg vielleicht noch ein wenig nach Westen und
Norden aus.

Im Rest des Landes bleibt es die Nacht über dagegen trocken und vor allem in der
Mitte sowie im Südwesten, später auch im Westen und Nordwesten meist gering
bewölkt oder klar. Stellenweise kann sich Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen
an den Küsten sowie in einigen Ballungszentren nur wenig unter 20 Grad,
ansonsten sinken sie auf 16 bis 9, im Süden vor allem in Mulden- und Senkenlagen
auch bis 7 Grad.

Dienstag … zieht sich das Höhentief über der mittleren Adria – mit einem
zweiten Drehzentrum südwestlich der Ägäis – allmählich etwas nach Süden zurück
und verliert seinen Einfluss auf unser Wetter. Dafür kommt der flache Höhentrog
bzw. die Potenzialrinne bis in die Osthälfte des Landes voran. Somit bleibt der
äußerste Osten noch bis zum späteren Nachmittag bzw. Abend trogvorderseitig und
schwache WLA kann etwas Hebung generieren, dazu bleibt die Gegenstromlage
anfangs noch aufrecht. Vor allem in Ostsachsen und im Osten Brandenburgs fällt
somit weiterhin noch Regen, meist leichter Intensität, mit konvektiven
Einlagerungen kann es lokal eng begrenzt aber auch mal etwas kräftiger regnen.
Für den äußersten Osten Sachsens bzw. Südosten Brandenburgs hat ICON-D2-EPS nach
wie vor sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für Starkregen auf der Agenda,
tendenziell ziehen sich diese aber von Lauf zu Lauf etwas nach Osten zurück.
AROME ähnelt einigen ICON-D2-Läufen bzw. lässt die Niederschläge sogar noch ein
wenig weiter nach Westen vorankommen, SuperHD hat dagegen nur im äußersten Osten
Sachsens nennenswerte, aber keine warnrelevanten Mengen auf der Agenda.
Spätnachmittags und abends, spätestens in der ersten Nachthälfte zum Mittwoch
sollten sich die Niederschläge dann komplett aus dem Vorhersagegebiet
zurückziehen.
Im Rest des Landes macht sich dagegen der über den Südwesten bis in die Mitte
des Landes reichende Höhenkeil bemerkbar, der nach wie vor die Hochdruckbrücke
im Bodenfeld stützt, die sich gegenüber dem Vortag sogar noch ein wenig
verstärken kann. Der Keil wird von schwacher WLA überlaufen, so dass über den
Westen und Norden des Landes zeitweise lockere hohe und mittelhohe Wolkenfelder
hinwegziehen. Niedertroposphärisch labilisiert die Luftmasse mit der
Einstrahlung im Tagesverlauf, so dass sich vor allem über den Mittelgebirgen
wieder Quellwolken bilden. Für Schauer oder gar Gewitter dürfte die
Labilitätsfläche aber nicht hochreichend genug sein.
Während es auch im äußersten Osten (etwa Ostvorpommern bis Osterzgebirge sowie
ostbayerischer Mittelgebirgsraum) eher bewölkt bleibt (vielleicht fallen im
Oberpfälzer und Bayerwald auch noch ein paar Regentropfen, da sind sich die
Modelle nicht so ganz einig), scheint sonst vielerorts die Sonne. Die Luftmasse
kann sich noch etwas erwärmen, in 850 hPa steigt die Temperatur auf Werte
zwischen 16, vielleicht 17 Grad im Südwesten bzw. Westen und 11 Grad im Osten.
Somit liegen die Höchstwerte unter den dichten Wolken ganz im Osten kaum über 20
Grad, ansonsten zwischen 24 und 29 Grad, im Westen, Südwesten und in der Mitte
werden 28 bis 32 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch weitet sich der Hochkeil über die Mitte Deutschlands
hinweg nordostwärts aus, so dass die Potenzialrinne einer gut aufgestellten
Potenzialbrücke reicht. Der flache Höhentrog wird nach Polen abgedrängt und
zugeschüttet.
Im Bodenfeld weitet sich der vom Hoch über Russland nach Skandinavien gerichtete
Keil nach Süden, bis in den Nordosten und Osten Deutschlands aus, insgesamt
steigt im ganzen Land der Druck etwas an. Somit sollte es im Laufe der Nacht
auch im äußersten Osten kaum mehr regnen, allerdings dauert es, bis die dort oft
dichten Wolken auflockern. Auch über den Nordwesten und Westen ziehen immer
wieder dünne, meist hohe Wolkenfelder hinweg, da vorderseitig des zunehmend
markanten Höhentroges über Nordwesteuropa (Drehzentrum im Seegebiet zwischen
Island und Irland) beständig WLA herrscht.
Ansonsten bleibt es aber oft gering bewölkt oder wolkenlos, vor allem nach Osten
zu und im Südosten kann sich gebietsweise wieder Nebel bilden.
Je nach Bewölkung bleibt die Nacht in den Ballungszentren West- und
Südwestdeutschlands sowie an den Küsten mit um bzw. kaum unter 20 Grad schon
wieder unangenehm mild, während es sonst mit 17 bis 11 Grad, in Senken- und
Muldenlagen Süddeutschlands bis 8 Grad noch einigermaßen frisch wird.

Mittwoch … kann sich die Potenzialbrücke über dem Vorhersagegebiet durch
beständige WLA vorderseitig des sich kaum verlagernden hochreichenden
Zentraltiefs über Nordwesteuropa (Drehzentrum am Abend noch immer nordwestlich
der Hebriden) noch etwas verstärken. Sie stützt auch weiterhin die
Hochdruckbrücke im Bodenfeld, so dass ein wettertechnisch störungsfreier Tag ins
Haus steht. Im äußersten Osten bleibt es in der dort durch die Niederschläge
angefeuchteten Luftmasse noch eher bewölkt bzw. bilden sich Quellwolken, die
aber voraussichtlich nicht hochreichend genug sind für vereinzelte Schauer
(lediglich UKMO und IFS haben schwache Niederschlagssignale). Über dem Westen
und Nordwesten macht sich die WLA in Form meist dünner hoher Wolkenfelder
bemerkbar. Ansonsten scheint aber erneut die Sonne, mancherorts auch von einem
wolkenlosen Himmel.
Die Erwärmung macht weitere Fortschritte, in 850 hPa steigt die Temperatur auf
17 Grad im Westen und Südwesten und 13 Grad in der Osthälfte. Somit sind
Höchstwerte zwischen 24 und 27 Grad in der Lausitz und im ostbayerischen
Mittelgebirgsraum (Täler) zu erwarten und zwischen 27 und 33 Grad sonst, im
Westen auch bis 34 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagern der Höhentrog bzw. das Zentraltief ihr
Drehzentrum ins Seegebiet zwischen Schottland und Island. Die Trogachse greift
als zunehmend kurzwelliger Randtrog auf die Britischen Inseln über und
vorgelagert erreicht eine langgestreckte, wellende Kaltfront Donnerstagfrüh die
nordwestliche Nordsee und den Nordwesten Englands. Die Potenzialbrücke über dem
Vorhersagegebiet zieht sich nach Osten zurück, stützt aber noch die Brücke im
Bodenfeld.
Somit steht eine ruhige, störungsfreie Nacht ins Haus, vielerorts ist es gering
bewölkt oder klar, örtlich – vor allem im Osten und Süden – bildet sich Nebel,
im Osten vielleicht auch Hochnebel (ICON-EU simuliert dort viel tiefe
Bewölkung). Insgesamt bleibt die Nacht um ein bis zwei Grad wärmer als die
Vornacht und somit in vielen Ballungszentren, vor allem Westdeutschlands, schon
wieder unangenehm warm.

Donnerstag … kommt das zentralsteuernde und hochreichende Tiefdruckgebiet
südlich von Island etwas nach Norden voran. Der flache, durch die
Blockadewirkung des sich über der Ostsee und dem Baltikum regenerierenden
Höhenrückens zunehmend an Kontur verlierende kurzwellige Randtrog greift auf die
Nordsee über, ein weiterer erreicht am Nachmittag den Westen und Nordwesten
Frankreichs. Über Mitteleuropa geht dieser Prozess aber mit einem nur sehr
zögernden Potenzialverlust einher, so dass sich an der Grundkonstellation nur
wenig ändert.
Im Bodenfeld kommt das langgestreckte, wellende Frontensystem über der Nordsee
und England nur langsam nach Südosten voran und hat auch bis zum Abend den
äußersten Südosten Englands bzw. die mittlere Nordsee noch nicht überquert.
Vorderseitig verstärkt sich die Advektion sehr warmer bzw. heißer und potenziell
instabiler Luftmassen aus Südwesteuropa in den Westen des Vorhersagegebietes im
Tagesverlauf und von Frankreich her weitet sich eine flache Tiefdruckrinne nach
Südwest- und Westdeutschland aus. Zwar ist die Luftmasse zunehmend labil
geschichtet, aber zunächst noch ziemlich trocken, erst zum späten Nachmittag und
Abend hin steigt der Gehalt an niederschlagbarem Wasser im Grenzgebiet zu den
Niederlanden deutlich an auf über 30 mm und es kann auch noch etwas Cape
generiert werden. Dynamische Hebung ist so gut wie keine auszumachen, so muss
die Orographie zur eventuellen Auslöse herhalten, und ob das funktioniert, ist
mehr als fraglich. Dennoch kann zum Abend hin ein dann durchaus kräftiges
Gewitter nicht komplett ausgeschlossen werden, am ehesten wohl im Bereich der
Eifel.
Auch in der Osthälfte labilisiert die dort noch feuchtere Luftmasse mit der
niedertroposphärischen Erwärmung zusehends. ICON-EU simuliert dort gebietsweise
mehr als 500 J/kg ML-Cape bei PPW-Werten von teils über 35 mm, allerdings ist
auch dort kein nennenswerter Trigger für Hebung vorhanden. Vielleicht reicht es
aber für einzelne Gewitter, am ehesten wohl ebenfalls im Bergland, dann dürfte
natürlich der Starkregen im Fokus stehen. Sicher ist das aber keineswegs,
dennoch ist die Gewitterwahrscheinlichkeit dort wohl als etwas höher einzustufen
als im westlichen Bergland.
Ansonsten scheint verbreitet bei nur wenigen, im Osten häufiger auftretenden
Quellwolken die Sonne. Die 850 hPa-Temperatur steigt im Südwesten auf 18 Grad,
im Osten verharrt sie bei etwa 13 Grad. Somit ändert sich an den Höchstwerten
gegenüber dem Vortag nur wenig, im Westen können gebietsweise 35 Grad erreicht
werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Bis auf kleinere Unschärfen, was die Niederschläge im äußersten Osten des Landes
angeht und die im Text auch beschrieben wurde, gibt es keine prognose- und
warnrelevanten Unterschiede zwischen den vorliegenden Modellen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff