S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Samstag den 20.08.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.08.2022 um 10.30 UTC
Weiterhin sehr warm, ab Mittwoch auch wieder heiß und vielerorts trocken. Ab
Freitag zunehmende Gewitterneigung und am Wochenende (vorübergehend?) etwas
kühler.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 27.08.2022
Der gesamte Mittelfristzeitraum zeichnet sich durch ein umfangreiches,
hochreichendes und blockierendes Hochdruckgebiet über dem Westen Russlands aus,
das mindestens bis einschließlich des kommenden Wochenendes kaum
Verlagerungstendenz aufweist (Großwetterlagentypus „Blocking“).
Als Gegenpart fungiert ein durchaus veritabler Höhentrog über dem mittleren
Nordatlantik, der sich mit seinem Drehzentrum zunächst nach Island verlagert und
dann in der zweiten Wochenhälfte auch allmählich Richtung Westeuropa
vorarbeitet.
Am Dienstag, dem Beginn des Mittelfristzeitraumes, befindet sich der Trog mit
seinem Drehzentrum noch weit südlich von Island, wobei sich der Trog verschärft
und mit seiner Spitze in der Nacht zum Mittwoch den Nordwesten Irlands erreicht.
Ein vorgelagerter flacher Höhentrog, der sich am Dienstag noch über Mitteleuropa
befindet, wird durch zunehmende WLA „zugeschüttet“ und kommt bis Mittwochfrüh
zur südlichen Ostsee voran. Ein damit korrespondierendes Frontensystem überquert
am Dienstag den Norden und die Mitte Deutschlands, löst sich dabei auf und
beschert höchstens dem Norden und Westen überwiegend geringe Niederschläge in
Form einzelner Schauer oder kurzer Gewitter. Bereits im Tagesverlauf verstärkt
sich von Frankreich her eine flache Hochdruckbrücke und von Südwesten setzt die
Advektion sehr warmer Luftmassen ein (11 bis 16 Grad in 850 hPa), so dass in
wärmebegünstigten Regionen Südwestdeutschlands eventuell bereits wieder die 30
Grad erreicht werden könnten.
Am Mittwoch und Donnerstag verlagert der Höhentrog über dem Nordatlantik sein
Drehzentrum nach Island und weiter Richtung Nordmeer. Dabei wölbt sich ein
Höhenrücken von Südwest- nach Mitteleuropa auf und regeneriert den Rücken über
Osteuropa. Ein flacher und breit angelegter Randtrog an der Südflanke des
Islandtroges greift am Donnerstag auf die Biskaya und den Westen Frankreichs
über, womit die Höhenströmung über Mitteleuropa auf Südsüdwest dreht und sich
die Advektion sehr warmer bis heißer Subtropikluft ins Vorhersagegebiet weiter
verstärkt. Die 850 hPa-Temperatur steigt an beiden Tagen auf 13 Grad im
Nordosten und bis 18 Grad im Südwesten (insgesamt am Donnerstag etwas höher als
am Mittwoch), so dass an beiden Tagen die 30 Grad vielerorts überschritten
werden und am Oberrhein eventuell auch die 35 Grad „angekratzt“ werden.
Am Donnerstag weitet sich allerdings von Frankreich her eine Tiefdruckrinne mit
feuchtlabiler Luft nach Westdeutschland aus, so dass dort das Gewitterpotenzial
zum Nachmittag und Abend hin etwas ansteigt, sich aber wohl noch hauptsächlich
auf das Bergland beschränkt, überwiegend bleibt es trocken. Erst in der Nacht
zum Freitag greift nach Lesart des IFS die Rinne auf Westdeutschland über, so
dass die Gewitterwahrscheinlichkeit etwas ansteigt.
Am Freitag tropft der Höhentrog über dem Seegebiet nordwestlich von Schottland
aus, der Resttrog zieht über das Nordmeer weiter nordostwärts. Der Höhenrücken
über Mitteleuropa wird abgebaut und von Frankreich bzw. Benelux her können ein
oder mehrere Randtröge auch auf das Vorhersagegebiet übergreifen. Damit
korrespondierend entwickelt sich nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes über den
Niederlanden ein Bodentief und verlagert sich bis Samstagfrüh über die Deutsche
Bucht zur Südwestspitze Norwegens. Vorderseitig des Tiefs flutet sehr warme bis
heiße, recht feuchte und labil geschichtete Subtropikluft weite Teile des
Vorhersagegebietes, wird aber mit Passage einer Kaltfront (bzw. vorlaufender
Konvergenz) ab Freitagnachmittag bis Samstagfrüh nach Osten abgedrängt. Dabei
kann es gebietsweise schwere Gewitter geben, auch mit größeren
Niederschlagsmengen, für flächendeckende Niederschläge wird es aber wohl nicht
reichen.
Am Samstag verlagert der Höhentrog sein Drehzentrum zu den Hebriden und
verstärkt sich noch etwas. Über dem Vorhersagegebiet stellt sich eine recht
glatte südwestliche Höhenströmung ein, markante Randtrogpassagen sind keine
auszumachen.
Das Bodentief zieht zur Norwegischen See und im Tagesverlauf weitet sich von
Frankreich erneut eine flache Hochdruckbrücke ins Vorhersagegebiet aus. Vor
allem im Südosten und anfangs im Osten kann es noch Schauer bzw. einzelne, an
den Alpen auch häufigere Gewitter geben, sonst bleibt es bereits vielerorts
wieder trocken. Die 850 hPa-Temperatur geht auf Werte zwischen 7 Grad im
Nordwesten und 15 Grad im Südosten zurück.
In der erweiterten Mittelfrist am Sonntag und Montag verlagert der Höhentrog
sein Drehzentrum ins Nordmeer, wobei über Deutschland eine relativ glatte
südwestliche Höhenströmung erhalten bleibt. Dabei überqueren Fronten eines zum
Nordmeer ziehenden Bodentiefs vor allem am Montag den Westen und Norden
Deutschlands mit Niederschlägen meist leichter Intensität. Im Rest des Landes
bleibt es – abgesehen von einzelnen Gewittern in erster Linie über den
Mittelgebirgen bzw. am Alpenrand – meist trocken. Im Nordwesten und Norden
bleibt es meist mäßig warm, sonst wird es erneut sehr warm, im Südwesten und
Süden auch heiß.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Am Dienstag und Mittwoch sind keine prognoserelevanten Unterschiede zwischen den
drei letzten IFS-Läufen auszumachen. Für die Nacht zum Donnerstag hatte der
gestrige 00 UTC-Lauf die Passage eines flachen Troges über Norddeutschland mit
einzelnen Schauern, eventuell auch Gewittern und einem leichten
Temperaturrückgang auf der Agenda, dieser ist in den beiden Folgeläufen nicht
mehr zu finden.
Den Vorstoß feuchtlabiler Luftmassen ab Donnerstagabend bzw. der Nacht zum
Freitag ins Vorhersagegebiet simulieren wiederum alle drei Läufe. Die beiden 00
UTC-Läufe haben den folgenden Höhentrog über GB inklusive Luftmassenwechsel
allerdings etwas markanter auf der Agenda als der gestrige 12 UTC-Lauf, wobei
die feuchtlabile Luft im Laufe des Freitags und der Nacht zum Samstag rascher
wieder nach Osten abgedrängt wird. Eine markante Gewitterlage mit erhöhtem
Unwetterpotenzial zeigen allerdings alle drei Läufe.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch die vorliegenden Globalmodelle stützen bis einschließlich Donnerstag die
vom IFS-Lauf simulierte Entwicklungen, prognoserelevante Unterschiede sind keine
auszumachen.
Am Freitag hat dann vor allem ICON eine von den anderen Modellen etwas
abweichende Entwicklung auf der Agenda und simuliert eine über Island und das
Nordmeer bis nach Skandinavien reichende Frontalzone, innerhalb derer ein
kurzwelliger Höhentrog rasch von der Norwegischen See und der nördlichen Nordsee
auf Norwegen übergreift. Den auf GB übergreifenden Höhentrog hat ICON nicht auf
der Agenda, stattdessen ein bis Samstag über der Biskaya abtropfendes Höhentief.
Somit bleibt nach Lesart des Modelles eher hohes Geopotenzial über Mitteleuropa
aufrecht. Im Bodenfeld erstreckt sich eine Hochdruckzone über GB und die Nordsee
bis nach Südskandinavien, an deren Südflanke weitet sich am Freitag und Samstag
eine flache Tiefdruckrinne mit schwülwarmen Luftmassen bis nach Deutschland aus,
so dass der von den anderen Modellen simulierte Luftmassenwechsel am Samstag
nicht stattfinden würde.
Die übrigen Modelle stützen zunächst weiter den vom IFS vorgegebenen Kurs,
allerdings wird der Höhentrog über GB bzw. (GFS) der Nordsee unterschiedlich
stark ausgeprägt simuliert und entsprechend auch das Bodentief bzw. der
Luftmassenwechsel.
GFS von 00 UTC hat dabei die progressivste Variante auf der Agenda, GEM lässt am
Samstag und Sonntag dagegen ein Höhentief über der südlichen Nordsee abtropfen.
Insgesamt fällt der Luftmassenwechsel nach Lesart des GFS etwas nachhaltiger aus
als nach IFS und vor allem GEM, da statt des abgetropften Höhentiefs vor
Schottland am Samstag/Sonntag ein progressiver und zunehmend kurzwelliger
Höhentrog simuliert wird, der das Vorhersagegebiet in der Nacht zum Sonntag
bereits überquert hat und auf dessen Rückseite sich ein Bodenhoch über der
Nordsee verstärkt, an dessen Ostflanke kühlere Luftmassen bis nach
Süddeutschland vordringen, die sich auch am Sonntag und zu Beginn übernächster
Woche mit Ausweiten des Hochs nach Skandinavien und nordöstlicher Bodenströmung
nur zögernd erwärmen, während IFS und GEM dann bereits eine neue „Vorderseite“
mit dem Vorstoß sehr warmer bzw. heißer Luftmassen vor allem nach Süd- und
Ostdeutschland auf der Agenda haben.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Erwartungsgemäß werden bis weit in die erweiterte Mittelfrist (über 240 Stunden)
alle vorliegenden Cluster dem Großwetterlagentypus „Blocking“ zugeordnet.
Zu Beginn (72 bis 96 Stunden) verteilen sich die ENS-Läufe, Haupt- und
Kontrolllauf auf 3 Cluster, die sich – Mitteleuropa betreffend – kaum
voneinander unterscheiden.
Der nächstfolgende Zeitraum (T+120 bis 168 Stunden) weist 4 Cluster auf, wobei
die Ausrichtung und Intensität des am Freitag/Samstag auf GB und die Nordsee
übergreifenden Troges unterschiedlich simuliert wird. Der Hauptlauf ist dabei
dem mit 8 Membern nicht grade üppig bestücktem Cluster 4 zugeordnet, während zum
Beispiel die progressivere GFS-Variante sich eher Cluster 1 (18 Member) bzw.
Cluster 3 (12 Member) zuordnen lässt. Die ICON-Version mit der Zonalisierung hat
dagegen kein Cluster auf der Agenda und erscheint somit eher unwahrscheinlich.
Die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) weist 3 Cluster auf. Cluster 1
und vor allem Cluster 3 deuten mit einem sich verstärkenden Höhenrücken über
West- bzw. Nordwesteuropa und einem kräftigen Nordmeer- bzw. Nordseehoch eine
etwas nachhaltigere Abkühlung an als Cluster 2, dem auch der Hauptlauf
zugeordnet ist. Dennoch: Das zyklonale Geschehen inklusive flächendeckenden
Niederschlägen hält sich bis weit in die erweiterte Mittelfrist sehr in Grenzen.
Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur ausgewählter Rauchfahnen zeigt bis
Freitag in einem relativ engen Spread steigende Tendenz (im Norden meist bis 14
Grad, im Süden bis 18 Grad), wobei der Haupt- und auch Kontrolllauf eher im
oberen Bereich angesiedelt sind. Niederschlagssignale sind bis Donnerstag nur
wenige auszumachen.
Am Samstag und Sonntag gehts dann vor allem für die nördlichen Gitterpunkte
leicht bergab und die Signale für Niederschläge nehmen erwartungsgemäß etwas zu,
sind aber meist nicht grade überbordend. Auffällig ist der im Vergleich zu den
meisten Membern markanter ausfallende Temperaturrückgang im Haupt- und
Kontrolllauf nahezu im gesamten Vorhersagegebiet.
Bereits ab Samstag wird der Spread dann deutlich breiter, wobei Haupt- und
Kontrolllauf vor allem ab Sonntag/Montag wieder steigende Tendenz bzgl. der
Temperatur aufweisen, während viele Einzelmember aber einen durchaus markanten
Temperaturrückgang auf der Agenda haben.
FAZIT:
Bis Donnerstag bleibt es bei wieder leicht steigenden Temperaturen überwiegend
störungsfrei.
Danach könnte am Freitag tatsächlich mal eine markantere Gewitterlage ins Haus
stehen, allerdings wohl ohne flächendeckende Niederschläge.
Am Wochenende und zu Beginn kommender Woche wird dann die Wetterentwicklung
unsicherer. Da sowohl GFS als auch die meisten Member einen etwas nachhaltigeren
Luftmassenwechsel andeuten als der IFS-Hauptlauf, erscheint diese Lösung etwas
wahrscheinlicher.
Ein Ende der teils noch extremen Trockenheit in einigen Landesteilen (der
Südosten und Osten wurden jetzt ja mit genügend Nass von oben „gesegnet“) ist
aber dennoch nicht in Sicht.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Insgesamt steht zunächst ein an signifikanten Wetterereignissen ruhiger
Abschnitt ins Haus, sieht man einmal von der in vielen Regionen nach wie vor
extremen Trockenheit ab. Auch wird es wieder heißer, wenngleich die Temperaturen
nicht mehr das Niveau der vergangenen Hitzewellen erreichen sollten. Mehr als
34, vielleicht 35 Grad sind wohl auch im Südwesten nicht drin.
Am Dienstag besteht im Westen und Norden mit Passage eines sich abschwächenden
Frontensystem ein geringes Schauer- und Gewitterrisiko, die Modelle zeigen aber
keinerlei Signale für lokal eng begrenzten Starkregen und es sollte wohl auch
dort in den meisten Regionen trocken bleiben.
Spannender wird es ab Donnerstagabend, wenn tatsächlich mal (lässt man das
ICON-Modell außen vor) ein etwas markanterer Trog ins Wettergeschehen
hierzulande eingreifen könnte. Vorderseitig zeigen eigentlich alle Modelle den
Vorstoß sehr warmer und labil geschichteter Luftmassen ins Vorhersagegebiet. Die
„große Nummer“, vor allem, was flächendeckende Niederschläge angeht, ist wohl
nicht zu erwarten, dennoch könnte es von Donnerstagabend bis Samstagfrüh von
West nach Ost häufiger kräftige Gewitter geben, die bzgl. Starkregen, Hagel und
Sturmböen lokal eng begrenzt auch Unwetterpotenzial aufweisen dürften.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff