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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 14.08.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Gewitter. Heute im Osten und über dem zentralen Mittelgebirgsraum sowie in der
Nacht zum Montag im Südwesten aufkommend mit nur sehr geringer
Wahrscheinlichkeit.
Am Montag im Nordosten, etwa von der Nordsee bis zum Erzgebirge vermehrt
Gewitter, auch mit Hagel, Regenmengen über 25 mm in kurzer Zeit nicht
ausgeschlossen. Außerdem im Südwesten und im äußersten Westen sowie ab dem Abend
aus den Alpen heraus ebenfalls Gewitter, mehr als 25 mm dort nur wenig
wahrscheinlich. In der Nacht zum Dienstag an den Alpen und im Nordosten nur sehr
zögernd abklingende Gewittertätigkeit.
Am Dienstag allenfalls im Nordosten Gewittertätigkeit noch einmal etwas
auflebend, ansonsten vorübergehende Wetterberuhigung. Am Mittwoch im
Tagesverlauf im Westen aufkommend sowie im Norden erneut teils heftige Gewitter
mit zunehmender Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland zwischen einem breiten, auf Frankreich
übergreifenden Trog und einem nach Südosteuropa abziehenden Höhentief. Letzteres
hat über dem südöstlichen Mitteleuropa ein Tochtertief zurückgelassen.
Nennenswerte Hebung bringt dieses Tief nicht zustande, aber an dessen Nordflanke
wird zunächst zurückhaltend und in der Nacht zum Montag dann verstärkt feuchtere
Luft in den Nordosten Deutschlands geführt. Dort und im Laufe der Nacht im
gesamten Norden steigt der Gehalt an niederschlagbarem Wasser auf über 30 bis
knapp 40 mm, CAPE (KK) erreicht mehr als 1000 J/kg, ist aber noch kräftig
gedeckelt. Aufgrund ausbleibender Hebung und fehlenden Tagesgang ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sich einzelne Gewitter entwickeln, gering. Sollten
welche entstanden sein, fallen diese ohnehin ab dem Abend alsbald in sich
zusammen.
Im Südwesten tritt im Laufe der Nacht zum Montag der sich über Frankreich
annähernde Trog in Aktion. Dieser lässt in der zweiten Nachthälfte Hebung
aufkommen, aber dort ist die Luftmasse weniger feucht. Der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser erreicht nur wenig mehr als 30 mm, auch CAPE ist mit
Werten bis etwas über 500 J/kg eher als gebremst zu bezeichnen. Abgesehen von
einzelnen Gewittern, die im äußersten Südwesten aufziehen und sich vor allem
über dem südlichen Schwarzwald entladen, wird sich auch dort nicht viel
ereignen.
Dem großen Rest des Landes steht eine ruhige Nacht bevor. Allerdings kann dann
von einer nächtlichen Auskühlung bei Tiefstwerten um 20 Grad in Ballungsgebieten
und 18 bis 14 Grad außerhalb davon nicht mehr so recht die Rede sein.

Montag … tritt der von Frankreich in den Westen Deutschlands schwenkende Trog
in Aktion. Vorderseitig kommt in der eingeflossenen Subtropikluft eine flache
Tiefdruckrinne zustande, die sich bis zum Abend etwa bis zur Elbe vorarbeitet.
In deren Bereich zeichnet sich bei der Luftmasse mit den oben beschriebenen
Parametern (vielleicht etwas mehr CAPE) der erste Schwerpunkt der
Gewittertätigkeit ab. Nach ICON-D2 EPS wären in dieser Tiefdruckrinne vielfach
Starkniederschläge bis weit in den Unwetterbereich hinein zu erwarten. Dies wird
jedoch nur von AROME in Nordseenähe gestützt, die anderen hochauflösenden
Modelle sind hier zurückhaltender. Hinsichtlich der Frage der Ausgabe einer
Unwetter-Vorabinfo gilt es, noch weitere Modellläufe abzuwarten. Entwickeln sich
in diesen Gebieten Gewitter, ist aufgrund der langsamen Verlagerung der
Gewitterzellen Fokus auf Starkregen zu legen, auch stürmische Böen können
auftreten. Wegen den hohen Werten für CAPE sind auch größere Hagelansammlungen
vorstellbar, aufgrund der faktisch nicht vorhandenen Scherung sollte größerer
Hagel ausbleiben. Die hierfür erforderliche Hebung wird durch das zurück
gebliebene Höhentief verursacht, das von dem von Frankreich hereinschwenkenden
Trog einverleibt wird. Ohnehin bringt sowohl der Trog als auch das Höhentief
nicht allzu viel Hebung zustande. Das spricht dann für eine weniger verbreitete
Gewittertätigkeit und eine Auslösung eher durch orografische Gegebenheiten.
Im Südwesten kommt durch den hereinschwenkenden Trog ein wenig mehr Dynamik ins
Spiel. Allerdings ist dort wie bereits weiter oben beschrieben die Luftmasse
nicht so gewitterträchtig wie im Norden und Nordosten. Dennoch können sich auch
dort, d.h. im Südwesten und äußersten Westen und ab dem Abend dann auch aus den
Alpen heraus, Gewitter entwickeln, wobei dort der Fokus aufgrund der unteren
relativ trockenen Grundschicht eher auf Sturmböen zu legen ist und weniger auf
Starkregen. Es ist zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen,
dass örtlich eng begrenzt mehr als 25 mm Niederschlag in weniger als einer
Stunde fallen.
Der große Rest des Landes, d.h. ein breiter Bereich, der sich von Ems und
Niederrhein bis zu Bayerischen Wald und bis in die Donauregion erstreckt, geht
in Bezug auf Niederschläge mal wieder leer aus. Kompensierendes Absinken
unterdrückt in diesen Gebieten die Konvektion, in einem breiten Streifen vom
Norden bis nach Mitteldeutschland hinein sind längere sonnige Abschnitte zu
erwarten. Die Folge sind dort Tageshöchsttemperaturen um oder etwas über 30
Grad, wogegen sonst 24 bis 29 Grad zu erwarten sind. Insgesamt dürfte die
Schwüle jedoch merklich zunehmen.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog über den Westen Deutschlands in die
Nordsee. Ein in die Biskaya vorstoßender wesentlich kräftigerer Trog entzieht
dem für unser Wettergeschehen relevanten Trog Energie, so dass unterm Strich
eine leicht mäandrierende südwestliche Strömung übrigbleibt. Kräftige
einsetzende antizyklonale Vorticityadvektion macht der Hebung den Garaus.
Demzufolge dürfte die Konvektion alsbald in sich zusammenfallen. Eine Ausnahme
stellt noch der Nordosten dar, wo die oben beschriebene Luftmasse noch nicht
ausgeräumt wurde. Ein nach Nordosten ablaufender Kurzwellentrog (einst das
zurückgebliebene Höhentief) generiert dort noch etwas Hebung, so dass
wahrscheinlich erst in der zweiten Nachthälfte die Gewittertätigkeit abklingt.
Als weitere Region, in welcher die Konvektion erst relativ spät in sich
zusammenfällt, kommt der Alpenrand in Frage. In Verbindung mit der Orografie
hält dort der über den Westen Deutschlands nordwärts schwenkende Trog, dessen
südlicher Teil bis zu den Alpen zurückhängt, die Konvektion noch längere Zeit am
Leben. Vielmehr ist dort Augenmerk auf teils mehrstündigen Starkregen zu legen.
Wie bereits in der Nacht zuvor erfolgt keine durchgreifende nächtliche
Abkühlung.

Dienstag … setzt sich, bedingt durch einen über die Ostalpen sich nach Norden
ausweitenden Keil, antizyklonaler Einfluss durch. Eine Ausnahme stellt noch der
äußerste Nordosten, etwa der Bereich zwischen Peene, Warnow und Ostsee, dar.
Zwar wird die oben beschriebene Luftmasse auch dort allmählich in Richtung
Ostsee gedrückt, aber ein Trog, der, wenn auch unter Abflachung, erst am Abend
auf den Greifswalder Bodden übergreift, kann in diesen Gebieten erneut
konvektive Umlagerungen induzieren. Entrainment ist kaum erfolgt, wodurch diese
Luftmasse ihre gewitterträchtigen Eigenschaften beibehalten konnte.
Im weitaus größten Teil Deutschlands unterbindet großräumiges Absinken die
Entwicklung niederschlagsspendender Bewölkung. Die Folge ist ein erneuter
Temperaturanstieg auf 27 bis 33 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch tropft der westlich von Frankreich liegende Trog aus.
Das Cut-Off-Tief erreicht bis Mittwochfrüh die französische Westküste. Dies
lässt die etwas zyklonaler werdende Strömung leicht aufsteilen. In den Westen
und Süden gelangt labilere Luft, ganz im Westen steigt der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser auf 30 bis über 35 mm. Kurzwellige, nach Norden
ablaufende Anteile generieren Hebung, so dass ausgangs der Nacht in äußersten
Westen (deutlich westlich des Rheins bis ins Saarland, mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch im Hochschwarzwald) Niederschläge aufkommen, die
wahrscheinlich von Gewittern durchsetzt sind.
In den anderen Gebieten hält sich noch antizyklonaler Einfluss, großräumiges
Absinken lässt abgesehen von ein paar hohen Wolkenfeldern eine weitgehend klare
Nacht erwarten. In der eingeflossenen Subtropikluft sind Tiefsttemperaturen
zwischen 20 und 15 Grad, in Ballungsgebieten und unmittelbar an der See auch
etwas über 20 Grad, zu erwarten.

Mittwoch … ändert sich die Druck- und Geopotentialverteilung nur wenig. An der
Vorderseite des mit seiner Achse über Ostengland und Westfrankreich liegenden
Troges (in mittleren und tieferen Troposphärenschichten lässt sich ein Höhentief
über der Bretagne finden) laufen kurzwellige Anteile nach Nord-Nordost ab, die
von Westen und Südwesten bis in die mittleren Teile Deutschlands hinein Hebung
generieren. Einer dieser Anteile erfasst zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit
den Nordwesten und die Mitte, ein weiterer Anteil folgt von Südwesten her, wobei
hinsichtlich Phase und Intensität dieser Anteile noch Unsicherheiten bestehen.
Die Luftmasse ist sehr labil, CAPE erreicht in diesen Gebieten mehr als 1000 bis
etwa 1500 J/kg, der Flüssigwassergehalt liegt bei 30 bis 35, im Norden zum Teil
bei 40 mm. Die Zutaten für eine rege Gewittertätigkeit mit Schwerpunkt über dem
Nordwesten sind somit gegeben. Inwieweit hiervon auch die mittleren Gebiete
erfasst werden, ist noch unsicher, die Modelle bieten hier ein „Unentschieden“.
Je weiter sich im Osten und Südosten Gewitter entwickeln, umso mehr besteht dann
aufgrund der kräftigen hochreichenden Scherung die Gefahr von größerem Hagel.
Aber gerade in diesen Gebieten lassen sich bei den Modellen die wenigsten
Niederschlagssignale finden (was auch synoptisch erklärbar ist – dort ist die
Luftmasse am trockensten).
Übereinstimmend wird gezeigt, dass von den Alpen und auch von Südwesten her die
Konvektion wahrscheinlich erst ab dem Abend, wen nicht gar in der Nacht zum
Donnerstag in Gang kommt.
Aufgrund der Nähe zum Trog zeichnet sich über dem Westen, auch wenn keine
Gewitter auftreten, rasch wechselnde Bewölkung ab. Zwischen Ostsee und Alpen
wird die astronomisch mögliche Sonnenscheindauer erneut weitgehend ausgeschöpft.
Dies lässt die Temperatur auf 30 bis 34 Grad (bei zunehmender Schwüle) steigen,
wogegen sonst, d.h. im Westen und Südwesten, 24 bis 29 Grad zu erwarten sind.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auf die unterschiedlichen Ergebnisse hinsichtlich der
Prognosen hochauflösender Modelle ist bereits weiter oben hingewiesen worden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann