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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.08.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Unter Hochdruckeinfluss sommerlich warm bis heiß. Kammlagen der Berge
Südwestdeutschlands böiger Ostwind und ab Freitag im Osten schwache konvektive
Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … scheint die Sonne von den Alpen bis zum Niederrhein und weiter bis
zur dänischen Grenze munter von einem blank geputzten Himmel mit nur einzelnen
Schönwetterwölkchen. Etwas abwechslungsreicher zeigt sich der Himmel im Osten,
wo in den Radiosondenaufstiegen von Kümmersbruck 12Z oder Prag 12Z entlang einer
scharfen Inversion bei rund 700 hPa etwas Feuchte zum Quellen gebracht
wurde/wird, was sich besonders in Sachsen und im Osten Bayerns durch dickere
Quellbewölkung äußert, die zum Abend wieder in sich zusammenfällt. Die
niedertroposphärische Durchmischung reicht ungewöhnlich weit hoch und erreicht
z.B. in Kümmersbruck rund 700 hPa mit einem ordentlichen spread in der
Grenzschicht, was die RH-Werte bei 20 bis 30 % belässt mit etwas höheren Werten
im Küstenumfeld sowie im Alpenvorland.
Wenig überraschend bleibt es überall trocken und die abendlichen Werte liegen im
Westen um 30 Grad und sonst zwischen 25 und 29 Grad, im Küstenumfeld bei 21 bis
24 Grad.
Der Ost- bis Nordostwind, der am Nachmittag noch frisch bis stark böig weht und
für Abkühlung sorgt, schwächt sich im Tiefland zum Abend rasch ab und bleibt auf
exponierten Kammlagen stark böig, vielleicht hier und da inversionsbedingt
zunehmend auch mal stürmisch.

Unterschlagen haben wir noch die synoptische Übersicht der aktuellen
Druckverteilung, die sich jedoch seit gestern nur minimal verändert hat. Das
Bodenhoch OSCAR mit 3 Zentren erstreckt sich von England über Dänemark bis ins
nordwestliche Russland, während der Höhenkeil weiterhin über England verweilt.
Mehr gibt es nicht zu benennen.

In der Nacht zum Donnerstag wandert OSCAR nur geringfügig nach Osten, sonst
ändert sich in der Höhe wenig und uns erwartet deutschlandweit eine klare Nacht
mit einzelnen seichten Dunst- und Nebelfelder im Umfeld der Küsten. Die
Tiefstwerte liegen dank meist einstelliger Taupunkte zwischen 12 und 8 Grad,
einzig im Westen bleibt es mit 15 bis 12 Grad etwas milder. Der Ost- bis
Nordostwind weht schwach bis mäßig mit Böen Bft 7 bis 8 auf dem Kamm des
Schwarzwaldes und der Alb.

Donnerstag … dauert das ruhige Wetter zwar weiter an, der Blick auf die
europäische Geopotenzialverteilung deutet jedoch etwas mehr Spannung an.

Ein umfangreicher Trog vor Portugal schiebt erneut einen Schwall heißer und
trockener Festlandsluft vom nordafrikanischen Kontinent nach Frankreich, wobei
diese Luftmasse bereits heute schön durch die Mittagsaufstiege der spanischen
Radiosonden erfasst wurde mit einer abgehobenen Mischungsschicht zwischen 800
und 550 hPa (8-9 K/km über den vor Ort induzierten rund 10 K/km in den untersten
3 km). Gleichzeitig nähert sich von Osten ein Kaltlufttropfen, der zum Abend die
Fühler nach Wien ausstreckt. Zwischen beiden Druckgebilden wird ein kräftiger
Rücken aufgespannt, wobei sich dessen Achse von Frankreich bis zur Deutschen
Bucht erstreckt.

Und nun wird es spannend – wenigstens aus synoptischer Sicht. Während über
Deutschland vom Boden bis zum Rand der oberen Troposphäre eine nordöstliche
Windkomponente zwischen dem Kaltlufttropfen und dem Keil erwartet wird und somit
kühlere Festlandsluft herangeführt wird (z.B. gestützt durch seichte KLA bzw.
neutrale Advektion in der Numerik auf der 850 hPa Fläche) deutet die Numerik
z.B. über der Mitte und im Westen je nach Modell einen tageszeitenabhängigen
Anstieg der Temperatur von 2 bis 4 Kelvin auf der 850 hPa Fläche an (von 12 auf
teils 16 Grad)! Wie also kommt es trotz der KLA zu einer solch deutlichen
Erwärmung? Die Vermutung ist, dass die Schichtdicke zum Vortag zunimmt und die
Inversion um rund 15-20 hPa nach unten gedrückt wird. Das hat bei dieser
hochreichend durchmischten Luftmasse Auswirkungen auf die trockenadiabatische
Durchmischung. Mit tageszeitlicher Durchmischung klettern die 850 hPa Werte bis
zum Abend um 3-4 K an, um dann in der Nacht wieder abzusinken. Somit wird
augenscheinlich eine Temperaturadvektion angedeutet, die real aber nicht
stattfindet. Das zeigt sich auch bei den 2m-Maxima, die im Westen nur 1 Grad
höher liegen als am Vortag (18Z Vergleich vom 10. und 11. August mit 1 Kelvin
Anstieg im 850 hPa Niveau, was sich auch bodennah in diesem Ausmaß äußert). Wir
sehen also einen Effekt, der in ariden Gegenden innerhalb der Numerik teils noch
viel deutlicher zu verfolgen ist und bei uns dank der aktuellen
Luftmasseneigenschaft ebenfalls gut in Erscheinung tritt.

Somit sind Maxima von 30 bis 34 Grad zwischen Berlin, Niederrhein und Oberrhein
zu erwarten mit den höchsten Werten im Westen (im Bereich der stärksten
Schichtdicke). Sonst stehen auch hochsommerliche 25 bis 29 Grad auf dem Programm
mit etwas kühleren Werten im Umfeld der Küsten. Dort wird übrigens zum
Nachmittag/frühen Abend die synoptische Hintergrundströmung aus Nordost von der
Seewindzirkulation verstärkt, sodass neben starken Windböen bis Bft 6 zur
heißesten Tageszeit auch eine sukzessive Abkühlung von Nordost bis weit ins
Binnenland zu erwarten ist (bis Schwerin – Güstrow und Neubrandenburg).

Der Ost bis Nordostwind frischt auch abseits der Küsten mit dem Tagesgang erneut
auf mit frischen bis starken Böen (Bft 5-6) und wiederholten Böen Bft 7 auf
exponierten Kammlagen südwestdeutscher Berglagen (auch im ICON-D2 EPS
abgebildet).

In der Nacht zum Freitag erfasst der Kaltlufttropfen weite Bereiche Österreichs
und erste Feuchtefelder in 700-500 hPa erreichen den äußersten Osten
Deutschlands. Diese Feuchte macht sich jedoch nur durch einzelne Wolkenfelder
bemerkbar. Ansonsten verläuft die Nacht überall klar und trocken bei einem
schwachen bis mäßigen Ostwind, der entkoppelt von der nächtlichen Grenzschicht
auf den Kammlagen wieder etwas an Kraft zulegt (Bft 7 bis 8 auf exponierten
Berglagen). Die Tiefstwerte liegen im Westen zwischen 16 und 13 Grad und sonst
zwischen 12 und 8 Grad.

Freitag … eiert der Kaltlufttropfen mit nun deutlich besserer numerischer
Übereinstimmung in Richtung Tirol und erfasst in der Höhe ganz Bayern. Die
einhergehende Abkühlung in 500 hPa fällt mit 4-5 K nicht unerheblich aus, sodass
die Vorhersageprofile etwas labiler werden. Dennoch bleibt es bis 600 hPa recht
trocken und mit MUCAPE von 100 bis 500 J/kg soll man nicht zu viel von Seiten
der Konvektion erwarten. Es deutet sich jedoch innerhalb der Numerik eine
bessere Übereinstimmung an, dass sich entlang der Alpen, des Bayerischen Waldes
und wohl auch am Erzgebirge am Nachmittag Schauer und einzelne Gewitter
entwickeln, wobei die höchste Gewitterwahrscheinlichkeit wohl in Richtung
Niederbayern auftreten sollte, dank besserer Grenzschichtfeuchte. Im Einklang
mit der insgesamt trockenen niedertroposphärischen Schichtung sind kräftige Böen
sowie lokal Starkregen im markanten Bereich ein Thema.

Sonst erwartet uns erneut ein sonniger oder gering bewölkter Tag und mit RH
Werten um 30% im Westen bleiben Trockenheit und hohe Waldbrandgefahr weiterhin
ein Thema (häufig Stufe 4 und 5 auf der fünfteiligen Skala vom Saarland bis zur
Oder). Die Maxima bleiben unverändert im hochsommerlich heißen Niveau mit 30 bis
34 Grad im Westen und Norden sowie 25 bis 29 Grad im Süden. In Richtung
Niederrhein und im Küstenumfeld sollte es etwas kühler bleiben (mehr Bewölkung
bzw. Seewind). Der Ost- bis Nordostwind weht mäßig bis frisch und exponiert im
südwestdeutschen Bergland stark böig (Bft 6-7).

In der Nacht zum Samstag bleibt das Höhentief vor Ort bzw. driftet etwas in
Richtung Kroatien/nördliche Adria (etwas Spread in der Numerik). Die Konvektion
vom Tage fällt rasch in sich zusammen und macht einer wolkenarmen/klaren und
trockenen Nacht Platz. Die Tiefstwerte liegen im Norden und Westen um 15 Grad
und in Richtung Süden zwischen 12 und 8 Grad. Im Südosten kann sich dank des
Feuchteeintrages vom Tage ein lokales Nebelfeld bilden. Entkopplung von der
Grenzschicht ermöglich wieder einzelne Bft 8 Böen im Hochschwarzwald.

Samstag … driftet der Kaltlufttropfen langsam südwärts und hinterlässt über
Deutschland einen gradientarmen Bereich. Je nach Lage möglicher Restfeuchte
könnte es im Osten Deutschlands für einzelne Schauer und Gewitter reichen, was
durch eine periphere Randtrogpassage von Polen her noch etwas verschärft werden
könnte. Wir sprechen aber weiterhin nur von regionalen konvektiven
Niederschlägen. Ansonsten dauert das sonnige oder freundliche sowie trockene
Sommerwetter weiter an. Die Höchstwerte liegen zwischen 31 und 35 Grad zwischen
Oder und Nieder-/Oberrhein mit sonst etwas geringeren Werten in Richtung Alpen
und Küstenumfeld (um 27 Grad). Der Nordostwind weht schwach bis mäßig mit
einzelnen Böen auf exponierten Kammlagen. Regionale Effekte wie der Seewind
werden nicht schon wieder genannt, bleiben aber natürlich ein Thema.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Entwicklung der Kurzfrist wird innerhalb der Numerik sehr einheitlich
gesehen. Auch die Verlagerung des Kaltlufttropfens nach Österreich und dann in
Richtung Adria abbiegend wird recht homogen gezeigt. Die geringen
Niederschlagsoptionen für den Osten können heute mit größerer Zuversicht benannt
werden, die genauen Schwerpunkte besonders in Richtung Samstag unterliegen
jedoch noch größeren Unsicherheiten. Für die meisten ist jedoch eine Fortdauer
der hochsommerlich heißen und trockenen Witterung zu erwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy