S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.07.2022 um 10.30 UTC

Leicht wechselhaft und überwiegend warm, im Süden zeitweise sehr warm.
Flächendeckend allerdings weiterhin keine nennenswerten Niederschläge, lokal
aber vor allem am Freitag/Samstag kräftige Gewitter möglich.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 02.08.2022

Spektakuläre Wetterentwicklungen stehen bis in den erweiterten
Mittelfristzeitraum nach wie vor keine auf der Agenda, ein Ende der Trockenheit
bzw. Dürre in weiten Landesteilen ist ebenfalls leider nicht in Sicht. Eine gute
Nachricht gibt es dennoch: Von großer Hitze bleiben wir vorerst verschont,
zumindest bis zu Beginn der erweiterten Mittelfrist.

Doch nun zur Entwicklung im Detail:
Am Freitag, dem Beginn des Mittelfristzeitraumes, steht einem umfangreichen
Höhentrog über dem Nordatlantik, dessen Drehzentrum sich bei Island einnistet,
ein Höhenrücken gegenüber, der vom östlichen Mitteleuropa bis nach
Südskandinavien und von dort aus nordnordostwärts bis etwa zur Barentssee reicht
und seinerseits wiederum flankiert wird von einem Höhentief über dem Baltikum,
das sein Drehzentrum zunächst ostwärts nach Westrussland verlagert.
Mit Annäherung bzw. Ausweitung des Höhentroges Richtung Nordmeer wird der
Höhenrücken allmählich abgebaut, entsprechend auch die umfangreiche
fennoskandische Antizyklone im Bodenfeld, die zunächst noch bis nach
Norddeutschland reicht, sich im weiteren Verlauf aber mehr und mehr nach Norden
zurückzieht.
An deren Südflanke gelangt am Freitag aber noch trockene und mäßig warme bis
warme Festlandsluft (T850 hPa zwischen 8 und 11 Grad) in den Norden und Osten
Deutschlands, so dass dort ein sonniger bzw. locker bewölkter und weitgehend
niederschlagsfreier Tag ins Haus steht.
Der Rest des Landes gerät dagegen im Tagesverlauf zunehmend in den
Einflussbereich eines recht breit angelegten und allmählich an Kontur
verlierenden Höhentroges, der sich von der Nordsee und Benelux her bis zur Nacht
zum Samstag ins Vorhersagegebiet verlagert. Auf dessen Vorderseite gelangt eine
warme bis sehr warme (T850 hPa zwischen 11 und 15 Grad) und potenziell instabil
geschichtete Luftmasse in den Süden und in die Mitte Deutschlands. Diese
zeichnet sich angesichts der trockenen Vorgeschichte zwar nicht durch einen
allzu hohen Anteil an niederschlagbarem Wasser bzw. spezifischer Feuchte aus,
dennoch können gebietsweise 500 bis 1000 J/kg ML-Cape generiert werden, was für
einzelne kräftige konvektive Entwicklungen – bzgl. Starkregen und mangels
Zuggeschwindigkeit punktuell auch bis in den Unwetterbereich – ausreichen
dürfte. Wo die Schwerpunkte konvektiver Aktivität zu finden sein werden, lässt
sich nach aktuellem Modellstand maximal erahnen, flächendeckende Niederschläge
sind aber keine zu erwarten.

Am Samstag verlagert sich der Trog ins östliche Mitteleuropa und tropft dort in
etwa über Ost-/Südostpolen aus. Ihm folgt wahrscheinlich noch ein weiterer
kurzwelliger Troganteil, der abends bzw. in der Nacht zum Sonntag das
Vorhersagegebiet südostwärts überquert, während sich ein flacher Hochkeil über
der Nordsee aufwölbt.
Im Bodenfeld hat sich das fennoskandische Hochdruckgebiet endgültig
zurückgezogen und über Mitteleuropa sind kaum mehr Luftdruckgegensätze
erkennbar, erst in der Nacht zum Sonntag schiebt sich ein flacher Keil des
Azorenhochs in den Süden und in die Mitte des Landes.
Die potenziell instabile Luftmasse wird allmählich nach Osten und Südosten
abgedrängt. Vor allem im Osten und Süden des Landes, eventuell auch in den
mittleren Landesteilen reicht es im Tagesverlauf aber nochmals für einzelne,
teils kräftige Gewitter, gebietsweise, am ehesten an den Alpen, kann es auch mal
länger regnen. In der Nacht zum Sonntag klingen die Niederschläge dann rasch ab.

Im Westen und Norden bleibt es dagegen – abgesehen von vereinzelten unergiebigen
Schauern – vielerorts trocken. Am Temperaturniveau (T850 hPa zwischen 8 Grad im
Nordwesten und 14 Grad im Süden) ändert sich nur wenig.

Am Sonntag bleibt der Höhentrog über dem Nordatlantik mit Drehzentrum bei Island
nahezu quasistationär. WLA an dessen Südostflanke stützt nach wie vor einen
Höhenkeil, der von der Nordsee her allmählich Richtung Mitteleuropa schwenkt.
Dieser stützt einen zwar ebenfalls nur flachen, aber immerhin über die Mitte
Deutschlands hinweg ostwärts reichenden Azorenhochkeil.
Die Luftmasse bleibt zwar in weiten Landesteilen potenziell instabil
geschichtet, dennoch wirkt der Keil dämpfend und lässt nur vereinzelt Konvektion
zu, am ehesten wohl in den östlichen und zentralen Mittelgebirgen sowie an den
Alpen. An der Nordflanke des Hochkeils wird der äußerste Nordwesten und Norden
des Landes vom Frontensystem eines flachen, von Schottland bis Montagfrüh nach
Südnorwegen ziehenden Tiefdruckgebietes, so dass es dort vor allem ab
Sonntagabend ebenfalls gebietsweise schauerartige Niederschläge gibt. Im Großen
und Ganzen steht aber ein freundlicher Tag ins Haus und es wird fast überall
sommerlich warm (T850 hPa zwischen 9 Grad im Norden und 15 Grad im Südwesten),
am Oberrhein könnten die 30 Grad erreicht werden.

Am Montag kommt der Höhenkeil zögerlich nach Osteuropa voran und flacht dabei
mehr und mehr ab. Dahinter stellt sich eine recht flaue, leicht mäandrierende
westnordwestliche Höhenströmung ein, wobei am Montagabend bzw. in der Nacht zum
Dienstag und vor allem am Dienstag tagsüber darin eingebettete flache
kurzwellige Troganteile das Vorhersagegebiet überqueren.
Im Bodenfeld verhindert weiterhin ein flacher, von den Azoren über Frankreich
bis nach Südwestdeutschland reichender Hochkeil nennenswerte Niederschläge im
Westen, Süden und wohl auch in den mittleren Landesteilen, während im Norden und
Nordosten schwache Frontensysteme vor allem am Dienstag für wechselhaftes Wetter
sorgen mit einzelnen Schauern bzw. schauerartigen Niederschlägen. Die Mengen
bleiben aber übersichtlich.
Im Süden kann sich die Luftmasse im Bereich des Hochkeiles wieder etwas
erwärmen, während in den Norden und Osten bodennah von Westen her eher nur mäßig
warme Luftmassen gelangen (T850 hPa an beiden Tagen zwischen etwa 9 Grad im
Norden und 16 Grad im Süden). Dazu bleibt es in der Nordhälfte überwiegend
bewölkt, so dass es dort kaum für Sommertage, an der Nordsee auch kaum für 20
Grad reichen dürfte, während im Süden oft die Sonne scheint bei Werten zwischen
25 und 30 Grad.

In der erweiterten Mittelfrist schwenkt dann zunächst ein Hochkeil über das
Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, so dass es auch im Norden wieder sonniger und
wärmer wird.
Danach deutet der aktuelle IFS-Lauf wieder einmal einen Vorstoß sehr heißer Luft
aus dem südwesteuropäischen Raum Richtung Süddeutschland an. Das alles bei einer
nach wie vor nur flauen, westsüdwestlichen Höhenströmung mit kaum
wetterwirksamen flachen Höhentrögen, die vor allem über den Norden und die Mitte
des Landes hinwegschwenken und einem nach Südwestdeutschland gerichteten
Azorenhochkeil. Die (ehrlicherweise nur schwache) Hoffnung bleibt, dass es so
nicht kommen wird…

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Sonntag erweist sich der aktuelle Lauf als einigermaßen
konsistent zu den beiden Vorläufen, wobei sich kleinere Differenzen bzgl. der
Geometrie und Verlagerungsgeschwindigkeit des flachen Höhentroges am
Freitag/Samstag ergeben. Insgesamt erweist sich der aktuelle Lauf als
progressiver als die beiden Vorläufe, vor allem im gestrigen 00 UTC-Lauf war der
Trog dagegen breiter angelegt und sollte bis Sonntag, 00 UTC über Polen sogar
abtropfen.
Der nachfolgende Höhenkeil ist dann im aktuellen Lauf etwas robuster
aufgestellt. Dadurch wird zugleich auch der in den Vorläufen, vor allem im
gestrigen 00 UTC-Lauf simulierte Trogvorstoß Richtung Nordsee am Montag bzw.
Südskandinavien am Dienstag verhindert bzw. nur deutlich abgeschwächt simuliert.
Somit werden zwar auch im aktuellen Lauf der Norden und Osten des Landes von
Frontensystemen mit (überwiegend leichten) Niederschlägen gestreift. Eine von
den beiden gestrigen Läufen simulierte Kaltfront, die am Dienstag bis in die
mittleren Landesteile vorankommen sollte, gefolgt von etwas kühlerer Meeresluft

  • aber gleichzeitig auch von einem Bodenhochkeil und rascher Wetterberuhigung –
    fehlt allerdings im aktuellen Lauf komplett bzw. streift nur den äußersten
    Norden des Landes.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch die externen Modelle haben am Freitag und Samstag den allmählich über
Mitteleuropa hinweg schwenkenden flachen Höhentrog auf der Agenda. Vor allem
nach Lesart des UKMO erweist er sich als etwas weniger progressiv und breiter
aufgestellt, so dass sich dessen Wetterwirksamkeit am Samstag nicht nur auf den
Südosten und Osten beschränken dürfte, sondern noch etwas weiter nach Westen
reichen könnte.
Der Höhenrücken am Sonntag wird vom ICON und auch vom GEM ähnlich robust wie vom
IFS simuliert, während UKMO und GFS diesen flacher auf der Agenda haben und
somit auch etwas mehr (konvektive) Niederschläge zulassen.
Zu Beginn kommender Woche werden die Modelldifferenzen dann größer. Dabei ähneln
GFS und GEM dem IFS und belassen es im Vorhersagegebieten bei schwachen
Luftdruck- und Luftmassengegensätzen, während nach Lesart des ICON und auch des
UKMO vom Nordmeer bzw. der Norwegischen See her ein recht markanter Höhentrog
auf Skandinavien übergreift. Ähnlich wie in den gestrigen IFS-Läufen ist an
diesen Trog eine Bodenkaltfront gekoppelt, die ab Montagabend auf
Nordwestdeutschland übergreift, Dienstagmittag die mittleren Landesteile
erreicht und der kühlere Meeresluft folgt.
Den Vorstoß der heißen Luftmasse Richtung Mitteleuropa am Donnerstag kommender
Woche hat GFS leider ebenfalls auf der Agenda, wobei diese Luftmasse kurzzeitig
sogar bis nach Norddeutschland vordringen soll. Nach Lesart des GEM verhindert
dagegen ein auf die nördliche Nordsee bzw. Südskandinavien übergreifender
Höhentrog das Vorankommen dieser heißen Luftmasse nach Norden und simuliert
lediglich etwa südlich der Donau 850 hPa-Temperaturen um 20 Grad.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Dominant bleibt bei der Betrachtung der IFS-ENS im gesamten Mittelfristzeitraum
bis zu Beginn kommender Woche einmal mehr das Regime „Blocking“. Dabei verteilen
sich die ENS-Member, Haupt- und Kontrolllauf im Zeitraum 72 bis 96 Stunden auf 4
Cluster (16, 15, 10 und 10 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 2). Für
Mitteleuropa lassen sich dabei keine relevanten Unterschiede ausmachen.
Der nächstfolgende Zeitraum (120 bis 168 Stunden) hat sogar nur noch einen
Cluster auf der Agenda, wobei zwar über dem isländischen Raum ein recht
markanter Trog ins Auge fällt, aber dennoch das nach wie vor deutlich zu hohe
Geopotenzial vor West- bzw. Südwesteuropa den nach Mitteleuropa gerichteten
Azorenhochkeil stützt.
Interessanter wird’s dann in der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden).
Diese weist drei Cluster auf (jeweils 21, 16 und 14 Member, Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1). Nach Cluster 1 verlagern sich der Höhentrog bzw. das
zentralsteuernde Tief über Nordwesteuropa (Island, Nordmeer) nur sehr zögerlich
nach Osten, wobei ein Hochkeil nach Mittel-, später Osteuropa gerichtet bleibt.
Dieses Szenario erlaubt zumindest vorübergehend das Vordringen heißer Luftmassen
nach Mitteleuropa, während es zumindest im Nordseeumfeld (und somit auch in
Norddeutschland) etwas unbeständiger bleiben dürfte bei einem gemäßigteren
Temperaturniveau.
Cluster 2 hat eine im Norden leicht zyklonale, sonst eher antizyklonale Westlage
mit etwas gemäßigteren Luftmassen auf der Agenda, wobei auch bei der
Konstellation leider keine flächendeckend auftretenden Niederschläge zu erwarten
wären.
Cluster 3 deutet dagegen über Westeuropa einen markanteren Trogvorstoß an und
somit auch ein für das Vorhersagegebiet durchaus zyklonaler geprägtes
Wettergeschehen an. Eine Variante, die angesichts der Trockenheit und immer
wieder auftretenden Hitzeperioden durchaus wünschenswert wäre.

Die 850 hPa-Temperaturen der Rauchfahnen verschiedener Gitterpunkte im
Vorhersagegebiet verlaufen bis Sonntag in einem zumeist engen Spread, wobei sie
vor allem über Süddeutschland mit Trogpassage am Samstag vorübergehend deutlich
absinken, während sich im Norden am Temperaturniveau zwischen Freitag und
Sonntag temperaturtechnisch nur wenig ändert. Nennenswerte Niederschlagssignale
haben nur einzelne Member auf der Agenda – typisch für hauptsächlich konvektiv
auftretende Niederschläge.
Ab Montag wird der Spread dann rasch und deutlich größer, wobei sich Haupt- und
Kontrolllauf durchgehend im oberen Bereich bewegen. Auch die meisten Member
bündeln sich in diesem Bereich (von Montag bis Mittwoch zwischen 9 und 12 Grad
in Norddeutschland bzw. zwischen 13 und 17 Grad im Süden), einige kalte
Ausreißer gehen aber im Norden auf 3 bzw. im Süden auf etwa 10 Grad zurück. Die
Kaltfrontpassage am Dienstag in einigen Modellen haben somit nicht allzu viele
Member auf der Agenda.

FAZIT:
Leider Andauer der Trockenheit in den meisten Regionen auf einem verbreitet
leicht übernormalen Temperaturniveau, zunächst aber ohne größere Hitze.
Erst zu Beginn der erweiterten Mittelfrist könnte eine kürzere Hitzewelle
eventuell wieder auf der Agenda stehen, für Süddeutschland ist diese sogar recht
wahrscheinlich.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Als signifikante Wettererscheinung steht einmal mehr lediglich Konvektion auf
der Agenda.
Vor allem am Freitag können bevorzugt im Süden und in der Mitte recht verbreitet
Gewitter auftreten. Im Fokus der überwiegend markanten Begleiterscheinungen
steht vor allem der Starkregen, was natürlich Hagel und Sturmböen nicht
ausschließt. Bzgl. Starkregen sind auch unwetterartige Erscheinungen kleinräumig
nicht ausgeschlossen. In der Nacht zum Samstag deuten dann die EPS-Verfahren am
Alpenrand auch mal flächendeckender auftretende Regenfälle an und haben geringe
Wahrscheinlichkeiten für mehrstündigen Starkregen auf der Agenda.
Auch am Samstag kann es bevorzugt im Südosten und Osten nochmals einzelne
kräftige Gewitter geben, danach beschränken sich konvektive Umlagerungen
hauptsächlich auf das Bergland.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff