S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 20.07.2022 um 10.30 UTC

Leicht wechselhaft mit kurzer Hitzewelle zum Wochenbeginn. Keine nennenswerte
Linderung der Trockenheit.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 27.07.2022

Insgesamt gestaltet sich die Mittelfrist leicht wechselhaft mit einem
Nord-Süd-Temperaturgefälle sowie mit einer kurzen aber knackigen Hitzewelle zum
Wochenbeginn.

Beim Blick auf die Wellenflüsse der vergangenen Woche zeigt sich über dem
Nordpazifik eine zunehmend meridional ausgerichtete Komponente in Richtung
Äquator dank einer blockierenden Antizyklone über dem Ochotskischen Meer. Von
daher nehmen die Amplituden der Wellen im nordpazifischen Sektor wieder zu und
einhergehend die probabilistische Zunahme von kräftigeren Blockierungen im
kanadischen Sektor. Inwieweit sich das stromab in Richtung Atlantik auswirkt ist
noch sehr unsicher, was auch durch stark schwankende Modelllösungen für den
Zeitraum der erweiterten Mittelfrist gezeigt wird.

Abgesehen davon dauert in dieser Mittelfrist (23. bis 27. Juli) die nahezu
neutrale NAO Lage mit progressiven Wellen vergleichsweise geringer Amplitude
weiter an. Im Übergangsbereich zur Stratosphäre weitet sich die kräftige
Subtropenhochzelle westwärts in Richtung Kanaren aus mit dem kräftigsten
Absinken, zirkumpolar gesehen, bei rund 20 bis 30 Grad Nord (im absinkenden Ast
der Hadley Zelle). Schaut man sich das 14-tägige Mittel vom Omega an, so ist das
stärkste Absinken bei knapp 30 Grad Nord in rund 800-600 hPa zu finden, wobei
diese Mittelung die zahlreichen intensiven Antizyklonen in diesen Breiten
hervorhebt (Süden/Mitte der USA, Südwest/Westeuropa).
Somit kann man weiterhin davon ausgehen, dass sich vorerst im Mittelmeer nichts
an Hitze, Trockenheit und Waldbrandgefahr ändern wird (außer, dass sich diese
Luftmasse immer weiter aufheizt und einhergehend auch die maritime Hitzewelle im
westlichen Mittelmeer mit prognostizierten SST Abweichungen von aktuell 3-5
Kelvin auf 4 bis 7 Kelvin immer weiter aufschwingt).

Was ändert sich noch? Im Sektor 1 (westliche Hemisphäre und Afrika) des RRM
Phasendiagramms für die MJO Vorhersage deutet sich eine aufbauende MJO-Welle an.
Inwieweit diese Welle Einfluss auf das (süd)europäische Wetter ausübt ist jedoch
noch nicht abzuschätzen, da ihre Intensität eher gemäßigt ausfallen sollte.

Wie sieht nun die Mittelfrist heute aus?

Am Samstag erwartet uns weiterhin eine Tropassage, die in den vorherigen Läufen
erst etwas verzögert wurde und nun mit dem jüngsten Lauf wieder zügiger
gerechnet wird. Abgesehen von diesen zeitlichen Unschärfen passiert eine immer
mehr ins schleifen geratende Kaltfront Deutschland, die irgendwo über der Mitte
zum Liegen kommt und modifizierte marine Polarluft in Norddeutschland von der
gealterten Subtropikluftmasse im Süden trennt. Aus der Nacht (zum Samstag)
heraus überqueren den Süden und Osten noch teils kräftige Schauer und Gewitter,
die sich südlich der Donau bis in die Abendstunden halten können. Ansonsten
sorgt Druckanstieg von Westen für rasche Wetterberuhigung und freundliches,
teils auch sonniges sowie trockenes Wetter.

Am Sonntag erfolgt die Keilpassage bzw. progressive Bodenhochpassage (gekoppelt
an die den Kurzwellentrog begleitende KLA bzw. von Westen durch einsetzende WLA
bereits wieder gestutzt). Die Temperaturwerte in 850 hPa liegen am Morgen von
Nord nach Süd zwischen 9 und 14 Grad und steigen bis zum Abend auf 11 bis 19
Grad. WLA Bewölkung überstreicht den Norden Deutschlands, ansonsten scheint die
Sonne und dank der Erwärmung in der unteren/mittleren Troposphäre sind auch
orografische Schauer/Gewitter kein Thema.

Zum Montag erfolgt dann die nächste und dieses Mal etwas dynamischere Annäherung
eines nordatlantischen Troges, dessen Frontensystem im Tagesverlauf auf den
Westen übergreift. Von daher gestaltet sich der Tag im Osten durchweg sonnig und
trocken, während sonst im Westen und aus den Alpen heraus im Tagesverlauf teils
kräftige Schauer und Gewitter drohen. Auch wenn aus heutiger Sicht die Feuchte
etwas mager ausfällt, so reichen Labilität und Scherung für organisierter
Aufwinde aus, die Hagel, Starkregen und Sturmböen bringen können. Diese
Niederschläge breiten sich in der Nacht zum Dienstag über ganz Deutschland
ostwärts aus. Wir sprechen aber nicht von flächendeckenden, sondern konvektiven
Niederschlägen und einem daraus resultierenden stark inhomogenen Muster der
akkumulierten Niederschläge (meist nichts bis wenige Liter auf den Quadratmeter
in 24h, mit Glück bis zu 20 l/qm). Präfrontale 850 hPa Temperaturwerte von 18
bis 23 Grad weichen postfrontalen 9 bis 14 Grad.

Dienstag und Mittwoch gestalten sich unter zyklonalem Einfluss weiterhin leicht
wechselhaft, wobei noch unklar ist, wie weit die Kaltfront vom Montag in den
Süden Deutschlands vorankommt bzw. wenn sie es macht ggf. wieder zügig nach
Norden in Richtung Mitte Deutschland gedrückt wird. Entsprechend markant fällt
zum Mittwoch der Temperaturgradient aus mit 850 hPa Werten von +2 Grad über Sylt
und 16 Grad in Bayern. Leicht wechselhaft bedeutet, dass je nach Hebungsantrieb
regional Schauer und Gewitter auftreten, die im Süden dank der energiereichen
Luftmasse kräftiger, im Norden deutlich schwächer ausfallen.

Im Norden beginnt die Mittelfrist mäßig warm mit 21 bis 24 Grad (frischer, dank
auflandigem Wind, im Küstenumfeld), bevor sich zum Sonntag/Montag auch hier
hochsommerliche Werte von 25 bis 31 Grad einstellen. Ab Dienstag geht es mäßig
bis sommerlich warm weiter (23 bis 27 Grad).

Im Süden beginnt und endet die Mittelfist mit hochsommerlichen Werten von 25 bis
30 Grad, nur unterbrochen von einer erneuten Hitzewelle mit der
voraussichtlichen Spitze am Montag (33 bis 36 Grad nach MOS, ich gehe aber eher
auf bis zu 38 Grad entlang des Oberrheins).

In der Nacht zum Sonntag kann vielerorts durchgelüftet werden bei 14 bis 9 Grad,
nur entlang des Oberrheins etwas milder. In der Folge drohen dann zum
Wochenbeginn wieder Tropennächte in den Ballungsräumen und allgemein
Tiefstwerten von über 15 Grad, bevor diese ab der Nacht zum Mittwoch wieder
etwas zurückgehen.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich dann nach Abzug des Troges eine
erneute Keilaufwölbung über Westeuropa an. Je nach Geometrie der Tröge, die über
dem Nordatlantik nahen, kann dabei wieder heiße Mittelmeerluft angezapft werden
und die Optionen einer vorübergehend etwas blockierender aufgestellten
Antizyklone über West-/Mitteleuropa sehen etwas besser aus, auch wenn jedoch in
der oberen Troposphäre keine anhaltend blockierende Signatur im Geopotenzial zu
erkennen ist (blockierend eher durch feedback der „flash drought“ mit der
überhitzten Luftmasse und großräumigerem Druck-/Geopotenzialanstieg über
Westeuropa). Solange das Absinken über dem Mittelmeer weiter forciert wird
können die Wellen vom Nordatlantik recht gut nach Osten und somit nach
Mitteleuropa/Skandinavien vorankommen. Also von daher kann man der Tendenz der
Langfristvorhersagen folgen und auch in der erweiterten Mittelfrist einen
tendenziell eher gemäßigten Norden und hochsommerlich warmen bis heißen Süden
Deutschlands erwarten mit der Option von (hoffentlich) progressiven, aber
kräftigen Hitzewellen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Montag ergeben sich zu gestern keine Änderungen und in den
jüngsten 5 Modellläufen des IFS wird ein recht homogenes Bild einer leicht
progressiven Westströmung gezeigt. Dabei passiert eingangs der Mittelfrist
(Samstag, den 23. Juli) ein Trog Deutschland, bevor sich in der Folge wieder ein
Keil in Richtung Deutschland aufwölbt. Der Keil wird ein bisschen schwächer und
östlicher gerechnet, sodass der Westen bereits von Sonntag auf Montag zyklonaler
geprägt ist.

In der Folge wird die nächste Annäherung eines atlantischen Troges zügiger
gerechnet, sodass bereits am Dienstag mit einer erneuten Trogpassage zu rechnen
ist.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Beim Blick auf die internationale Modellpalette sieht es sehr ähnlich aus.
Zunächst herrscht bezüglich des Ablaufs große Einigkeit, bevor dann die
Diskrepanzen zum Ende der Mittelfrist mit Blick auf den Trog über dem
Nordostatlantik zunehmen. Zum Dienstag liegt IFS mit der Trogachse rund 800 km
östlicher als ICON, während GFS einen Mittelweg fährt. Entsprechend ist noch
unklar, wann genau die Kaltfront auf Deutschland übergreift und wie schnell die
Hitze nach Osten abgedrängt wird. Nach GEM könnte es auch am Dienstag im
Südosten Deutschlands nochmal sehr heiß werden. Abgesehen davon aber bieten alle
Modelle einen recht einheitlichen Fahrplan dieser leicht progressiv angehauchten
Mittelfrist.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Auch bei der Clusteranalyse ist der sichere Beginn mit zunehmenden
Unsicherheiten zum Ende gut zu erkennen.
Die Mittelfrist beginnt und endet mit 1 Cluster, wobei das Regime von NAO + zu
schwachem Atlantikrücken wechselt.
Im Übergangsbereich zur erweiterten Mittelfrist nimmt die Anzahl der Cluster auf
3 und ab Ende kommender Woche auf 4 zu, wobei die klimatologischen Einstufungen
von NAO+ über Atlantikrücken zur Blockierung wechseln. Allerdings ergeben sich
zu diesem Zeitpunkt erhebliche Unterschiede, wie progressiv und mit welcher
Amplitude die Wellen über den Nordatlantik nach Europa ziehen. Entsprechend
variable fallen mögliche Blockierungszentren aus. Insgesamt überwiegt im
Mittelmeerraum das höhere Geopotenzial, auch wenn es einzelne schwächere
Blockierungsoptionen gibt. Tendenziell sollte sich aber dort an der heißen
Witterung wenig ändern und somit auch die Hitze in greifbarer Nähe für
Deutschland bleiben.

Im Vergleich zu gestern kommen die Meteogramme etwas nasser daher mit 2
Schwerpunkten: in der Nacht zum Samstag abgesehen vom Norden deutschlandweit und
Samstag tagsüber im Osten sowie von Montag auf Dienstag. Dabei handelt es sich
aber um konvektiven Niederschlag, sodass sicher nicht jeder davon betroffen sein
wird.
Ansonsten zeigen die Meteogramme weiterhin den Hitzeschwerpunkt am Montag (enge
Memberbündelung) und hochsommerliche Werte im Süden mit gemäßigten Werten im
Norden. HRES und Kontrolllauf sind in den Rauchfahnen (850 hPa Temperatur und
500 hPa Geopotenzial) gut eingebettet, bevor in der erweiterten Mittelfrist die
Streuung stark zunimmt.

Ähnlich sieht das GEFS aus, wobei die Hitzewelle am Montag hier nun besser
erfasst wird im Vergleich zu gestern. Allerdings bietet der Hauptlauf im Süden
Deutschlands eine insgesamt heißere erweiterte Mittelfrist an und lässt bald
wieder Ü20 Grad in 850 hPa von Süden hereinschwappen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

HITZE:

Der EFI (2m Temperatur) springt am Montag auf die Hitzewelle mit nun fast
deutschlandweit erhöhten Werten an (EFI bei 0.8 und positivem SOT). In
Verbindung mit den trockenen Böden wird auch das wieder ein markantes Ereignis
werden, wenngleich sehr kurzlebig. Ansonsten stehen (dem Modellklima
entsprechend) normale Temperaturverhältnisse bevor.

Der leicht wechselhafte Charakter macht der Trockenheit keinen Abbruch und
bleibt neben der Waldbrandgefahr vorherrschend (wenngleich die Brandgefahr
regional dank der konvektiven Niederschläge etwas zurückgehen könnte).

GEWITTER:

Am Samstag entwickeln sich im Süden und Osten noch kräftige Schauer und
Gewitter, lokal mit Unwetterpotenzial.

Auch von Montag auf Dienstag können sich von West nach Ost kräftige, teils auch
unwetterartige Gewitter entwickeln.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy