S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.07.2022 um 10.30 UTC

Zunächst sehr heiß und störungsfrei, zum Mittwoch wieder steigendes
Schauer-/Gewitterrisiko und zurückgehendes Temperaturniveau. Unsicherheiten
insgesamt groß.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 22.07.2022

Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Montag liegt Deutschland im
Einflussbereich eines Höhenkeils, dessen Achse sich von Westeuropa (westliches
Mittelmeer-Britische Inseln) zunehmend positiv in Richtung Deutschland neigt.
Der osteuropäische Höhentrog verlagert sich in diesem Zuge ebenfalls ostwärts
und verliert auch im Nordosten seinen Einfluss, Feuchtereste liegen evtl. noch
über dem Nordosten, großartige Wetterwirksamkeit wird dabei aber nicht zu
erwarten sein. Deutschland liegt unter Hochdruckeinfluss, auch wenn das
Bodenhoch nicht sonderlich kräftig, aber recht umfangreich ist. Die Erwärmung
von Westen/Südwesten her macht Fortschritte, so dass die 10 Grad-Isotherme in
850 hPa die Oder erreicht, im Westen und Südwesten werden 850 hPa Temperaturen
zwischen 15 und 18 Grad erwartet.

Am Dienstag liegt die Achse des Höhenkeils direkt über Deutschland, die heiße
Luftmasse mit 850 hPa-Temperaturen zwischen 17 Grad im äußersten Osten und bis
zu 23 Grad im Westen und Südwesten hat ganz Deutschland im Griff. Damit sind
nach aktuellem Stand der Dinge Höchsttemperaturen verbreitet zwischen 32 und 35,
im Westen und Südwesten bis 39 Grad zu erwarten, nur ganz im Norden wird wohl
die 30 Grad-Marke nicht überschritten. Hinsichtlich der Wetterentwicklung
beginnen hier allmählich die Unsicherheiten. Von Westen nähert sich die
Vorderseite des atlantischen/westeuropäischen Höhentroges und im Bodenniveau ein
Bodentrog, der von eine Bodentief bei den Britischen Inseln ausgeht. Die Frage
ist, ob dieser Bodentrog bereits auf die westlichen Landesteile übergreifen kann
und damit erste Schauer/Gewitter auslöst. Niederschlagssignale gibt es bisher
dafür (noch?) kaum.

Am Mittwoch greift der recht kurzwellige Trog von Westeuropa auf Deutschland
über, damit wird der Keil abgedrängt bzw. „abgehobelt“. Die wärmste Luft mit 850
hPa-Temperaturen zwischen 17 und etwa 20 Grad liegt über der Osthälfte, im
Westen sickert etwas weniger heiße Luft mit Temperaturen in 850 hPa zwischen
etwa 12 und 17 Grad ein, die dann in der Nacht zum Donnerstag auch bis an die
Oder vorankommt. Am Boden greift die Tiefdruckrinne bzw. der vorlaufende
Bodentrog auf Deutschland über, der von einem Tief bei den Britischen Inseln
bzw. der nordwestlichen Nordsee ausgeht und verlagert sich im Tagesverlauf/in
der Nacht zum Donnerstag bis in den Osten/Nordosten. Beginnend im
Westen/Südwesten, später auch im Alpenraum und noch später dann auch im
Nordosten muss mit Schauern und wohl teils kräftigen Gewittern gerechnet werden.
Wie kräftig und wie verbreitet die Schauer/Gewitter auftreten ist noch recht
unsicher, zunächst ist die Luftmasse noch relativ trocken, wird dann aber wohl
von Westen deutlich angefeuchtet. So richtig markante Signale liegen aktuell
allerdings noch nicht vor.

Am Donnerstag setzen sich die Unsicherheiten fort. Die aktuelleren Modellläufe
lassen den Kurzwellentrog ostwärts ablaufen und nachfolgend soll es zu einer
erneuten Aufwölbung eines flachen Keils von Südwesten her kommen, damit würde
die Strömung wieder auf Südwest drehen und insbesondere in den Süden würde der
Zustrom sehr warmer Luftmassen (>15 Grad in 850 hPa) wieder verstärkt. Die
Tiefdruckrinne samt schauerartiger Niederschläge verlagert sich ostwärts gen
Polen und von Westen streckt sich ein Keil des Bodenhochs über dem nahen
Ostatlantik bis in den Westen Deutschlands.

Am Freitag herrscht leichter Hochdruckeinfluss, allerdings soll sich von
Nordwesten bereits der nächste Trog nähern und für schauerartige, evtl.
gewittrige Niederschläge sorgen. Im Nordwesten würde dann auch ein weiterer
Temperaturrückgang den (Temperatur-) Gradienten über Deutschland verschärfen.
Hinter dieser Entwicklung sind die Fragezeichen aber durchaus noch recht groß,
so zeigen sich mal nur mit Blick auf die 850 hPa-Temperaturen Differenzen von 5
bis 10 Kelvin zwischen den vorliegenden IFS-Modellläufen.

Was aber allen aktuell vorliegenden Modellläufen gemein ist: Es sind keine
nennenswerten, will heißen vor allem flächendeckenden Niederschläge in Sicht,
die die Trockenheit beenden oder zumindest mindern könnten.

Aussagen für die erweiterte Mittelfrist sind mit Hinblick auf die bereits sehr
großen Unsicherheiten am Donnerstag/Freitag nicht möglich, die Vorschläge der
Numerik reichen aktuell von Trog Westeuropa mit Keil über Deutschland bis Trog
Mitteleuropa…

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Einheitlichkeit der vorliegenden IFS-Läufe beginnt bereits ab
Dienstag/Mittwoch kommender Woche deutlich nachzulassen. Klar ist wohl das
deutlich steigende Temperaturniveau zu Beginn der kommenden Woche und dies
zumindest Montag und wohl auch Dienstag unter störungsfreien Bedingungen.
Hinsichtlich der Wetterentwicklung nach dem Hitzepeak am Dienstag bestehen also
noch recht große Unsicherheiten hinsichtlich des Timings und der Ausprägung des
Übergangs in eine zyklonal geprägte Phase beginnend mit der Vorderseite des
Höhentroges und dessen Passage im Laufe des Mittwochs. Auch nachfolgend ist noch
nicht klar, ob sich ein neuerlicher Höhenkeil aufwölbt (so wie es im Prinzip die
neueren IFS-Läufe simulieren), der mindestens mal die südlichen Landesteile
beeinflusst oder ob sich ein Höhentiefkomplex über Nordeuropa etabliert, der
sich auch Deutschland weitgehend auf das Wetter in Deutschland auswirken würde.
Diese verschiedenen Varianten zeigen sich auch in einer deutlichen Differenz der
850 hPa-Temperaturen.

Allen Modellläufen gemein ist aber, dass keine flächigen und von lokalem
Starkregen abgesehen schon gar keine größeren Regenmengen (in der Fläche) zu
erkennen sind.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ein Blick auf andere Globalmodell wie ICON und GFS bestätigt leider keine
konkrete Wetterentwicklung, sondern die große Unsicherheit: Hinsichtlich der
Hitze am Montag und Dienstag sind sowohl ICON als auch GFS insbesondere in der
Ausprägung nach Norden hin zurückhaltender als das IFS. Den Kurzwellentrog zum
Mittwoch hin hat ICON zwar über Westeuropa etwas weiter nach Süden ausgreifend,
dafür aber verzögert im Programm und lässt ihn in der Folge mehr nordostwärts
gen Dänemark ablaufen, damit würde wohl der Südosten Deutschlands hinsichtlich
Konvektion außen vor bleiben. GFS wiederum zeigt am Dienstag ebenfalls eine
Tiefdruckrinne am Boden, allerdings lässt es den Kurzwellentrog ziemlich weit
nördlich über die Nordsee ziehen, so dass Hebungsimpulse am ehesten den
Nordwesten und Norden betreffen würden, im Süden müsste lediglich das Bergland
für die Auslöse von Schauern/Gewittern herhalten. Zum Ende der kommenden Woche
setzt das GFS dann auf Trogvorderseite, im ICON ist die Trog-Keil-Struktur nach
Westen verschoben und über Deutschland eher auf der antizyklonalen Seite, der
aktuellste IFS-Lauf liegt irgendwo dazwischen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse des IFS-EPS zeigt für den ersten Zeitraum von Montag 00 UTC
bis Dienstag 00 UTC (+72 bis +96 h) zwei relativ gleichstarke Cluster (27 bzw.
24 Member), Haupt- und Kontrolllauf werden in Cluster eins einsortiert und beide
Cluster werden dem Regime Blocking zugeordnet. Das Blocking bezieht sich auf den
Keil über Westeuropa, dessen Achse sich allmählich gen Mitteleuropa neigt und
für unseren Vorhersageraum lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
erkennen. Im Folgezeitraum von Mittwoch 00 UTC bis Freitag 00 UTC wird ein
Cluster gezeigt, der weiterhin dem Blocking-Regime angehört, aber eben den
Durchgang des relativ kurzwelligen Troges etwa vom Kanal in Richtung südliche
Ostsee zeigt. Von daher ist die Trogpassage an sich schon recht sicher, die
Unsicherheiten im Timing und in der Ausprägung, die sich in der Betrachtung der
letzten drei Hauptläufe zeigt, kommt aber in der Clusterung offensichtlich nicht
zur Geltung.
Die Unsicherheiten in der erweiterten Mittelfrist spiegeln sich dann in der
Clusteranalyse des Zeitraumes +192 bis +240 h (Samstag 00 UTC bis Montag 00 UT)
dann aber doch wieder, in dem vier Cluster mit 18, 12, 11 und 10 Membern
angeboten werden. Haupt- und Kontrolllauf finden sich in dem recht schwach
besetzten Cluster drei (11 Member) wieder. Während somit der Hauptlauf in einem
Cluster mit einem Keil über Westeuropa und einem Trog über dem östlichen
Mitteleuropa zu finden ist, setzt die Mehrzahl der Ensemblemitglieder (18+12)
auf eine überwiegend zyklonal geprägte Witterung am Südrand eines recht
umfangreichen Langwellentroges, lediglich der Süden könnte danach von einem
flachen Keil über Südeuropa profitieren.

Die Rauchfahnen zeigen eine verlässliche Prognose mit geringem Spread
hinsichtlich Temperatur in 850 hPa und Geopotenzial in 500 hPa bis
einschließlich Dienstag – und das ohne jegliche Niederschlagssignale zu Beginn
der kommenden Woche. Ab Mittwoch nimmt der Spread an allen betrachteten
Stationen in Deutschland deutlich zu. Bei der Temperatur in 850 hPa zeigt sich
hinsichtlich der Mehrheit der Ensemblemitglieder der Trend nach unten. Die
Niederschlagssignale nehmen deutschlandweit ab Mittwoch zu, hinsichtlich der
Peaks einzelner Ensemblemitglieder ist Starkregen schon mal möglich, aber sehr
markant sind die Hinweise auf zumindest lokal größere Niederschlagsmengen nicht.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Als vordringlichste signifikante Wettererscheinung steht die Hitze am Montag und
Dienstag an: Hier liefert auch der EFI deutliche Signale für Montag noch mit
Ausnahme des Ostens, am Dienstag dann für ganz Deutschland mit den
erwartungsgemäß stärksten Signalen in der Westhälfte und am Mittwoch mit
weiterhin deutlichen, aber nachlassenden Signalen für überdurchschnittliche hohe
Tagesmaxima mit einem sich etwas in die Mitte bzw. nach Osten verlagernden
Schwerpunkt. Auch am Donnerstag liegen insbesondere im Süden/Südosten noch
leichte Signale für hohe Tageshöchsttemperaturen vor. Mit Hitzewarnungen dürfte
daher insbesondere im Süden und der Mitte zu rechnen sein.

Hinsichtlich anderer signifikanter Wettererscheinungen sind die Signale weniger
deutlich. Markante Windböen sind eventuell Mittwoch für die Westhälfte ein
Thema, der EFI liefert hier leichte Signale. Für den Niederschlag liegen keine
belastbaren Signale vor (der EFI hat diesbezüglich nichts im Programm),
allerdings werden leichte Signale für CAPE bzw. CAPE shear für Mittwoch im
Alpenraum sowie im Westen/Südwesten Deutschlands und am Donnerstag noch im
Alpenraum bzw. im Südosten Deutschlands (östl./südöstl. Bergland) angeboten.
Soll heißen: Am Mittwoch und Donnerstag sind zumindest gebietsweise kräftigere
Schauer/Gewitter mit lokalem Starkregen oder auch Hagel denkbar.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger