SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.07.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zunächst nur an der See etwas Wind. Am Samstag dann bis in die Norddeutsche
Tiefebene windig, an der See teils stürmisch. Dazu in der Nordosthälfte einzelne
kurze Gewitter bzw. gewittrige Schauer. Am Sonntag wieder etwas ruhiger.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein abgeflachtes
Omegamuster mit Trögen über dem mittleren Nordatlantik sowie dem nahen
Osteuropa/östlichen Mitteleuropa und einem Rücken genau dazwischen. Abgeflacht
das Ganze deswegen, weil das Muster im Norden durch die leicht mäandrierende
Frontalzone gedeckelt ist und daher die Amplituden flacher ausfallen als im
klassischen Fall. So oder so, das Muster entpuppt sich als nahezu stationär, so
dass am bevorstehenden Wochenende und möglicherweise auch noch zu Beginn der
neuen Woche keine nennenswerten Verrückungen zu erwarten sind. Für Deutschland
bedeutet das bis auf Weiteres eine nordwestliche Höhenströmung mit leicht
wechselnder Kontur.

Aber nicht nur die Potenzialstruktur erweist sich als persistent, auch die
Bodendruckverteilung überzeugt aktuell nicht gerade durch Variantenreichtum. Auf
der einen Seite das kräftige und nahezu ortsfeste Hoch IOSIF mit Zentrum
westlich Irlands (etwas über 1035 hPa), von dem aus ein Keil mal etwas mehr, mal
etwas weniger bis nach Mitteleuropa ausschlägt. Auf der anderen Seite über
Skandinavien hinwegziehende Tiefs, deren Ausläufer in Form von Fronten
insbesondere den Norden und Osten des Vorhersageraums traktieren. Dazwischen
wird eine nordwestliche Strömung generiert, mit der nur mäßig warme, im Norden
mitunter gar kühle und häufig wolkenreiche Nordseeluft advehiert wird.

Zur aktuellen Lage der Dinge, zu der es eigentlich gar nicht so viel zu sagen
gibt. Der Südwesten, der im Bereich der Divergenzachse des Hochkeils liegt,
glänzt durch Wolkenarmut, was im Laufe der Nacht auch so bleiben wird. Ansonsten
präsentiert sich der Himmel teils locker, teils stärker bewölkt. Vereinzelt
entwickeln sich in den nächsten Stunden unter gütiger Mithilfe von
Küstenkonvergenz und Orografie sowie eines in der Nordhälfte agierenden
wellenden Frontenzugs schwache Schauer oder es fallen ein paar Tropfen
(Niesel)Regen. Der West-Nordwestwind bleibt an der Küste mäßig bis frisch
unterwegs mit der einen oder anderen Böe 7 Bft an der Ostsee sowie an der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Die Tiefsttemperatur liegt zwischen 15
oder 16°C unmittelbar an der See und bis zu 6°C in einigen Senken der west- und
südwestdeutschen Mittelgebirge.

Samstag … schwenkt ein Randtrog über Südskandinavien hinweg genau in den
Haupttrog hinein, um diesen zu regenerieren. Bei uns macht sich die Passage
dahingehend bemerkbar, als dass die nordwestliche Höhenströmung gegenüber heute
eine zyklonalere Färbung erhält. Gleichzeitig greift von Norden her die
Kaltfront des o.e. wellenden Frontenzugs über, der zu dem flachen Tief XEZAL
gehört. Dieses Tief liegt um 12 UTC mit wenig unter 1010 hPa unweit der
Aland-Inseln am Südrand des Bottnischen Meerbusens, von wo aus in der Folge
Finnland angesteuert wird. Derweil zieht sich der Hochkeil im Süden etwas nach
Westen zurück, was schlussendlich dem ganzen Land Druckfall beschert. Da dieser
im Süden schwächer ausfällt als im Norden, kommt es besonders in Norddeutschland
zu einer kontinuierlichen Gradientverschärfung, an der die Windentwicklung nicht
spurlos vorbeikommt. Mit anderen Worten, der Nordwestwind frischt mit
zunehmender Tageslänge immer weiter auf und erreicht bis ins norddeutsche
Tiefland ausgreifend in Böen Stärke 7 Bft, an der Ostsee sowie zwischen Sylt und
Elbmündung ebenso wie auf dem Blocksberg 8 Bft.

Wettertechnisch geht entsprechend des zyklonaleren Setups ebenfalls etwas mehr
als heute. Lediglich im Südwesten, schwerpunktmäßig in BaWü, greift weiterhin
der Hochkeil, so dass erneut die Sonne scheint und sich die Luft auf bis zu 28°C
erwärmt. Ansonsten ziehen von Norden her mit bzw. vor der Kaltfront Schauer und
vereinzelt sogar kurze Gewitter über die Mitte bis in Teile Mittel- und
Oberfrankens sowie der Oberpfalz. Schaut man sich die Prognosesoundings für
morgen Nachmittag an, dann wird relativ schnell klar, dass das ganz große
Feuerwerk nicht zu erwarten ist. Eine relativ schmale Labilitätszone erstreckt
bis maximal 600 hPa, wo in etwa die für elektrische Entladungen neuralgische
-10°C-Marke liegt. Mit Hilfe weniger hundert Joule pro Kilogramm CAPE (PPWs um
25 mm) reicht das, um vereinzelte Überentwicklungen in Form von nicht allzu
langlebigen Einzelzellen, z.T. vielleicht sogar nur gewittrigen Schauern zu
generieren. Diese dürften bei Höhenwinden von maximal 30 Kt auf 850 hPa im
Wesentlichen von Böen 7 Bft begleitet werden (=> gelbe Warnungen). Böen 8 Bft
sind eher unwahrscheinlich und auch Starkregen bietet sich aufgrund ausreichend
Mobilität der Zellen nicht unbedingt an.

In der wolkenreichen und vor allem im Norden recht kühlen maritimen Polarluft
(postfrontaler Rückgang T850 auf 5 bis 2°C) werden Tageshöchsttemperaturen von
20 bis 25°C, direkt an der See nur 18 oder 19°C erwartet.

In der Nacht zum Sonntag nimmt die nordwestliche Höhenströmung indifferente Züge
an, was aber nur von sekundärer Bedeutung ist. Die Kaltfront marschiert bis in
den Süden durch, wobei die Spur nach Osten zyklonaler ausfällt als im Südwesten.
Entsprechend fällt im Südosten noch zeitweise Regen, insbesondere an den Alpen,
wo es vorübergehend etwas staut. Üppig sind die apostrophierten Regenmengen aber
nicht, vielleicht reicht es im BGL sowie in der Chiemgauarena zu Ruhpolding für
5 bis 10 l/m². Postfrontal kommt es noch zu einzelnen schwachen Schauern,
während es im Südwesten unter gering bewölktem oder klarem Himmel trocken
bleibt. Während der Nordwestwind im Binnenland an Stärke verliert, bleibt er an
den Küsten flott unterwegs mit Böen 7-8 Bft.

Sonntag … ändert sich kaum was an der Potenzialverteilung und der daraus
resultierenden Höhenströmung. Nordwest ist weiterhin angesagt, was auch für den
bodennahen Wind gilt. Zwar verlagert der große IOSIF seinen Schwerpunkt unter
Substanzverlust auf unter 1030 hPa via UK/Irland zur südwestlichen Nordsee (24
UTC). Da wir aber auf der Ostflanke verbleiben, ändert sich an der Windrichtung
nicht viel. Insgesamt wird der Wind aber schwächer, was einzelne Böen 7 Bft an
der See sowie im nordostdeutschen Binnenland nicht ausschließt.

Darüber hinaus gibt es nicht viel Neues zu berichten. Südlich von Main und
Mosel, quasi im Bereich der Divergenzachse des nach wie vor präsenten Hochkeils,
scheint mal mehr (Südwesten), mal etwas weniger (Südosten) die Sonne. Mit bis zu
25°C am Oberrhein wird es dabei aber nicht mehr ganz so warm wie am Vortag.
Nördlich von Main und Mosel bestimmt wolkenreiche Nordseeluft das Geschehen, in
der es zu einzelnen schwachen Schauern oder lokal etwas (Niesel)Regen kommt.
Längere sonnige Abschnitte sind am ehesten an der Ostsee und später vielleicht
auch im nordostdeutschen Binnenland anzutreffen, wo die einströmende Luftmasse
durch Überquerung der norwegischen Gebirge abgetrocknet ist. Bei
850-hPa-Temperaturen von 4 bis 7°C wird es nicht wärmer als 17 bis 22°C, wobei
Werte unter 20°C nicht mehr nur auf die direkte Küste und die Inseln sowie
höhere Lagen beschränkt sind, sondern nun auch Teile des Binnenlands betreffen.

In der Nacht zum Montag schwenkt ein kleiner Randtrog südostwärts über
Deutschland hinweg, was vor allem IFS von 00 UTC dazu inspiriert hat, zwischen
Deutscher Bucht und östlicher Mitte schauerartigen Regen von lokal bis zu 5 l/m²
zu simulieren. Andere Modelle, darunter auch ICON, teilen diesen Optimismus
nicht und warten nur mit ein paar schlappen Schauern auf. Fakt ist, dass es im
Südwesten weiterhin gering bewölkt oder klar bleibt und dass der Wind im Zuge
kontinuierlicher Gradientaufweichung immer schwächer wird.

Montag … rücken Bodenhoch und Höhenrücken zwar etwas dichter an den
Vorhersageraum heran, trotzdem bleibt auch zu Beginn der neuen Woche die
nordwestliche Grundströmung mit leichtem Touch zur Rechtdrehung erhalten. Im
Nordosten (Skandiföhn) und im Südwesten (Südlich der Divergenzachse) scheint
dabei häufig die Sonne, während der Tag in einem von der Nordsee und den
Niederlanden südostwärts verlaufenden Korridor wechselnd wolkig mit einzelnen
schwachen Schauern verläuft. Der Wind – im Süden übrigens auf Nord bis Nordost
drehend – spielt warntechnisch keine Rolle mehr. Mit 21 bis 26°C, im Südwesten
punktuell 28°C wird es landesweit wieder wärmer. Einzig direkt an der Nordsee
wird aufgrund der Bewölkung und der auflandigen Windkomponente nicht überall die
20°C-Marke erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle sind sich weitgehend einig. Kleinere Abweichungen fallen nicht
sonderlich ins Gewicht respektive sind nicht warnrelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann