S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.07.2022 um 10.30 UTC

Vielfach ruhiges Sommerwetter ohne Hitze. Nur im Norden und Nordosten zeitweise
windig und leicht wechselhaft. Anhaltende Trockenheit.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 15.07.2022

Zu Beginn der kommenden Woche befinden wir uns auf der Rückseite eines Cut-Offs
über Polen. Die hoch barokline Frontalzone über dem Atlantik verläuft etwa zonal
entlang des 50. Breitengrades, bevor sie dicht westlich von Irland und
Schottland nach Norden abknickt. Durch die vorderseitige WLA wird ein Rücken
gestützt, der sich ausgehend von den Azoren über die Britischen Inseln bis nach
Mittelnorwegen erstreckt.
Dieser wiederum stützt das Bodenhoch IOSIF mit Zentrum über der südwestlichen
Nordsee, das uns bereits aus der Kurzfrist bestens bekannt ist. Im Zusammenspiel
mit einem Keil mit 1020 hPa über dem Balkan resultiert daraus für die Bereiche
entlang und nördlich der zentralen Mittelgebirgsschwelle eine eher kühle
Nordwestströmung in einer teils feuchten Grundschicht. Vor allem im Nordweststau
von Erzgebirge, Rhön, Harz, Weserbergland und Sauerland tut sich die Sonnen
mitunter sehr schwer gegen den kompakte Nordsee-Sc anzukommen. Stellenweise kann
es daraus auch ein wenig tröpfeln. Auch im Grenzbereich zu Polen gibt es ein
geringes Schauerrisiko im Randbereich des Cut-Offs, vielfach bleibt es aber
trocken. Mit jedem Kilometer Richtung Ostsee steigen die Chancen auf längeren
Sonnenschein mit leichter Unterstützung des skandinavischen Gebirges und
auflandigem Wind (neue tagesgangbedingte Quellungen erst landeinwärts) an.
„Kühl“ heißt dabei aber angesichts der für die Jahreszeit ungewöhnlich hohen
Wassertemperaturen immerhin noch 18 bis 23 Grad.
Südlich der Divergenzachse, die in etwa südlich von Main und Mosel verläuft,
überwiegen die Sonnenanteile bei bis zu 27 Grad am Oberrhein.

Zum Dienstag verlagert sich das Strömungsmuster mit Formation eines markanten
Kurzwellentroges über dem nahen Ostatlantik, der innerhalb der Frontalzone rasch
ostwärts gesteuert wird, leicht progressiv nach Osten. Die im großen und ganzen
doch recht flache Achse des Rückens schenkt dabei zunehmend nach Mitteleuropa,
die Höhenströmung bleibt im allgemeinen eine nordwestliche. Bodennah erreicht
die Hochzelle IOSIF damit auch den Westen Deutschlands. Das überlagerte Absinken
sorgt zum einen für eine Abtrocknung der Grundschicht, so dass die tiefe
Bewölkung nicht mehr ganz so ausgedehnt und kompakt daherkommt und die
Auslösetemperaturen auf ein Niveau ansteigen, wo zunehmend schon die Orographie
zur Hilfe eilen muss. Gleichzeitig greift allerdings auch Warmluftadvektion weit
im Vorfeld eines schleifenden Tiefausläufers über der nördlichen Nordsee von
Nordwesten über, was zu mehrschichtiger hoher und mittelhoher Bewölkung führt.
An der vorpommerschen Ostseeküste bleibt der West- bis Nordwestwind zeitweise
böig, im Westen mit Annäherung des Hochs zunehmend schwach umlaufend.

Am Mittwoch schwenkt der o.e. Kurzwellentrog vom Atlantik über die Nordsee
hinweg ostwärts. Daher gibt es in Küstennähe gewissermaßen mal einen zyklonalen
Streifschuss. Die dazugehörige Front, die bei uns durchgängig als Kaltfront
eines sich klassisch neu bildenden Tiefs über dem Oslofjord durchgeht, greift im
Laufe des Nachmittags von Nordwesten auf Deutschland über. Die Grundschicht ist
inzwischen sehr trocken und am Boden herrscht zumindest ab der Mitte und weiter
südlich Hochdruckeinfluss, so dass sich die Wetteraktivität auf die küstennahen
Gebiete und später den Nordosten beschränkt. Mehr als ein schmaler Streifen mit
schauerartigen Regenfällen, die in der Fläche kaum einmal 5 l/qm bringen, ist
aber kaum vorstellbar. Eventuell auch mal ein kurzes Gewitter. An der Südflanke
des Tiefs verschärft sich aber der Gradient ein wenig, so dass zumindest an der
See zeitweise starke Böen auftreten.
Im großen Rest des Landes bleibt es weiter (viel zu) trocken. Vor der Kaltfront
gelangt aus Südwesten vorübergehend ein Schwall sehr warmer bis heißer Luft nach
Deutschland, womit die Höchstwerte im Süden und Westen auf 27 bis 33 Grad
ansteigen, sonst auf 24 bis 28 Grad. Durch die bis dato kühlen Nächte und
vergleichsweise geringen Taupunkte ist die Hitze aber eine der Marke
„erträglich“.

Am Donnerstag und Freitag schwenkt der Trog mitsamt Kaltfront rasch ostwärts zum
Baltikum ab. Die west-/nordwestliche Strömung glättet einmal in der Höhe
komplett wieder durch Strömung glättet und vom Englischen Kanal kann sich der
Hochdruckeinfluss wieder kräftigen, der zum Ende der Mittelfrist zunehmend als
Brücke (naher Ostatlantik bis ins östliche Mitteleuropa daherkommt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der IFS Lauf zeigt in seinen Grundzügen ein sehr konsistentes Bild zu seinen
Vorläufen. Die Wetteraktivität der Kaltfront am Mittwoch sowie die „kühlen“
Streifschüsse im Norden und Nordosten bis zum Ende der Mittelfrist werden sogar
geringfügig stärker betont in den jüngsten Läufen. Die bereits in den Medien
groß angekündigte Hitze ist damit bis Ende nächster Woche in der Nordosthälfte
Deutschlands mal überhaupt kein Thema, eher Höchstwerte um oder knapp über 20
Grad.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

In den Basisfeldern und daraus folgenden Auswirkungen besteht in den
Globalmodellen untereinander kein nennenswerter Dissens.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Streuung in den Ensembleprognosen bleibt weiterhin erfreulich gering. Nach
einem allmählichen Anstieg der T850 landesweit bis an die 15 Grad zum Mittwoch
(um Süden auch knapp darüber), setzt sich mit Kaltfrontdurchgang deutlicher als
noch in den gestrigen Läufen ein neuerlicher Schwall kühlerer Meeresluft aus
Nordwesten mit T850 um 5 Grad, im Süden abgeschwächt um 10 Grad durch. In der
erweiterten Mittelfrist streben HL und CL zwar unisono die 20 Grad Marke (im
Norden um 15 Grad) in 850 hPa an, der Spread reicht allerdings von +5 bis +25
Grad und im EPS findet sich keine eindeutige Mehrheit für dieses Szenario.

Alarmierender ist definitiv die gähnende Leere in den Niederschlagsprognosen,
die bis auf wenige Außenseiter im einstelligen(!) Millimeter pro 6h Niveau, auf
der Trockenschiene beharren.

Die 3 gebildeten Cluster im Mittelfristzeitraum unterscheiden sich von den
Auswirkungen auf Deutschland kaum, die Prognosegüte ist entsprechend hoch.

In der erweiterten Mittelfrist mit Annäherung an die dritte Julidekade bleibt
die Frontalzone zonal und gut definiert, die Tiefdrucktätigkeit zumindest
zwischen Island und Südskandinavien rege. Das erschwert ein potentielles
Vorrücken der Hitzeglocke über Südwesteuropa nordostwärts ungemein. Bis auf
eventuelle Streifschüsse von Tiefausläufern im Norden und Nordwesten sind keine
nennenswerten Niederschläge in der Fläche absehbar.

FAZIT:
Beim Übergang in die Mittelfrist setzt sich das aus der Kurzfrist bekannte
Wechselspiel zwischen den Wetterlagen Na/NWa fort, wobei die Tendenz zunehmend
zu HB/HM geht. Konkret bedeutet das anhaltende Trockenheit bis zum Anschlag.
Allenfalls in Küstennähe bringen zyklonale Streifschüsse mal etwas Regen, vor
allem aber Wind (zeitweise Sturmböen) und vergleichsweise kühle Temperaturen um
oder nur wenig über 20 Grad. Im Norden und Osten ist die vor allem in den Medien
schon mehrfach apostrophierte Hitzegefahr in der kommenden Woche äußerst gering.
Im Süden und Südwesten sieht das schon ein wenig anders aus, eine richtige
Südwestströmung wird aber zunächst noch durch die Lage der Hochdruckbrücke quer
über Deutschland verhindert. Gleichwohl wird am Mittwoch die 30 Grad Marke
örtlich überschritten, bevor die Temperaturen zum Donnerstag wieder leicht
absinken. Aufgrund der geringen Luftfeuchte bleibt die Wärmebelastung
überschaubar und die nächtliche Abkühlung effizient.

Ob wir darüber hinaus nur eine Schonfrist genießen oder die ganz große Hitze
womöglich komplett ausbleibt, erfahren Sie wie immer rechtzeitig an dieser
Stelle.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Am Dienstag sind an exponierten Lagen Rügens und Usedoms einzelne stürmische
Böen (Bft 8) nicht ganz ausgeschlossen.

Im Laufe des Mittwochs und vor allem am Donnerstag an den Küsten erhöhte
Wahrscheinlichkeit für einzelne Sturmböen (Bft 8, exponiert auch 9) aus West bis
Nordwest. Signale im EFI findet man für allem über Dänemark, wo das Maximum mit
teils schweren Sturmböen zu erwarten ist.

HITZE/TROCKENHEIT:
Wie erwähnt sind zwar der Süden und Südwesten in der kommenden Woche immer mal
wieder anfällig für einzelne HITZE-Tage mit Höchstwerten knapp über 30 Grad.
Aufgrund der geringen Luftfeuchte und kühlen Nächte hält sich die Wärmebelastung
aber in Grenzen. Die Signale im EFI bleiben bis zum Ende der Mittelfrist
allesamt über der Iberischen Halbinsel und abgeschwächt noch über dem Westen und
Süden Frankreichs.

Schlimmer ist da schon die in vielen Regionen gravierende Trockenheit, die sich
mit ziemlicher Sicherheit weiter verschärfen dürfte.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen