SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.07.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Nacht zum Donnerstag und Donnerstag tagsüber wechselhaft mit mehr Niederschlag.
Windig, Küsten stürmisch. Nach Südwesten zu freundlich und meist trocken.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … liegt ein Trog vor den Toren Deutschlands und erfasst mit seiner
Achse in den kommenden Stunden Belgien und Holland. Auf der Vorderseite dieses
Troges passierte eine Welle mit geringer Amplitude Bayern ostwärts und ließ
entlang des Bayerischen Waldes im Nachmittagsverlauf nochmal kräftigere Schauer
und Gewitterzellen entstehen (punktuell unwetterartig durch Starkregen). Bis zum
Abend ziehen diese Niederschläge endgültig nach Tschechien und Österreich ab.
Ansonsten aber zieren zahlreiche Cumuli den Himmel, die zum Abend zunehmend in
sich zusammenfallen. Niederschlag fällt daraus keiner. Etwas dichter fällt die
Bewölkung im Umfeld der Trogachse über Nordwestdeutschland aus, wobei aber die
nachmittäglichen Schauer auch hier bis zum Abend zügig in sich zusammenfallen.
Die abendlichen Werte liegen bei 17 bis 19 Grad im Umfeld der Deutschen Bucht,
sonst zwischen 20 und 24 Grad und entlang/südlich der zentralen Mittelgebirge
zwischen 24 bis 28 Grad. Der Nordwestwind weht schwach, im äußersten Norden auch
mäßig.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt die Trogachse über Norddeutschland in
Richtung Oder und sorgt mit fokussierter Hebung besonders in Thüringen, Sachsen
und Sachsen-Anhalt für dichte Bewölkung mit etwas Niederschlag (wenige Liter in
12 Stunden und örtlich gewittrig durchsetzt in Richtung Oberlausitz). Im Verlauf
der zweiten Nachthälfte ziehen von der Nordsee einzelne Schauer in Richtung
Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und in ostseeküstennahe
Bereiche Mecklenburg-Vorpommerns. Abgesehen davon verläuft die Nacht meist klar
und trocken bei Tiefstwerten von 13 bis 9 Grad. In Richtung Eifel kühlt es ab
auf bis zu 7 Grad.

Mittwoch … verläuft dann unter schwachem Zwischenhocheinfluss zunächst
warntechnisch ruhig. Im Norden quillt es im Tagesverlauf stärker und es
entwickeln sich immer wieder schwache Schauer, die im Nachmittagsverlauf in
Richtung Oder driften. Auch am direkten Alpenrand herrscht ein geringes
Schauerrisiko. Sonst aber verläuft der Tag sonnig oder freundlich und trocken.

Etwas spannender verläuft der späte Nachmittag und Abend im Umfeld der Deutschen
Bucht. Dort nähert sich von Nordwesten eine Welle, die niedertroposphärisch von
einem seichten Bodentief begleitet wird, das „offshore“ im IFS-ENS noch gut
gebündelt zu erkennen ist, jedoch sich beim Landgang über Südnorwegen öffnet und
auch im „tracker“ mehr oder weniger verloren geht. Dieses System wird von einer
Warmfront begleitet, die jedoch im einsetzenden Okklusionsprozess immer
verwaschener daherkommt. Dennoch sorgt hochreichender Hebungsantrieb inklusive
der modifizierten subtropischen Luftmasse für ein kräftiges Niederschlagsgebiet,
das zum Abend die Nordfriesen und den Norden von Schleswig-Holstein erfasst mit
Mengen von 2 bis 5 l/qm in wenigen Stunden.

Die Höchstwerte liegen im Vergleich zu den Vortagen mit 18 bis 20 Grad im Norden
und sonst 20 bis 24 Grad, im Süden bis 26 Grad in kühleren Gefilden. Der
Nordwestwind weht meist schwach und frischt ab der Mittagszeit vorlaufend der
Welle über der Deutschen Bucht unter Drehung auf West stark böig auf. ICON-D2
EPS hebt dabei die Elbmündung mit 70% für Bft 8 Böen hervor, mehr sollte der
Gradient aber nicht hergeben (was auch dank der neutralen Schichtung und
fehlendem konvektiven Input zu einem Abfall der Wahrscheinlichkeiten auf 10% für
Bft 9 Böen führt).

In der Nacht zum Donnerstag passiert die Welle Dänemark und erfasst ausgangs der
Nacht weite Bereiche Norddeutschlands. Das mittlerweile teilokkludierte
Frontensystem wird zügig weiter nach Südosten geführt, wobei jedoch aus heutiger
Sicht noch immer ein dünner Warmsektor analysiert werden kann. Die skaligen
Niederschläge erfassen nach Mitternacht auch das Umfeld der Oder und gehen
stromauf im Warmsektor in zahlreiche Schauer über, die bei leichter Labilität
auch gewittrig ausfallen können. Dank der subtropischen Herkunft der Luftmasse
liegen die PPWs bei rund 30 mm, sodass konvektiv verstärkt die Niederschläge
teils kräftig ausfallen können. Ausgangs der Nacht erreicht dann die Kaltfront
die Deutsche Bucht. Der Schwerpunkt der Niederschläge erstreckt sich von der
Nordsee bis zur Oder mit 5-10 l/qm in 12 Stunden, strichweise bis 20 l/qm. Die
Mengen fallen in Richtung NRW/Hessen und Thüringen mit 1-5 l/qm geringer aus und
südlich der zentralen Mittelgebirge bleibt es bei wechselnder Bewölkung eh
überwiegend trocken.

Der West- bis Südwestwind weht in den meisten Regionen schwach und kommt im
Norden aus Nordwest, wobei der Wind in Richtung Küsten böig, zeitweise auch
stürmisch auffrischt (Bft 7-8). Die Tiefstwerte liegen zwischen 15 und 8 Grad.

Donnerstag … nähert sich vom südliche Norwegen der nächste Impuls, der als
scharf konturierte Kurzwelle über den Skagerrak/das Kattegat zieht und bis zum
Abend die westliche Ostsee erreicht. Dabei wird die mittlerweile
durchokkludierte Front unter Abschwächung in Richtung Tschechien/Polen und
Österreich gedrückt, sodass die skaligen Niederschlage den Osten Deutschlands
rasch verlassen. Danach folgt jedoch ein Schwall feuchter Meeresluft, die mit
dem Tagesgang auch moderat labilisiert wird (bis zu 600 J/kg SBCAPE), sodass ein
„Apriltag im Juli“ mit zahlreichen Schauern zu erwarten ist. Dabei nimmt ab der
Mittagszeit die Gewittergefahr besonders südlich der zentralen Mittelgebirge und
im Osten zu. Lokal droht Starkregen bei PPWs um 25 mm (jedoch abgeschwächt durch
eine zügige Verlagerung). Östlich einer Linie Allgäu – Hamburg fallen 12-std.
Mengen von 5 bis 10 l/qm, strichweise bis 20 l/qm.

Deutlich freundlicher und trockener verläuft der Tag im Westen, wobei es in
Richtung Oberrhein auch ganz trocken bleiben könnte.

Die Höchstwerte liegen deutschlandweit zwischen 18 und 23 Grad, entlang des
Oberrheins um 25 Grad.

Begleitet wird diese Welle von einem für Juli doch recht kräftigen Windfeld (EFI
Böen bei 0.8 mit leicht positivem SOT), das vor allem die Deutsche Bucht mit Bft
8 bis 9 Böen aus Nordwest erfasst. In Richtung Sylt kann auch eine einzelne Bft
10 nicht ausgeschlossen werden. Auch sonst muss in Verbindung mit der Konvektion
nördlich der zentralen Mittelgebirge immer wieder mit Böen Bft 7 gerechnet
werden, im exponierten Bergland sind ebenfalls stürmische Böen oder Sturmböen zu
erwarten. Im Westen weht der Wind meist nur mäßig aus Nordwest.

In der Nacht zum Freitag ist der Spuk auch fast schon wieder vorbei. Die
Kurzwelle läuft zügig über das Erzgebirge und den Bayerischen Wald in Richtung
Alpenraum ab, wobei sich besonders entlang der bayerischen Alpen eine
Nordstaulage einstellen dürfte. Dabei fallen die Stauniederschläge besonders bis
weit in die erste Nachthälfte konvektiv verstärkt aus bzw. sind eingelagerte
Gewitter möglich, sodass 12-std. Niederschlagsmengen von 20 bis 30 l/qm zu
erwarten sind, strichweise auch deutlich mehr. Inwieweit dieses Ereignis mit
einer Starkregen- oder Dauerregenwarnung bzw. mehreren Gewitterwarnungen bewarnt
wird ist noch unsicher. Immerhin heben die Ensembles die Stauregionen mit 30 bis
40% für markante Mengen hervor und zeigen mittlerweile auch geringe Signale für
das Erreichen unwetterartiger Mengen.

Abgesehen davon fallen die Schauer des Tages allmählich in sich zusammen und die
meisten erleben eine bewölkte, in Richtung Oberrhein auch überwiegend klare
Nacht ohne nennenswerte Niederschläge.

Bei Tiefstwerten von 15 bis 8 Grad weht der Nordwestwind meist schwach bis
mäßig, im Küstenumfeld zeitweise auch böig.

Freitag … sorgt ein neuer progressiver Keil mit geringer Amplitude für eine
deutliche Wetterberuhigung, wobei besonders im Norden und Osten mit Durchzug
ausgedehnter Wolkenfelder der eine oder andere schwache Schauer auftreten kann.
In Richtung Westen und Südwesten überwiegt der Sonnenschein bei trockenen
Verhältnisse. Die Höchstwerte liegen zwischen 19 und 25 Grad (am wärmsten in
Richtung Oberrhein) und das bei einem schwachen, im Nordosten auch mäßigen
Nordwestwind mit einzelnen Böen Bft 7 im Ostseeküstenumfeld.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Numerik erfasst die Kurzfrist sehr gut, sodass der gezeigte synoptische
Ablauf recht gesichert ist. Allerdings fällt auf, dass die Geometrie der Welle
am Donnerstag z.B. in den jüngsten GFS Läufen nochmals stark verändert wurde und
zwar von einem breiten Randtrog hin zu einer scharf konturierten Kurzwelle.
Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf das niedertroposphärische Windfeld, das
sich innerhalb der Numerik über der Deutschen Bucht für Donnerstag doch noch
nennenswert unterscheidet (ICON 40kn, IFS 30 kn, GFS zwischen 45 und 50 kn in
925 hPa). Somit können sich bei der Böenvorhersage für die Deutsche Bucht noch
Änderungen ergeben, was maßgeblich von der Zugbahn, Intensität und Geometrie der
Welle abhängt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy