S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 26.06.2022 um 10.30 UTC

Blockierendes Hoch über Skandinavien, am Freitag Kaltfrontdurchgang mit teils
schweren Gewittern, bis Freitag im Osten heiß. Am Wochenende Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 03.07.2022

Am Mittwoch liegt ein stark ausgeprägtes blockierendes Höhenhoch über Osteuropa
und dem Nordosten Skandinaviens. Es wird flankiert von einem Trog über Russland
und einem abgeschlossenen atlantischen Höhentief, dessen Trogachse über Irland
bis zur Iberischen Halbinsel verläuft. Somit ergibt sich eine
Omega-Konfiguration in der heiße nordafrikanische Luft über Osteuropa
ungewöhnlich weit nach Norden transportiert wird. Die 15°C-Isotherme liegt dabei
unter anderem über Spitzbergen. Ostdeutschland wird von dieser feuchten und
heißen Luft nur flankiert. Ansonsten ist unter schwachem Trogeinfluss und nur
schwachem Gradienten im Bodendruckfeld bei uns eine warme atlantische Meeresluft
wirksam mit 850-hPa-Temperaturen von 11 bis 15 °C. Vor allem im Osten wird
bodennah ziemlich feuchte Luft herangeführt, was zum Aufbau von 1-1,5 J/kg CAPE
führt. An der Westflanke einer Tiefdruckrinne, die von Ungarn bis nach Polen
reicht und einem durchziehenden Kurzwellentrog muss vorwiegend im Osten mit
teils schweren Gewittern gerechnet werden, die sich in Clustern organisieren
können.

Am Donnerstag kommt das atlantische Cut-Off-Tief langsam ostwärts voran. Dabei
wird mit einer südlichen Strömung zunehmend feuchtere Subtropikluft in den Osten
und in die Mitte herangeführt, während der Nordwesten unter der etwas kühleren
Atlantikluftmasse verbleibt. Die Strömungskonfiguration wirkt frontogenetisch,
wodurch sich der Temperaturgradient über Deutschland verschärft. In der
schwülwarmen Subtropikluft kommt es wieder zu kräftigen Schauern und Gewittern.
Die besonders in der Nacht zum Freitag verclustern können.

Am Freitag läuft das Cut-Off-Tief, bzw. der westeuropäische Langwellentrog
weiter gegen das blockierende Hoch über Nordosteuropa an. Die Trogachse verläuft
über die Nordsee bis nach Benelux und greift bis zum Abend auf den Westen über.
Dadurch gewinnt die sich weiter verstärkende Kaltfront an Fahrt und überquert im
Tagesverlauf die Mitte und den Osten Deutschlands mit teils schweren Gewittern.

Am Samstag tropft ein schwacher Kaltlufttropfen Richtung Österreich und
Tschechien ab. Das Trogresiduum überquert unter starker Verkürzung seiner
Wellenlänge Deutschland. Er wird dabei von einem nachrückenden Bodenkeil
überlaufen. Deutschland befindet sich unter dem Einfluss erwärmter maritimer
Polarluft mit 850-hPa-Temperaturen von 5 bis 10 °C.

Vom atlantischen Langwellentrog ausgehend zieht ein Cut-Off-tief westlich der
Iberischen Halbinsel. Dadurch wird eine Hitzeglocke, die sich über Nordafrika
gebildet hat, angezapft und erfasst im weiteren Verlauf Südwesteuropa, was die
Lage recht spannend macht. Gleichzeitig wird der Skandinavienblock ziemlich
schnell abgebaut, während die Lage über Nordeuropa zunehmend zonalisiert.

Am Sonntag ist zunächst einmal ein Höhenkeil über Deutschland wirksam, unter dem
sich die eingeflossene kühlere Luft etwas erwärmen kann.

Im weiteren Verlauf rechnet IFS mit einem Kurzwellentrog, der Deutschland in der
ersten Wochenhälfte der nächsten Woche an der Ostflanke eines Azorenhochs
überquert. Vorderseitig wird vorübergehend die heiße Luft über Südwesteuropa
angezapft und in den Süden Deutschlands gelenkt, sodass die 20 °C-Isotherme auf
850-Pa kurz den Süden streift, während der Rest von Deutschland in der kühleren
Luftmasse verbleiben würde.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis Sonntag sind die Läufe im Wesentlichen gleich. IFS-12z simulierte, dass zu
Beginn der nächsten Woche ganz Deutschland unter dem Einflussbereich der
Hitzeglocke gelangt. Dies wurde allerdings im neuen Lauf wieder verworfen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Simulation von GFS zeigt keine wesentlichen Unterschiede zu IFS. ICON lässt
das Cut-Off-Tief am Samstag nach Norditalien abtropfen, wodurch um seine
Nordostflanke heiße und feuchte Mittelmeerluft nach Deutschland advehiert wird.
Demnach müsste auch am Wochenende mit schweren Gewittern gerechnet werden.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis zum Wochenende sind die IFS-Rauchfahnen recht stark gebündelt.
Unsicherheiten gibt es noch bezüglich des genauen Zeitpunktes des
Kaltfrontdurchgangs. Eine große Streuung beim Geopotenzialeinbruch am Freitag
zeigt die Unsicherheiten bezüglich des Abtropfens des Höhentiefs. Die
ICON-Variante lässt sich jedoch nicht in den ENS wiederfinden.
Der Geopotenzialanstieg am kommenden Wochenende wird in den meisten Membern
gezeigt. Die Temperatur streut ab Sonntag erheblich. Ein allgemeiner
Erwärmungstrend zur neuen Woche lässt sich jedoch dennoch erkennen.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die zu Gewittern neigende Wetterlage bei
uns bis Freitag anhält. Ebenfalls gesichert erscheint der kaltfrontdurchgang zum
Ende der Woche, der mit schweren Gewittern die feucht-heiße Luft ausräumt und
durch eine kühlere Luftmasse ersetzt. Als wahrscheinlich gilt eine kurze ruhige
Phase unter Hochdruck und kühleren Temperaturen zum nächsten Wochenende. Danach
ist die weitere Entwicklung relativ unsicher. In den Clusteranalysen zeigt ein
Cluster mit 34 Mitgliedern eine fortschreitende Zonalisierung mit weiterem Abbau
des Nordosteuropablocks, während ein Cluster mit 17 Membern eine Regeneration
des Blocks mit Austrogung über Westeuropa mit einer erneuten Hitzewelle für
Osteuropa vorhersagt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bis einschließlich Freitag bietet die Lage ein hohes Potenzial für schwere
Gewitter. Am Wochenende folgt wahrscheinlich eine Wetterberuhigung

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold