SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.06.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In den kommenden Stunden im Südwesten und Westen mit Durchzug eines oder
mehrerer MCS Unwettergefahr vor allem aufgrund von Starkregen. Morgen, außer im
Nordosten, weitere kräftige Gewitter, lokal erneut Unwetterpotenzial, am Samstag
leichter Zwischenhocheinfluss. Am Sonntag erneut kräftige Gewitter möglich.
Im Nordosten morgen nochmals heiß, sonst warm bis sehr warm und zeitweise
schwül.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … wölbt sich vom zentralen Mittelmeerraum ein recht markanter
Höhenrücken über das östliche Mitteleuropa hinweg nach Norden auf und mündet in
einer Höhenantizyklone über der südlichen Ostsee, die sich im Laufe der Nacht
durch WLA an deren West- und Nordflanke noch verstärkt und allmählich Richtung
mittlere Ostsee/Baltikum verlagert. Flankiert wird der Rücken einerseits von
einem quasistationären und für uns wettertechnisch unbedeutendem Höhentief über
der Krim, andererseits aber von einem aus einem ehemaligen Höhentief
hervorgehenden Randtrog über dem Süden der Britischen Inseln und der Biskaya,
der im Laufe der Nacht mehr und mehr von einem ins Seegebiet östlich der
Britischen Inseln vorstoßenden Höhentrog „geschluckt“ wird und dabei deutlich an
Kontur verliert. Dieses typische Omega-Muster erweist sich auch in den kommenden
Tagen bei leichter Progression nach Osten als einigermaßen stabil.
Dabei stützt der Rücken ein umfangreiches, aber recht flaches Hochdruckgebiet,
das weite Teile Osteuropas überdeckt und sich im Laufe der Nacht noch verstärkt.
An dessen Westflanke gelangt von Südosten her trockene Festlandsluft zunächst
noch in weite Teile des Vorhersagegebietes. Etwa nordöstlich einer Linie
Ostfriesland-Bayerisches Vogtland bleibt das auch noch die ganze Nacht über der
Fall. Bei meist geringer Bewölkung verläuft die Nacht dort wettertechnisch ruhig
und mit Tiefstwerten zwischen 17 und 12 Grad wird es nach teilweise heißem Tag
angenehm frisch.
Der Westen und Süden des Landes befinden sich dagegen bereits im Einflussbereich
deutlich feuchterer und potenziell instabil geschichteter Luftmassen aus
Südwesteuropa. Diese geht im Bodendruckfeld mit einer flachen Tiefdruckrinne
daher, die inzwischen von Frankreich und Belgien her auf das Vorhersagegebiet
übergegriffen hat. Dabei sind die PPW-Werte auf knapp unter 30 mm im Südosten
und bis nahe 40 mm im Westen/Südwesten gestiegen, während durch Einstrahlung
etwa 500 bis 1000 J/kg ML-Cape generiert werden konnte. Erwartungsgemäß geht
dieser Prozess nicht ohne signifikante Wettererscheinungen daher. Dass diese in
den kommenden Stunden zumindest lokal eng begrenzt auch unwetterartige
Auswirkungen haben dürften, dafür ist ein kurzwelliger Randtrog verantwortlich,
der sich im Laufe des Mittags und am Nachmittag im Lee der Pyrenäen verstärkt
und – eingebettet in die südsüdwestliche Höhenströmung vorderseitig des
Troggeschehens über Westeuropa – bereits weite Teile Frankreichs überquert hat.
Im Laufe der ersten Nachhälfte greift er auf Südwestdeutschland über, wird aber
aufgrund der Blockadewirkung der Höhenantizyklone deutlich eingebremst und kommt
über Westdeutschland nur langsam nach Norden voran, schafft es aber immerhin,
sich etwas nach Osten auszuweiten. Vorderseitig treffen in den kommenden Stunden
verstärkt durch PVA ausgelöste Hebungsimpulse auf die potenziell instabile und
feuchte Warmluft innerhalb der Tiefdruckrinne, deren Ostverlagerung ebenfalls
durch das blockierende Hoch eingebremst wird und die morgens unter Konturverlust
in etwa eine Linie Wesermündung-Oberpfälzer Wald erreicht.
Am Nachmittag beschränkte sich die konvektive Aktivität noch weitgehend auf den
Mittelgebirgsraum, da außer der Orographie kein Trigger für Auslöse vorhanden
war. Wesentliche Begleiterscheinungen der vereinzelten Gewitter waren bzw. sind
teilweise aktuell noch kleinkörniger Hagel, stürmische Böen bzw. Sturmböen (je
nach Spread) und vor allem der Starkregen, der mangels
Verlagerungsgeschwindigkeit kleinräumig durchaus auch Unwetterpotenzial
aufweisen kann.
Mit Annäherung des Kurzwellentroges ändert sich das aber aktuell grundlegend.
Mit zunehmender Hebung greift organisierte Konvektion von Frankreich und der
Schweiz her auf den Südwesten Deutschlands über und arbeitet sich im Laufe der
Nacht allmählich nordnordostwärts vor. Dabei ist der Organisationsgrad nach wie
vor unklar. Der Trog verliert an Kontur, so dass die simulierte hochreichende
Scherung (0 bis 6 km) eher diffus bleibt und erst später über Westdeutschland
regional Werte von 20 m/s oder etwas mehr erreicht, vorher dagegen meist nur um
15 m/s. Aufgrund der südöstlichen bis östlichen Bodenwinde und eines mit der
beginnenden Auskühlung der Grundschicht etwas zunehmenden Windes zwischen 900
und 800 hPa (auf 15 bis 30 kn) können in den Abendstunden immerhin gebietsweise
bis 15 m/s Low Level Shear (0 bis 2 km) generiert werden. Dazu stehen im
Westen/Südwesten anfangs noch bis nahe 1000 J/kg MU-Cape zur Verfügung. Somit
sind vor allem in der ersten Nachthälfte auch ein bis zwei halbwegs gut
organisierte MCS denkbar (siehe Simulationen der Reflektivitäten der
unterschiedlichen Konvektion erlaubenden Modelle), die zunächst auf Teile von
Baden-Württemberg übergreifen und später dann auch auf das Saarland und
Rheinland-Pfalz treffen. Je nach Organisationsgrad sind dann anfangs Sturm- bzw.
schere Sturmböen als Begleiterscheinung denkbar (sollte der Bodensee betroffen
sein, auch mehr) und vielleicht auch Hagel größer 2 cm. Im Fokus steht aber
eindeutig der Starkregen, der aufgrund der nicht allzu hohen
Verlagerungsgeschwindigkeit der Systeme und der hohen PPW-Werte lokal eng
begrenzt sicherlich rasch Unwetterpotenzial aufweisen kann. Extreme Mengen von
über 40 l/qm in weniger als einer Stunde sind ebenfalls nicht ausgeschlossen,
vor allem in der ersten Nachthälfte.
Dem trägt auch das ICON-D2-EPS Rechnung; vor allem im Westen und Süden von
Baden-Württemberg steigen die Wahrscheinlichkeiten für unwetterartigen
Starkregen (mehr als 35 l/qm in sechs Stunden) gebietsweise auf über 60%.
Allerdings wurden die Wahrscheinlichkeiten heute von Lauf zu Lauf ein wenig
reduziert.
Im Laufe der Nacht kommen die Gewittersysteme über Westdeutschland zwar
allmählich nach Norden voran und können sich vielleicht noch etwas nach Osten
ausweiten (vor allem über Südbayern), jedoch verlieren der begleitende
Kurzwellentrog an Kontur und die Luftmasse an Potenzial (weniger MU-Cape, von
Südwesten allmählich etwas sinkende PPW-Werte). Somit dürften eventuelle
mesoskalige Systeme ebenfalls bald an Organisation einbüßen und es bleiben meist
Multizellensysteme übrig, was die Wahrscheinlichkeiten nicht nur für Hagel und
Sturmböen, sondern spätestens im Laufe der zweiten Nachthälfte auch für
unwetterartigen Starkregen wohl deutlich reduzieren sollte. Das kommt auch in
den Rechnungen des ICON-D2-EPS zum Ausdruck.
Insgesamt verläuft die Nacht im Süden und Westen mit Tiefstwerten zwischen 20
und 14 Grad etwas milder als im Nordosten.

Freitag … verlagert das Höhenhochs einen Schwerpunkt zum Finnischen Meerbusen,
während sich der Höhentrog über Westeuropa mit seinem Drehzentrum knapp
nordwestlich von Irland einnistet und das Höhentief über Osteuropa nach wie vor
über der Krim seine Kreise zieht. Somit gerät auf der Vorderseite des
Höhentroges allmählich das gesamte Vorhersagegebiet unterhalb einer zyklonal
konturierten südsüdwestlichen Höhenströmung. Der kurzwellige Randtrog kommt
dabei kaum mehr nordostwärts voran und verläuft abends mit seiner Achse etwa von
der Deutschen Bucht bis zur Lausitz, ein weiterer Kurzwellentrog greift dann
bereits auf Belgien und Nordostfrankreich auf den äußersten Westen/Südwesten des
Landes über.
Im Bodenfeld kann sich die flache Tiefdruckrinne im Nordosten des Landes im
Tagesverlauf wieder regenerieren und kommt bis zum Abend zögernd bis zu einer
Linie schleswig-holsteinische Ostseeküste-Niederlausitz voran. Dabei entwickelt
sich – wohl durch Überhitzung – über dem nordöstlichen Niedersachsen bzw. dem
Hamburger Raum ein kleinräumiges Bodentief und zieht bis zum Abend zur
südwestlichen Ostsee, wodurch sich die Advektion sehr warmer bis heißer und
trockener Festlandsluft in den Nordosten sowie Richtung Tiefdruckrinne
verstärkt. Dort, also von Mecklenburg bis zur Lausitz, scheint dann auch nahezu
ganztägig bei nur wenigen Wolken die Sonne und bei 850 hPa-Temperaturen bis nahe
17 Grad werden Höchstwerte zwischen 28 und 33 Grad erreicht, wobei auch im
Ostseeumfeld meistens ein ablandiger Wind weht und es sommerlich warm wird. Der
große Rest des Landes bleibt im Einflussbereich potenziell instabiler und nicht
mehr ganz so warmer Luftmassen (T850 hPa zwischen 11 und 14 Grad). Dabei
schwächt sich die aus der Nacht aktive Gewittertätigkeit am Vormittag
vorübergehend ab und gebietsweise kann sich auch mal die Sonne durchsetzen.
Innerhalb der nur schwach gedeckelten Luftmasse können dann erneut 500 bis 1000
J/kg ML-Cape generiert werden, gebietsweise auch mehr, über deren räumliche
Verteilung im Detail aus aktueller Sicht allerdings nur spekuliert werden kann.
Grob sollten sich aber zwei Regionen mit erhöhter Gewittertätigkeit im
Tagesverlauf herauskristallisieren: Einerseits direkt auf der „warmen“ Seite der
Tiefdruckrinne, wobei sicherlich die Outflow Boundaries älterer Systeme im
Zusammenspiel mit der Orographie als Trigger für (schon recht frühzeitige)
Neuauslöse dienen und sich eventuell auch mehrere linienförmig angeordnete
Systeme entwickeln. Hinderlich wirkt dort allerdings das Entrainment sehr
trockener Festlandsluft von Osten her in die Rinne. Vor allem in Mecklenburg und
Sachsen-Anhalt bis nach Ostsachsen könnte das vielerorts Konvektion verhindern.
Sollte es doch reichen, stehen warntechnisch aufgrund der „inverted-V“-Struktur
der Temps (Spread von teilweise über 20 K) vor allem (schwere) Sturmböen im
Fokus, werden doch D-Cape-Wette von 500 bis nahe 1000 J/kg für diese Regionen
simuliert. Etwas anders sieht es weiter nordwestlich, vom nordöstlichen
Niedersachsen bis nach Schleswig-Holstein aus. Dort kann die Richtung Rinne bzw.
Bodentief strömende Luftmasse über der Ostsee mehr Feuchte aufnehmen, so dass
dort einerseits Konvektion wahrscheinlicher ist, andererseits aufgrund des
Bodentiefs auch einiges an bodennaher Richtungsscherung geboten wird. Die
Wolkenbasis sich dort entwickelnder Gewitter liegt deutlich niedriger als über
der Osthälfte, so dass auch Landspouts (Typ 2-Tornados) denkbar sind. Zusätzlich
stehen dort bei langsamer Verlagerung Starkregen (PPW-Werte auf der feuchten
Seite der Rinne teilweise um 40 mm) und größere Hagelansammlungen im Fokus,
Unwetter nicht ausgeschlossen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Gewittertätigkeit ergibt sich am späteren
Nachmittag und Abend dann mit Annäherung des neuen Kurzwellentroges im Westen
und Südwesten, wobei auch in den Regionen dazwischen Auslöse, vor allem durch
die Orographie getriggert, denkbar ist. Die PPW-Werte bleiben mit 25 bis 35 mm,
gebietsweise mehr, recht hoch, die Scherungsbedingungen im Bereich der
allmählich an Kontur verlierenden Kurzwellentröge allerdings eher mäßig, vor
allem im Vorfeld des von Westen heranrückenden Troges sogar nur schwach. Somit
sollten sich erneut nur langsam ziehende Multizellensysteme ausbilden, wobei
natürlich einmal mehr der Starkregen – bis hin zu Unwetter – im Fokus steht, die
Cape-Werte aber auch Hagel, vor allem größere Hagelansammlungen und im Bereich
der Rinne mit der dort erhöhten Scherung eventuell auch größeren Hagel zulassen.
Stürmische Böen bzw. Sturmböen sind vor allem an organisierten Systemen denkbar,
für mehr sollte es aber kaum reichen. ICON-D2-EPS hat in den aktuellen Läufen
die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Starkregen-Unwetter in NRW westlich des
Rheins sowie im Süden und in der Mitte von Baden-Württemberg auf der Agenda.
SuperHD setzt den Schwerpunkt der Gewittertätigkeit dagegen bereits etwas weiter
östlich an, neben Teilen von BaWü stünden vor allem auch Bayern und die
mittleren Landesteile im Fokus.
Je nach Sonnenscheindauer liegen die Höchstwerte in weiten Teilen des Landes
zwischen 22 und 27 Grad; in Regionen, wo sich die Sonne kaum zeigt und es
vielleicht sogar länger regnet (auch mehrstündiger Starkregen ist nach wie vor
möglich) bleibt es natürlich entsprechend kühler.

In der Nacht zum Samstag löst sich der kurzwellige Troganteil über dem Nordosten
des Landes mehr oder weniger auf, während der Sekundärtrog weiter südwestlich
über dem Süden und die Mitte des Landes allmählich ostnordostwärts vorankommt,
dabei aber ebenfalls an Kontur verliert. Das kleinräumige Bodentief über der
westlichen Ostsee zieht nach Nordosten ab, übrig bleibt eine flache
Tiefdruckrinne, die sich morgens im Bereich der deutsch-polnischen Grenze
befindet. Somit sickert die feuchtere und potenziell instabile Luftmasse langsam
auch in den Nordosten des Landes, vermischt sich aber mehr und mehr mit der
trockenen Festlandsluft und büßt einiges an Potenzial ein. Die Schauer und
Gewitter im Bereich der Rinne schwächen sich somit im Laufe der Nacht ab,
gebietsweise fällt noch schauerartiger Regen, vielerorts bleibt es aber
spätestens in der zweiten Nachthälfte trocken.
Auf den Südwesten und Westen greift dagegen ein flacher Bodenhochkeil über und
mit ihm gewinnt dort eine stabilere und etwas kühlere Luftmasse nach Nordosten
an Raum. Die 850 hPa-Temperatur sinkt bis zum Morgen auf Werte zwischen 8 Grad
im äußersten Westen und 13 Grad an der Oder. Somit klingen die Gewitter auch im
Westen sowie in den mittleren Landesteilen wohl bereits im Laufe der ersten
Nachthälfte mehr und mehr ab, während es im Süden und vor allem im Südosten, wo
der Sekundärtrog noch am längsten Hebungsinput liefert bis weit in die zweite
Nachthälfte hinein noch ganz gut zur Sache gehen kann. Vor allem Starkregen
steht im Fokus, ICON-D2-EPS zeigt in der ersten Nachthälfte erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für Unwetter-Starkregen im mittleren und nordöstlichen
Baden-Württemberg, in der zweiten Nachthälfte dann lediglich noch im Bereich der
ostbayerischen Mittelgebirge. Nach Lesart des SuperHD wird die instabile
Luftmasse im Süden und Südosten allerdings schon in der ersten Nachthälfte fast
vollständig „ausgeräumt“ und nach Mitternacht würde die Nacht in weiten Teilen
des Landes wettertechnisch sogar relativ ruhig verlaufen.
Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 19 und 12 Grad, mit den höheren Werten im
Osten.

Samstag … zieht das Drehzentrum des Höhentroges über Westeuropa als
hochreichendes Zentraltief nordnordwestlich von Irland seine Kreise. Da er sich
noch etwas nach Süden ausweitet, dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet mehr auf Süd und nimmt eine zunehmend glatte bzw. leicht
antizyklonale Kontur an, kurzwellige Troganteile sind im Tagesverlauf keine mehr
auszumachen, über dem Süden/Südosten Deutschlands wölbt sich sogar ein flacher
und schmaler Höhenkeil auf.
Das führt auch im Bodenfeld zu leichtem Druckanstieg und die noch vorhandene
Tiefdruckrinne im deutsch-polnischen Grenzgebiet füllt sich mehr und mehr auf.
Druckanstieg und leichtes Absinken bewirken auch eine allmähliche Abtrocknung
der letztendlich einiges an Labilität einbüßenden Luftmasse. Die feuchteste Luft
wird allmählich Richtung Polen abgedrängt, vor allem von Ostvorpommern bis nach
Ostsachsen können mit Einstrahlung nochmals mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert
werden bei PPW-Werten von über 30 mm. Mangels Deckel sollte es zur Auslöse
reichen, so dass sich nachmittags in dieser Region erneut einzelne kräftige
Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen, Unwetter in erster Linie aufgrund
von Starkregen nicht ganz ausgeschlossen, aber wenig wahrscheinlich, entwickeln
können.
Im Rest des Landes steht aber ein voraussichtlich ruhiger Tag ins Haus. Einzelne
Überentwicklungen am Alpenrand bzw. in einigen Mittelgebirgen können zwar nicht
ausgeschlossen werden, bleiben aber die Ausnahme. Über Frankreich und Belgien
nimmt die Höhenströmung zum Abend hin eine zunehmend diffluente Kontur an und es
wird vor allem über Zentral- und Ostfrankreich auch ordentlich dynamische Hebung
simuliert. Die sich dort entwickelnden Gewitter könnten eventuell gegen Abend
bereits auf den äußersten Westen und Südwesten des Landes übergreifen.
Ansonsten verhindert ein sich verstärkender Deckel aber weitgehend konvektive
Auslöse. Vor allem im Süden und Westen sowie in weiten Teilend er Mitte steht
neben lockerer Quellbewölkung ein recht sonniger Tag ins Haus. Die Luftmasse
kann sich wieder etwas erwärmen, die Temperatur in 850 hPa steigt zum Abend auf
11 Grad an der Nordsee und bis 16 Grad an den Alpen. Somit werden allgemein
Höchstwerte zwischen 24 und 30 Grad erreicht, an auflandigen Küstenabschnitten
bleibt es etwas kühler.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich an der großräumigen Konstellation nicht
allzu viel; das Zentraltief greift zögerlich auf den Westen Irlands über. Der
flache Höhenrücken über Süddeutschland wird etwas nach Osten abgedrängt und von
Westen her nimmt die südliche Höhenströmung wieder eine leicht zyklonale Kontur
an, wobei dynamische Hebungsprozesse das Vorhersagegebiet zunächst (noch) nicht
weiter tangieren.
Im Bodenfeld greift allerdings eine flache Tiefdruckrinne – ausgestattet mit
potenziell instabiler und recht feuchter Warmluft – auf den Westen und
Nordwesten des Landes über, wobei die PPW-Werte wieder auf 30 bis 35 mm steigen
und auch MU-Cape simuliert wird. Somit steigt auch die Wahrscheinlichkeit für
Schauer und teils kräftige Gewitter, wobei im Laufe der Nacht vermehrt
hochreichende Scherung ins Spiel kommt. Inwieweit diese Landesteile bereits
wieder von organisierter Konvektion betroffen sein werden, ist allerdings noch
unklar. Ausgeschlossen ist das Übergreifen von Multizellensystemen oder eines
MCS jedoch nicht, verbunden mit zumindest markanten Begleiterscheinungen.
Im Rest des Landes bleibt es vielerorts gering bewölkt oder klar und trocken mit
Tiefstwerten zwischen 18 und 13 Grad.

Sonntag … verlagert der Westeuropatrog sein Drehzentrum wieder nach Norden,
ins Seegebiet zwischen Island und Irland, das zugehörige Bodentief befindet sich
abends knapp westlich der Hebriden. Die südsüdwestliche Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet ist vor allem über dem Norden und Westen des Landes weiter
leicht zyklonal konturiert, wobei sich aus aktueller Sicht aber kaum kurzwellige
Troganteile, die dynamischen Hebungsinput liefern könnten ausmachen lassen.
Im Bodenfeld kommt die flache Tiefdruckrinne im Tagesverlauf allmählich in den
Osten und Süden des Landes voran und mit ihr auch die potenziell instabile
Luftmasse. Verbreitet steigen die PPW-Werte auf über 30 mm und es kann mit
Einstrahlung auch einiges an ML-Cape generiert werden. Wo es aber zur Auslöse
reicht, ist noch absolut unklar und hängt natürlich auch von der Passage
eventueller kurzwelliger Troganteile ab. Zudem steht natürlich auch die
Orographie als Trigger zur Verfügung, voraussichtlich schon relativ frühzeitig,
so dass mit ersten Gewittern über dem Bergland bereits um die Mittagszeit oder
am frühen Nachmittag zu rechnen ist. Diese weiten sich dann am späteren
Nachmittag und Abend auf weitere Landesteile aus, wobei sich, wie bereits
erwähnt, Schwerpunktsregionen noch nicht festmachen lassen. Die
Begleiterscheinungen dürften im Großen und Ganzen markanten Kriterien genügen,
am ehesten könnte einmal mehr noch der Starkregen Unwetterpotenzial aufweisen,
zumal sich die Gewitter nicht grade durch eine allzu hohe
Verlagerungsgeschwindigkeit auszeichnen.
Rückseitig der Rinne dreht die bodennahe Strömung im Westen und Nordwesten des
Landes bereits relativ früh am Tage auf Nordwest, so dass dort etwas kühlere und
vor allem stabilere Luftmassen einsickern können, die die Gewittertätigkeit
deutlich hemmt.
Während es dort bereits eher bewölkt bleibt, scheint vor allem im Süden und
Osten noch längere Zeit die Sonne. In 850 hPa bewegen sich die Werte zwischen 9
Grad im Westen und 16 bis 17 Grad im Osten bzw. Süden. Somit liegen die
Höchstwerte im Westen und Nordwesten meist zwischen 22 und 27 Grad, im Rest des
Landes dagegen zwischen 25 und 33 Grad, mit den höchsten Werten in der
Osthälfte.

Modellvergleich und -einschätzung

Die großräumigen synoptischen Strukturen werden von allen Modellen ähnlich
simuliert.
Wie bei konvektiven Lagen üblich, ergeben sich aber im Detail noch mehr oder
weniger größere Differenzen. Das betrifft schon die kommenden Stunden, was den
Organisationsgrad eines eventuellen MCS angeht, der aktuell über Ostfrankreich
und der Schweiz „gebacken“ wird. Die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit
betroffenen Regionen wurden bereits am Vormittag mit einer Vorabinformation
versehen, an der auch erstmal nicht weiter „herumgebastelt“ wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff