S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.06.2022 um 10.30 UTC

Sommerlich warm bis heiß, gebietsweise mit kräftigen, teils unwetterartigen
Schauern/Gewittern. Im Laufe des Wochenendes etwas sinkendes Temperaturniveau
und allmählich ruhiger.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 27.06.2022

Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag liegt Deutschland auf der Vorderseite
des westeuropäischen Cut-Off-Tiefs in einer südwestlichen bis südlichen
Höhenströmung. Dabei gelangt eine weiterhin sehr warme bis heiße Luftmasse zu
uns. Im Tagesverlauf wird das Höhentief allmählich in den nachrückenden
atlantischen Langwellentrog eingebunden, damit steilt die Strömung weiter auf
und die Luftmasse im Bereich der Tiefdruckrinne über Deutschland mit mehr als 15
Grad in 850 hPa macht wieder deutlich Boden gen Norden gut und erfasst wieder
nahezu ganz Deutschland. Dabei können vor allem über dem Südwesten und Westen
kurzwellige Troganteile für Hebung und somit für Konvektionsauslöse sorge, zudem
liegt vor allem der Südwesten im Bereich des Jetausgangs. Hohe CAPE-Werte (500
bis 1000 J/kg, teils darüber) und ppws meist zwischen 30 und knapp 40 mm in der
Südhälfte und teilen des Westens und geringe Verlagerungsgeschwindigkeiten (850
hPa-Winde um 10 Knoten) sorgen für Starkgewitterpotenzial (Starkregen, Hagel,
Sturmböen), teils auch Unwettergefahr insbesondere hinsichtlich Starkregen im
Westen und Süden. Der äußerste Norden verbleibt nördlich der Luftmassengrenze in
einer etwas kühleren und vor allem trockeneren Luftmasse, auch im Nordosten
bleibt es voraussichtlich trotz zunehmendem Temperaturniveau in der trockeneren
Luftmasse niederschlagsfrei.

Am Freitag erreicht ein Kurzwellenanteil des Westeuropatroges bereits im Laufe
des Vormittages den Westen und Nordwesten, in der dort nun auch feucht-warmen
Luftmasse kommt es zu konvektiven, teils gewittrigen Niederschlägen. Zudem wird
das ehemalige westeuropäische Cut-Off-Tief vollends in den Trog über dem nahen
Ostatlantik eingebunden und nähert sich als kurzwelliger Randtrog von Südwesten.
Im Tagesverlauf erreicht der Kurzwellentrog den Südwesten und zieht im Verlauf
der Nacht zum Samstag nordostwärts. Im Vorfeld entsteht über dem Südosten
Deutschlands ein Bodentrog/ggf. auch abgeschlossenes Leetief. In der zweiten
Tageshälfte muss daher im Süden mit einer verstärkten Gewittertätigkeit
gerechnet werden, deren Schwerpunkt sich in der Nacht zum Samstag auf den
Südosten (evtl. auch Osten) des Landes verlagert und nur zögerlich von Südwesten
nachlässt. Dabei treten erneut teils kräftige, lokal auch unwetterartige
Gewitter auf, der Schwerpunkt unwetterartiger Entwicklungen liegt erneut bei
Starkregen und Hagel.

Am Samstag zieht zum einen der Kurzwellenhöhen- bzw. Bodentrog allmählich nach
Osten ab, dabei kommt es im Südosten und Osten aber durchaus noch zu Schauern
und teils kräftigen Gewittern (Starkregen!). Zum anderen nähert sich von Westen
der atlantische bzw. nun westeuropäische Langwellentrog. Dieser korrespondiert
am Boden mit einem Tief bei den Britischen Inseln, dessen Frontensystem die
westlichen Landesteile im Laufe der Nacht zum Sonntag mit Niederschlägen
erreicht. Zwischen diesen beiden Systemen wölbt sich ein sehr flacher,
kurzwelliger Keil auf, von Zwischenhocheinfluss zu sprechen wäre wohl
übertrieben, aber in einem Großteil Deutschlands vom Westen bis in die Mitte
sollte es zumindest eine relative Wetterberuhigung mit wenig Niederschlägen
geben. Wenig Niederschlag deshalb, da es im Tagesverlauf insbesondere über dem
westlichen und südlichen Bergland und den Alpen durch orografische Hebung auch
zu örtlichen Schauern/Gewittern kommen kann.

Am Sonntag liegt über der Ostsee noch ein Rest des Bodentroges vom Vortag, der
sich langsam aber sicher abschwächt – im Nordosten kann es daher bereits aus der
Nacht heraus noch schauerartigen Regen geben. Das okkludierende Frontensystem
des nördlich von Schottland liegenden Tiefs überquert Deutschland im
Tagesverlauf (genaues Timing aber noch unsicher). Dabei kommt es zu überwiegend
schauerartigem Regen, auf der Rückseite vor allem im Nordseeumfeld auch im
Tagesverlauf noch zu Schauern. Von Westen fließt eine gemäßigtere Luftmasse mit
850 hPa Temperaten zwischen etwa 6 und 10 Grad ein, ob diese sich aber bis ganz
in den Südosten durchsetzt bleibt fraglich bzw. ist nach aktuellem Stand eher
unwahrscheinlich. An dieser Luftmassengrenze über dem Südosten kann es auch in
der Nacht zum Montag noch zeitweise regnen (einzelne eingelagerte Gewitter nicht
ausgeschlossen), da auch von der Höhe durch den sich zwar abflachenden aber noch
vorhandenen Trog ein gewisser Hebungsantrieb zu erwarten ist. Im Bodenniveau
steigt vor allem im Nordwesten und Norden der Luftdruck an.

Am Montag dreht die Höhenströmung mehr und mehr auf West und zonalisiert damit,
allerdings können wohl noch Randtröge von West nach Ost über Deutschland
hinweglaufen. Dies kann insbesondere im Bereich der Luftmassengrenze bzw.
südlich davon in der etwas wärmeren, feuchteren und auch labileren Luftmasse zu
Schauern und örtlichen Gewittern führen. Das betrifft voraussichtlich die Süd-
bzw. Südosthälfte Deutschlands.

In der erweiterten Mittelfrist ab Dienstag deutet sich das Aufwölben eines Keils
über West- und Mitteleuropa und damit eine Wetterberuhigung auf etwas
niedrigerem, aber weiter überwiegend sommerlichen Temperaturniveau an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis zum Wochenende ist die Konsistenz der vorliegenden Modellläufe des IFS sehr
gut, dabei bleibt der Zustrom der sehr warmen bis heißen und teils sehr feuchten
Luftmasse im Süden und zunehmend auch wieder im Nordosten des Landes erhalten.
Ab dem Wochenende nehmen die Differenzen der vorliegenden Modellläufe zu, dies
betrifft das Timing kurzwelliger Hebungsantriebe und im Laufe des Wochenendes
auch zunehmend das Vorrücken des Haupttroges mit weiteren, teils kräftigen
Gewittern (Starkregenpotenzial) und dann aber auch einer etwas gemäßigteren
Luftmasse von Westen her. Es bleibt also unsicher, wie schnell und ob überhaupt
bzw. nachhaltig sich die „Abkühlung“ und Wetterberuhigung bis in den
Osten/Südosten durchsetzt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Beim Blick auf andere Globalmodelle wie ICON und GFS sieht zunächst alles sehr
ähnlich aus. GFS ist wie immer etwas niederschlagsfreundlicher bzw.
konvektionsfreudiger. Deutlicher werden die Unterschiede im zeitlichen Verlauf
ab Sonntag, wobei GFS mit dem Hereindriften des Troges und der „kühleren“ Luft
von Westen flotter aufgestellt ist als IFS und im GFS setzt sich die gemäßigtere
Luft zumindest vorübergehend auch bis ganz in den Südosten durch. ICON
allerdings ist damit am Sonntag noch zögerlicher als das IFS und hängt im Timing
hinterher, vom Trog-/Frontdurchgang dabei aber bzgl. des Feuchteangebot am
markantesten.
Mit Blick auf die erweiterte Mittelfrist zeigt GFS die gleichen Tendenzen wie
der aktueller IFS-Lauf: Wetterberuhigung und zumindest erstmal nicht so heiß,
das könnte sich aber mit Annäherung des nächsten Troges zur Mitte der nächsten
Woche auch schon wieder ändern… (vor allem GFS bringt zum 30. Juni 00 UTC
schon wieder die 20 Grad-Isotherme in 850 hPa im Süden Deutschlands ins Spiel –
na mal schauen)

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Ein Blick auf die Clusteranalyse des IFS zeigt für den ersten Zeitraum
Donnerstag 00 UTC bis Freitag 00 UTC (+72 bis +96 h) fünf Cluster (16, 13, 8, 8
und 6 Member), die eigentlich (anfangs wird der atlantische Rücken mal etwas
mehr betont) alle dem Regime des positiven NAO zugeordnet werden. Hinsichtlich
der Prognoserelevanz der unterschiedlichen Cluster sind Aussagen schwierig, da
zwar leichte Unterschiede im Trog-Keil-Muster bzw. bei kurzwelligen Anteilen
auch in unserem Vorhersagegebiet erahnt werden können, eine Diskussion dieser
scheint aber in Anbetracht des Zeithorizontes nicht zielführend. Vom Grundtenor
der Wetterlage gibt es keine neuen Ideen. Haupt- und Kontrolllauf werden dem
ersten Cluster mit insgesamt 16 Membern zugeordnet.
Im zweiten Zeitraum von Samstag 00 UTC bis Montag 00 UTC (+120 bis + 168 h)
werden ebenfalls fünf Cluster (14, 13, 12, 10 und 2 Member) angeboten, Haupt-
und Kontolllauf werden dem ersten Cluster zugeordnet. Hier ist eine bunte
Vielfalt von zu erwartenden Regimen vorhanden: Cluster 1 und 5 negativer NAO,
Cluster 2 und 4 Blocking (allerdings östlich von uns) und Cluster 3 bleibt bei
positivem NAO. Die zunehmenden Unsicherheiten ab dem Wochenende spiegeln sich
also auch hier wieder. Einzig bei Cluster 3 rückt der Trog so weit nach Osten,
dass wohl auch im Südosten ein Luftmassenaustausch zu erwarten wäre. Die
Mehrheit der anderen Lösungen tendieren dazu, dass die Luftmassengrenze irgendwo
über dem Südosten Deutschlands und wir meist auf der Trogvorderseite mit
potenziellen Hebungsantrieben verbleiben. Der spärlich besetzte Cluster 5 (2
Member) deutet sogar einen sehr weit westlich verbleibenden Trog und damit wohl
gar keinen Luftmassenaustausch an…

Die Rauchfahnen ausgewählter Städte in Deutschland stützen die zuvor gemachten
Betrachtungen: zunehmender Spread hinsichtlich Temperatur in 850 hPa und
Geopotenzial in 500 hPa ab dem Wochenende und damit zunehmende Unsicherheiten,
Niederschlagsschwerpunkt am Donnerstag vor allem im Süden, am Freitag allgemein
zunehmend und mit recht markanten Starkniederschlagssignalen im Süden und
Südosten, zum Samstag früh/Vormittag hin auch im Osten, nachfolgend wieder
zurückgehende Niederschlagspeaks, aber erstmal weiter wechselhaft, zur
erweiterten Mittelfrist ab Dienstag noch weiter zurückgehendes
Niederschlagsrisiko.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER (UNWETTER):
Am Donnerstag in der Süd-/Südwesthälfte Deutschlands Schauer und Gewitter, teils
kräftig ausfallend und insbesondere hinsichtlich Starkregen örtlich
Unwettergefahr. Zudem lokal Hagel und Sturmböen.
Am Freitag zunächst mit Ausnahme des Ostens örtlich Gewitter mit Starkregen, in
der zweiten Tageshälfte vor allem im Süden verbreitet zunehmende
Gewitteraktivität, im Südosten auch in der Nacht zum Samstag anhaltend. Dabei
voraussichtlich häufiger Unwettergefahr bzgl. Starkregen und Hagel, örtlich
(schwere) Sturmböen. Voraussichtlich der markanteste Tag bzgl. Gewitter, da hier
auch der EFI erhöhte Signale hinsichtlich CAPE, CAPE shear und Regen aufweist.
Am Samstag im Osten und Südosten weitere, lokal erneut kräftige Gewitter mit
Starkregengefahr (EFI schlägt im Osten leicht an), lokal Hagel und Sturmböen.
Auch im Mittelgebirgsraum sowie in den Alpen lokal Gewitter nicht
ausgeschlossen.

Am Sonntag und Montag einzelne Gewitter im Südosten nicht ausgeschlossen, es
gibt leichte Starkregensignale im Bereich der Luftmassengrenze über dem
Süden/Südosten beim EFI.

Temperaturen:
Bis einschließlich Freitag zumindest gebietsweise (Do allgemein, Fr v.a.
Nordosten) EFI-Signale für überdurchschnittlich hohe Temperaturen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, IFS, MOS-EZ

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger