S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 19.06.2022 um 10.30 UTC

Leicht wechselhaft, vorerst sommerlich warm bis schwülheiß mit Gewittern bis hin
zum Unwetter. Ab dem Wochenende von Nordwesten her Wetterberuhigung und leichte
Abkühlung.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 26.06.2022

Am Mittwoch liegt Deutschland am warmen Rand der Frontalzone, die von
Südgrönland über Island nach Skandinavien verläuft und sich dort aufsplittet.
Durch einen vorherigen Austropfprozess kam ein Höhentief über der Biskaya
zustande. An dessen Vorderseite wird feuchtwarme Luft aus dem westlichen
Mittelmeerraum nach Norden geführt, so dass sich von den westlichen
Mittelgebirgen nach Oberfranken reichend eine markante Luftmassengrenze zwischen
feuchtwarmer Subtropikluft und der zuvor eingeflossenen und noch über dem Norden
und Nordosten vorhandenen relativ trockenen Polarluft ergibt. Absinken im
Bereich eines Höhenkeils, der sich zwischen dem zur Ukraine abziehenden
Höhentief und dem über der Biskaya liegenden Höhentief und somit über
Mitteleuropa aufwölbt, dämpft die Konvektion, so dass sich einzelne Gewitter
lediglich durch orografische Unterstützung vor allem über dem südwestdeutschen
Bergland und an den Alpen entwickeln können.
In der Nacht zum Donnerstag kräftigt sich der über Mitteleuropa liegende
Höhenkeil. Die Konvektion über dem südwestdeutschen Bergland und an den alpen
sollte alsbald in sich zusammenfallen.
Am Donnerstag setzt sich die relativ weit nördlich liegende Frontalzone über
Karelien hinweg nordostwärts durch. Gleichzeitig läuft an der Vorderseite des
vor der Iberischen Halbinsel liegenden Höhentiefs ein Trog nach Norden bis nach
Nordfrankreich ab. Durch diesen Trog wird die Achse des wetterbestimmenden Keils
etwas nach Osten, d.h. bis nach Westpolen, gedrückt. Daher bleibt antizyklonaler
Einfluss bestehen. Absinken über dem weitaus größten Teil Deutschlands sollte
wetterrelevante Konvektion unterbinden. Allerdings wird durch den auf
Nordfrankreich übergreifenden Trog etwas Hebung generiert. Dies reicht, um in
der nach wie vor über weiten Teilen Deutschlands liegenden feuchtlabilen Luft
vor allem im Westen erneut Gewitter auszulösen. Schwerpunkt der
Gewittertätigkeit dürfte dann der westliche Mittelgebirgsraum und zusätzlich der
Alpenrand sein. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit für Unwetter gering.
In der Nacht zum Freitag weitet sich über dem mittleren Nordatlantik ein Trog
nach Süden aus. Allmählich südostwärts schwenkend bezieht dieser Trog das über
der Biskaya liegende Höhentief am Freitag in seine Zirkulation ein, was von
diesem einstigen Cut-Off-Tief nur noch einen Sekundärtrog übrigbleiben lässt. An
der Vorderseite dieses Troges stellt sich dann deutschlandweit eine
süd-südwestliche Strömung ein, mit welcher feuchtwarme und labil geschichtete
Luft auch in den Nordosten Deutschlands gelangt. Daher wird in weiten Teilen
Deutschlands die Gewittertätigkeit bis hin zum Unwetter aufleben. Hierdurch
besteht die Gefahr einer Schwergewitterlage. Da sich das gesamte
Zirkulationsmuster danach etwas nach Osten verlagert, werden von diesen
Gewittern auch die nordöstlichen Landesteile erfasst.
Am Samstag wird der Sekundärtrog (einst das Höhentief vor der Iberischen
Halbinsel) über den Süden Deutschlands hinweg nordostwärts gesteuert. Während
dann im Nordwesten und Norden wahrscheinlich Stabilisierung und somit
Entspannung einsetzt, lebt sonst die Gewittertätigkeit bis hin zum Unwetter auf.
Dabei besteht vor allem über den östlichen Mittelgebirgen und im Südosten die
Gefahr von mehrstündigem unwetterartigen Starkregen.
Am Sonntag greift der breite Trog vom nahen Ostatlantik kommend auf die
Britischen Inseln über, wodurch sich in Verbindung mit einer zyklonalen
Südwestströmung auch im Osten und Südosten eine eher gemäßigte Luftmasse
durchsetzt. Mit Annäherung des Troges sind im Nordwesten einzelne kurze Gewitter
möglich.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum überquert der Trog
Mitteleuropa. Hierdurch stellt sich vorübergehend ein eher wechselhafter
Wettercharakter mit Schauern und Gewittern ein, wobei Unwettergefahr nicht mehr
besteht. Insgesamt erfolgt von Nordwesten her ein leichter Temperaturrückgang.
Ab Dienstag setzt sich von Südwesten her wahrscheinlich wieder antizyklonaler
Einfluss durch.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Samstag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Prognoserelevante Unterschiede
lassen sich bis dahin nicht ableiten. Am Sonntag wird der sich von den
Britischen Inseln nähernde Trog vom aktuellsten Modelllauf ein wenig weiter
westlich gesehen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird der auf Mitteleuropa
übergreifend Trog markanter und auch rascher nach Osten übergreifend simuliert.
Das lässt von Nordwesten her einen zügigen Luftmassenwechsel am Wochenende
wahrscheinlicher werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Donnerstag wird die oben beschriebene Entwicklung von den
verfügbaren Modellen gestützt. Am Freitag beginnt ICON auszuscheren. Während die
externen Modelle der oben beschriebenen Variante (mit der Trogvorderseite)
folgen, würde sich nach ICON in die Nordsee ein Bodenhochkeil ausweiten, der
sich, gestützt durch einen Höhenkeil, am Samstag in ein abgeschlossenes Hoch
umwandelt und nach Skandinavien verlagert. EZMW und GFS haben dann eine
Gewitterlage im Programm, die ihren Höhepunkt hinter sich hat. Dieser steht nach
UKMO noch bevor und dürfte dann in der Nacht zum Sonntag zustande kommen.
Am Sonntag lässt sich bei allen Modellen eine Südwestströmung finden, teils auch
mit einem nach Nordosten ablaufenden Trog (ICON), die teils relativ steil (GFS),
teils auch weniger steil (nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes)
ausgeprägt ist. Demzufolge hält sich die bisherige Warmluft subtropischen
Ursprungs nach GFS im Osten und Südosten Deutschlands noch am längsten, wogegen
nach den anderen Modellen (am raschesten nach dem kanadischen Modell) sich dann
bereits eine gemäßigte Luftmasse bis nach Osten hin durchsetzt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird von GFS die Passage des
Troges, der nach EZMW das Vorhersagegebiet in der Nacht zum Dienstag überquert,
hinausgezögert. Als Folge stellt sich erneut eine steile Südwestströmung mit der
Gefahr von Schwergewittern im Osten und Südosten sowie mehrstündigem Starkregen
ein. Im Laufe des Dienstags sollte nach GFS auch im Südosten Entspannung
einsetzen. Das kanadische Modell hat dann eine im Norden leicht zyklonale und
sonst relativ glatte West-Südwestströmung zu bieten. Die Folge wäre im
Nordwesten und Norden ein eher unbeständiger Wettercharakter und ansonsten
weitgehend niederschlagsfreies Wetter, aber an den Alpen eine leichte
Gewitterneigung. Für die Finalprognose würde sich ein ähnliches Bild ergeben wie
bei EZMW.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS zeigt zwar auch bis einschließlich letztem Juniwochenende eine
südwestliche Strömung, wobei diese nicht so stark aufsteilt wie beim hauseigenen
deterministischen Lauf. Folglich wird der erneute Temperaturanstieg im Osten und
Südosten und die dort nachfolgend auftretende Schwergewitterlage nur von wenigen
EPS-Membern gestützt. Die Mehrzahl der Lösungen zeigen hinsichtlich der
Temperaturen einen leicht absteigenden Trend, aber keinen ausgeprägt kühlen
Witterungsabschnitt. Signale für Starkniederschläge sind von einzelnen
EPS-Membern vor allem an den Alpen und in den östlichen Mittelgebirgen und sonst
nur vereinzelt bei weiter zurückliegenden Modellläufen zu finden.
Das EPS des EZMW stützt bis einschließlich Sonntag die Version des
deterministischen Laufes und zeigt ebenfalls bis dahin ein ausgeprägtes
Aufsteilen der Strömung. Die Passage des von den Britischen Inseln
hereinschwenkenden Troges in der Nacht zum Dienstag lässt sich beim EPS-Mittel
nicht finden, vielmehr bleibt eine trogvorderseitige leicht zyklonale
südwestliche Strömung bestehen. Betrachtet man das Clustering, wäre am Sonntag
ein nach Nordosten ablaufender Trog, wie von ICON simuliert wird, etwas
wahrscheinlicher als das oben beschriebene Szenario, das von 23 Membern gezeigt
wird. Ab Beginn der letzten Juniwoche wölbt sich vom westlichen Mittelmeer
ausgehend erneut ein Rücken über Mitteleuropa hinweg nordwärts aus. Dieser wird
von etwa der Hälfte der EPS-Member kräftiger gerechnet als dass dies beim
deterministischen Lauf der Fall ist. Dies würde einen erneuten leichten
Temperaturanstieg wahrscheinlicher werden lassen. In diese Richtung tendiert
auch das Clustering gemäß Großwetterlagen. Hier kommt ab Wochenbeginn erneut
eine Dominanz antizyklonaler Lagen (Brücke bzw. Hoch Mitteleuropa oder Hoch
Nordmeer-Fennoskandien) zustande.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Mittwoch sind im Süden und zum Teil auch im östlichen Mittelgebirgsraum
Gewitter zu erwarten, Unwetter vor allem durch heftigen Starkregen sowie durch
Hagel können nicht ausgeschlossen werden.
Am Donnerstag entwickeln sich im Tagesverlauf über den westlichen und
südwestdeutschen Mittelgebirgen sowie in Alpennähe erneut Gewitter. Dabei muss
nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit mit Unwettern gerechnet werden.
Am Freitag besteht die Gefahr einer Schwergewitterlage. Von Südwesten und Süden
her setzen bis auf den Nordosten Deutschlands übergreifend Gewitter mit erhöhter
Unwettergefahr durch heftige Regengüsse und (schwere) Sturmböen, im Süden zudem
durch größeren Hagel, ein. Am Samstag sind im Osten und Südosten noch weitere
Gewitter zu erwarten, die teils mit mehrstündigem Starkregen bis hin zum
Unwetter einhergehen können.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann