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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.06.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Meist ruhiges Hochdruckwetter, bis zum Freitag aus Südwesten allmählich heiß. Am
Donnerstag im Alpenvorland vorübergehend einzelne, teils kräftige Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … umspannt eine Hochdruckzone mit etwas über 1020 hPa weite Teile
Deutschlands. Sie erstreckt sich von den Britischen Inseln über die Norddeutsche
Tiefebene hinweg bis zum Balkan. In der Höhe erfährt sie allerdings kaum noch
Unterstützung, da sich der Rücken über Westeuropa immer weiter abflacht. Warum?
Vor allem durch einzelne Kurzwellige Anteile, die diesen überlaufen. Sehr schön
vor allem in der oberen Troposphäre anhand eines doch recht markanten
Kurzwellentroges zu sehen, der von Frankreich nach Süddeutschland schwenkt. Das
ist dann letztlich auch die Erklärung für ein ausgedehntes Cirrostratusfeld, das
sich zu uns hereingeschoben hat. Großartig Saharastaub ist laut ICON Art
jedenfalls nicht im Spiel. Das Wolkenfeld hüllt sowohl die Abendsonne als auch
den „Supermond“ samtig ein. Letzterer hat in der kommenden Nacht um 01:23 MESZ
mit einer geringsten Entfernung von „nur“ 357432 km zu uns seinen vorläufig
erdnächsten Punkt erreicht.

Die Chancen diesen bewundern zu können, stehen landesweit sehr gut. Ausgenommen
sind die Bereiche vom Alten Land bis zur Uckermark und nördlich davon, die am
Nordrand der Hochdruckzone noch in einer westlichen Strömung verweilen. Dort
sorgt der Zustrom feuchter Meeresluft und eine kleine, aber scharfe Inversion
bei 800 hPa für dichten (breitschmierenden) Stratocumulus cumulogenitus und man
braucht etwas Glück für die Beobachtung.

Aufgrund der tiefen Taupunkte steht erneut eine sehr frische Nacht ins Haus mit
Tiefstwerten um oder knapp über 10 Grad in den Ballungszentren, an der See und
im Nordosten. Sonst sackt die Temperatur auf 9 bis 4 Grad ab, in 5 cm in
exponierten Lagen nicht weit vom Gefrierpunkt entfernt.

Mittwoch … ziehen die Reste des KWT in 300 hPa am Vormittag rasch südostwärts
aus Bayern ab und damit auch das Gros der hohen Wolkenfelder. Es folgt der
flache Rücken von Westen nach, im Süden ist die Keilvorderseite aber etwas
diffluenter und gerade in der oberen Troposphäre gradientschwächer.

Damit ist das Absinken ganz im Süden kaum ausgeprägt, die Luftmasse aber
weiterhin sehr trocken. Zwar kann vom Südschwarzwald bis zum Alpenvorland
einiges an CAPE aufgebaut werden (MU CAPE sogar über 1000 J/kg), die Auslöse
wird aber allenfalls mit Hilfe der Orographie erreicht. Das KKN liegt oberhalb
von 800, teilweise bei 750 hPa. Insofern wird es schon mehrere (blubbernde)
Anläufe benötigen, um überhaupt einen schwachen Schauer zu produzieren, bevor
durch trockenes Entrainment die Konvektion voraussichtlich rasch wieder gedämpft
bzw. unterbunden wird. Ganz ausschließen lässt sich ein vereinzeltes Gewitter –
gerade inneralpin – aber nicht.

Sonst herrscht vielerorts wieder eitel Sonnenschein und auch ganz im Norden
sorgen zwar tiefe Auslösetemperaturen unter 20 Grad noch immer für rasche
Quellungen unterhalb der Inversion. Die Hochdruckzone schiebt sich allerdings im
Tagesverlauf unter Abschwächung mit der Divergenzachse wenig nordwärts, womit
der Wind von West auf Nord dreht und die Luftmasse auch bodennah allmählich
abtrocknet. Damit setzt sich im Laufe des Nachmittags auch von Nordfriesland bis
nach Vorpommern immer häufiger die Sonne durch.

Trotz vergleichsweise schwacher Advektionsprozesse macht die Erwärmung von Süden
vor allem strahlungsbedingt weitere Fortschritte und die 15 Grad Isotherme in
850 hPa weitet sich von der Schweiz bis zum Main aus. Die 10 Grad Isotherme
verläuft in etwa entlang der Mittelgebirgsschwelle. Somit wird außer im Norden
verbreitet ein Sommertag mit mehr als 25 Grad, im Süden und Südwesten teilweise
auch ein heißer Tag mit bis zu 32 Grad erwartet. Diese zunehmende Hitze ist
allerdings noch von der Marke „angenehm und gut erträglich“, da die Luftmasse
eben noch sehr trocken ist (Taupunkte vielfach noch einstellig).

In der Nacht zum Donnerstag wird der flache Rücken in der Höhe von einem
weiteren Trog überlaufen. Dieser greift ab der zweiten Nachthälfte von der
Nordsee über und kann sich auf seinem Weg südostwärts durch leichte KLA noch
südwärts amplifizieren.

Aufgrund der beteiligten Luftmassen und der noch immer schwachen Hochdruckbrücke
am Boden, dessen Zentrum über der Nordsee sich auf der Trogrückseite erneut
kräftigen kann, resultieren ebenfalls nur kompakte hohe und mittelhohe
Wolkenfelder aus der Trogpassage im Norden. Von nennenswerten Niederschlägen
fehlt weiterhin jede Spur. Äußerst fraglich erscheint nach derzeitigem Stand, ob
der Trog samt Hebungsimpuls so weit nach Süden reicht, um die potentiell labil
geschichtete Luftmasse über dem äußersten Süden (Hochrhein, Südschwarzwald,
Südrand Schwäbische Alb) ausreichend zu heben, dass dort einzelne Schauer oder
kurze Gewitter ausgelöst werden.

Sonst verläuft die Nacht ohnehin meist gering bewölkt oder klar und die
Temperaturen gehen auf 16 bis 9 Grad zurück.

Donnerstag … schwenkt der Trog etwa entlang des Elblaufs südostwärts und
erreicht mit seiner durchaus beträchtlich gekrümmten Achse um 12z Ostsachsen und
Böhmen. Bodennah übernimmt der Hochschwerpunkt über der Nordsee als westlicher
Teil der ehemaligen Brücke komplett die Regie.

Zwischen diesem und der sich bildenden Tiefdruckrinne über der hohen Tatra kommt
im Tagesverlauf doch ein mäßiger Wind aus Nordwest bis Nord in Gang, der die
kühlere und stabil geschichtete Luft aus dem Norden Deutschlands wieder ein
Stück weit in die Mitte verfrachtet. Vom Bodensee bis in die Oberlausitz und
südöstlich davon kann sich jedoch in der wärmeren und labileren Luft etwas CAPE
im Tagesverlauf aufbauen, so dass es doch mal den ein oder anderen Schauer geben
kann. Hemmende Faktoren sind aber nach wie vor sehr trockene Verhältnisse in der
mittleren Troposphäre bei 600 bis 400 hPa sowie bodennah. Auch der linke
Jetausgang sowie die sich formierende Bodenrinne sind eher weiter östlich zu
finden (Südpolen, Tschechien, Österreich). Im Trogbereich selbst (grob östlich
der Elbe) hält sich auch längere Zeit mehrschichtige Bewölkung, aus der aber
allenfalls ein paar Tropfen fallen.

Gleichwohl wird gerade südlich der Donau ein Schwall feuchterer Luft über die
Alpen transportiert beziehungsweise zu einem gewissen Teil auch durch die
(erzwungene) Hebung generiert. Das führt in der Summe zu ML CAPE Flächen in den
Progtemps von teils mehr als 1500 J/kg bei DLS zwischen 18 und 25 m/s. Dort ist
dann auch die Gewitterwahrscheinlichkeit am größten und einzelne
Überentwicklungen mit Hagel, Starkregen und Sturmböen sind durchaus
wahrscheinlich. Einzelne Superzellen sind aufgrund der Scherung nicht
auszuschließen, die dann unwetterartige durch größeren Hagel, schwere Sturmböen
und heftigen Starkregen um 30 l/m² binnen kurzer Zeit ausfallen können. Gerade
die „typische“ Gewitterschneise vom Lechtal bis zum Inn könnte davon betroffen
sein. Zum Abend setzt mit dem kalten Fuß aus Nordwesten eher eine Stabilisierung
ein.

Im Westen und Südwesten scheint bei meist nur harmlosen hohen Wolkenfeldern
größtenteils die Sonne und es bleibt trocken. Die Höchstwerte liegen 1-3 K unter
denen des Vortages.

In der Nacht zum Freitag zieht am Südrand des Zentraltiefs über der Irminger See
eine Welle nordostwärts, womit kräftige WLA auf UK, die Nordsee und die
Norwegische See übergreift. Dadurch wird der westeuropäische Rücken gestützt und
kann sich etwas nach Norden kräftigen. Auf dessen Vorderseite verlagert sich das
Bodenhoch mit dem Namen EFIM von der Nordsee langsam landeinwärts zur Mitte
Deutschlands und erreicht knapp 1025 hPa im Zentrum.

Nach anfänglich letzten Schauern und Gewittern am Alpenrand steht somit einer
ruhigen Sommernacht nichts im Wege. Störungen sind allenfalls in Form einzelne
kompakter hoher und mittelhoher Wolkenfelder zu erwarten, die stromab aus
Nordwesten zu uns driften. Dadurch verbleiben auch die nächtlichen Minima
zumeist knapp im zweistelligen Bereich.

Freitag … schwenkt die Achse des Rückens im Nordteil ostwärts nach
Mittelschweden, im Süden bleibt der Schwerpunkt der Antizyklonae nahezu
unverändert über den Balearen und Südfrankreich liegen. Nur mal am Rande: Wir
sprechen dabei von knapp 600!! gpdm in 500 hPa im Kern – ein wahnsinnig hoher
Wert. Daraus resultiert also im Endeffekt eine leicht positive Achsenneigung, da
die WLA mit Annäherung eines Frontensystems an die Norwegische Küste ebenfalls
weiter Fortschritte nach Osten macht.

Das Hoch EFIM wandert unterdessen wenig weiter ostwärts, so dass vor allem die
Südwesthälfte des Landes zunehmend auf die hitzebringende Rückseite in eine
südliche Strömung gelangt. Nur zur Einordnung: Die +25 Grad Isotherme lagert
über Westspanien und Südfrankreich, die +20 Grad Isotherme in 850 hPa erreicht
zum Abend dann auch die Deutsch-Französische Grenze. Damit sind zugleich auch 35
Grad in 2 Metern entlang von Rhein und Mosel nicht ausgeschlossen, 30-33 Grad
nahezu sicher. Ein Sommertag mit mehr als 25 Grad wird bei viel Sonnenschein
verbreitet erreicht.

Lediglich der Norden wird vom o.e. Tiefausläufer vom Tief bei Island gestreift,
was sich in dichten Wolken, aber so gut wie keinem Niederschlag neiderschlägt.
Dadurch bleibt es dann auch von Schleswig-Holstein bis nach Vorpommern mit 20
bis 24 Grad etwas kühler oder besser gesagt erträglicher. Immerhin: Großartige
Schwüle oder Unwetter bleiben uns zunächst erstmal noch erspart. Bei der
bodennahen spezifischen Feuchte liegt alles noch im „grünen“ Bereich unter 10,
teilweise nur bei 5 g/kg. Die Taupunkte tendieren jedoch vom Aachener Raum bis
nach Ostfriesland allmählich gen 15 Grad Marke.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden aktuellen Modellrechnungen zeigen im Kurzfristzeitraum kaum
nennenswerte Unterschiede.

Bei den Gewittern am Donnerstag simuliert ICON durchgängig Nordwest- bis
Nordwind über Süddeutschland und beschränkt dadurch die Gewitter stark auf die
Alpen und den Bayerischen Wald. Es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass gerade
zur Mittagszeit und am frühen Nachmittag Ausläufer der schwachen Rinne sich noch
bis ins Alpenvorland erstrecken. Dadurch würde der Wind vorübergehend auch mal
auf Südwest zurückdrehen und ein konvergentes Windfeld kann sich generieren. Die
Lösungen vom IFS und SuperHD mit einzelnen Entwicklungen auch im Alpenvorland
bis nach Niederbayern sind nach jetzigem Stand daher realistischer, was sich im
Übrigen auch mit den Zutaten im ICON06 Konvektionsfavoriten deckt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen