S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.06.2022 um 10.30 UTC

Höhentief über der Nordsee bzw. Dänemark sorgt für Schauer und Gewitter mit
größeren Unsicherheiten. Im weiteren Verlauf Südwestwetterlage. Mäßig warm.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 10.06.2022

Im gesamten Mittelfristzeitrum herrschte eine stark gestörte nordhemisphärische
Zirkulation mit zahlreichen Cut-Off-Tiefs. Zum Beginn des Mittelfristzeitraums
sind wir von den größeren steuernden Cut-Off-Tiefs im Nordmeer und südlich von
Grönland weitestgehend abgeschnitten. Nördlich von Schottland liegt ein
blockierendes Hoch, das sich immer mehr abschwächt. An seiner Südflanke zieht
ein kleines Höhentief ostwärts und liegt am Montag über dem Ärmelkanal.
Vorderseitig hat sich ein Bodentief gebildet, das nord-nordostwärts in die
Nordsee zieht. Deutschland liegt in einer südwestlichen Höhenströmung, wobei
warme, leicht labile Luft in die Südosthälfte geführt wird. Die schwache
Kaltfront des Tiefs, deren thermischer Gradient weit aufgefächert ist, kommt
dabei nur langsam ostwärts voran. Bei 100 – 600 J/kg CAPE und mäßiger Scherung
muss mit Schauern und Gewittern gerechnet werden. Durch die mäßige
Zuggeschwindigkeit besteht Unwetterpotential auf Grund von heftigem Starkregen
allerdings nur sehr lokal.

Am Dienstag kommt das Cut-Off-Tief weiter östlich voran und zieht unter
Verstärkung nach Dänemark. Im Süden und äußersten Osten halten sich noch die
Reste der feucht-labilen Luft in der es zu Schauern und Gewittern kommen kann.
Am Alpenrand kann es längere Zeit gewittrigen Regen geben. Im Westen hingegen
kommt es im Trogbereich zu Schauern.

Am Mittwoch schwächt sich das Cut-Off-Tief etwas ab und verlagert sich aber nur
langsam ostwärts. In einer schwachen westlichen Höhenströmung nähert sich von
Westen ein kleiner Höhenkeil, während im Osten noch Trogeinfluss vorherrscht.
Bodennah verbleiben wir unter sehr schwachem Druckgardient in der eingeflossenen
mäßig warmen Meeresluft (850-hPa-temperatur ~ 7 °C), die schwach labil
geschichtet ist. Deshalb sind Tagsüber wieder einzelne Schauer und eventuell
auch schwache Gewitter möglich.

Am Donnerstag nähert sich von Westen ein kräftiges atlantisches Cut-Off-Tief,
auf dessen Vorderseite die Strömung über Mitteluropa aufsteilt. Dadurch setzt
WLA ein und Mitteleuropa gelangt unter das Absinkens des Höhenkeils. Allerdings
ist das Absinken zu schwach, um die Gewittertätigkeit in der schwach labilen
Luftmasse völlig zu unterdrücken. Zumal im Nordwesten Deutschlands noch ein
Randtrog durchzieht.

Von Freitag bis Sonntag verbleiben wir auf der Vorderseite des Cut-Off-tiefs,
dass sein Zentrum bis Sonntag nach Nordschottland verlagert. Somit gelangen wir
in einer südwestlichen Strömung zunehmend unter zyklonalen Einfluss. Eine
zunehmend stärker auflebende Schauer- und Gewittertätigkeit wäre somit die
Folge.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Wesentlichen ist die Vorhersage ähnlich zu den IFS-Vorläufen. Kleinere
Unterschiede gibt es bezüglich der Zugbahn des kleinen Cut-Off-Tiefs. Ab
Donnerstag nehmen dann die Unterschiede zu. Der Höhenkeil wurde in den neueren
Läufen zusehends zurückgerechnet. Der neue 00z-Lauf ist deutlich zyklonaler.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS sieht die Lage ähnlich: Das kleine Cut-Off-Tief verlagert sich hier etwas
langsamer auf einer südlicheren Zugbahn ins Baltikum. Der Keil am Freitag ist
stärker. Im weiteren Verlauf wird jedoch ebenfalls eine Südwestlage berechnet.

ICON hingegen lässt das kleine Cut-Off-Tief über der Nordsee ziehen, sodass am
Dienstag nochmals feuchte und labile Luft im Süden und Osten an Raum gewinnt.
Bei ordentlicher Scherung bestünde am Dienstag Potenzial für schwere Gewitter.
Der Trend geht ab Freitag ebenfalls zur Südwestlage.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Der Verlauf der 850-hPa-Temperatur in den IFS-Rauchfahnen ist bis Mittwoch recht
einheitlich und zeigt einen leichten Abwärtstrend. Ab Donnerstag fächern die
Vorhersagen dann stark auf. Besonders deutlich sieht man dies am Geopotenzial,
was noch chaotischer ist. Von Trogeinfluss bis hin zu Höhenkeil ist alles dabei.
Der Hauptlauf ordnet sich in der Mitte ein.
Bei den Niederschlagssignalen herrscht ebenfalls Chaos. Deutlich lassen sich die
Konvektionsspitzen am Tag erkennen. Ein Peak zahlreicher ENS im Westen am
Dienstag zeigt, dass die ICON-Variante mit kräftigeren Gewittern nicht ganz vom
Tisch ist. Der Rückgang der Niederschlagssignale am Donnerstag und Freitag, der
in den ENS der Vorläufe zu sehen war, ist kaum mehr vorhanden.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass der grobe Wetterablauf, insbesondere die
Temperaturvorhersage, recht sicher ist. Details hängen aber von dem kleinen
Höhentief ab, das sich von Westen nähert und unser Wetter bis Donnerstag prägt.
Da solche kleinen Höhentiefs schwer vorherzusagen sind, wird auch die
Detailprognose insbesondere von Schauern und Gewittern sehr unsicher, mit denen
man aber im gesamten Mittelfristzeitraum rechnen muss. Die Struktur und
Intensität in den Niederschlagsmustern in den ENS weist allerdings auf keine
flächendeckenden größeren Mengen hin.
Die Clusteranalysen und auch andere Modelle zeigen, dass eine Vorderseitenlage
ab Donnerstag wahrscheinlich ist. Unsicher ist jedoch noch, in wie weit der
Trogeinfluss auf uns übergreift.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Lage bietet allerhand potenzial für Schauer und Gewitter, die auch
unwetterartig ausfallen können. Größtes Potenzial lt. ENS und ICON am Dienstag
(außer Norden) und zum nächsten Wochenende.

Basis für Mittelfristvorhersage
Montag: ICON ; ab Dienstag:ECMWF, GFS, MOS-MIX; ab Donnerstag ENS-Mittel

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold