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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.06.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Vorerst Zwischenhocheinfluss und kaum markante Wettergefahren. Am Freitag im
Südwesten und Süden aufkommend Gewitter mit Unwettergefahr, in der Nacht zum
Samstag auch auf den östlichen Mittelgebirgsraum übergreifend. Am Samstag vom
Südwesten bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein erneut auflebende
Gewittertätigkeit bis hin zum Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Südflanke eines nordeuropäischen Troges, in
welchen mehrere Höhentiefs eingelagert sind. Höhenkaltluft mit Temperaturen, die
im 500 hPa-Niveau unter -26 Grad liegen, sorgt im Nordwesten und im Norden
Deutschlands für eine labile Schichtung, in welcher, gestützt durch den
Tagesgang, wiederholt Schauer und einzelne kurze Gewitter zustande kommen. Dabei
handelt es sich um typische Kaltluftgewitter, die sich rasch nach Ost-Nordost
verlagern. Hierdurch ist die Wahrscheinlichkeit für Starkregen gering. Vor allem
im südlichen Randbereich der Gewitterzone, die sich vom Niederrhein über die
Altmark bis zum Oderbruch erstreckt, ist sowohl niedertroposphärisch als auch
hochreichend etwas Scherung vorhanden, so dass die Konvektion etwas besser
organisiert ist und auch mit stürmischen Böen einhergehen konnte. In den
Abendstunden sollte jedoch die Konvektion allmählich in sich zusammenfallen.
Ganz im Südwesten und von dort auf die alpennahen Regionen übergreifend erfolgt
an einer Luftmassengrenze Aufgleiten, was geringe und skalige Niederschläge auf
diese Gebiete übergreifen lässt.
Dazwischen, d.h. in einem Bereich südlich der Linie Niederrhein – Altmark –
Oderhaff bis über die Mittelgebirge hinweg südwärts, sind weder Niederschläge
noch nennenswerte Konvektion zu erwarten, was auf kompensierendes Absinken im
Bereich eines schwachen Zwischenhochkeils zurückzuführen ist.

In der Nacht zum Donnerstag läuft am Rande des über Skandinavien liegenden
Langwellentroges ein Kurzwellentrog nach Osten ab, so dass die Konvektion nur
vorübergehend zur Ruhe kommt und in der zweiten Nachthälfte, wenngleich nicht
mit der heutigen Intensität, von Nordfriesland her und an der Ostsee aufleben
kann. Zudem kommen – auch ohne Konvektion – an der Nordfriesischen Küste und
später auch an der Ostsee – Windböen Bft 7 aus Nordwest auf.
Auch aus den Alpen heraus können einzelne Gewitter zustande kommen, die in das
Niederschlagsgebiet (das allenfalls bis ins alpennahe Vorland ausgreift)
eingelagert sind. Da von Südfrankreich her in diese Gebiete feuchtere Luft
eingesteuert wird, können diese Gewitter mit Starkregen einhergehen.
Im weitaus größten Teil Deutschlands verstärkt sich Zwischenhocheinfluss, was
den Himmel verbreitet aufklaren lässt. Stellenweise können sich flache
Nebelfelder bilden.

Donnerstag … verlagert sich der bislang wetterbestimmende Trog zu den
Baltischen Staaten. Allerdings hält ein nachlaufender kurzwelliger Anteil ganz
im Nordosten die Konvektion aufrecht, wodurch in Vorpommern noch einmal Schauer
und kurze Gewitter auftreten, bevor auch dort im Tagesverlauf Stabilisierung
einsetzt.
Der weitaus größte Teil Deutschlands gelangt unter den Einfluss einer schwachen
Hochbrücke, die sich von der Nordsee bis nach Südwestpolen erstreckt. Diese
Brücke wird durch einen Höhenrücken gestützt, der von Südwesteuropa her auf
Deutschland übergreift. Absinken in dessen Bereich unterbindet in weiten Teilen
Deutschlands nennenswerte Wolkenbildung, so dass sich die eingeflossene
Polarluft auf 20 bis 25 Grad erwärmt. Im Norden und Nordosten wird es dagegen
mit 15 bis 20 Grad nicht so warm. An der Küste werden bei Seewind kaum mehr als
13 Grad erreicht.
Neben dem Nordosten, wo sich neben der Schauertätigkeit ganz im Norden auch die
Frontalzone in Form von Windböen Bft 7 bemerkbar macht, stellt der äußersten
Süden und dabei der unmittelbare Alpenrand eine weitere Ausnahme dar. Dort ist
bereits feuchtlabile Luft mit einem Flüssigwassergehalt um 25 mm wetterwirksam.
Zudem wird etwas CAPE (gedeckelt und bis 500 J/kg) generiert, so dass für die
Auslösung hochreichender Konvektion die Orografie herhalten muss. Daher dürften
sich im Tagesverlauf unmittelbar an und in den Alpen einzelne Gewitter
entwickeln, die mit Starkregen einhergehen. Unwetter sind vorerst wenig
wahrscheinlich, können aber nicht ausgeschlossen werden.

In der Nacht zum Freitag überquert der Höhenrücken unter beginnender Abflachung
weitgehend das Vorhersagegebiet. Dabei bleibt die von der Nordsee über den
Nordosten Deutschlands hinweg nach Polen gerichtete Hochbrücke bestehen. Mit der
zusehends auf West-Südwest drehenden Strömung kann die ganz im Süden liegende
feuchtlabile Luft etwas weiter nordwärts vordringen und die Gebiete bis zur
Pfalz und nur Donau erfassen. Allerdings ist die Strömung noch zu antizyklonal
als dass da nennenswerte Konvektion initiiert werden könnte.
Absinken unter der vom Nordwesten in den Osten Deutschlands reichenden
Hochbrücke lässt es aufklaren, wodurch in diesen Gebieten zum Teil niedrige
einstellige Temperaturminima zu erwarten sind. Aufgrund der geringen
Luftdruckgegensätze können sich zudem flache Nebelfelder bilden.

Freitag … verabschiedet sich der Höhenrücken nach Osteuropa, so dass sich an
der Vorderseite eines über die Britischen Inseln hinweg in das Seegebiet
unmittelbar vor Galizien reichenden Langwellentroges deutschlandweit eine
west-südwestliche Strömung einstellt. Mit dieser gelangt zunächst in den Westen,
Süden und Teile der Mitte feuchtlabile Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum,
die einen Gehalt an niederschlagbarem Wasser von 30 bis 35 mm und ein CAPE bis
ca. 1500 J/kg aufweist. Da die Strömung zu flattern bedingt, wird entsprechende
Hebung geboten. Diese wird durch einen in unteren Troposphärenschichten zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit ablaufenden Kurzwellentrog verstärkt, der vor
allem niedertroposphärisch auch Scherung mit ins Spiel bringt. Daher entwickeln
sich zunächst über dem Bergland, später auch abseits der Mittelgebirge in diesen
Gebieten Gewitter, wobei Unwettergefahr durch heftigen Starkregen bis 30 mm und
größere Hagelansammlungen besteht. Für Großhagel ist die hochreichende Scherung
zu wenig ausgeprägt, Sturmböen sind zwar vorstellbar; für schwere Sturmböen oder
staffelartige Strukturen ist der Organisationsgrad noch zu gering. Zuvor erfolgt
in diesen Gebieten bei zunehmender Schwüle eine Erwärmung auf 24 bis 29 Grad.
Der Norden und Nordosten bis hin wahrscheinlich in den Erzgebirgsraum bleibt von
diesen Gewittern noch verschont. Dort hält sich eine Hochbrücke, deren Achse
dann von der Nordsee über Rügen hinweg bis nach Nordpolen reicht. In diesen
Gebieten dauert nahezu ungehinderte Einstrahlung an, was sich abseits der Küste
in einem Temperaturanstieg auf 21 bis 26 Grad bemerkbar macht. Unmittelbar an
der See werden nur 15 bis 20 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag nähert sich ein weiterer flacher Rücken, der in der
südwestlichen Strömung eingelagert ist. Daher sollte die Konvektion nach
Mitternacht alsbald in sich zusammenfallen. Bis dahin sind jedoch weitere
Gewitter, in den Abendstunden noch mit heftigem Starkregen bis in den
Unwetterbereich hinein, vorstellbar. In der zweiten Nachthälfte können sich
dort, wo es zuvor viel geregnet hatte, flache Nebelfelder bilden.
Im Norden Deutschlands hält sich antizyklonaler Einfluss, wodurch es dort erneut
aufklaren dürfte und Tiefsttemperaturen im einstelligen Bereich zu erwarten
sind.

Samstag … läuft an der Westflanke des dann über Karelien liegenden
Langwellentroges ein weiterer Kurzwellentrog nach Südosten ab. Dieser streift
allenfalls den Nordosten Deutschlands. Dieser Trog ist jedoch von
Kaltluftadvektion überlaufen, so dass der ausgehend von einem kräftigen Hoch
über der Nordsee der nach Nordwestpolen bestehende Bodenhochkeil bestehen
bleibt.
Der über dem nahen Ostatlantik liegende Trog ist bis dahin ausgetropft. Das
Cut-Off-Tief etabliert sich mit seinem Zentrum unmittelbar südwestlich von
Irland. Der von diesem Tief ausgehende Trog schwenkt nach Galizien, was dann
auch über Frankreich die Strömung aufsteilen lässt, so dass sich dort
Subtropikluft mit einem Flüssigwassergehalt bis 40 mm vollends durchsetzt. Von
dieser Luftmasse bleibt Deutschland zunächst noch verschont, was auf den o.g.
Kurzwellentrog zurückzuführen ist. Dieser hat den Höhenkeil, der zwischen dem
Cut-Off-Tief vor Irland und dem Trog über Karelien liegt, ausgebremst. Dessen
Achse erreicht erst gegen Abend den Südwesten und den äußersten Westen
Deutschlands, was dann auch das Rückdrehen der Strömung hinauszögert. Daher wird
die über dem Westen, Süden und Teilen der Mitte liegende Luftmasse gegenüber
Freitag nur geringfügig mit Feuchte angereichert, was CAPE bis etwa 2000 J/kg
steigen lässt. Auch kann sich die feuchtlabile Luft nur unwesentlich weiter nach
Norden durchsetzen. Hier hält der über dem Norden Deutschlands liegende
Bodenhochkeil noch dagegen. Dennoch sind im Westen und Süden sowie vereinzelt
auch über den mittleren Gebieten erneut Gewitter zu erwarten. Da gegenüber dem
Vortag kein Kurzwellentrog entsprechende Hebung liefert, sind konvektive
Umlagerungen hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) an orografische
Gegebenheiten gekoppelt. Generell ist die Wahrscheinlichkeit für Gewitter
gegenüber Freitag etwas verringert. Wo diese aber auftreten, können aber erneut
Unwetter durch heftigen Starkregen und im Süden auch durch größeren Hagel und
(schweren) Sturmböen auftreten. Ob im Alpenvorland und im Südosten ein Minimum
in Bezug auf die Gewitterwahrscheinlichkeit zustande kommt, ist noch unsicher
und lässt sich aus synoptischen Überlegungen heraus nicht erklären. Gerade in
diesen Gebieten ist CAEP am höchsten. Bevor die Gewittertätigkeit so richtig in
Gang kommt, werden in der schwülwarmen Luft noch einmal Temperaturmaxima
zwischen 25 und 29 Grad erreicht.
Im Norden bleibt der Einfluss des von dem Hoch über der Nordsee ausgehenden und
über die Ostsee hinweg bis nach Litauen gerichteten Bodenhochkeils bestehen. Wie
bereits an den Vortagen wird nennenswerte Wolkenbildung durch Absinken
unterbunden. Im Norden und Westen sowie in Teilen der Mitte bewegen sich die
Temperaturen zwischen 21 und 26 Grad, an der Küste sind 17 bis 21 Grad zu
erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Ob nun die Gewittertätigkeit am Freitag bereits auf den
Harz übergreift (EZMW) oder als anderes Extrem, auf den Westen und Süden
Deutschlands beschränkt bleibt (GFS) ist noch unsicher.
Am Samstag lässt sich noch weniger ein Schwerpunkt der Gewitter ableiten. Nach
GFS liegt dieser in den nördlichen Mittelgebirgen und über den mittleren Teilen
Deutschlands, nach ICON über dem südwestdeutschen Bergland und am Alpenrand und
nach EZMW insgesamt über dem Mittelgebirgsraum, wobei die südwestdeutschen
Mittelgebirge und der Südosten Deutschlands eher ausgespart sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann