S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.05.2022 um 10.30 UTC

Ansteigendes Temperaturniveau, dabei vor allem im Süden wieder häufigere und
teils kräftige Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 06.06.2022

Im gesamten Mittelfristzeitraum gibt es relativ geringe Luftdruckgegensätze,
leichter Tiefdruckeinfluss und damit unbeständigeres Wetter herrscht zum einen
im Norden sowie ab Freitag auch von Südwesten her. Insbesondere in der Südhälfte
dreht die Strömung allmählich auf südwestliche Richtungen, damit fließt eine
wärmere, subtropische Luftmasse ein, in der wieder vermehrte und teils auch
kräftige Gewitter zu erwarten sind. Im Laufe der Mittelfrist steigt das
Temperaturniveau in ganz Deutschland langsam an.

Im Detail überquert am Donnerstag den Norden Deutschlands ein Troganteil des
nordeuropäischen Höhentiefkomplexes, am Boden korrespondiert ein bis in die
mittleren Landesteile reichender Bodentrog, in dessen Gefolge der Gradient und
damit der Wind etwas zunimmt. In der noch recht kühlen Luftmasse (Temperaturen
in 850 hPa bei 1 bis 5 Grad) kommt es dort zu meist schauerartigen
Niederschlägen. In den mittleren Landesteilen überwiegt im Tagesverlauf
Hochdruckeinfluss, der auch hinter dem abziehenden Trog von der Höhe durch einen
flachen Keil gestützt wird, Niederschläge klingen demnach ab. Nach Süden hin ist
die Luftmasse bereits deutlich angefeuchtet und mit 850 hPa-Temperaturen über 10
Grad deutlich wärmer. Dort liegt eine Luftmassengrenze, ein Frontensystem, das
sich von einem zum Baltikum bzw. gen Finnland ziehenden Tief über Mitteleuropa
knapp nördlich des Alpenraums, über Nordfrankreich und weiter bis zum Tief vor
der Iberischen Halbinsel erstreckt. Entlang dieser Luftmassengrenze kann es
schon aus der Nacht heraus regnen und im Tagesverlauf entwickeln sich vermehrt
Schauer und teils kräftige Gewitter. In der Nacht wirkt sich der flache Keil
zwischen dem abziehenden Trog im Norden und dem Folgetrog über Westeuropa auch
im Süden aus, so dass die Schauer-/Gewittertätigkeit weitgehend abklingt.

Am Freitag nähert sich der westeuropäische Trog zwar nur zögerlich, allerdings
ist der über Deutschland liegende Keil nur sehr flach und kurzwellige
Troganteile können diesen umlaufen bzw. im Tagesverlauf sich auch von Nordwesten
nähern und somit für Hebung sorgen. Diese Hebung dürfte vor allem im Süden für
die Auslöse von Schauern und (teils kräftigen) Gewittern ausreichen, im späteren
Tagesverlauf bzw. in der Nacht zum Samstag dann auch vom Westen bis in die
Mitte. Die wärmere Luftmasse mit Temperaturen in 850 hPa von mehr als 10 Grad
kommt bis in die Mitte Deutschlands voran.

Am Samstag ändert sich wenig an der Gesamtsituation: Klare Luftdruckgegensätze
sucht man vergebens. Nach Norden überwiegt im Bodenniveau leichter
Hochdruckeinfluss, in der Höhe gestaltet sich das Umfeld durch einen
kurzwelligen Anteil des nach wie vor über Nordeuropa liegenden Höhentroges
leicht zyklonal. Allerdings ist die Luftmasse dort weiterhin eher kühl und
verhältnismäßig trocken, so dass wohl weitgehend trockenes und auch freundliches
Wetter zu erwarten ist. Die Mitte und besonders der Süden liegen im Bereich bzw.
südlich der Luftmassengrenze, in einer deutlich feuchteren und wärmeren Umgebung
(Temperaturen in 850 hPa zwischen 10 Grad in höhe von Main und Mosel und bis zu
15 Grad am Alpenrand). Als Hebungsantrieb können vor allem eine flache
Tiefdruckrinne über Süddeutschland und die Orografie dienen, so dass im
Tagesverlauf im Süden wieder häufiger Schauer und teils kräftige Gewitter
auftreten.

Am Sonntag verlagert sich der westeuropäische Trog samt korrespondierendem
Bodentief ostwärts nach Frankreich, die Vorderseite erfasst dann im Tagesverlauf
auch unser Vorhersagegebiet und die Strömung dreht auf Süd bis Südwest. Damit
macht die 10-Grad-Isotherme in 850 hPa Boden gen Norden gut. Im Tagesverlauf
greift dann das Frontensystem des Tiefs über Nordfrankreich von Südwesten auf
Deutschland über, so dass es vermehrt zu Schauern und teils kräftigen Gewittern
kommt, die sich in der Nacht zum Montag bis in die mittleren Landesteile
ausbreiten. Im Vorfeld können sich tagsüber am Alpenrand ebenfalls
Schauer/Gewitter entwickeln.

Am Montag liegt Deutschland unter einem recht flachen, breiten Höhentiefkomplex
mit zwei Zentren, am Boden herrscht schwacher Tiefdruckeinfluss in einer
diagonal über Deutschland liegenden Tiefdruckrinne. In der Süd-/Südwesthälfte
treten daher schauerartig verstärkte, gebietsweise anhaltende und vereinzelt
gewittrige Niederschläge auf. Der Niederschlagsschwerpunkt wird voraussichtlich
im Bereich der Tiefdruckrinne liegen, nach aktuellem Stand der Vorhersagen am
ehesten im Bereich der zentralen und südöstlichen Mittelgebirge und am
Alpenrand. Ob dabei gebietsweise eine Dauerregensituation entsteht, ist noch
unsicher. Der Norden und Nordosten kann voraussichtlich von leicht höherem
Luftdruck und nun auch wärmerer, aber trockenerer Luft profitieren: es bleibt
meist trocken und die Sonne kann sich häufig zeigen.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich ein Fortbestand des eher
wechselhaften, normal temperierten Wetters an, wobei aber weiter deutliche
Unterschiede im Detail auszumachen sind.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Läufe ist lediglich zu Beginn der
Mittelfrist am kommenden Donnerstag gut, bereits im Laufe des Freitages und
zunehmend an den Folgetagen zeigen sich mehr und mehr Unterschiede. Tendenziell
prognostizieren dabei die aktuelleren Modellläufe eine langsamere Verlagerung
der Trog-Keil-Strukturen nach Osten und damit ein zögerlicheres Übergreifen
wärmerer und dann aber auch gewitterträchtiger Luft nach Norden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Der Vergleich des aktuellen IFS-Laufes mit anderen Globalmodellen wie ICON und
GFS liefert keine gänzlich neuen Ideen. Allerdings kann man festhalten, dass die
Unsicherheiten der Wetterentwicklung bereits ab Freitag mehr und mehr werden, da
hier weniger die großräumigen Strukturen, sondern eher kurzwellige Anteile bzw.
flache Bodentief/Tiefdruckrinne entscheidend sind. GFS und ICON zeigen dabei
ähnlich wie die IFS-Vorläufe ein etwas progressiveres Trog-Keil-Muster und
insbesondere das GFS ist etwas zyklonaler aufgestellt. Wie so häufig ist es
damit etwas „niederschlagsfreudiger“ als ICON und IFS. Mit der etwas
progressiveren Verlagerung des westeuropäischen Troges greift beim ICON und GFS
auch die 10-Grad-Isotheme in 850 hPa etwas flotter nordwärts aus, da ist IFS mit
der Erwärmung nach Norden hin zögerlicher.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse für den Beginn der Mittelfrist (Do 00 bis Fr 00, +72 bis +96
h) liefert drei Cluster mit 18, 17 und 16 Membern. Haupt- und Kontrolllauf
werden dabei dem 2. Cluster zugeordnet. Vom Regime des negativen NAO (Hoch
Island, Tief Azoren) gehen alle Cluster in ein Blocking über, das allerdings
wohl nur aufgrund der leichten Ostverlagerung des westeuropäischen Troges
zustande kommt und nicht sonderlich stark ausgeprägt ist. Für unseren
Vorhersageraum wartet Cluster 1 mit einem wohl leicht kräftigeren und Cluster 3
mit einem etwas schwächeren nordeuropäischen Trog auf. Damit würde insbesondere
in der Variante von Cluster 3 die wärmere und damit wohl auch
gewitteranfälligere Luftmasse von Süden her weiter nach Norden vordringen als im
Hauptlauf und sich der GFS- (und ICON-)Lösung nähern. Im Folgezeitraum von
Samstag bis Montag (+120 bis +168 h) werden fünf Cluster angeboten, die für
Deutschland doch recht unterschiedliche Szenarien zeigen. Die Vorhersagen
reichen vom Übergreifen des westeuropäischen Troges (dies machen vier der fünf
Cluster inkl. Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1, teils unter Abschwächung des
Troges) bis zur Aufwölbung eines Keils über unserem Vorhersagebereich. Die
Cluster sind mit 13, 11, 10, 9 und 8 Membern relativ gleich stark besetzt, so
dass sich hier die Unsicherheiten in der Wetterentwicklung ab dem Wochenende
deutlich wiederspiegeln.
Bei den doch recht großen Unsicherheiten bereits ab dem Wochenende verwundert
zwar die Reduktion der Cluster auf nur noch drei im Folgezeitraum ab Dienstag
(erweiterte Mittelfrist), allerdings liegen die Gruppen hier doch sehr weit
auseinander – von Keil bis Trog über Deutschland ist erneut eigentlich alles
möglich.

Ein Blick auf die Rauchfahnen mehrerer Städte in Deutschland bestätigt den
großen Unsicherheitsbereich vor allem ab dem Wochenende, der Spread hinsichtlich
Temperatur in 850 hPa und Geopotenzial in 500 hPa nimmt im Laufe des Wochenendes
deutlich zu. Hinsichtlich der Niederschlagssignale zeigt sich im Norden im
Verlauf der Mittelfrist bis zum Anfang nächster Woche erstmal ein Minimum ab,
während sie im Süden und in der Mitte ab Freitag deutlich zunehmen und dies auch
mit deutlichen Signalen in Richtung Starkniederschläge.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER/STARKREGEN:
Am Donnerstag vor allem am Alpenrand, am Freitag in der Südhälfte, am Samstag
und Sonntag vom Südwesten bis in die mittleren Landesteile Gewitter. Dabei
aufgrund hoher ppw Werte (über 30 mm) und relativ geringer
Verlagerungsgeschwindigkeiten vor allem Starkregengefahr, lokal bis in den
Unwetterbereich. In Ensembleprognosen noch sehr zurückhaltende Signale, erste
Signale hinsichtlich Niederschlag im EFI am Sonntag. Hagel und Sturmböen spielen
meist untergeordnete Rolle, Hagelrisiko im Süden ab Freitag zunehmend
(zunehmendes CAPE/CAPE SHEAR im EFI).

STARK-/DAUERREGEN:
Noch größere Unsicherheiten, allerdings Signale am Montag für anhaltende und
gebietsweise kräftige Niederschläge im Bereich der Tiefdruckrinne von der Mitte
bis in den Südosten.

WIND:
Am Donnerstag im Norden, vor allem im Küstenumfeld Windböen aus West, exponiert
einzelne stürmische Böen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-EZ, IFS-EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger