S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.05.2022 um 10.30 UTC

Insgesamt unbeständig und anfangs auch kühl, später wieder wärmer, aber auch
wieder steigende Gewittergefahr.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 02.06.2022

Wir starten mit einem schönen Höhentief über Deutschland in die Mittelfrist. Am
Boden ist die Druckverteilung flach und wir liegen zwischen zwei
Tiefdruckkomplexen. Ein Komplex erstreckt sich von Nordrussland über
Skandinavien bis nach Norddeutschland. Ein zweiter Komplex liegt über dem
Mittelmeerraum und dehnt sich bis auf den Atlantik aus. Zwischen den „Stühlen“
bilden sich im Tagesverlauf verbreitet Schauer, vereinzelt sind auch Blitz und
Donner möglich. Im Zustrom kühler Luft aus Nord/Nordwest liegen über dem Westen
und Norden 0 bis -2 Grad in 850 hPa, auch im Süden ist es nicht gerade warm mit
+4 Grad. Am Boden resultieren daraus wenig sommerliche Maxima von 13 bis 17
Grad.

Bei immernoch flacher Druckverteilung über Mitteleuropa (1006 hPa über Dänemark,
1010 hPa über Frankreich) dreht die Strömung zum Montag auf westliche Richtung
und der Wettercharakter ist tiefdruckgeprägt mit erhöhter Schauerneigung. Bei +1
bis 5 Grad in 850 hPa ist es für Ende Mai weiterhin kühl.

Am Dienstag steigt der Luftdruck von Süden her langsam an und auch in der Höhe
gelangt etwas mildere Luft in Form eines flachen Rückens nach Deutschland. Bis
zum Abend liegen über dem Süden bereits +10 Grad in 850 hPa, im Norden immerhin
+4 Grad. Damit steigt in der Südhälfte die Temperatur wieder knapp über 20 Grad,
im Norden werden 16 bis 19 Grad erreicht. In westlicher bis südwestlicher
Strömung ist die Luft vom Atlantik her aber feucht, sodass sich im Tagesgang
bevorzugt im Norden und Süden Schauer bilden können. Gewitter sind
unwahrscheinlich.

Am Mittwoch wird der Tiefdruckeinfluss nordwärts verdrängt und es setzt sich am
Boden überall hoher Luftdruck durch. Aus West/Südwest wird weiter feuchte Luft
ins Land geführt. Ein Randtrog im Norden sorgt dort für zusätzliche Hebung und
teils kräftigen Regen. Fürs übrige Bundesgebiet bleiben Schauer, im Süden
vereinzelt auch Gewitter übrig. Da die Luft gut mit Feuchtigkeit angereichert
ist, können die Gewitter örtlich Starkregen bringen. Die Erwärmung setzt sich
fort und im Süden sind schon wieder Sommertage (Temperatur ab 25 Grad) drin.

Die Achse des Troges schwenkt in der Nacht zum Donnerstag ostwärts über den
Norden des Landes. Dahinter schiebt sich ein Keil ins Land. Am Boden setzt sich
Hochdruckeinfluss durch und die Luft trocknet ab. Am Donnerstag liegen im
Südwesten des Landes 12 bis 16 Grad in 850 hPa, im Nordosten 4 bis 7 Grad. Am
Boden werden daraus 25 bis 27 Grad in der Südhälfte und 20 bis 26 Grad in der
Nordhälfte.

Am Freitag erreicht der Keil auch die deutschen Küsten mit bis zu 10 Grad in 850
hPa. Entsprechend wird es überall sommerlich bei Höchstwerten zwischen 22 und 28
Grad in der Südosthälfte und 21 bis 26 Grad in der Nordwesthälfte. Nur direkt am
Meer bei auflandigem Wind ist die Temperatur gedämpft. Vorderseitig eines Troges
über Westeuropa gelangt aber schon wieder feuchtere Luft ins Land und mit einem
kleinen Tief, das von Frankreich her über Nordwestdeutschland zieht, nimmt die
Schauer- und Gewitterneigung wieder zu.

Die Aussichten für das darauffolgende Wochenende sind derzeit noch sehr
schwammig. Zwischen Trog und Keil ist alles drin.

Fazit: Nachdem es gestern zwischen den Modellen und auch zwischen den einzelnen
Vorläufen große Unterschiede gab, sieht es heute nach einem eindeutigen
„unbeständig“ aus. Dabei geht die Temperatur erst zurück, nur um in der
kommenden Woche einen neuen Anlauf Richtung Sommer zu nehmen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Ähnlichkeiten zu den Vorläufen sind erkennbar, aber die Details machen den
Unterschied. Das Höhentief über Deutschland ist im aktuellen IFS Lauf deutlich
kräftiger und bleibt uns länger erhalten. Das gestern für Montag berechnete Tief
über der Nordsee liegt heute weiter westlich. Der für Wochenmitte angedachte
Tiefdruckeinfluss aus Südwesteuropa ist deutlich weniger prägnant. Der sich
aufwölbende Keil ist flacher, die Strömung damit zyklonaler, die
Temperaturzunahme gedämpfter. Zudem steht heute für Mittwoch/Donnerstag ein
Trogdurchgang für die Nordhälfte auf dem Plan. Erst hinter dem Trog ist ein
kräftiger Höhenrücken in den Karten. Ein Bodentief über Frankreich lenkt zum
Ende der Woche warme Luft zu uns. Am Freitag zieht das Tief über
Nordwestdeutschland hinweg.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON und auch GFS stimmen in der Grundsache bis kommenden Mittwoch mit IFS
überein. Es gibt noch Unstimmigkeiten bei der Ausdehnung des Höhentiefs und der
genauen Lage der Trogachse. Das hat natürlich Auswirkungen auf die
Niederschlagsprognose. Da die Druckverteilung flach ist, halten sich
Konsequenzen für Wind und Temperatur in Grenzen. Der wohl signifikanteste
Unterschied besteht in der Nacht zum Donnerstag, wo IFS einen Randtrog über
Norddeutschland ostwärts schwenken lässt, was weder bei ICON noch bei GFS zu
finden ist. Insgesamt sehen aber alle Modelle eine Stabilisierung und Erwärmung
nach Wochenmitte.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Zeitschritt eins bei den Clustern bietet 3 Lösungen, wobei von atlantischen
Rücken am Samstag und Sonntag zu NAO negativ am Montag geschwenkt wird. Die
Unterschiede der drei Cluster über Deutschland sind gering. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich in Cluster 1. Die Ausgeglichenheit sieht man auch in
der Anzahl der Member: Auf Cluster 1 entfallen 22, auf Cluster 2 21 Member.
Der zweite Zeitschritt (+120-168h) bietet erneut drei Cluster alle NAO negativ,
aber mit erkennbaren Unterschieden für Deutschland. Cluster 1 ist eher negativ
aufgestellt mit anhaltendem negativem Geopotential (Höhentief) über der
Bundesrepublik. Cluster 2 und 3 sehen da schon eher den Keil. Auch hier ist die
Verteilung zwischen 1 und 2 nahezu gleich (21:20), Cluster 3 hat immerhin 10
Ensemblemember. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich in Cluster 2.
Auch die erweiterte Mittelfrist wird mit 3 Clustern erklärt. Dabei gibt es
deutlichere Unterschiede in der Höhe des Keils mit entsprechend anderer
Wetterlösung am Wochenende. Zwischen atlantischem Rücken, Blocking und NAO
positiv ist alles drin.

Die Rauchfahnen sind bis nächsten Dienstag schmal. Anschließend schießt der
Spread auf. Aber im Gegensatz zu gestern sind Haupt- und Kontrolllauf heute im
Mittelfeld der einzelnen Member zu finden. Das spricht für eine gesichertere
Prognose.

Auch die Rauchfahnen von GFS und ICON zeigen zunächst wenig Varianz. Zum Ende
der Mittelfrist wird diese naturgemäß etwas größer, aber das haben wir schon
deutlich schlimmer gesehen. Am auffälligsten: Bei GFS liegen Haut- und
Kontrolllauf in der zweiten Wochenhälfte am oberen Ende der Ensembles. Da hat
IFS den Trog drin, während GFS den Keil schneller und länger über Mitteleuropa
legt. Das spricht dafür, dass GFS sich in den kommenden Läufen vermutlich
nochmal umentscheidet für die zweite Wochenhälfte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

In der frühen Mittelfrist sind keine signifikanten Wettererscheinungen
auszumachen. Zum Ende hin steigt die Gefahr von starken Gewittern mit Starkregen
und auch Sturmböen.

Der EFI zeigt die (Höchst-)Temperatur im Nordwesten Deutschlands am Sonntag und
Montag als außergewöhnlich kühl an. Sonst gibt es keine Signale für
ungewöhnliches oder außergewöhnliches Wetter.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-Mix, ICON

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn