SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 25.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
GEWITTER:
Am Freitag im gesamten Norden vermehrt kurze Gewitter mit Sturmböen Bft 9. Am
Samstag vom Nordwesten her bis in den Mittelgebirgsraum hinein übergreifend
kurze Gewitter mit stürmischen Böen.

WIND:
In der Nacht zum Donnerstag allgemein an den Küsten zunehmender Südwest- bis
Westwind, teils mit stürmischen Böen bis 75 km/h.
Am Donnerstag (Christi Himmelfahrt) an der Küste und im Bergland Wind um West
mit stürmischen Böen bis 75 km/h. In exponierten Kamm- und Gipfellagen Sturmböen
9 Bft bis 85 km/h). Am Freitag im gesamten Norden und Nordosten Sturmböen Bft
8/9, auf Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge Gefahr schwerer
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … schwenkt ein in der Frontalzone eingelagerter Trog über den
Nordosten Deutschlands hinweg nach Polen. Letzte Gewitter im Trogbereich ziehen
rasch nach Osten ab. Ohnehin handelte es sich hierbei nur um kurze
Kaltluftgewitter. Rückseitig stellt sich mitteltroposphärisch in der Nacht zum
Donnerstag eine relativ glatte west- nordwestliche Strömung ein, wogegen in der
unteren Troposphäre ein weiterer, schwacher Kurzwellentrog nebst eingelagertem
okklodierten Frontensystem ost-südostwärts gesteuert wird. Bedingt durch diesen
Trog lebt der Wind an der Küste (zunächst an der Nordsee, in der zweiten
Nachthälfte vermehrt an der Ostsee und an der Nordsee dann mit abnehmender
Tendenz) zeitwiese auf und erreicht in Böen Bft 7 und exponiert Bft 8. Weiter im
Binnenland ist der Wind nicht warnrelevant. Im Nordwesten und im Norden wird
durch diesen schwachen Trog die Schauertätigkeit, wenn auch in schwacher
Ausprägung, andauern.
Im Süden und Südosten klart es teils längere Zeit auf. Da aber auch dort etwas
Gradient bestehen bleibt, sollte kaum Nebel auftreten.

Donnerstag … (Chr. Himmelfahrt) liegt Deutschland unter einer relativ glatten
Strömung, die von WSW leicht auf West rückdreht. Allerdings wird ein weiterer,
aber relativ breiter Trog in die Nordsee gesteuert, durch welchen die
Frontalzone ein wenig nach Süden gedrückt wird. Vorerst verbleibt Deutschland
aber noch an deren warmer Seite. Bedingt durch die Nähe zur Frontalzone frischt
von der Küste bis zu den Mittelgebirgen der Wind mit Böen Bft 7 auf, in freien
Lagen, in Küstennähe und im Bergland sind stürmische Böen und auf exponierten
Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge Sturmböen Bft 9 vorstellbar.
An der Windzunahme ist der Tagesgang maßgeblich beteiligt, die Schichtung ist
den ganzen Tag stabil.
Im Küstenbereich sind aufgrund der ausgeprägten Durchmischung, südlich der
Mittelgebirge infolge des von dem Hoch östlich der Azoren ausgehenden und über
dem Alpenraum liegenden Bodenhochkeils größere Auflockerungen zu erwarten. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Sonnenscheindauer 18 bis 23, im
Küstenbereich 16 Grad.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der breite Trog von der Nordsee her nach
Südskandinavien aus und deformiert die Strömung zyklonal, so dass der Norden
Deutschlands unter die Frontalzone gelangt. Eine darin eingelagerte Welle wird
über den Norden Deutschlands hinweg gesteuert und bringt dort wie auch in Teilen
der Mitte einige (meist weniger als 5) Millimeter skaligen Niederschlag
zustande. Selbst unmittelbar an der Nordsee und in Staulagen kommt nicht
wesentlich mehr Niederschlag zusammen. Die Gebiete südlich der Mittelgebirge
gehen leer aus.
Wenngleich der Wind weiter im Binnenland abseits der Gebirge nicht mehr
warnrelevant ist, so sind doch an der Küste und in den Kamm- und Gipfellagen der
nördlichen, östlichen und zentralen Mittelgebirge weiterhin Wind- und stürmische
Böen zu erwarten.

Freitag … ergibt sich durch den nunmehr über dem Ostseeraum liegenden breiten
Trog eine ausgewachsene Troglage. Stromaufwärts wölbt sich über dem nahen
Ostatlantik ein breiter Rücken auf, der durch Warmluftadvektion, die westlich an
Island nach Norden ausgreift, gestützt wird. Im Bodendruckfeld weitet sich,
ausgehend von einem Bodenhoch mit Schwerpunkt über Irland, eine Hochbrücke über
Island hinweg bis nach Grönland aus. Zwischen dieser Brücke und einem
Tiefdruckkomplex über Fennoskandien dreht die Strömung auf Nordwest. Mit dieser
gelangt auf zusehends kürzerem Wege maritime Polarluft nach Deutschland.
Bedingt durch den übergreifenden Trog und den ohnehin kräftigen Gradienten
kommen von der Küste bis zu den Mittelgebirgen Wind- und stürmische Böen, im
Küstenbereich sowie im Tagesverlauf bis nach Mecklenburg-Vorpommern hinein sowie
in den nördlichen und östlichen Mittelgebirgen Sturmböen bis Bft 9 und dort auf
exponierten Berggipfeln teils schwere Sturmböen auf. Zudem setzt im Norden eine
markante Labilisierung ein. Im 500 hPa-Niveau erfolgt ganz im Norden sowie im
Nordosten ein Temperaturrückgang auf -28, in 850 hPa auf nahe 0 Grad. Demzufolge
entwickeln sich in diesen Gebieten wiederholt kurze Gewitter, die ebenfalls mit
Böen bis Sturmstärke einhergehen können; auch Graupel ist nicht auszuschließen.

Südlich der Linie Münsterland-Niederlausitz ist die Schichtung stabil; zudem
macht sich dort kräftige Kaltluftadvektion bemerkbar, wobei das resultierende
Absinken den durch den Trog bedingten Hebungsantrieb dämpft. Demzufolge sind in
diesen Gebieten kaum Niederschläge zu erwarten. Allerdings macht sich noch im
östlichen Mittelgebirgsraum die abziehende Welle mit einigen Millimetern
Niederschlag bemerkbar.
Im Süden kommt Absinken durch einen Hochkeil, der, ausgehend von dem Hoch über
Irland zu den Ostalpen reicht, zustande. Dort, in den Leegebieten der
Mittelgebirge und aufgrund der Durchmischung auch an der Küste sind
Auflockerungen am wahrscheinlichsten. Im Südwesten und im Süden werden 20 bis 24
Grad erreicht, wogegen im Norden und Nordosten nur noch 14 bis 19 Grad zu
erwarten sind.

In der Nacht zum Samstag schwenkt die Hauptachse des wetterbestimmenden Troges
nach Polen. Allerdings folgt von Norden her ein markanter Sekundärtrog. Der
Haupttrog lässt die Schauertätigkeit an der Ostsee nicht so recht zur Ruhe
kommen, mit dem sich annähernden Sekundärtrog dürften von der Nordsee her
vermehrt Schauer auf das küstennahe Binnenland sowie den Nordwesten Deutschlands
ausgreifen. Die Kaltfront, die den Haupttrog vorgelagert ist, wird durch die
nordwestliche und allmählich aufsteilende Strömung an die Alpen gedrückt,
wodurch unmittelbar an den Alpen innerhalb von 12 Stunden 10 bis über 15 mm
Niederschlag zusammenkommen können. Abgesehen von den genannten Gebieten kommt
die Schauertätigkeit zum Erliegen und es bleibt niederschlagsfrei.
Für den Wind trifft dies nicht zu. Nach einem vorübergehenden Abflauen des
Windes im Binnenland legt dieser mit Böen bis Bft 7 im Nordosten wieder zu. An
der Küste (mit höherer Wahrscheinlichkeit an der Ostsee, mit geringerer an der
Nordseeküste) sowie auf exponierten Gipfeln der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge muss weiterhin mit Sturmböen bis Bft 9 gerechnet werden. Im
weitaus größten Teil Deutschlands ist der Wind zwar nicht warnrelevant, aber
bleibt noch vorhanden, so dass sich kein Nebel bilden sollte. Abgesehen von
tieferen Lagen Südwest- und Süddeutschlands stellen sich sonst durchweg
einstellige Temperaturminima ein.
Samstag … schwenkt von der Nordsee her ein markanter Sekundärtrog nach
Deutschland, so dass unterm Strich die Troglage bestehen bleibt. Mit dem
Durchschwenken des Troges frischt der Wind erneut auf, so dass im Norden und in
der Mitte Windböen und an der Küste sowie in den höheren Lagen der nördlichen
und östlichen Mittelgebirge stürmische Böen zu erwarten sind. Einen hohen Anteil
an der Windzunahme hat der Tagesgang. Bei annähernd vergleichbarem Gradienten
flaut bis zum Abend der Wind im Binnenland ab. An der Nordseeküste treten dann
aber weiterhin Wind- und stürmische Böen, an der Nordfriesischen Küste durchaus
auch Böen bis Sturmstärke auf.
Der relativ weit im Nordwesten ansetzende Sekundärtrog und damit einhergehende
positive Vorticityadvektion lassen die Schauer- und Gewittertätigkeit vom
Nordwesten her auf den zentralen und im Tagesverlauf auch auf den östlichen
Mittelgebirgsraum übergreifen. Dabei erfolgt eine ähnliche Labilisierung wie bei
Haupttrog am Vortag, so dass zum Teil wiederholt kurze Gewitter, teils auch mit
Graupel, zustande kommen können. Im Gegensatz zum Freitag ist allerdings der
Wind um 1 bis 2 Bft schwächer.
Südlich der Mittelgebirgsschwelle passiert niederschlagstechnisch nicht viel,
wenn man mal von den am Alpenrand allmählich nachlassenden Niederschlägen und
von einzelnen Schauern im Oberpfälzer Wald absieht. Der Wind ist in diesen
Gebieten ohnehin nicht warnrelevant. Größere Auflockerungen sind zu erwarten;
südlich der westlichen Mittelgebirge sind auch längere sonnige Abschnitte
möglich. Gegenüber den Vortagen gehen die Temperaturen noch etwas zurück. Meist
werden 14 bis 18 Grad erreicht. Nur an Ober- und Hochrhein sind noch einmal
Maxima bis 20 Grad zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Wie bereits bei weiter zurückliegenden Modellläufen
ersichtlich wird von EZMW nach wie vor am Freitag im gesamten Norden und in der
Mitte Deutschlands eine kräftigere Schauer- und Gewittertätigkeit simuliert als
von den anderen Modellen, was der von EZMW prognostizierten tieferen
Temperaturen im 500 hPa-Niveau und der hierdurch etwas erhöhten Labilität
geschuldet ist. Zudem dürfte nach EZMW auch der Wind am Freitag etwas stärker
auffrischen als nach den anderen Modellen. Warntechnisch handelt es sich dabei
nahezu ausschließlich um Gewitter der untersten Warnstufe, die dann nur bei
entsprechenden Böen mit „ocker“ zu bewarnen wären.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann