S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.05.2022 um 10.30 UTC

Übergang zu kühlem und unbeständigem Wetter mit Schauern und kurzen Gewittern,
Freitag und Samstag zudem gebietsweise windig bis stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 31.05.2022

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Freitag wölbt sich über dem Atlantik
ein ausgedehnter Rücken auf und das dazugehörige Bodenhoch verlagert sich mit
seinem Schwerpunkt im Tagesverlauf von der Biskaya nach Irland. Dem gegenüber
steht ein Trog mit zugehörigem Bodentief über Skandinavien, sodass Deutschland
zunehmend in eine nordwestliche Strömung gerät. Die Kaltfront des Tiefs
überquert Deutschland von Nord nach Süd mit leichten Regenfällen. Nachfolgend
strömt für die Jahreszeit recht kühle Meeresluft polaren Ursprungs ein, sodass
im Norden in 850hPa sogar die 0-Grad-Isotherme reinkommt. Zudem schwenkt über
den Norden ein mit Höhenkaltluft angereicherter Randtrog (T500hPa unter -30
Grad!) hinweg, der dort teils stürmisches Schauerwetter aufkommen lässt, vor
allem an den Küsten sind auch Kaltluftgewitter wahrscheinlich. Die einfließende
Kaltluft sorgt bei den Temperaturen für ein deutliches Süd-Nord-Gefälle mit
Höchstwerten von 23 Grad am Oberrhein und nur 14 Grad an den Küsten.

Am Samstag zieht der Randtrog südostwärts ab. Der Rücken über dem Atlantik
amplifiziert sich weiter und reicht bis nach Grönland. Auch das Bodenhoch kann
nach Norden an Boden gut machen und erstreckt sich von Großbritannien über
Island bis nach Grönland. Zwischen dem Hoch und dem Tiefdruckkomplex über
Skandinavien stellt sich über dem Europäischen Nordmeer und der Nordsee eine
kräftige Nordströmung ein, sodass die Kaltluftzufuhr nach Deutschland weiter
anhält und auch die Alpen erreicht. Damit steht uns ein recht kühler Samstag mit
Höchstwerten von 14 bis 20 Grad ins Haus und vor allem im Nordosten regnet es
schauerartig verstärkt aufgrund des abziehenden Randtrogs. Aber auch sonst gibt
es Schauerwetter, am meisten Sonne ist im Südwesten zu erwarten. In der
Nordosthälfte bläst zudem ein böiger, teils sogar stürmischer Nordwestwind.

Am Sonntag wird der Rücken durch ein Höhentief über der Norwegischen See nach
Westen zurückgedrängt und das Bodenhoch zieht nach Norden ab. Deutschland ist im
Einflussbereich des langwelligen Trogs und ein weiteres Höhentief zieht von der
Nordsee kommend in die Landesmitte und sorgt für Labilisierung. Somit steht uns
ein weiterer kühler und unbeständiger Tag bevor – kühl, da weiterhin polare
Kaltluft mit 850hPa-Temperaturen um 0 Grad über Deutschland liegt. Mehr als 13
bis 18 Grad sind bei dieser Luftmasse folglich nicht drin.

Am Montag hält die Troglage an, wobei der Trog nun drei Drehzentren besitzt:
eines über Skandinavien, eines bei Schottland und eines über der Nordhälfte
Deutschlands. Letzteres sorgt für eine Fortdauer des kühlen Schauerwetters. Nur
ganz in den Süden gelangt etwas wärmere Luft, worauf zumindest das ICON mit
kräftigeren Aufgleitniederschlägen reagiert.

Am Dienstag zieht zumindest nach Lesart des aktuellen IFS-Laufs das Tief nach
Osten ab und in den Westen rückt ein zunächst schmaler Rücken nach, der für eine
Wetterberuhigung und allmähliche Erwärmung sorgen könnte. Wie so üblich bei
Trögen mit mehreren Drehzentren, hängt der Wetterablauf aber mit der genauen
Verlagerung der Teiltiefs zusammen, die naturgemäß die Prognoseunsicherheit
erhöhen. Lange Rede, kurzer Sinn – die Details bei der Wetterentwicklung am
Dienstag stehen noch nicht fest.

Der Wetterverlauf in der erweiterten Mittelfrist ist noch sehr unsicher. Während
nach IFS ein ausgedehnter Rücken über Mittel- und Osteuropa entsteht und mit
einer südwestlichen Strömung wieder sehr warme Luft nach Deutschland vordringen
kann, bleibt bei GFS die Troglage mit eher kühlen Temperaturen bestehen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Zu Beginn der Mittelfrist sind die letzten IFS-Läufe sehr konsistent. Das
Einfließen der polaren Meereskaltluft und der Übergang zu einer Troglage sind
somit im Wesentlichen unstrittig. Erst ab Sonntag ergeben sich erste
Unsicherheiten, was vor allem an der genauen Lage der einzelnen Drehzentren
respektive Höhentiefs innerhalb des Langwellentrogs zusammenhängt. Während der
aktuelle Lauf das für Deutschland relevante Höhentief Sonntagabend über BeNeLux
simuliert, befindet es sich beim gestrigen 12-UTC-Lauf über Mitteldeutschland
und der gestrige 00-UTC-Lauf hatte das Hauptdrehzentrum über der Ostsee und zwei
weitere Randtiefs über England und Bayern. Auch wenn dies natürlich Auswirkungen
auf die genauen Niederschlagsschwerpunkte hat, ändert dies nichts am kühlen
Schauerwetter über weiten Teilen Deutschlands. Wie es in der erweiterten
Mittelfrist weitergeht, ist noch recht unsicher, wobei sich v.a. nach den beiden
neusten Läufen eine deutliche Erwärmung andeutet.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch ICON und GFS simulieren einstimmig den Übergang zu einer kühlen
Nordwestlage und nachfolgend eine Troglage für Deutschland. Das kühle und teils
windige Schauerwetter am Wochenende scheint also besiegelt zu sein. Zunehmende
Diskrepanten bezüglich der Lage der Höhentiefs gibt es erst ab Montag.
Ob sich in der erweiterten Mittelfrist, wie von IFS simuliert, eine sommerliche
Südwestlage mit einem Rücken über Mittel- und Osteuropa einstellt, ist noch mit
vielen Fragezeichen zu versehen. Nach GFS bleibt uns das kräftige Höhentief und
damit das kühle und unbeständige Wetter über Deutschland bis Ende der kommenden
Woche erhalten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen zeigen am Beispiel von Offenbach deutlich den Übergang zur
Troglage ab dem kommenden Wochenende und einen Rückgang der 850hPa-Temperaturen
auf Werte um 0 Grad. Der Spread ist bis Sonntag gering. Erst danach nimmt der
Spread bei gleichzeitig wieder ansteigenden Temperaturen und Geopotential
deutlich zu. Der massive Rücken Mitte kommender Woche mit T850hPa über 15°C
wird von der Mehrzahl der Member nicht gestützt, sodass der Hauptlauf
diesbezüglich eine Außenseiterstellung einnimmt.
Auch wenn uns unbeständiges Schauerwetter erwartet, sind die zu erwartenden
Regenmengen unergiebig.

Bei der Clusteranalyse (t120h-168h) werden ganze 6 Cluster angeboten, wobei
alle bis Montag den Trog über Mitteleuropa simulieren.

In der erweiterten Mittelfrist (t192-240h) werden die Member in 5 Cluster
gruppiert. Haupt- und Kontrolllauf werden Cluster 3 mit 10 Membern zugeordnet.
Cluster 1, 4 und 5 mit in der Summe 30 Membern lassen ähnlich wie GFS den Trog
weiterhin über Mitteleuropa verweilen, sodass diese Variante wahrscheinlicher
ist als der Übergang zu sommerlichem Wetter.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Freitag und Samstag sind vor allem in der Nord- bzw. Nordosthälfte starke bis
stürmische Böen wahrscheinlich, an der Nordsee und in Kammlagen treten sogar
Sturmböen auf.
Außerdem kommt es vor allem in Küstennähe und im angrenzenden Binnenland am
Freitag zu teils kräftigen Kaltluftgewittern mit Graupel und Sturmböen,
nachfolgend muss auch in den anderen Landesteilen mit einzelnen kurzen, aber
weniger kräftigen Kaltluftgewittern gerechnet werden.

Ansonsten werden keine signifikanten Wettererscheinungen erwartet.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, ICON-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel