SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute zum Abend hin inneralpin sowie im Hochschwarzwald einzelne Gewitter.
Montagfrüh im Südwesten aufkommend schauerartiger Regen, teils auch Gewitter,
zunächst mit geringer, am Montag auf die Mitte übergreifend mit hoher Gefahr für
Starkregen; auch Unwetter (zusätzlich durch schwere Sturmböen, im Süden auch
durch größeren Hagel) nicht ausgeschlossen. In der Nacht zum Dienstag unter
zögernder Abschwächung nach Nordosten und zu den Alpen abziehend.
Am Dienstag im Südosten und dort vor allem an den Alpen noch Gewitter mit
geringer Wahrscheinlichkeit für Starkregen. Außerdem an der Nordseeküste kurze
Gewitter mit stürmischen Böen. Am Mittwoch abgesehen von einzelnen stürmischen
Böen an der Nordseeküste keine markanten Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter einem Höhenrücken, der sich bis nach
Lappland erstreckt. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich mit seinem
Schwerpunkt in den Ostseeraum und schwächt sich ab, so dass geringe
Luftdruckgegensätze vorherrschen. Die zuvor eingeflossene stabil geschichtete
und gemäßigte Luftmasse erwärmt sich.
Eine Ausnahme stellt der Südwesten und äußerste Westen dar. In diese Gebiete
wird wieder feuchtere und etwas labilere Luft herangeführt, was den Gehalt an
niederschlagbarem Wasser auf 20 bis 25 mm steigen lässt. Für etwas Konvektion
sollte es dank orografischer Unterstützung allenfalls inneralpin und im
Hochschwarzwald reichen, aber auch dort ist die Wahrscheinlichkeit für Gewitter
sehr gering. Ansonsten dauert großräumiges Absinken an.

In der Nacht zum Montag verschiebt sich das Zirkulationsmuster etwas nach Osten.
Der Rücken erreicht mit seiner Achse den Osten Deutschlands. Das
korrespondierende und sich weiter abschwächende Bodenhoch ist dann über Polen zu
finden. Ein nachfolgender markanter Trog nähert sich unter Ausweitung nach Süden
Irland und der Biskaya. Das ergibt über dem Westen und Südwesten Deutschlands
eine südwestliche und aufsteilende Strömung. In diese Strömung läuft ein
Kurzwellentrog hinein, der bis Montagfrüh die Bretagne und die westlichen
Pyrenäen erreicht und somit langsamer vorankommt, als in weiter zurückliegenden
Modellläufen noch simuliert wurde. Vorderseitige Hebung, die hauptsächlich durch
Warmluftadvektion induziert wird (für positive Vorticityadvektion liegt der Trog
noch zu weit im Westen) lässt kompakte Bewölkung und im Süden und Südwesten
schauerartige Niederschläge aufkommen. Die Schichtung wird zusehends labiler, so
dass einzelne Gewitter eingelagert sein bzw. aus den Alpen heraus auf den
Hochrhein, die Bodenseeregion, den Hochschwarzwald sowie den südlichen Oberrhein
übergreifen können. Die Starkregengefahr ist dabei vorerst gering.
Ansonsten hält sich noch antizyklonaler Einfluss; östlich der Weser dürfte es
aufklaren, so dass sich dort noch einmal einstellige Temperaturminima
einstellen. Unter Wolken wird es mit 16 bis 11 Grad nicht so kühl.

Montag … erreicht der o.g. Trog die Britischen Inseln, die Bretagne und
Galizien, der vorlaufende Kurzwellentrog greift, wenngleich unter Abschwächung,
auf den Westen und Südwesten Deutschlands über. Da sich der zuvor
wetterbestimmende Rücken nach Osten verabschiedet, setzt sich über dem gesamten
Vorhersagegebiet eine südwestliche Strömung durch. Hierdurch erfasst
feuchtlabile Luft den gesamten Westen, Süden und die mittleren Gebiete
Deutschlands. Der Flüssigwassergehalt steigt auf 30 bis 35 mm, mehr als 1000 bis
(im Süden) ca. 2500 J/kg MU- und KK-CAPE werden generiert, so dass die nächste
Gewitterlage bevorsteht. Das ist mehr, als noch am Vortag zu sehen war. Zudem
liefert zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit der übergreifende Kurzwellentrog,
der auch in unteren Troposphärenschichten ausgeprägt ist, den noch fehlenden
Hebungsantrieb. Durch diesen Kurzwellentrog wird die Entwicklung eines flachen
Tiefs induziert, das sich von Nordostfrankreich über die Eifel hinweg bis zum
Abend in den Nordwesten Deutschlands verlagert. Eine bodennahe Windkonvergenz
ist hierdurch gegeben. An der Südflanke dieses Tiefs frischt der Wind auf und
dreht auf Südwest bis West. Im südwestdeutschen Bergland sind stürmische Böen
und auf Schwarzwaldgipfeln Sturmböen bis Bft 9 zu erwarten.
Hinsichtlich der Frage, inwieweit Unwetter zu erwarten sind, bietet sich ein
Vergleich mit der Lage vom Freitag, den 20.05., an. Gegenüber der Konstellation
vom vergangenen Freitag ist der Flüssigwassergehalt etwa 5 mm geringer (im
Südwesten aber etwas erhöht), die Schichtung ist nicht ganz so labil und es wird
im Westen und in der Mitte weniger CAPE generiert, was der bereits vorhandenen
Bewölkung und der hierdurch stark reduzierten Einstrahlung zuzuschreiben ist.
Nicht zuletzt ist die Scherung (die immerhin noch signifikante Werte aufweist)
vor allem in höheren Troposphärenschichten deutlich verringert. Das betrifft
sämtlich Niveaus und sowohl die Richtungs- als auch aufgrund des schwächeren
Oberwindes die Geschwindigkeitsscherung.
Dennoch sind die Voraussetzungen gegeben, dass abgesehen vom Norden und
Nordosten hochreichende Konvektion in Form von Gewittern zustande kommt. Mit
hoher Wahrscheinlichkeit tritt Starkregen auf, Unwetter sin zwar nicht so
wahrscheinlich wie am Freitag, sind aber durch heftigen Starkregen und im Süden
auch durch größeren Hagel nicht auszuschließen. Zudem zeigt sich bei den
Prognosetemps über dem Süden Deutschlands zum Teil eine inverse V-Struktur, so
dass die neben Hagel auch die Gefahr schwerer Sturmböen gegeben ist und
orkanartige Böen nicht ganz ausgeschlossen werden können. Mit der Annäherung des
flachen Bodentiefs nimmt im Tagesverlauf die Scherung zu, was eher
organisiertere Strukturen hochreichender Konvektion wahrscheinlicher werden
lässt, die durchaus auch staffelartig auftreten und ebenfalls mit Sturm- bzw.
schweren Sturmböen einhergehen können. Für stärkere Böen ist der Oberwind
wahrscheinlich zu schwach. Auch rotierende Erscheinungen sind nicht
auszuschließen. Die niedertroposphärische Scherung ist hierfür durchaus
hinreichend, wenngleich die anderen Voraussetzungen hierfür nicht so optimal
sind wie vor ein paar Tagen.
Dennoch nimmt die am Montag bevorstehende Gewitterlage bzgl. der zu erwartenden
Heftigkeit für dieses Sommerhalbjahr den zweiten Platz ein. Daher erfolgt die
Ausgabe einer Unwetter-Vorabinfo.
Im Norden und Nordosten bleibt noch der Einfluss des Bodenhoch, das von den
Baltischen Staaten ins westliche Schwarzmeergebiet reicht, bestehen. Absinken
unterbindet dort weitgehend die Bildung konvektiver Bewölkung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Sonnenscheindauer 22 bis 27, an
der Küste Werte um 20 Grad.

In der Nacht zum Dienstag wird der vorlaufende Kurzwellentrog unter Auffüllung
in den Ostseeraum gesteuert und verschwindet faktisch. Der Haupttrog schwenkt in
die Nordsee und erfasst dabei den äußersten Westen Deutschlands. Die
trogvorderseitige Hebung könnte stärker in Erscheinung treten, allerdings wird
die durchaus markant positive Vorticityadvektion durch kräftige
Kaltluftadvektion nahezu kompensiert. Demzufolge reicht es an der Nordsee und im
westlichen Bergland nur für ein paar Schauer.
Mit der auf Süd-Südwest drehenden Strömung wird das flache Bodentief rasch von
dem vorlaufenden Kurzwellentrog überlaufen und wandelt sich unter Auffüllung in
eine Tiefdruckrinne um. Diese überquert mit Beginn der zweiten Nachthälfte die
Elbe und erreicht bis Dienstagfrüh Linie Fehmarn – Oberlausitz. Bis Mitternacht
zeichnet sich noch an der Vorderseite dieser Rinne kräftige Hebung ab. Mit
dieser erfassen die Gewitter bei rasch abnehmender Wahrscheinlichkeit für
Unwetter auch die nordöstlichen Landesteile. Bis Dienstagfrüh wird dann auch die
Gefahr für Starkregen geringer. Die dann einsetzende kräftige westliche Strömung
lässt an der See einzelne Windböen Bft 7 und auf exponierten Berggipfeln der
Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9 aufkommen.
Nachfolgend setzt durch Kaltluftadvektion nur eine vorübergehende
Wetterberuhigung ein. Im Süden und Südosten halten sich noch Reste feuchtlabiler
Luft, so dass neben den Schauern im westlichen Bergland und an der Nordsee auch
aus den Alpen heraus einzelne Gewitter auftreten können, wobei auch dort
Starkregen nicht ganz auszuschließen ist. Zudem erfolgt dort noch leichtes
Aufgleiten, was durch die kräftige südwestliche Strömung bedingt ist. In
Bodennähe ergibt sich eher eine westliche Komponente. Daher weisen die
Niederschläge auch einen skaligen Anteil auf, der weiter abgesetzt von den Alpen
umso höher ist. Für eine Dauerregenlage sind die zu erwartenden
Niederschlagssummen anhand der deterministischen Modelle zu gering; zudem lassen
die Niederschläge abseits der Alpen zum Dienstagmorgen hin alsbald nach.

Dienstag … verbleibt der Nordwesten Deutschlands im Bereich eines über der
Nordsee liegenden Troges. Der westliche Teil dieses Troges – eigentlich der
Haupttrog – tropft in Richtung Pyrenäen aus. Mit diesem Trog gelangt der
Nordwesten und der Küstenbereich in labil geschichtete Luft, wobei eine höhere
Labilität simuliert wird als dass dies noch bei zurückliegenden Modellläufen der
Fall war. Da sich aber über dem gesamten Vorhersagegebiet kräftige
Kaltluftadvektion durchsetzt, hält sich die Schauertätigkeit in Grenzen und
bleibt auf die küstennahen Gebiete und die nordwestlichen Landesteile
beschränkt. Allerdings reicht die Labilität mit zusätzlicher tagesgangsbedingter
Unterstützung durchaus für kurze Kaltluftgewitter. Weiter im Binnenland bleibt
die Konvektion flach, so dass rasch wechselnde Bewölkung, die meist aus
Sc-Feldern und Cu besteht, dominierend ist. Schauer sind weiter im Binnenland
eher selten.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief, das über Südnorwegen hinweg in die
Norwegische See gesteuert wird, lässt den Wind auffrischen, der im Nordwesten
mit Böen bis Bft 7 warnrelevant wird. In Nordseenähe (vor allem in Verbindung
mit kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern) und auf exponierten Berggipfeln
sind stürmische Böen möglich.
Bedingt durch die südwestlich Strömung erfasst die am Alpenrand und im äußersten
Südosten Deutschlands noch vorhandene feuchtlabile Luft wieder den östlichen
Mittelgebirgsraum, d.h. zumindest den Bayerischen Wald. Hierdurch kann von der
Bodenseeregion und vom Alpenrand bis zum Oberpfälzer Wald und mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch über dem Erzgebirgsraum erneut schauerartiger Regen
aufkommen. In diesen Gebieten hält sich mehrschichtige Bewölkung. Vor allem zu
den Alpen hin können einzelne Gewitter eingelagert sein, wobei erneut Gefahr von
Starkregen besteht.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 21, in Nordseenähe Werte um 15
Grad. Im Nordosten sind noch einmal bis 24 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Mittwoch vollendet sich der o.g. Austropfprozess, wobei im
Zusammenspiel zwischen dem Cut-Off-Tief über Südfrankreich und dem Resttrog
abgesehen vom Nordwesten Deutschlands eine kräftige südwestliche Strömung
bestehen bleibt. Dies lässt bei zunächst nahezu unveränderter Verteilung der
Luftmassen im Südosten die teils schauerartig verstärkten Niederschläge
andauern. Im Bodendruckfeld setzt sich von Westen her in Form eines
Bodenhochkeils antizyklonaler Einfluss durch. Durch Entrainmentprozesse setzt
sich auch im Südosten stabil geschichtete Luft durch, was mit einer beginnenden
Feuchteabnahme einhergeht. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser geht auch in
diesen Gebieten auf 20 bis 25 mm zurück und liegt sonst nahezu überall unterhalb
von 15 mm. Daher lassen auch in den südöstlichen Landesteilen die Niederschläge
allmählich nach. Abgesehen von einzelnen schwachen Schauern an der Nordseeküste
bleibt es ansonsten niederschlagsfrei.
Im Norden, Westen und in der Mitte klart es teils längere Zeit auf, was
einstellige Temperaturminima zur Folge hat. Zudem können sich flache Nebelfelder
bilden.

Mittwoch … verlagert sich der Resttrog nur wenig nach Osten und verbleibt mit
seiner Achse über dem Vorhersagegebiet, was eine zyklonale westliche Strömung
ergibt. Im Nordwesten und ganz im Norden, wo die Zyklonalität am ausgeprägtesten
ist und durch kurzwellige Keil-Trog-Strukturen etwas Hebung generiert wird, sind
wiederholt Schauer zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit von Gewittern ist gering;
die Labilität ist hierfür nicht hinreichend. Warmluftadvektion, die sich vor
allem mitteltroposphärisch abzeichnet, lässt keine gewitterträchtige Konvektion
zu. Bedingt durch die Nähe zur Frontalzone und mit tagesgangsbedingter
Unterstützung frischt im Nordwesten und an der Nordsee der Wind auf, so dass an
der Küste sowie vereinzelt auch im nordwestlichen Binnenland Windböen Bft 7
auftreten können. Auf den ostfriesischen Inseln sowie über der offenen Nordsee
sind stürmische Böen bis Bft 8 möglich.
Im weitaus größten Teil Deutschlands stellt sich Absinken im Bereich des über
Süddeutschland liegenden schwachen Bodenhochkeils ein, so dass es weitgehend
niederschlagfrei bleibt. Größere Auflockerungen und zum Teil auch sonnige
Abschnitte sind in einem breiten Streifen vom Oberrhein und von den
Mittelgebirgen westlich des Rheins bis zur Ostsee zu erwarten. Über dem Südosten
hält sich noch mehrschichtige Bewölkung, ohne dass dort nennenswerter
Niederschlag fällt.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 21, an der Nordseeküste und in
Alpennähe Werte um 15 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Hinsichtlich einer möglichen Dauerregenlage ergeben sich in der Nacht zum
Dienstag seitens COSMO-LEPS deutliche Signale für den gesamten Alpenrand. Diese
werden im Allgäu und in den Bayerischen Alpen auch vom ICON-EU EPS gestützt.
Nach COSMO-LEPS wären sogar im Allgäu und am östlichen Alpenrand sowohl 12- als
auch 24-stündig unwetterartige Regenmengen vorstellbar. Das 90
Prozent-Perzentil, also der „Worst case“, zeigt in den Allgäuer Alpen Signale
für 24-std. Niederschlagssummen bis 80 mm, was es gilt, weiterhin zu monitoren.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann