S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.05.2022 um 10.30 UTC

Nach den Gewittern ab Dienstag kühler und gebietsweise wechselhaft, nach
Wochenmitte im Süden mehr Sonne und allmählich wieder wärmer.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 27.05.2022

Ein kurzer Blick auf übergeordnete Faktoren lässt den Verlauf der bevorstehenden
(erweiterten) Mittelfrist zumindest skizzieren. Die Prognose des NAO-Index zeigt
einen Peak bis nahezu +2 beim Geopotenzial in 500 hPa (lt. NOAA) um die
Wochenmitte. Das deckt sich mit der Analyse/Prognose der zirkumpolaren Wellen,
die derzeit bei relativ hoher zonaler Wellenzahl mehr kurzwellige als
langwellige Anteile aufweisen. Dementsprechend ist zur Wochenmitte eine
Forcierung des Teil-Jetstreaks über dem Nordatlantik zu beobachten (mit
entsprechend erhöhten Werten des zonalen Windes in der oberen Troposphäre). Zum
Ende der nächsten Woche geht dann allerdings der NAO-Index recht konsistent (bei
geringem Memberspread) wieder gen 0, einige Member (GEFS) simulieren sogar NAO
leicht negativ, wobei das Ensemble-Mean im positiven Bereich bleiben soll. Diese
negativen Member finden sich auch bei einigen Clustern und im aktuellen
Hauptlauf des IFS (GWL Atlantischer Rücken in der Ausprägung NAO negativ)
wieder. Ein anderes Szenario bietet der aktuelle ICON-Lauf, der die Frontalzone
zwar weiterhin eher zonal verlaufen lässt, diese aber zum Wochenende weiter nach
Norden in Richtung Skandinavien verschiebt. Summa summarum ergeben sich damit
zum Ende der Mittelfrist und zu Beginn der erweiterten Mittelfrist recht große
Unsicherheiten. Schaut man zu guter Letzt noch auf die Wellenflüsse (EP-Flüsse),
so fallen schon verstärkte und teils konvergente meridionale und vertikale
Flüsse in Richtung höhere Breiten (etwa 55 bis 70 Grad Nord, zonal gemittelt)
auf, die eine gewisse Blockingtendenz (einschl. NAO negativ) enthielten.

Auch der zonal gemittelte zonale Wind in 60 Grad Nord (auf 100 hPa, in der
unteren Stratosphäre, Indikator auch für die Stärke des Jets in der oberen
Troposphäre) weist nach einem starken Abfall zu Beginn des Monats (Diagnose
NASA) derzeit nur vorübergehend erhöhte Werte auf (Prognose NASA), die eine
längere zonal glatte Strömung begründen würden.

Nun folgt noch kurz die Übersicht über die einzelnen Tage der Mittelfrist.

Am Montag überquert uns ein amplifizierter Rücken ostwärts und vom Atlantik
schwenkt ein
Langwellentrog in Richtung Britische Inseln. Dadurch steilt die Höhenströmung
bei uns auf und somit wird von Südwesten her recht warme und feuchte Luft bis in
den Nordosten geführt. Auf der Vorderseite des Trogs schwenkt ein Randtrog über
Westeuropa hinweg ebenfalls in Richtung Nordosten. Das führt zu einer
Verstärkung eines kleinräumigen Tiefs über Frankreich und Benelux, dass sich im
Tagesverlauf über Westdeutschland hinweg in Richtung Nordwesten verlagert. Mit
diesem ist eine Warmfront verbunden, die schon in der Frühe auf den Südwesten
übergreift. Die Kaltfront (verbunden mit einem Frontensystem über der nördlichen
Nordsee) erreicht den Westen erst am Abend oder in der Nacht zum Dienstag. Unter
Umständen kann sich davor noch die eine oder andere Konvergenz entwickeln und
daher muss vom Südwesten bis in die Mitte ab dem Mittag mit kräftigen Gewittern,
teils unwetterartig durch heftigen Starkregen, größeren Hagel und orkanartige
Böen, gerechnet werden. Hinzu kommt es, bedingt durch die Gradientzunahme
aufgrund des Durchzugs des Tiefs, zu stürmischen Böen in der Südhälfte, auf den
Bergen auch zu Sturmböen.

Am Dienstag und Mittwoch schwenkt ein Teil des LW-Troges von den Britischen
Inseln als Randtrog nordostwärts, bei zunehmend negativer Achsneigung. Ein Teil
des Haupttroges hängt zunächst südlich der Britischen Inseln zurück und zieht
unter Abschnürungstendenz ins westliche Mittelmeer. Am Dienstag ist mit
dynamischer Unterstützung am westlichen baroklinen Teil des abziehenden Rückens
eine schleifende Frontalzone v.a. im Süden/Südosten erkennbar, in der Kurzwellen
in der mittleren und oberen Troposphäre ablaufen. Das könnte den teils auch
konvektiv durchsetzten Dauerregen im Süden und Südosten erklären. Dagegen sind
im Nordwesten, am Mittwoch mit einem weiteren markanten LW-Trog von Westen auch
generell im Norden einzelne Gewitter der Marke dynamisch getriggert zu erwarten.
Dementsprechend sollte dort der Wind das Kriterium für markante Gewitter sein.
Die Tageshöchstwerte gehen im Vergleich zum Wochenbeginn zurück (850
hPa-Temperatur so bei 4 bis 7 Grad, von Nord nach Süd.)

Bis zum Freitag amplifiziert sich der LW-Trog von Skandinavien bis ins nördliche
Mitteleuropa und vergrößert seine Wellenlänge noch. Damit wird dessen
Ostverlagerung verlangsamt (Gruppengeschwindigkeit der Welle lässt nach).
Derweil sorgt ein südlicher Trogvorstoß eines LW-Troges weit stromauf auf dem
Atlantik für den Aufbau eines veritablen Rückens mit negativer Achsneigung von
den Britischen Inseln bis nach Grönland. Das wäre dann konform zum eingangs
erwähnten Szenario Tendenz NAO negativ. Damit wäre es dann auch mit der
vorübergehenden Glättung der Frontalzone über dem Nordatlantik vorbei. Für
Deutschland würde das beschriebene Szenario eine Wetterteilung zwischen Nord-
und Südhälfte bedeuten, d.h. im Norden wechselhaft und kühler mit Schauern,
vereinzelt auch Gewittern, dazu am Donnerstag auch steife bis stürmische Böen
aus westlichen Richtungen. Im Süden wird es wieder etwas wärmer und sonniger,
dazu gibt’s in der weiterhin etwas feuchteren Luftmasse, etwa südlich der Donau
liegend, zumindest an den Alpen sowie im Bergland vereinzelt Gewitter mit
Starkregengefahr. Der Freitag dürfte dabei durch die langsame Ostverlagerung des
Haupttroges und Ausweitung hohen Luftdruckes bis nach Westeuropa von Südwesten
und Westen her insgesamt freundlicher ausfallen.

Für die erweiterte Mittelfrist zieht IFS in der Tat im Hauptlauf NAO negativ mit
hohem Geopotenzial im Raum Island/Grönland und korrespondierendem tiefen
Geopotenzial über Skandinavien durch. ICON hingegen rechnet eine deutlich
wärmere Variante mit hohem Geopotenzial über West- und Mitteleuropa. GFS setzt
hierbei weiterhin auf eine straffe Frontalzone, wenn auch etwas nordwärts
verschoben, was wiederum in die Richtung der ICON-Variante geht.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der neue IFS-Lauf weist bis zur Wochenmitte eine gute Konsistenz auf. Die
Glättung der Frontalzone ab Wochenmitte wird auch von anderen Globalmodellen wie
ICON oder GFS gesehen. Ab Freitag nimmt die Konsistenz deutlich ab, im neuen
IFS-Lauf wird die GWL Atlantischer Rücken, in der erweiterten MiFri auch NAO
negativ angedeutet, wohingegen die anderen Globalmodelle bei einer eher zonalen
Strömung verbleiben, wenn auch mit nach Norden verschobener Frontalzone (ICON).

Die kräftigen Gewitter zu Beginn der MiFri (Mo) sind weiterhin drin.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie weiter oben bereits beschrieben, sind sich die Globalmodelle IFS, GFS und
ICON bis etwa zur Wochenmitte einig. Uneinigkeit kommt in dem Moment auf, wo die
zunächst zonal geglättete Frontalzone zum Ende der Woche erneut ins Schlingern
kommt. Dabei muss man sagen, dass keine eindeutige Tendenz auszumachen ist,
obwohl zum Ende der Woche leichte Blockierungstendenzen oder aber Verschiebungen
der Frontalzone nordwärts denkbar wären, siehe auch weiter unten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die s.g. Weather Regimes probabilities des IFS vom 19.05.22 zeigen in der
erweiterten Mittelfrist einige Signale für die GWL Atlantischer Rücken oder auch
Scandi- bzw. Europeen Blocking, ganz wenige Member gehen direkt auf NAO negativ.

Bezüglich der gruppierten Cluster zeigt sich folgendes Bild. Für den Zeitschritt
t+120 bis t+168 h sind Haupt- und Kontrolllauf im Modus NAO positiv, lediglich
die Abschnürung und Austrogung über dem westlichen Mittelmeer wird anders
behandelt. Cluster drei sieht dagegen bereits den Übergang zum Atlantischen
Rücken (AtR).

Im Zeitschritt t+192 bis t+240 h liegen Haupt- und Kontrolllauf bereits im Modus
AtR, mit Tendenz zu NAO negativ, wohingegen das erste majoritäre Cluster zwar
AtR favorisiert, aber eine weiterhin glattere und nach Norden verschobene
Frontalzone aufweist. Weniger Member signalisieren Variationen des Europeen
Blocking oder auch weiterhin NAO positiv, allerdings als Übergangsvarianten mit
amplifizierter Frontalzone.

So, was sagen uns die Rauchfahnen heute? Es sollen zwei beliebig gewählte Orte
in Norddeutschland und Süddeutschland beleuchtet werden.

Im Norden ergibt sich folgendes Bild. Die Tendenz der 850-hPa-Temperatur sinkt
nach dem Peak am Montag (ca. 11 Grad) bis Freitag stetig auf etwa 3 bis 1 Grad
bei nicht allzu großem Spread am Haupt- und Kontrolllauf. Danach bleibt die
beschriebene Tendenz von Haupt- und Kontrolllauf gleichbleibend bis noch etwas
nach unten, wobei der Spread nach oben enorm ist (bis ca.12 Grad!). Beim
Niederschlag sind erwartungsgemäß über den gesamten Zeitraum veritable Signale
für leichte Niederschläge enthalten. Beim Geopotenzial in 500 hPa ist ähnlich
wie bei der 850 hPa-Temperatur ein stetiger Abfall zu vermerken, der zum
Wochenende allerdings einen enormen Spread nach oben aufweist (ICON-Lösung?).

Im Süden (in Richtung Alpen) fällt die 850 hPa-Temperatur nach Montag auch ab,
aber nicht so stark (auf etwa 6 bis 3 Grad zum Freitag hin, Haupt- bzw.
Kontrolllauf). Danach steigt die 850 hPa-Temperatur wieder leicht an. Der
Member-Spread ist geringer als im Norden. Bezüglich Niederschlag bestehen starke
Signale von Montag bis Mittwoch für 6-h-Niederschlag über 10, Dienstag teils bis
20 l/qm. Danach nehmen die Niederschlagssignale deutlich ab. Beim Geopotenzial
in 500 hPa ist der Abfall bis Wochenmitte mit geringem Spread drin, danach
steigt das Geopot deutlich (Hauptlauf) bzw. gemäßigt (Kontrolllauf) an, bei
größer werdendem Spread nach unten.

Insofern lassen sich keine größeren Widersprüche zum Text weiter oben erkennen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI liefert kaum Hinweise auf ungewöhnliches Wetter. Schwache Signale für Wind
und Niederschlag sind am Montag auszumachen.

Niederschlag:
Die Ensembles liefern vor allem zum und am Dienstag im Bereich der Alpen/ ggf.
auch Südschwarzwald Hinweise auf markante Niederschlagsmengen, konvektiv
durchsetzt. An den Folgetagen gibt es für den Alpenraum allenfalls schwache und
meist nur konvektive Signale für markante Niederschlagsmengen.

Gewitter:
Vor allem am Montag gibt es eine recht hohe Wahrscheinlichkeit für gebietsweise
kräftige Gewitter mit erhöhtem Unwetterpotenzial.

An den Folgetagen beschränken sich die voraussichtlich markanten Gewitter auf
den Alpenraum, allerdings sind auch im Nordseeumfeld, zur Wochenmitte generell
im Norden markante Gewitter mit Sturmböen nicht ausgeschlossen.

Wind:
EZMWF-EPS simuliert am Montag im Südwesten mittlere Wahrscheinlichkeiten für
markante Böen (Bft 8).

ICON-EU EPS liefert am Dienstag gewisse Wahrscheinlichkeiten für markante Böen
im Nordseeumfeld, am Donnerstag generell im Norden sowie auf den Bergen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GEFS, ICON, MOSMIX, NOAA/NASA

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz