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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.05.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute Abend nachlassende Schauer- und Gewitteraktivität, erst am Donnerstag und
vor allem am Freitag teils schwere UNWETTER durch Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines umfangreichen
Bodenhochs über Nordosteuropa und einem Höhenkeil der sich Nordwestafrika bis
zum europäischem Nordmeer erstreckt. Dazwischen befindet sich eine langsam
auffüllende Tiefdruckrinne die trockene und etwas kühlere Luft im Nordosten von
eher feuchten und warmen Luftmasse im Westen und Süden trennt. Entlang dieser
Tiefdruckrinne haben sich heute bei PPWs um 27 mm und nur schwachen Höhenwinden
teils kräftige Gewitter und auch Schauer gebildet, diese schwächen sich in den
nächsten Stunden aber mit Zunahme des Hochdruckeinflusses rasch ab. Die etwas
trockenere Luft aus Nordosteuropa gelangt am Südrand des nordosteuropäischen
Hochs noch etwas südwärts, im Westen bleibt aber die zuvor eingeflossene
feucht-milde Luftmasse erhalten. Ein über Westeuropa/Ostatlantik befindliches
Höhentiefkomplex kommt an der Westflanke des Höhenkeils vorerst nicht weiter
nach Osten voran und bleibt bis zum Ende der Kurzfrist quasistationär dort
liegen. Jedoch greift in der Nacht zu Mittwoch ein Randtrog an der Westflanke
des Höhenkeils auf Irland und Groß Britannien über. Dazugehörig nähert sich auch
ein teilokkludiertes Frontensystem Frankreich bzw. der Nordsee an. Im äußersten
Westen Deutschlands zieht dabei in der 2 Nachthälfte hohe Bewölkung auf, es
bleibt unter dem dominierenden Hochdruckeinfluss über Deutschland aber
niederschlagsfrei. An der Südostflanke des Höhentiefkomplexes wird sehr warme
Luft aus dem Mittelmeerraum angezapft und allmählich nordwärts geführt. Ausgangs
der Nacht befindet sich im äußersten Südwesten in 850 hPa Werte bis +12 Grad.

Mittwoch … bleibt der Höhenkeil über Deutschland vorerst dominierend. Der
Randtrog verlagert sich über der Nordsee in Richtung europäisches Nordmeer,
wobei die Frontalzone unsere Nordseeküste (Nordwestdeutschland) streift. In
dessen Umfeld mit PPWs bis 30 mm kann CAPE bis 800 J/kg generiert werden. Dabei
liegt aber auch die Keilachse über der Nordsee, daher wird die Konvektion
weitgehend unterdrückt. Andere Modelle sind aber nicht so defensiv wie das
aktuelle ICON, die Wahrscheinlichkeit für Gewitter ist aber eher gering.
Orographisch bedingt gibt es eventuell auch am Alpenrand den einen oder anderen
Schauer. Die Gewitterneigung bleibt gering.
An der Westflanke des Hochs strömen auch am Tage warme und potentiell instabile
Luftmassen nach Deutschland und unter dem vorherrschenden Hochdruckeinfluss
bleibt es vielerorts sonnig. Somit steigen die 2 m Temperaturen bei 850 hPa
Temperaturen bis 15 Grad im Südwesten auf bis zu 32 Grad. Im Nordosten des
Landes bleibt es mit um die 25 Grad (8 Grad in 850 hPa) zwar etwas kühler, aber
immer noch sommerlich warm.

Bereits in der Nacht zu Mittwoch entwickelte sich an der Südostflanke des
Höhentiefkomplexes ein weiterer Randtrog, der nun analog zum Ersten sich
Richtung Nordsee verlagert. Die Frontalzone die etwa über der Westküste
Frankreichs befindet, beginnt zu Wellen und nähert sich in der Nacht zu
Donnerstag Nordwestdeutschland an. Dabei kippt die Achse des Höhenkeils langsam
nach Osten und die Frontalzone kann Ausgangs der Nacht zu Donnerstag auf den
äußersten Nordwesten übergreifen. Dabei gelangen nochmal feuchtere und wärmere
Luftmassen mit PPWS zwischen 25 und 35 mm nach Westdeutschland.

Donnerstag … bleibt der Zustrom feucht-labiler Luftmassen an der
Nordwestflanke des Höhenrückens mit PPWs zwischen 30 und 38 mm und 850 hPa
Temperaturen zwischen 12 und 15 Grad erhalten. Auch CAPE mit verbreiteten Werten
zwischen 800 und 1400 J/Kg kann generiert werden. Jedoch unterdrückt der
Höhenkeil oftmals die Konvektion. Die Achse des Höhenrückens kippt zwar in
Richtung Ostsee, im Tagesverlauf weist sie dann auch zunehmend in Richtung Polen
bzw. Ukraine. Somit kann CIN im Nordwesten abgebaut werden. Somit wird das
Wettergeschehen im Nordwesten immer zyklonaler und es bilden sich entlang der
Frontalzone vermehrt Schauer, aber auch Gewitter die mit erhöhter Scherung auch
organisierter ausfallen können. Hauptaugenmerk liegt aber wieder bei dem
Starkregen, der rasch bis in den Wertebereich der Unwetterskale aufsteigen
könnte. Nach Süden hin wird die Auslöse noch vom Höhenkeil weitgehend
unterdrückt. Am ehestens wird da die Orographie eine Rolle spielen.

Südlich des Höhentiefkomplexes, das immer noch über dem Ostatlantik zu finden
ist, entwickelt sich nachts erneut ein Randtrog, der sich rasch auf dessen
Südostflanke in Richtung Britische Inseln verlagert. Der Hochkeil flacht zwar
ab, baut sich aber nach Norden, nachdem der 2. Randtrog Richtung europäisches
Nordmeer abgezogen ist, wieder auf. Die Schauer- und Gewittertätigkeit lässt in
der Nacht zu Freitag nach. Die sehr feuchte und potentiell labile Luftmasse
bleib aber in Deutschland erhalten. Mit Nachttemperaturen zwischen 14 und 16
Grad bleibt es verbreitet sehr mild.

Freitag … greift der gut konturierte Randtrog mit einer etwas südlicheren
Zugbahn als seine Vorgänger zunächst auf Frankreich, ab den Mittags- und
Nachmittagsstunden auch auf Westdeutschland über. Dabei wird nochmal feuchtere
Luft mit PPWs bis 53 mm herangeführt und auch in 850 hPa steigt die Temperatur
im Südwesten auf bis zu 20 Grad. CAPE steigt auf Werte bis 1800 J/Kg. Auch die
Scherung steigt an, so dass die Bildung von MCS und Superzellen begünstigt ist.
Auch die Höhenwinde steigen auf bis zu 50 Kn an. Neben heftigen evtl. auch
extremen Starkregen sind schwere Sturmböen und auch größerer Hagel mögliche
Begleiterscheinungen starker Gewitterentwicklung. Generell gibt es für Freitag
aber noch einige Unsicherheiten. Es bleibt spannend. Denn das Auftreten von
Tornados kann man nämlich ebenfalls nicht ausschließen.
Abends und in der Nacht zu Samstag verlagert sich die Welle Ostwärts, hinter der
Kaltfront fließen kühlere und trockenere Luftmassen in den Nordwesten.

Modellvergleich und -einschätzung

Am Donnerstag gibt es teils größere Unterschiede in der genauen Erfassung der
Gewitter und Schauer, jedoch simulieren die meisten Modelle einen ähnlichen
Verlauf. Größere Unterschiede im Timing und räumlicher Ausdehnung gibt es jedoch
am Freitag. Generell simulieren aber alle betrachteten Modelle für Freitag eine
potentielle Schwergewitterlage.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christina Speicher